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RVG Entscheidungen

Gebühren-/Kostenfragen - Kostenfestsetzung

Aktenversendungspauschale, externer Kurierdienst, Transport

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Saarbrücken, Beschl. v. 14.10.2015 -1 Ws 164/15-

Leitsatz: 1. Wenn ein externer Kurierdienst von der Justizverwaltung im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung für u.a. Aktentransporte durch Verbringung der Akte zu einer von der Versendungsstelle ortsverschiedenen Justizbehörde und Einlegung in ein dortiges Gerichtsfach mittels einer Pauschale vergütet wird, sind Auslagen nicht nur justizinterner Art, sondern Auslagen an Transport- und Verpackungskosten i. S. d. Nr. 9003 KV-GKG angefallen, für welche die Aktenversendungspauschale zu erheben ist.
2. Es ist in diesem Fall unerheblich, ob die Kosten für den einzelnen verfahrensgegenständlichen Aktentransport konkret und isoliert ermittelbar sind (Abweichung von OLG Koblenz, Beschluss vom 20.03.2014 -2 Ws 134/14- juris und OLG Köln, Beschluss vom 16.10.2014 -2 Ws 601/14- juris).


1 Ws 164/15
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT
BESCHLUSS
In dem Ermittlungsverfahren
gegen pp.
wegen Verdachts der Steuerhinterziehung
hier: weitere Beschwerde gegen den Kostenansatz
hat der 1. Strafsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken am 14. Oktober 2015 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht Wiesen, den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Saarbrücken beschlossen:

Die weitere Beschwerde des Verteidigers gegen den Beschluss des Landgerichts 2. Große (Wirtschafts-) Strafkammer — Saarbrücken vom 2. Juli 2015 wird als unbegründet verworfen.

Gründe:
In dem seitens der Staatsanwaltschaft Saarbrücken unter dem Aktenzeichen 39 Js 78/14 gegen den Beschuldigten geführten Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Hinterziehung von Einkommenssteuer erging am 30.09.2014 eine Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts Saarbrücken. Mit Schriftsatz vom 27.10.2014 bestellte sich der Verteidiger für den Beschuldigten, legte Beschwerde gegen die Durchsuchungsanordnung ein und beantragte zugleich Akteneinsicht, die ihm aufgrund Verfügung der Staatsanwaltschaft Saarbrücken vom 18.11.2014 auch gewährt wurde, und zwar dergestalt, dass die Akte durch einen Kurierfahrer der für Beförderungsleistungen dieser Art mit einem vertraglich vereinbarten Pauschalbetrag durch die Justizverwaltung vergüteten S. Service GmbH im Rahmen eines Sammeltransportes von der Staatsanwaltschaft Saarbrücken zum Amtsgericht St. Ingbert verbracht und dort in das Gerichtsfach des Verteidigers eingelegt wurde. Nachdem die Akte am 01.12.2014 wieder zurückgegeben worden war, erhob die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 15.12.2014 von dem Verteidiger eine Aktenversendungs-pauschale gem. Nr. 9003 KV-GKG in Höhe von 12 €. Gegen diesen Kostenansatz erhob der Verteidiger mit Schriftsatz vom 18.12.2014 Erinnerung, die das Amtsgericht Saarbrücken mit Beschluss vom 30.04.2015 (Az.: 130 Gs 6/15) zurückwies und die Beschwerde zum Landgericht gem. § 66 Abs. 2 S. 2 GKG zuließ. Die mit Schriftsatz vom 07.05.2015 eingelegte Beschwerde verwarf die 2. Große Strafkammer des Landgerichts Saarbrücken mit dem angefochtenen Beschluss, gegen den sich der Verteidiger mit der vom Landgericht gern. § 66 Abs. 4 S. 1 GKG zugelassenen weiteren Beschwerde wendet. Er vertritt — wie bereits mit seinen früheren Rechtsmitteln -die Auffassung, die Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 KV-GKG dürfe nur erhoben werden, wenn für den Transport der Akte konkret bezifferbare Kosten entstünden, was bei der Beförderung durch einen pauschal vergüteten Kurierdienst nicht der Fall sei.

Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Saarbrücken hat beantragt, die weitere Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.
Das Rechtsmittel, über das der Senat mit drei Richtern zu entscheiden hat, weil auch das Landgericht nicht durch den Einzelrichter entschieden hat (§ 66 Abs. 6 S. 1 2. Hs. GKG), ist gern. § 66 Abs. 4 S. 1 GKG infolge seiner Zulassung durch das Land-gericht, an die der Senat gebunden ist, statthaft und auch sonst zulässig. Es hat je-doch in der Sache keinen Erfolg, weil die Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 KV-GKG zu Recht erhoben worden ist.

1. Mit dem 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vom 23. Juli 2013 wurde Nr. 9003 KV-GKG dahingehend ergänzt, dass die Aktenversendungspauschale für die bei der Versendung von Akten auf Antrag anfallenden Auslagen an Transport- und Verpackungskosten je Sendung erhoben wird. Die Ergänzung geht auf eine Empfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zurück, die damit begründet wurde, hierdurch solle „klarer zum Ausdruck kommen, dass mit der Pauschale der Ersatz barer Auslagen gemeint ist" (BT-Drucksache 17/13537, S. 191, 268). Zur Vorgängerfassung der Vorschrift, nach deren Wortlaut die Pauschale zu erheben war „für die Versendung von Akten auf Antrag je Sendung" war vielfach vertreten worden, es sollten durch die Pauschale nicht nur Transport- und Verpackungskosten, sondern auch Aufwendungen für das Heraussuchen von Akten, Anlage und Auflösung eines Retents, Abfassung von Begleitschreiben, Rücklaufkontrolle u.ä.m. abgegolten werden, so dass teilweise auch bei bloßer Einlegung der Akte in das Gerichtsfach eines Rechtsanwalts im selben Justizgebäude die Pauschale verlangt wurde (vgl. NK-GK/Volpert, Nr. 9003 KV GKG Rdnr. 23 m.w.N. in Fn.

2. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sind „Auslagen an Transport- und Verpackungskosten" im Sinne der Vorschrift im vorliegenden Falle angefallen.

a) Das scheitert zunächst nicht daran, dass die Akte nicht an die Kanzleiadresse des Verteidigers versandt wurde, sondern von der Staatsanwaltschaft Saarbrücken an das Amtsgericht St. Ingbert gebracht und in das dortige Gerichtsfach des Verteidigers eingelegt wurde. Insoweit besteht mittlerweile Einigkeit in Literatur und Rechtsprechung, dass die Verbringung der Akte zu einer von der Versendungsstelle ortsverschiedenen Justizbehörde und Einlegung in ein dortiges Gerichtsfach grds. geeignet ist, die Aktentransportpauschale auszulösen (vgl. NK-GK/Volpert, Nr. 9003 KV GKG Rdnr. 16 m.w.N. in Fn. 32).

b) Der Erhebung der Pauschale steht auch nicht entgegen, dass für den Transport möglicherweise keine „baren Auslagen" in dem Sinne aufgewendet wurden, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit die Vergütung der den Transport durchführenden S. Service GmbH bargeldlos erfolgt sein dürfte; denn mit dieser Formulierung kann nach Einschätzung des Senats der Rechtsausschuss schwerlich gemeint haben, nur Bargeldzahlungen lösten die Pauschale aus, die auch in der Justiz zunehmend zugunsten anderer Zahlungssysteme an Bedeutung verloren haben (vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.08.2015 — III-4 Ws 160/15 — soweit ersichtlich bisher nicht veröffentlicht). Vielmehr sollte die Formulierung offenbar zum Ausdruck bringen, dass reine justizinterne Verwaltungsaufwendungen im vorbeschriebenen Sinne außer Betracht bleiben sollen.

c) Auslagen nicht nur justizinterner Art sind vorliegend angefallen. Denn der externe Kurierdienst der S. Service GmbH wird von der Justizverwaltung im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung für u.a. Aktentransporte der vorliegenden Art mittels einer Pauschale vergütet.

