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RVG Entscheidungen

Nr. 7003 VV

Fahrtkosten, auswärtiger Rechtsanwalt

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Chemnitz, Beschl. v. 08.08.2019 - 2 Qs 295/19

Leitsatz: 1. Auch im Strafverfahren sind hinsichtlich der Fahrtkosten eines auswärtigen Rechtsanwaltes zumindest die Kosten bis zur Gerichtsbezirksgrenze des zuständigen Gerichts als notwendig anzusehen.
2. Grundsätzlich ist im Rahmen des § 14 RVG die Mittelgebühr als Normalfall und Abrechnungsgrundlage für durchschnittliche Verfahren anzusehen.


LG Chemnitz
2 Qs 295/19

Beschluss

In dem Strafverfahren
gegen pp.

Verteidiger: Frank Glaser, Hubertusstraße 11, 12163 Berlin

wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen u. a.

ergeht am 08.08.2019 durch das Landgericht Chemnitz - Strafkammer als Beschwerdekammer - nachfolgende Entscheidung:

1. Auf die sofortige Beschwerde des Rechtsanwaltes pp. gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Aue-Bad Schlema vom 26.06.2019, Az. H 2 Cs 200 Js 6682/18, werden die von der Staatskasse an den Beschwerdeführer zu erstattenden Kosten auf weitere 167,07 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 10.12.2018 festgesetzt. Im übrigen wird die sofortige Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Beschwerdeführer insoweit zu erstattenden Auslagen trägt die Staatskasse zu 46% und der Beschwerdeführer zu 54 %.

Gründe:

Nach Abtretung durch seinen Mandanten macht der Beschwerdeführer in dem nach § 153 StPO eingestellten Strafverfahren den Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten gegen die Staatskasse geltend.

Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 06.12.2018 wurden insgesamt 1448,83 Euro geltend gemacht. Im Einzelnen wird auf den Schriftsatz und die dortige Berechnung Bezug genommen.

Mit dem o.g. Kostenfestsetzungsbeschluss setzte die Rechtspflegerin bei dem Amtsgericht Aue die von der Staatskasse zu erstattenden Kosten auf 1.088,08 Euro fest.

Gegen diesen, dem Verteidiger am 03.07.2019 zugestellten Beschluss legte der Beschwerde-führer mit Fax vom gleichen Tag, eingegangen bei dem Amtsgericht am selben Tag, sofortige Beschwerde ein, die er mit weiterem Schriftsatz vom 12.07.2019 nochmals begründete. Auf die Begründung im Einzelnen wird Bezug genommen.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, 464 b S. 3 StPO, 104 Abs. 3 S. 1 ZPO, 11 Abs. 1 RPfIG, 304, 311 StPO zulässig.

Sie hat in der Sache zum Teil Erfolg.

1. Im Hinblick auf die überwiegend zum Abzug gebrachten Fahrtkosten des auswärtigen Wahlverteidigers ist dies zu Recht erfolgt. Es handelte sich weder vorliegend um eine Spezialmaterie, für die nur vereinzelt Fachanwälte zur Verfügung stehen, noch um eine Anklage zu einer Strafkammer, bei der die Berufung auf das besondere Vertrauensverhältnis das sich aus §§ 464 a Abs.2 Nr.2 StPO i.V.m. § 91 Abs.2 ZPO ergebende Sparsamkeitsgebot aus Gründen des fairen Verfahrens ausnahmsweise verdrängen vermag (vgl. Meyer-Goßner hierzu StPO, § 464a Rn.12; BGH I ZB 29/02, LG Dresden 15 Qs 63/09;).

Zurecht weist der Beschwerdeführer aber daraufhin, dass die Kürzung auf 3,00 Euro auch nicht zutreffend ist.

