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RVG Entscheidungen

§ 51

Zeugenbeistand, Pauschgebühr, Bemessung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Saarbrücken, Beschl. v. 06.05.2015 - 1 AR 3/13

Leitsatz: Zur Bewilligung einer Pauschgebühr für einen Zeugenbeistand, der einem Zeugen beigeordnet wird, der im Ermittlungsverfahren mehrfach vernommen worden ist und dessen Vernehmung in der Hauptverhandlung mehr als vier Stunden gedauert hat.


SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT
BESCHLUSS
In der Strafsache
gegen pp.
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge, pp.
(hier: Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr als Zeugenbeistand)
Zeugenbeistand: Rechtsanwalt
hat der 1. Strafsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken
am 6. März 2015
durch den Richter am Oberlandesgericht
als Einzelrichter (§§51 Abs. 2 S. 4, 42 Abs. 3 S. 1 RVG)
nach Anhörung des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Saarbrücken

beschlossen:
Auf seinen Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51 RVG wird dem Rechtsanwalt unter Zurückweisung seines weitergehenden Antrags anstelle der gesetzlichen Gebühr eine Pauschgebühr in Höhe von 300,00 Euro (netto) bewilligt.

Gründe:
I.
Mit Beschluss vom 25.11.2011 hat der Vorsitzende der 4. Strafkammer des Landgerichts Saarbrücken den Antragsteller dem Zeugen A 1 für die Dauer seiner Vernehmung gemäß § 68 b Abs. 2 StPO als Beistand beigeordnet. Gegenstand des gegen drei Angeklagte geführten Verfahrens war eine Vielzahl von Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, u.a. auch des mehrfachen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Der Zeuge, der hinsichtlich eines Teils der Taten Abnehmer der Rauschmittel war und bereits vor Anklageerhebung in einer Vielzahl von Vernehmungen umfassende Angaben zu den Taten gemacht hatte, wurde — soweit hier relevant— in den Hauptverhandlungsterminen vom 13. und 27. Januar sowie 24. Februar 2012 vernommen, wobei der Antragsteller nach Aktenlage bei den beiden letztgenannten Hauptverhandlungsterminen anwesend war. Die Vergütung des Antragstellers als Zeugenbeistand wurde mit Beschluss des Landgerichts Saarbücken vom 21.08.2013 unter Ansatz der Gebühr gemäß Nr. 4301 VV RVG, von Fahrtkosten. Tage- und Abwesenheitsgeld für die Hauptverhandlungstermine vom 27.01, und 24.02.2012 sowie der Pauschale für Post und Telekommunikation gemäß Nr. 7002 VV RVG einschließlich 19 % Mehrwertsteuer auf 291,31 € festgesetzt.

Mit Schriftsatz vom 9. März 2012, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat der Antragsteller beantragt, ihm gemäß § 51 RVG eine Pauschgebühr in Höhe des Siebenfachen der. Gebühr Nr. 4301 VV RVG, nämlich 1,470,00 Euro netto, zu bewilligen. Er ist der Ansicht, seine Tätigkeit sei wegen des besonderen Umfangs und der besonderen Schwierigkeit der Sache durch die gesetzliche Gebühr nicht ausreichend vergütet.

Der Bezirksrevisor beim Landgericht Saarbrücken hat zu dem Antrag Stellung genommen. Er ist der Auffassung, dass dem Antragsteller unter Berücksichtigung des zeitlichen Aufwands für die Beistandsleistung in den Hauptverhandlungsterminen vom 27,01. und 24.02.2012 von maximal 4 Stunden und 9 Minuten eine Pauschgebühr in Höhe von 200,-- Euro zu bewilligen und sein weitergehender Antrag zurückzuweisen sei.

Dem Antragsteller ist zu der Stellungnahme des Bezirksrevisors rechtliches Gehör gewährt worden. Eine substantiierte Erklärung hat er hierzu nicht abgegeben.

