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RVG Entscheidungen

§ 51

Adhäsionsverfahren, Pflichtverteidiger, Pauschgebühr, Tätigkeiten im Adhäsionsverfahren

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Hamm, Beschl. v. 20.05.2019 - 5 RVGs 8/19

Leitsatz: Bei der Entscheidung über die Bewilligung einer Pauschgebühr sind die Tätigkeiten des Pflichtverteidigers im Rahmen eines Adhäsionsverfahrens nicht zu berücksichtigen.


In pp.

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt mit näherer Begründung, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, für seine gesamten Tätigkeiten im vorliegenden Verfahren die Bewilligung einer Pauschgebühr, die er mit der dreifachen Summe der sich ergebenden Wahlanwaltshöchstgebühren für angemessen erachtet. Insoweit errechnet er einen Betrag in Höhe von 35.790,50 Euro netto.

Zu diesem Antrag hat der Vertreter der Staatskasse am 7. Februar 2019 ausführlich Stellung genommen und dabei den Tätigkeitsumfang des Antragstellers sowie die ihm zustehenden gesetzlichen Gebühren zutreffend dargelegt. In der vorzunehmenden Gesamtschau hält er die vom Antragsteller erbrachten Tätigkeiten im Verfahren noch nicht für besonders umfangreich im Sinne des § 51 RVG. Auch im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung erachtet er die Tätigkeit des Antragstellers mit den gesetzlichen Gebühren noch für ausreichend vergütet. Hier sei insbesondere die dem Antragsteller zu Unrecht gewährte Gebühr Nr. 4143 VV RVG wie eine anderweitige Zahlung an ihn zu berücksichtigen. Von daher regt er an, den Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr zurückzuweisen.

Zu dieser Stellungnahme des Vertreters der Staatskasse hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 10. April 2019 eine Gegenerklärung abgegeben, in der er unter näheren Ausführungen seinen Antrag aufrecht erhält.

Der Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr war abzulehnen.

Die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51 Abs. 1 RVG sind vorliegend nicht erfüllt. Zur Begründung nimmt der Senat Bezug auf die in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen des Vertreters der Staatskasse in seiner ausführlichen Stellungnahme vom 7. Februar 2019, die insbesondere auch die Senatsrechtsprechung berücksichtigen. Diesen schließt sich der Senat an. Dabei teilt der Senat insbesondere die Auffassung des Vorsitzenden der Strafkammer des Landgerichts Paderborn vom 15. September 2017, nach der die Strafsache für den Antragsteller keine besonderen Schwierigkeiten bot. Diese wird auch vom Vertreter der Staatskasse gebilligt. Das Verfahren, das vor einer großen Strafkammer als Schwurgericht verhandelt wurde, bot im Vergleich zu gewöhnlichen Schwurgerichtsverfahren für den Antragsteller weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten. Wie auch vom Vertreter der Staatskasse im Ergebnis zutreffend festgestellt, handelte es sich insgesamt noch um ein durchschnittliches Verfahren, das vor einem Schwurgericht stattfand. Insoweit wird der Antragsteller zunächst darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber dem in der Regel höheren Schwierigkeitsgrad und auch größeren Umfang von Schwurgerichtssachen bereits dadurch Rechnung getragen hat, dass er die anfallenden Pflichtverteidigergebühren erheblich höher bemessen hat als bei sonstigen Strafsachen, die vor einer großen Strafkammer verhandelt werden. Hierauf hat der Vertreter der Staatskasse bereits zutreffend in seiner Stellungnahme hingewiesen.