In Verfahren vor Zivil-, Verwaltungs- und Arbeitsgerichten wird das Kriterium der Notwendigkeit im Sinne von § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO (Kosten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren) in Entscheidungen so ausgelegt, dass zumindest die Fahrtkosten bis zur weitestentfernten Gerichtsbezirksgrenze als erforderlich anzusehen und ohne Notwendigkeitsprüfung zuzusprechen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 09.05.2018, Az. I ZB 62/17; LG Düsseldorf, Beschluss vom 18.12.2014, Az. 6 0 455/11; Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 08.03.2013, Az. 3 Ta 8/13; VG Oldenburg, Beschluss vom 12.05.2009, Az. 11 A 48/08; zitiert nach juris). Bei der Bestimmung der "notwendigen Auslagen" im Strafprozess, bei einem Wahlverteidiger, gibt es keinen durchschlagenden Grund, eine andere Entscheidung zu treffen und warum nicht auch im Strafverfahren die Fahrtkosten eines auswärtigen Rechtsanwaltes bis zur Gerichtsbezirksgrenze des zuständigen Gerichts als notwendig anzusehen sind (so bereits Kammerbeschluss 2 Qs 151/15). Die hilfsweise geltend gemachten Fahrtkostenosten von 21,00 Euro waren daher als angemessen anzuerkennen.

2. Hinsichtlich des Angriffspunktes, dass die vom Beschwerdeführer berechneten Gebühren zu Unrecht gekürzt worden sind und nur in Höhe der Mittelgebühren festgesetzt worden sind, ist die Beschwerde begründet.

Grundsätzlich soll im Rahmen des § 14 RVG die Mittelgebühr als Normalfall und Abrechnungsgrundlage für durchschnittliche Verfahren wie vorliegend gelten. Über- und Unterschreitungen sollen nur bei besonderen, vom üblichen Fall erheblich abweichenden Gründen gerechtfertigt sein. Grundsätzlich ist das Gericht an die für einen Normalfall abgerechneten Mittelgebühren gemäß § 14 Abs. 1 S. 4 RVG an die von dem Verteidiger angesetzten Gebühren gebunden. Dass vorliegend nur ein Durchschnittsverfahren vorliegt, ergibt sich aus einer Gesamtwürdigung des Verfahrens.

Gemäß § 14 Abs.1 S. 4 RVG ist die vom Rechtsanwalt gegenüber einem Dritten - und auch der Staatskasse - getroffene Gebührenbestimmung nur dann nicht verbindlich, wenn sie unbillig hoch ist. Dies ist regelmäßig nur der Fall, wenn die vom Rechtsanwalt bestimmte Gebühr die vom Gericht als angemessen erachtete Mittelgebühr um mehr als 20 % überschreitet (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl. zu § 14 Rn. 12; Mayer/ Kroiß, RVG zu § 14 Rn. 56 f,; Hartmann, Kostengesetze, zur RVG in § 14 Rn. 24). Hier liegt mit dem Antrag zwar eine Überschreitung, jedoch nur eine Überschreitung der Mittelgebühren in einem Rahmen bis max. 18 % der als angemessen erachteten Rahmengebühren vor.

Insgesamt ist die Gebührenbestimmung des Beschwerdeführers hier deshalb nicht unbillig hoch und als verbindlich anzusehen.

3. Danach sind auf die sofortige Beschwerde über die bisherige Festsetzung hinaus folgende weiteren Kosten festzusetzen:

aus Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG 30,00 €
aus Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG 29,70 €
aus Verfahrensgebühr Nr. 4106 VV RVG 21,45 €
aus Terminsgebühr (27.11.2018) Nr. 4108 VV RVG 41,25 €
aus Reisekosten für den Rechtsanwalt: 18,00 € (21 abzgl. 3)
Zwischensumme: 140,40 €
zzgl. 19% Umsatzsteuer Nr. 7008 W--RVG 26,67 €
Erstattungsbetrag: 167,07 €

4. Weitere Absetzungen im Beschluss (Dokumentenpauschale 27,70 statt 26,35 Euro) wurden mit der sofortigen Beschwerde laut deren Begründung nicht konkret angegriffen. Die Kammer hält diese Absetzung ausdrücklich in Übereinstimmung mit der Rechtspflegerin für gerechtfertigt.

5. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 473 Alys".jete StPO im Verhältnis des Obsiegens zum Beschwerdewert von 360,75 Euro.


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