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Erstreckung; Verbindung von Verfahren; Pflichtverteidigung;
Gericht / Entscheidungsdatum: LG Bonn, Beschl. v. 30. 08. 2006, 37 Qs 22/06
Fundstellen:
Leitsatz:§ 48 Abs. 5 Satz 3 RVG soll nur die Fälle regeln, in denen in einem Verfahren bereits eine Pflichtverteidigerbestellung erfolgt ist und zu dem alsdann ein Verfahren verbunden wird, in dem eine Bestellung oder Beiordnung noch nicht erfolgt war.
LANDGERICHT BONN BESCHLUSS In dem Strafverfahren gegen pp. wegen: Vergehen nach § 29 BtmG und Trunkenheit im Verkehr - Verteidiger: Rechtsanwalt O. - Beschwerdeführer - hier: Kostenfestsetzung hat die 7. große Strafkammer des Landgerichts Bonn durch den Richter am Landgericht als Einzelrichter am 30.08.2006 beschlossen:
Auf das als Beschwerde auszulegende Rechtsmittel" wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Euskirchen vom 21.06.2006 (Az.: 9 Ds 247/05) dahingehend abgeändert, dass dem Beschwerdeführer weitere Gebühren in Höhe von 412,96 zu erstatten sind. Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe:
Die Verfahren 9 Ds 247/05 (= 930 Js 1130/05 R) und 9 Ds 10/06 (= 226 Js 1584/05) waren mit Beschluss vom 20.02.2006 verbunden worden. Der Beschwerdeführer war in beiden Verfahren zuvor bereits im Ermittlungsverfahren als Wahlverteidiger tätig gewesen. Mit Beschluss vom 10.03.2006 erfolgte in diesem - verbundenen - Verfahren die Bestellung des Beschwerdeführers zum Pflichtverteidiger. Unter dem 20.03.2006 beantragte der Beschwerdeführer festzustellen, dass sich die Beiordnung vom 10.03.2006 auf das Gesamtverfahren erstreckt". Das Amtsgericht beschloss daraufhin unter dem 21.03.2006, dass der Beschluss vom 10.03.2006 dahingehend klargestellt werde, dass sich die Beiordnung auch auf den Tatvorwurf in der Anklageschrift 226 Js 1584/05 der Staatsanwaltschaft Bonn bezieht".
Nachdem mit Beschluss vom 12.05.2006 ein weiteres Verfahren (9 Ds 78/06) hinzuverbunden wurde und der Beschwerdeführer auch dort zum Pflichtverteidiger bestellt worden war, machte er mit Antrag vom 07.06.2006 die Grundgebühr, die Verfahrensgebühr für Ermittlungsverfahren und die Verfahrensgebühr für den 1. Rechtszug für alle drei Verfahren als Vorschuss geltend. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht diese drei Gebühren für das Verfahren 9 Ds 10/06 abgesetzt, weil die Bestellung zum Pflichtverteidiger erst nach der Verbindung erfolgt sei. Der als Rechtsmittel" bezeichneten Beschwerde gegen diesen Beschluss hat das Amtsgericht nicht abgeholfen.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Richtig ist, dass durch die Verbindung der beiden Verfahren die zuvor bestehenden selbständigen Angelegenheiten gebührenrechtlich zu einer Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG wurden. Bis zu ihrer Verbindung blieben sie jedoch selbständige Angelegenheiten, in denen aufgrund der bis dahin entfalteten unstreitigen Tätigkeiten des Beschwerdeführers auch bereits Gebührenansprüche -jedenfalls gegenüber seiner Mandantin - angefallen waren.
Gemäß § 48 Abs. 5 S. 1 RVG erhält der Anwalt im Falle seiner Bestellung zum Pflichtverteidiger auch die Vergütung für die vor der Bestellung bereits erbrachten Tätigkeiten. Werden Verfahren verbunden, kann das Gericht anordnen, dass diese Rückwirkung sich auch auf die verbundenen Verfahren erstreckt, in denen eine Beiordnung noch nicht erfolgt war, § 48 Abs. 5 S. 3 RVG.
Vorliegend folgt bereits aus § 48 Abs. 5 S. 1 RVG, dass dem Beschwerdeführer auch die in dem Verfahren 9 Ds 10/06 bis zur Verbindung erbrachten Tätigkeiten zu vergüten sind. Denn auch diese Tätigkeiten sind solche, die vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung" (in dem verbundenen Verfahren) angefallen sind. Durch die Verbindung werden die beiden Angelegenheiten gebührenrechtlich zwar zu einer einzigen Angelegenheit, dies führt jedoch nicht dazu, dass die in den beiden selbständigen Verfahren bis zur Verbindung erlangten Vergütungsansprüche in Wegfall geraten würden. Diese wären vielmehr zunächst von dem Mandanten gesondert zu vergüten gewesen. Durch die Bestellung zum Pflichtverteidiger auch in diesem Verfahren sind die gesetzlichen Gebühren gemäß § 48 Abs. 5 S. 1 RVG dann aber auch von dem Gebührenanspruch des Verteidigers gegenüber der Staatskasse umfasst.
Dies gilt vorliegend auch ohne auf die sog. Erstreckung" gemäß § 48 Abs. 5 S. 3 RVG zurückzugreifen. Denn diese Vorschrift soll nur die Fälle regeln, in denen in einem Verfahren bereits eine Pflichtverteidigerbestellung erfolgt ist und zu dem alsdann ein Verfahren verbunden wird, in dem eine Bestellung oder Beiordnung noch nicht erfolgt war (vgl. OLG Hamm, NStZ-RR 2005, 285 f.). Dies folgt bereits aus der Gesetzessystematik: Werden die Verfahren zunächst verbunden und erfolgt alsdann in dem verbundenen Verfahren die Beiordnung, tritt die Wirkung des § 48 Abs. 5 S. 1 RVG automatisch für dieses Verfahren ein, ohne dass es der Feststellung der Erstreckung auf verbundene Verfahren bedürfte.
Selbst wenn man dies anders sehen wollte, liegt vorliegend zudem ein Beschluss des Amtsgerichts vor, in dem ausdrücklich klargestellt wird, dass sich die Beiordnung auch auf das Verfahren 9 Ds 10/06 bezieht. Dadurch hat der zuständige Abteilungsrichter auf den entsprechenden Antrag des Beschwerdeführers zum Ausdruck gebracht, dass die Wirkung des § 48 Abs. 5 S. 1 RVG sich auch auf die in dem Verfahren 9 Ds 10/06 erbrachten Tätigkeiten erstrecken sollte.
Nachdem der im Rahmen der gemäß § 47 RVG erfolgten Vorschussanforderung gestellte Kostenfestsetzungsantrag auch im Übrigen nicht zu beanstanden ist, war die Vergütung wie geschehen festzusetzen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2, S. 2, 3 RVG.
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