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RVG Entscheidungen

§ 48

Erstreckung; Zeitpunkt der Antragstellung

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Freiburg, Beschl. v. 13. 03. 2006, 2 Qs 3/06

Fundstellen: RVGreport 2006, 183

Leitsatz: Der Erstreckungsantrag nach § 48 Abs. 5 Satz 3 RVG kann auch noch nach Abschluss des Verfahrens gestellt werden.


LG Freiburg
2 Qs 3/06
Beschluss vom 13. 03. 2006
Strafsache gegen
geboren am wohnhaft, geschieden, Verkäuferin, Staatsangehörigkeit: deutsch
Verteidiger:
RA M. wegen vors. Fahren ohne Fahrerlaubnis
hier: Beschwerde gegen die Festsetzung der Pflichtverteidigervergütung
1. Auf die Beschwerde des Verteidigers wird der Beschluss des Amtsgerichts Freiburg vom 13.12.2005 (27 Ds 250 Js 14264/04) aufgehoben.
In Abänderung der Festsetzung der Pflichtverteidigervergütung durch das Amtsgericht Freiburg vom 31.08.2005 sind an Rechtsanwalt M. aus der Landeskasse 891,29 Euro als Vergütung zu zahlen.
2. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
3. Im übrigen wird die Sache zur Entscheidung an den Richter der Abteilung 27 des Amtsgerichts Freiburg zurückgegeben.
Gründe:
Rechtsanwalt M. beantragte mit Schriftsatz vom 01.07.2005, die Pflichtverteidigergebühren im führenden Verfahren 27 AK 484/04 (Aktenzeichen der Staatsanwaltschaft 250 Js 14264/04) sowie den hinzuverbundenen Verfahren 27 AK 509/04 (_ 530 Js 21950104) und 27 AK 3/05 (= 250 Js 32351/04) auf insgesamt 1.344,09 Euro festzusetzen.
Der Rechtspfleger des Amtsgerichts setzte nur die im Hauptverfahren 27 AK 484/04 entstandenen Pflichtverteidigergebühren fest (585,05 Euro), lehnte es dagegen ab, die von dem Verteidiger für seine Tätigkeit in den hinzuverbundenen Verfahren geltend gemachte Vergütung festzusetzen. Der Verteidiger sei nur im führenden Verfahren 27 AK 484/04 als Pflichtverteidiger bestellt worden. Eine weitere Beiordnung sei in keinem der verbundenen Verfahren erfolgt. Auch sei weder ein Erstreckungsbeschluss gem. § 48 Abs. 5 Satz 3 RVG beantragt gewesen noch jemals ergangen.
Die hiergegen eingelegte Erinnerung des Verteidigers wies der zuständige Abteilungsrichter des Amtsgerichts Freiburg mit Beschluss vom 13.12.2005 zurück, woraufhin der Verteidiger am 20.12.2005 Beschwerde einlegte.
Die Beschwerde ist gem. § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG zulässig, hat in der Sache teilweise Erfolg und führt im übrigen zur Rückgabe der Sache an das Amtsgericht Freiburg zur weiteren Veranlassung.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts wurde der Beschwerdeführer auch im Verfahren 27 AK 509/04 (= 530 Js 21950/04) durch die amtsgerichtliche Pflichtverteidigerbestellung vom 08.11.2004 beigeordnet. Der Verteidiger hat nicht nur mit Schriftsatz vom 08.10.2004 (vgl. Band I/161) beantragt, ihn im Verfahren 27 AK 484/04 als Pflichtverteidiger beizuordnen, sondern auch mit Schriftsatz vom 04.11.2004 (Band 1/171) im Verfahren 530 Js 21950/04 = 27 AK 509/04. Die dann
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nur vier Tage nach diesem zweiten Antrag erfolgte Pflichtverteidigerbestellung durch das Amtsgericht (vgl. Band 1/175), die im übrigen im Beschlussoriginal (im Gegensatz zur Leseabschrift) gerade nicht nur im Verfahren 27 AK 484/04, sondern allgemein durch die „Abt. 27" gefasst wurde, sollte sich daher aufgrund dieses engen zeitlichen Zusammenhangs nach dem erkennbaren Willen des damals tätigen Amtsrichters auf beide Verfahren beziehen, zumal auch der systematische Zusammenhang der Pflichtverteidigerbestellung in Ziffer 2 des Beschlusses und die Verbindung der fraglichen Verfahren in Ziffer 3 des Beschlusses hierfür spricht. Für seine Tätigkeit bis zur Pflichtverteidigerbestellung folgt demnach der Vergütungsanspruch des Verteidigers im Verfahren 27 AK 509/04 bereits aus § 48 Abs. 5 Satz 1 RVG, so dass ihm weitere 306,24 Euro zustehen.