Der zu behandelnde Prozessstoff war für eine Schwurgerichtssache noch nicht überdurchschnittlich umfangreich. Dem Antragsteller entstandener haftbedingter Mehraufwand ist durch die insoweit angefallenen gesetzlichen Gebühren noch ohne Weiteres abgedeckt. Ein über den üblichen Umfang für Schwurgerichtssachen hinausgehender Besprechungsaufwand für den Antragsteller ist nicht erkennbar. Auch seine Tätigkeiten im Rahmen der Hauptverhandlung sind durch die entstandenen Gebühren ausreichend abgegolten. Die vom Antragsteller im Rahmen des Revisionsverfahrens erbrachten Tätigkeiten sind als durchschnittlich zu bewerten, sie gehen nicht über den gewöhnlichen Arbeitsaufwand in einer durchschnittlichen Schwurgerichtssache hinaus.

Soweit der Antragsteller auf das öffentliche Interesse bzw. Medieninteresse an dem Verfahren hinweist, ist dies für die Frage der Bewilligung einer Pauschgebühr unerheblich. Wie vom Vertreter der Staatskasse zutreffend ausgeführt, ist ein besonderer zeitlicher Aufwand des Antragstellers insoweit nicht feststellbar. Die Bearbeitung von Journalistenanfragen gehört nicht zur üblichen Tätigkeit eines Pflichtverteidigers.

Soweit der Antragsteller den ihm entstandenen Arbeitsaufwand in Stunden beziffert, hat der Vertreter der Staatskasse zutreffend ausgeführt, dass der Gesetzgeber von der Einführung von Zeithonoraren im RVG ausdrücklich abgesehen hat. Maßstab für die Bewilligung und die Bemessung einer Pauschgebühr ist nicht ein ansonsten unter Umständen für angemessen erachtetes Anwaltshonorar. Dabei ist sich der Senat jedoch bewusst, dass die vom Antragsteller angegebenen Arbeitsstunden sowie die von ihm im Rahmen seiner Gegenerklärung gefertigte Auflistung erbrachter Tätigkeiten nach Stunden vorliegend für die Bewertung seines Arbeitsaufwandes herangezogen werden können. Dieser dem Antragsteller vorliegend entstandene zeitliche Arbeitsaufwand überschreitet jedoch noch nicht den üblichen Umfang einer Schwurgerichtssache derart, dass die Bewilligung einer Pauschgebühr in Betracht kommt.

Eine andere Wertung ergibt sich auch nicht aus den umfangreichen Ausführungen in seiner Gegenerklärung vom 10. April 2019 zur Stellungnahme des Vertreters der Staatskasse. Sofern er hier auf Besonderheiten der zu behandelnden Sache verweist, wie Schwierigkeiten im Umgang mit seinem Mandanten und dessen Familie sowie die komplizierte Beziehung seines Mandanten zur Geschädigten, geht dies über den üblichen Umfang einer naturgemäß insoweit aufwendiger zu bearbeitenden Schwurgerichtssache nicht hinaus. Der erhöhte Kommunikationsaufwand mit Mandant und Familie aufgrund deren erheblicher emotionaler Belastung lässt keinen über das übliche Maß in Schwurgerichtssachen hinausgehenden Aufwand des Antragstellers erkennen. Der Antragsteller wird hier nochmals darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber der in Schwurgerichtssachen für den Pflichtverteidiger naturgemäß entstehenden höheren Arbeitsbelastung auch durch deutlich erhöhte gesetzliche Gebühren Rechnung getragen hat.

Auch die weiter vorzunehmende Zumutbarkeitsprüfung lässt eine Unzumutbarkeit der dem Antragsteller entstandenen gesetzlichen Gebühren nicht erkennen. Insoweit hat der Vertreter der Staatskasse bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass die dem Antragsteller zu Unrecht gewährte Gebühr Nr. 4143 VV RVG in Höhe von 2.836,00 Euro, die wegen der Verwirkung des Erinnerungsrechtes der Staatskasse nicht zurückgefordert werden kann, als anderweitige Zahlung zu berücksichtigen ist. Der Senat ist ebenso wie der Vertreter der Staatskasse der Auffassung, dass dem Antragsteller vorliegend die Verfahrensgebühr Nr. 4143 VV RVG zu Unrecht gewährt worden ist. Der Entscheidung des hiesigen 3. Strafsenats vom 8. November 2012 im Verfahren III-3 Ws 139/12, nach der die Bestellung eines Rechtsanwaltes zum Pflichtverteidiger nicht das Tätigwerden zur Abwehr gegen den Angeklagten gerichteter Adhäsionsanträge umfasst, schließt sich der Senat an. Nach dieser Entscheidung steht einem Pflichtverteidiger ein Anspruch auf Festsetzung von Verfahrensgebühren nach Nr. 4143 VV RVG gegen die Staatskasse nicht zu (vgl. auch Beschluss des hiesigen 1. Strafsenats vom 12. August 2014 in III-1 Ws 243/14).

