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RVG Entscheidungen

Gebühren-/Kostenfragen - Kostenentscheidung

Kostengrundentscheidung, Nachholung

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Dortmund, Beschl. v. 29.11.2019 - 53 Qs 56/19

Leitsatz: Eine ausdrückliche Kostenentscheidung ist auch dann notwendig, wenn sich die Kostenfolge unmittelbar und zwingend aus dem Gesetz ergibt.

Da die Kostenentscheidung eine notwendige Nebenentscheidung der das Verfahren abschließenden Hauptentscheidung ist, kann eine in der Hauptentscheidung unterbliebene Kostenentscheidung nach Rechtskraft der Hauptentscheidung nicht nachgeholt werden. Das gilt nicht, wenn eine Hauptentscheidung gerade nicht ergangen ist.


53 Qs 56/19

Landgericht Dortmund
Beschluss

In dem Bußgeldverfahren
gegen pp.

Verteidiger:

wegen Ordnungswidrigkeit (hier: sofortige Beschwerde gegen die Kostenfestsetzungsentscheidung)

hat die Kammer für Bußgeldsachen des Landgerichts Dortmund auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen vom 19.082019 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 25.07.2019 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht, die Richterin am Landgericht die Richterin am Landgericht am 29.11.2019 beschlossen:

Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen vom 19.08.2019 wird der Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 25.07.2019 aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Staatskasse.

Gründe:

I.

Gegen den Betroffenen wurde am 13.04.2018 von der Stadt Dortmund ein Bußgeldbescheid (BI. 22 d. A.) wegen des Verstoßes gegen die Verpflichtung, als Aufsteller bzw. Veranstalter von Glücksspiel ein Sozialkonzept zu erstellen und umzusetzen (vgl. § 23 Abs. 1 Nr. 6 AG GlüStV NRW i. V. m. § 6 GlüStV NRW), erlassen. Dem Betroffenen wurde vorgeworfen, er betreibe als Geschäftsführer der pp. GmbH in der Shisha Bar pp. drei Geldspielgeräte und sei daher dafür verantwortlich, dass das vorgeschriebene Sozialkonzept für die benannte Gaststätte — deren Betreiber nicht der Betroffene, sondern sein Neffe pp. ist — entwickelt und umgesetzt werde. Gegen den Betroffenen wurde deswegen eine Geldbuße in Höhe von 500,00 € verhängt. Dieser Bußgeldbescheid wurde dem Betroffenen am 17.04.2018 zugestellt (BI. 24 d. A.). Der Betroffene legte durch seinen Verteidiger am 19.04.2018 Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein (BI. 25 d. A.).

Im Hauptverhandlungstermin vor dem Amtsgericht Dortmund vom 09.10.2018 wurde der Betroffene u. a. aus Rechtsgründen freigesprochen. Das Amtsgericht war der Ansicht, dass sich § 23 Abs. 1 Nr. 6 AG GlüStV NRW i. V. m. § 6 GlüStV NRW nur an den Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen richte und der Betroffene lediglich Aufsteller der Geldspielgeräte sei. Im Übrigen lasse sich aber auch nicht feststellen, dass der Betrieb nicht über ein Sozialkonzept verfügt habe (vgl. ausführlich das Urteil vom 09.10.2018, BI. 43 ff. d. A.).

Auf Anregung der Stadt Dortmund legte die Staatsanwaltschaft Dortmund am 09.10.2018 (BI. 42 d. A) gegen dieses Urteil beim Amtsgericht Dortmund Rechtsbeschwerde ein, die sie am 23.112018 (BI. 79/80 d. A.) unter Verweis auf die Ausführungen des Ordnungsamtes der Stadt Dortmund im Schreiben vom 16.10.2018 (BI. 65 ff. d. A.) begründete. Mit Schriftsatz vom 13.12.2018 nahm der Verteidiger des Betroffenen Stellung zum Rechtsmittel (BI. 83/84 d. A.). Nach Prüfung durch die Generalstaatsanwaltschaft Hamm nahm die Staatsanwaltschaft Dortmund am 15.03.2019 die Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 09.10.2018 zurück (BI. 93 d. A.). Als Gründe hierfür führte die Staatsanwaltschaft auf Nachfrage der Stadt Dortmund an, dass die Rechtsfrage, ob der Aufsteller von Geldspielautomaten Veranstalter im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 6 AG GlüStV NRW sei, vorliegend nicht entscheidungserheblich gewesen sei, da der Betroffene jedenfalls ein Sozialkonzept vorgelegt habe. Darüber hinaus dürfe die vom Amtsgericht Dortmund vertretene Rechtsauffassung „letztlich auch zutreffend" sein (BI. 104 d. A.). Eine Entscheidung des Amtsgerichts Dortmund über die Kostentragung im Rechtsbeschwerdeverfahren erging nach Rücknahme der Rechtsbeschwerde nicht.

Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 03.05.2019 (BI. 103 d. A.) beantragte der Verteidiger beim Amtsgericht Dortmund die Festsetzung und Auszahlung seines Rechtsanwaltshonorars im „Verfahren Rechtsbeschwerde" in Höhe von 404,60 €. Mit Schreiben vom 24.06.2019 (BI. 107 d, A.) teilte die Rechtspflegerin des Amtsgerichts Dortmund dem Verteidiger mit, dass seinem Kostenfestsetzungsantrag nicht entsprochen werden könne, da keine Entscheidung über die notwendigen Auslagen des Betroffenen im Rechtsbeschwerdeverfahren vorliege. Der Verteidiger war in seiner Stellungnahme vom 16.07.2019 (BI. 109 d. A.) der Meinung, bei einer Rücknahme der Rechtsbeschwerde ergebe sich die Kostenfolge aus dem Gesetz, eine separate Tenorierung über die notwendigen Auslagen erfolge nicht. Die Bezirksrevisorin war in ihrer Stellungnahme vom 24.07.2019 (BI. 111 d. A) dagegen der Ansicht, dass auch im Fall der Rücknahme der Rechtsbeschwerde eine Festsetzung von Gebühren und deren Erstattung aus der Landeskasse allein auf der Grundlage einer Kostenentscheidung erfolgen könne; dass sich die Kostenfolge aus dem Gesetz ergebe, mache eine Kostenentscheidung nicht entbehrlich. Daraufhin wies das Amtsgericht Dortmund den Kostenfestsetzungsantrag des Verteidigers vom 03.05.2019 mit Beschluss vom 25.07.2019 (BI. 112/113 d. A.) kostenpflichtig zurück. Dieser Beschluss wurde dem Verteidiger am 16.08.2019 zugestellt (BI. 126 d. A.). Der Verteidiger hat mit Schriftsatz vom 19.08.2019 (BI. 125 d. A.) sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 25.07.2019 eingelegt, Er beruft sich darauf, dass kein Fall des @ 467 StPO, sondern ein Fall des § 473 StPO vorliege, da die Staatsanwaltschaft die Rechtsbeschwerde zurückgenommen habe. Demgemäß sei die Übernahme der notwendigen Auslagen des Betroffenen keine Frage einer Kostengrundentscheidung, sondern diese Folge ergebe sich aus dem Gesetz. Die Bezirksrevisorin hat mit Schriftsatz vom 03.09.2019 beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen (BI. 130/131 d. A), da eine Kostengrundentscheidung nicht entbehrlich sei und die Kostentscheidung des — nunmehr rechtskräftigen — Urteils des Amtsgerichts Dortmund vom 09.10.2018 nur die bis zu dessen Erlass entstandenen notwendigen Auslagen des Betroffenen umfasse. Mit Beschluss vom 06.09.2019 (BI. 132 d. A.) hat das Amtsgericht Dortmund der sofortigen Beschwerde vom 19.08.2019 nicht abgeholfen und diese der Kammer zur Entscheidung vorgelegt. 

II.

Die sofortige Beschwerde des Betroffenen vom 19.08.2019 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 25.07.2019 ist nach §§ 46 Abs. 1 OWiG, 464b, 304 ff., 311 StPO, 103 Abs. 2 Satz 1, 104 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 ZPO, 1 1 Abs. 1, 21 Nr. 1 RPflG zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Bei Zurücknahme eines Rechtsmittels (§ 302 StPO) kommt es regelmäßig zu einer isolierten Kostenentscheidung. Darin werden demjenigen die Kosten des zurückgenommenen Rechtsmittels auferlegt, der es eingelegt hat (§ 473 Abs. 1 S. 1 StPO). Hat die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zu Ungunsten des Betroffenen eingelegt, muss die Staatskasse außerdem neben den Kosten des Verfahrens nach § 473 Abs. 2 S. 1 StPO auch die notwendigen Auslagen des Betroffenen im Rechtsmittelverfahren tragen.

Dabei ist eine ausdrückliche Kostenentscheidung entgegen der Ansicht des Verteidigers allerdings auch dann notwendig, wenn sich die Kostenfolge unmittelbar und zwingend aus dem Gesetz ergibt. Erst der gerichtliche Ausspruch bildet als Kostentitel die Grundlage der Kostenfestsetzung (vgl. § 464b S. 3 StPO i. V. m. § 103 ZPO; vgl. Temming/Schmidt in: Gercke/Julius/ Temming/Zöller, Strafprozessordnung, 6. Aufl. 2019, § 464, Rn. 7).

Zuständig für die Kostenentscheidung ist jeweils das Gericht, bei dem die Sache anhängig ist (BGH NJW 1959, 348; Temming/Schmidt in: Gercke/Julius/Temming/ Zöller, Strafprozessordnung, 6. Aufl. 2019, § 473, Rn. 5). Das Amtsgericht Dortmund hätte somit nach der Rücknahme der Rechtsbeschwerde durch die Staatsanwaltschaft eine entsprechende Kostengrundentscheidung treffen müssen.

Dass dies unterblieben ist, kann nicht zu Lasten des Betroffenen gehen. Eine Kostengrundentscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen an den Betroffenen aus der Staatskasse kann — und muss — vom Amtsgericht Dortmund im vorliegenden Fall vielmehr nachträglich getroffen werden.

Da die Kostenentscheidung eine notwendige Nebenentscheidung der das Verfahren abschließenden Hauptentscheidung ist, kann eine in der Hauptentscheidung unterbliebene Kostenentscheidung zwar nach Rechtskraft der Hauptentscheidung nicht nachgeholt werden (BGH NStZ-RR 1996, 35). Vorliegend ist aber hinsichtlich des Rechtsbeschwerdeverfahrens gerade keine Hauptentscheidung ergangen; dieses endete allein durch die Rücknahme der Rechtsbeschwerde durch die Staatsanwaltschaft. Eine Kostengrundentscheidung hinsichtlich der Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens steht noch aus; diese kann auch noch nachgeholt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 467 Abs. 1 StPO analog.


Einsender: RA Hakan Yilmaz, Dortmund

Anmerkung:


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