Soweit der Verteidiger ferner für das hinzuverbundene Verfahren 27 AK 3/05 (= 250 Js 32351/04) weitere Vergütungsansprüche bis zur Verbindung zum führenden Hauptverfahren geltend macht, ist dagegen eine Pflichtverteidigerbestellung in diesem Verfahren vor der Verbindung zum führenden Verfahren nicht erfolgt, so dass gem. § 48 Abs. 5 Satz 3 RVG eine Vergütung auch für die Tätigkeit im unverbundenen Zeitraum nur in Betracht käme, wenn das - primär hierfür zuständige - Amtsgericht die Vergütungspflicht auch auf das Verfahren 27 AK 3105 (250 Js 32351/04) erstrecken würde (vgl. auch OLG Hamm, NStZ-RR 2005, 285).
Eine derartige Erstreckungsentscheidung kommt nach der Gesetzesbegründung insbesondere dann in Betracht, wenn in dem hinzuverbundenen Verfahren eine Bestellung als Pflichtverteidiger ohne die Verbindung unmittelbar bevorgestanden hätte (vgl. LG Berlin JurBüro 2006, 29 unter Hinweis auf Stimmen in der Literatur; vgl. auch Podlech-Trappmann, RVG, 2004, § 48, Rdnr. 24). Da möglicherweise schon der Vergütungsfestsetzungsantrag des Verteidigers, spätestens aber sein Erinnerungsschreiben vom 06.09.2005 einen derartigen Erstreckungsantrag enthält, wird der zuständige Abteilungsrichter des Amtsgerichts über diesen nunmehr zu befinden haben (mit einer dagegen ggf. von Burhoff RVGreport 2004, 411 ff zu Recht befürworteten Beschwerdemöglichkeit) Dabei ist die Kammer der Auffassung, dass dieser Erstreckungsantrag - unabhängig von der vom Verteidiger zu Recht aufgeworfenen Frage, ob in dem von ihm gestellten Beiordnungsantrag im hinzuverbundenen Verfahren ein konkludenter Erstreckungsantrag gesehen werden kann - auch noch nachträglich im Festsetzungsverfahren gestellt werden kann (offen gelassen durch LG Berlin a.a.O.). Dies ist bereits mit dem Wortlaut des § 48 Abs. 5 Satz 3 RVG vereinbar, in dem für die Erstreckungsentscheidung keine zeitliche Begrenzung normiert wurde. Anders als bei einer nach herrschender Meinung nicht möglichen rückwirkenden Pflichtverteidigerbestellung (vgl. hierzu etwa BGH NStZ 1997, 299 f.; OLG Düsseldorf NStZ 1984, 43; OLG Oldenburg, StV 2004, 587; Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., § 141, Rdnr. 8 m.w.N.) ist die Erstreckungsentscheidung überdies auch rein kostenrechtlicher Natur, während die Pflichtverteidigerbestellung die ordnungsgemäße Verteidigung in einem noch ausstehenden bzw. laufenden Verfahren gewährleisten soll (vgl. BGH a.a.O.). Im übrigen spricht für eine solche auch noch im Festsetzungsverfahren mögliche Antragstellung und Entscheidung über die Erstreckung gem. § 48 Abs. 5 Satz 3 RVG auch der strafprozessuale Beschleunigungsgrundsatz, weil dadurch das eigentliche Erkenntnisverfahren etwa in Zweifelsfällen nicht durch den rein kostenrechtlich relevanten Streit über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 48 Abs. 5 Satz 3 RVG belastet werden muss.
Hinsichtlich des Erstreckungsantrags des Verteidigers bezüglich des Verfahrens 27 AK 3/05 = 250 Js 32351/04 war die Sache daher zur Entscheidung an das Amtsgericht Freiburg zurückzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs. 2, Satz 3 RVG.

Einsender: RA Meier, Freiburg

Anmerkung:


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