Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.
Leitsatz: Werden mehrere Strafverfahren verbunden, stehen dem darin tätigen Anwalt mehrere Grund- oder Verfahrensgebühren nach RVG nur dann zu, wenn er vor Verbindung in diesen Verfahren zum Pflichtverteidiger bestellt wurde.
In der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u.a. hat die Strafkammer 34 des Landgerichts Berlin durch den Richter am Landgericht als Einzelrichter am 20. Januar 2005 beschlossen:
Auf die Beschwerde der Rechtsanwältin X: in Berlin, werden der Beschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Tiergarten vom 20. Oktober 2004 und der Beschluss desselben Gerichts vom 10. Dezember 2004 aufgehoben.
Die der Beschwerdeführerin zu erstattenden Gebühren und Auslagen werden auf 835,55 Euro festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe: I. Die Beschwerdeführerin ist in den Verfahren (231 Ds) 34 Js 1070/03 (88/03) und (231 Ds) 11 Ju Js 589/03 (1 67/94) von dem sich zu diesem Zeitpunkt in Untersuchungshaft befindenden Verurteilten jeweils mit Vollmacht vom 16. Juni 2004 als Wahlverteidigerin mandatiert worden. Im Anschluss an den Haftprüfungstermin im Verfahren (231 Ds) 34 Js 1070/03 (88/03) am 3. August 2004 ist sie in dieser Sache als Pflichtverteidigerin gemäß § 140 Abs. 2 StPO beigeordnet worden. Am selben Tag, jedoch später, ist das Verfahren (231 Ds) 11 Ju Js 589/03 (167/04) zum führenden Verfahren (231 Ds) 34 Js 1070/03 (88/03) hinzuverbunden worden. Die Hauptverhandlung hat am 17. August 2004 stattgefunden.
Mit Beschluss vom 20. Oktober 2004 hat die Rechtspflegerin beim Amtsgericht Tiergarten den Antrag der Beschwerdeführerin, die ihr zustehenden Gebühren und Auslagen nach dem RVG auf 1.182,39 Euro festzusetzen, abgelehnt. Die hiergegen eingelegte Erinnerung hat das Amtsgericht Tiergarten mit Beschluss vom 10. Dezember 2004 zurückgewiesen.
Mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde erstrebt die Verteidigerin die Anwendung des seit dem 1. Juli 2004 geltenden RVG.
II. Das Rechtsmittel hat insoweit Erfolg; der Beschwerdeführerin stehen jedoch nicht alle von ihr geltend gemachten Gebühren zu. 1. Die Festsetzung der Gebühren und Auslagen der Beschwerdeführerin hat nach dem RVG zu erfolgen. Die Mandatierung als Wahlverteidigerin erfolgte im vorliegenden Fall vor, die Bestellung zum Pflichtverteidiger nach Inkrafttreten des RVG. Nach welchem Recht in einem solchen Fall die Pflichtverteidigergebühren zu berechnen sind, war schon nach dem alten Gebührenrecht zu früheren Gesetzesänderungen streitig (vgl. zum Beispiel OLG Düsseldorf, NStZ-RR 1996, 224 einerseits und OLG Frankfurt, NStZ-RR 1996, 192 andererseits). Das Kammergericht (vgl. KG, Beschl. v 20. Februar 20035 Ws 45/03) und dem folgend die Kammer (Beschl. v. 23. August 2002 534-11/02) haben gemäß § 134 Abs. 1 S. 1 BRAGO damals das alte Gebühren recht angewandt. Jetzt liegt die Sache jedoch anders.
Der Gesetzgeber hat in der Begründung zu § 60 RVG (BT-Drs. 15/1971, S. 203) ausdrücklich erwähnt, dass die Pflichtverteidigervergütung auch dann nach neuem Recht berechnet werden soll, wenn die Bestellung nach dem Inkrafttreten des Gesetzes erfolgt ist, derselbe Verteidiger jedoch vorher als Wahlverteidiger beauftragt worden war. Die Kammer weicht deshalb, dem Willen des Gesetzgebers folgend, von ihrer bisherigen Rechtsprechung zu § 134 BRAGO ab und stellt wie die inzwischen herrschende Meinung zumindest im Schrifttum allein auf den Zeitpunkt der Bestellung zum Pflichtverteidiger ab (so schon in den Beschlüssen vom 3. Dezember 2004 534 Qs 170/04 und 12. Januar 2005 534Qs 3/05 -; wie hier: OLG Schleswig, Beschl. v. 30. November 2004 1 Ws 423/04 -; ausführlich begründet AG Tiergarten, Beschl. v. 16. November 2004 279 Ds 2 16/04; Madert in Gerold/Schmidt, RVG, 16. Aufl., § 60, Rn. 32; Hartung/Römermann, RVG, § 60, Rn. 22; Gebauer/Schneider, RVG, 2. Aufl., § 61, Rn. 19; Bischoff/Jungbauer/Pottlech/Trappmann, RVG, § 61, Rn. . 27; Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl., RVG § 60, Rn. 11, 18; a.A. LG Berlin, Beschl. v. 5. November 2004 536 Qs 7/04; BeschL v. 21. Oktober2004 503-39/03; Beschl. v. 20. Oktober 2004 517 Os 95/04 Beschl. v. 20. September 2004 538 27/04 -; Rechtsprechung des Kammergerichts liegt soweit ersichtlich hierzu bisher nicht vor.).
Der Beschwerdeführerin stehen danach folgende Gebühren und Auslagen zu: Grundgebühr (Nr. 4101 VV RVG) 162,00 Euro Terminsgebühr HPT (Nr. 4103 W RVG) 137,00 Euro Verfahrensgebühr (Nr. 4107 W RVG) 137,00 Euro Terminsgebühr HVT (Nr. 4109 VV RVG) 224,00 Euro Auslagen (152 Kopien) (Nr. 7000 VV RVG) 40,30 Euro. Auslagen (Nr. 7002 VV RVG) 20,00 Euro Zwischensumme . 720,30 Euro 16 % USt. (Nr. 7008 VV RVG) 115,25 Euro Gesamtsumme 835.55 Euro
2. Die von der Beschwerdeführerin für das Verfahren (231 Ds) 11 Ju Js 589/03 (167/04) geltend gemachten Gebühren in Höhe von 346,84 Euro (162,00 Euro Nr. 4101 VV RVG + 137,00 Euro Nr. 4105 VV RVG + 47,84 Euro Nr. 7008 W RVG) stehen ihr nicht zu.
Zwar erhält der Rechtsanwalt gemäß 48 Abs. 5 S. 1 RVG bei einer Beiordnung oder Bestellung in erster Instanz die Vergütung aus der Staatskasse auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung, in Strafsachen einschließlich seiner Tätigkeit vor Erhebung der öffentlichen Klage. Werden jedoch wie hier mehrere Strafverfahren verbunden, stehen dem Anwalt mehrere Grund- oder Verfahrensgebühren nur zu, wenn er vor Verbindung in diesen Verfahren zum Pflichtverteidiger bestellt wurde (vgl. OLG Koblenz, Rpfleger 2001, 514 zur Rechtslage nach §§ 97, 84 BRAGO). Daran fehlt es hier. Die Beschwerdeführerin war dem Verurteilten im Verfahren (231 .Ds) 11 Ju Js 589/03 (1 67/04) niemals beigeordnet; die Beiordnung erfolgte lediglich für das Verfahren (231 Ds) 34 Js 1070/03 (88/03).
3. Die Entscheidung ergeht gemäß § 56 Abs. 2 S. 2 RVG gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Einsender: entnommen von www.strafverteidiger-berlin.de
Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.
Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".