Nach Auffassung des Senats ist es in diesem Zusammenhang unerheblich, ob die Kosten für den einzelnen verfahrensgegenständlichen Aktentransport konkret und isoliert ermittelbar sind, was — insofern ist dem Beschwerdeführer beizupflichten - schon deshalb zweifelhaft erscheint, weil die S. Service GmbH für die Pauschalvergütung nicht nur Akten — naturgemäß unterschiedlichen Umfangs -, sondern auch Büromaterialien, Gegenstände des dienstlichen Gebrauchs, Druckerzeugnisse und Ausstattungsgegenstände zu im Einzelnen näher bestimmten Dienststellen der Justiz befördert und es deshalb zur Bezifferung der auf einen einzelnen Beförderungsgegenstand entfallenden Transportkosten neben der detaillierten Erfassung des jeweiligen Beförderungsumfangs der Implementierung eines wie auch immer gearteten „Schlüssels" bedürfte, der es erlaubte, die angefallenen Gesamtkosten durch Division unter Berücksichtigung ggf. unterschiedlicher Wertigkeiten auf die Einzelgegenstände herunterzubrechen. Gerade dieser Gedankengang zeigt nach Auffassung des Senats aber, dass die in den vom Beschwerdeführer für seine Auffassung herangezogenen Entscheidungen des OLG Koblenz (Beschluss vom 20.03.2014 — 2 Ws 134/14 - juris) und des OLG Köln (Beschluss vom 16.10.2014 — 2 Ws 601/14 — juris) jeweils vertretene Auffassung, die Pauschale dürfe nur für „gesondert bezifferbare Geldleistungen für Transport und Verpackung" erhoben werden, mit Sinn und Zweck einer Pauschale, der gerade darin besteht, die entstehenden Aufwendungen nicht konkret und einzelfallbezogen beziffern zu müssen, schwerlich in Einklang zu bringen ist. Es kann im Ergebnis keinen Unterschied machen, ob die Bezahlung des justizexternen Dienstleisters dergestalt erfolgt, dass dieser jedes einzelne Paket gesondert in Rechnung stellt (so in den den Entscheidungen des OLG Köln - Senat für Familiensachen - vom 23.01.2015 — 14 WF 163/14, und des OLG Bamberg vom 05.03.2015 — 1 Ws 87/15 — jeweils nach juris - zugrundeliegenden Fällen), oder ob er eine aufgrund des zu erwartenden Transportaufkommens kalkulierte Pauschale für bestimmte Abrechnungszeiträume erhält wie im vorliegenden und dem vom OLG Düsseldorf im o.g. Beschluss entschiedenen Fall. Denn gerade in Fällen der vorliegenden Art ist die Berechnung einer Aktenversendungspauschale überhaupt sinnvoll, da in Konstellationen, in denen die konkret stückbezogenen Kosten schon feststehen oder mit geringem Aufwand ermittelbar sind, hierfür kein Bedarf besteht (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O.).

Dabei soll nur am Rande erwähnt werden, dass die Frage für die vom Beschwerdeführer für seine Auffassung in Anspruch genommenen vorgenannten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Koblenz und Köln nicht in tragender Weise bedeutsam war, weil diese die Erhebung der Pauschale jeweils schon deshalb für unzulässig hielten, weil die Akten in beiden zu entscheidenden Fällen jeweils von einem justizinternen Kurierdienst, also von Justizwachtmeistern mit Dienstfahrzeugen im Rahmen ihrer Dienstausübung, transportiert worden waren und nach Auffassung beider Gerichte deshalb lediglich „justizinterner Verwaltungsaufwand" vorlag, der nach der Neufassung des Tatbestandes eindeutig nicht mehr erfasst sei. Ob dem beizutreten wäre (a. A. etwa: LG Kleve, Beschluss vom 28.04.2015 — 171 Ns 6/14 — juris; NK:GK/Volpert, KV GKG Nr. 9003, Rdnr. 13, jeweils insbesondere unter Hinweis auf die anfallenden Kosten für Kraftstoff) kann im vorliegenden Fall dahinstehen, da der Aktentransport durch einen externen Dienstleister erfolgt ist.

Die vom Beschwerdeführer beantragte Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof kommt nicht in Betracht (§ 66 Abs. 4 S. 3, Abs. 3 S. 3 GKG; vgl. NK-GK-Volpert, § 66 GKG Rdnrn. 116, 118).

IV.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; Auslagen werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).

Einsender: Dipl.Rechtspfleger M. Stoll, Saarbrücken

Anmerkung:


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