Zudem wurde vorliegend von der Strafkammer der Antrag des Angeklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Adhäsionsverfahren im vierten Hauptverhandlungstermin abgelehnt.

Sowohl der Wertung des Gesetzgebers als auch im Verfahren getroffener Entscheidungen würde es zuwider laufen, wenn ein Pflichtverteidiger über den Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr seine Tätigkeiten im Rahmen eines Adhäsionsverfahrens vergütet verlangen könnte. Dementsprechend ist der zugunsten des Antragstellers vorliegend ungerechtfertigt festgesetzte Betrag in Höhe von 2.836,00 Euro als ihm zugeflossene anderweitige Zahlung zu berücksichtigen. Wird dieser Betrag den entstandenen gesetzlichen Gebühren hinzugerechnet, ist die Tätigkeit des Antragstellers im Verfahren mit diesen ohne Weiteres noch zumutbar vergütet.

Aber auch wenn die dem Antragsteller zu Unrecht festgesetzte Gebühr außer Acht gelassen wird, liegt eine Unzumutbarkeit der angefallenen gesetzlichen Gebühren für die von ihm erbrachten Tätigkeiten nicht vor. Die Voraussetzung der Unzumutbarkeit, die nach § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG neben den besonderen Umfang bzw. die besondere Schwierigkeit der Sache treten muss (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 10. Januar 2006 in 2 (s) Sbd. VIII – 233/05), ist hier auch ansonsten nicht erfüllt. Nach dem Willen des Gesetzgebers, der die Rechtsanwaltsvergütung insbesondere für den Bereich der Pflichtverteidigung erheblich verbessert hat, soll die Pauschgebühr Ausnahmecharakter haben (vgl. BTDrucks. 15/1971, S. 201, 202; Burhoff, RVG, § 51 Rdnr. 1, 10). Die ausdrückliche Betonung des Gesichtspunktes der Zumutbarkeit im RVG soll den Ausnahmecharakter der Pauschgebühr hervorheben, die diese aufgrund der neu geschaffenen Gebührentatbestände inne haben soll. Die Pauschgebühr soll lediglich eine unzumutbare Benachteiligung des Verteidigers, der als Pflichtverteidiger tätig geworden ist, verhindern (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. nur Senatsbeschluss vom 14. Juni 2013 in 5 RVGs 46/13). Die Bewilligung einer Pauschgebühr kommt daher nur in Ausnahmefällen in Betracht. Eine einen solchen Ausnahmefall begründende Unzumutbarkeit der gesetzlichen Gebühren ist bei der hier vorliegenden Schwurgerichtssache unter Berücksichtigung des Antragsvorbringens sowie der ergänzenden Ausführungen des Antragstellers in seinem Schriftsatz vom 10. April 2019 noch nicht gegeben. Wie bereits oberhalb erörtert, sind die vom Antragsteller geschilderten Umstände, die sich insbesondere auch auf die herkunfts- und situationsbedingte besondere Betreuungsbedürftigkeit des Mandanten sowie dessen Familie stützen, noch nicht derart außergewöhnlich, dass sie einen solchen Ausnahmefall begründen können.

Insgesamt hält der Senat die vom Antragsteller im Verfahren erbrachten Tätigkeiten daher mit den angefallenen gesetzlichen Gebühren für zumutbar vergütet. Der Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr war dementsprechend als unbegründet zurückzuweisen.


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