II.
Der Antrag hat lediglich in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen war er zurückzuweisen.

Zur Begründung nimmt der Senat zunächst auf die Ausführungen des Bezirksrevisors in seiner Stellungnahme vom 29. August 2014 Bezug, die im rechtlichen Ausgangspunkt mit der Rechtsprechung des Senats zur Bewilligung einer Pauschgebühr für einen beigeordneten Zeugenbeistand in Einklang stehen. Danach ist der Bezirksrevisor mit Recht davon ausgegangen, dass die Bewilligung einer Pauschgebühr gemäß § 51 RVG auch für eine Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Ziffer 4 VV RVG beantragt werden kann, wenn die gesetzliche Gebühr wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit nicht zumutbar ist, und dass in einem solchen Fall auch einem Rechtsanwalt, der — wie der Antragsteller— nach § 68 b Abs. 2 StPO einem Zeugen als Beistand beigeordnet worden ist, eine Pauschgebühr zusteht (vgl, Senatsbeschluss vom 22. Mai 2013 - 1 AR 1/13 -; s.a. Thüring. OLG, Beschluss vom 27. Januar 2011 - 1 AR (S) 69/10 -; KG, Beschlüsse vom 5. Januar 2012 - 1 ARs 26/11 - und 4. Juni 2012 - 1 ARs 16/11 -, jew. zitiert nach juris; Gerold/Schmidt-Burhoff, RVG, 21. Auf, § 51 Rn. 4; Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., § 51 Rn. 4).

Der Bezirksrevisor hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass der Umstand, dass sich die Vernehmungssituation für den Zeugen, bei dem es sich nach den Urteilsfeststellungen um einen Neffen von zwei der Angeklagten handelt, im Hinblick auf dieses Verwandtschaftsverhältnis sowie darauf, dass der Zeuge sowohl im Vorfeld der gerichtlichen Vernehmung als auch während einer Vernehmungspause bedroht bzw. eingeschüchtert wurde, als belastend erwies, nach der Rechtsprechung des Senats für sich genommen eine besondere Schwierigkeit der Beistandsleistung noch nicht zu begründen vermag. Denn diese Belastungssituation hat — wie sich aus dem Beiordnungsbeschluss ergibt— entsprechend des Schutzzwecks des § 68 b Abs. 2 StPO überhaupt erst Anlass für die Beiordnung eines Zeugenbeistands geboten, weshalb die Tätigkeit für einen solchermaßen belasteten Zeugen grundsätzlich zu den gewöhnlichen Aufgaben eines beigeordneten Zeugenbeistands gehört (vgl. den —dem Antragsteller bekannten — Senatsbeschluss vom 22. Mai 2013 - 1 AR 1/13 -).
Anhaltspunkte für eine hierüber hinausgehende Schwierigkeit der Beistandsleistung sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Insbesondere fallen die vom Antragsteller als erschwerend angeführte mehrfache Beanstandung von Fragen der Verteidiger an den Zeugen und die damit verbundene wiederholte Beratung des Zeugen nicht besonders ins Gewicht, da derartige Tätigkeiten zu den normalen Aufgaben eines Zeugenbeistands gehören (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 68 b Rn. 4; SK-StPO/Rogall, StPO, 4. Aufl., § 68 b Rn. 9) und einem erfahrenen und fachkundigen Rechtsanwalt keine übermäßigen Schwierigkeiten bieten (vgl. KG NStZ-RR 2013, 232).

Anders als der Bezirksrevisor ist der Senat jedoch der Auffassung, dass der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit insgesamt nicht nur unerheblich über demjenigen liegt, den ein Zeugenbeistand in einer üblichen Strafsache zu erbringen hat.

Allerdings ist der Umfang der Ermittlungsakten vorliegend kein für die Bewilligung und Bemessung der Pauschgebühr maßgebliches Kriterium. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass sich die Rechtsstellung des Beistandes aus der des Zeugen ableitet, weshalb der Beistand nicht mehr Befugnisse als der Zeuge selbst hat, insbesondere kein über § 475 StPO hinausgehendes Akteneinsichtsrecht (vgl. Senats-beschlüsse vom 19. Januar 2010 - 1 Ws 210/09 - und - 1 Ws 228/09 -; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 68 b Rn. 12 m.w.N.). Steht dem Zeugenbeistand aber ein unbeschränktes Akteneinsichtsrecht nicht zu, so kann es für die Bewertung des Umfangs seiner Tätigkeit grundsätzlich auch nicht auf den Umfang der Strafakten ankommen.

Soweit der Bezirksrevisor meint, der Antragsteller habe zur Begründung des Umfangs der Beistandsleistung nicht berücksichtigungsfähige Tätigkeiten anlässlich der Vernehmungen des Zeugen im Ermittlungsverfahren herangezogen, kann der Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr nach seinem — nach Auffassung des Senats eindeutigen — Wortlaut nicht in dieser Weise, sondern nur dahin verstanden werden, dass mit dem Umfang der früheren Vernehmungen die Notwendigkeit mehrerer Vorbesprechungen des Antragstellers mit dem Zeugen dargelegt wird. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass dem Zeugen nach Aktenlage während seiner Vernehmungen im Ermittlungsverfahren Beistand durch einen anderen Rechtsanwalt als den Antragsteller geleistet wurde. Dass angesichts der zahl- und umfangreichen Vernehmungen des Zeugen A im Ermittlungsverfahren — nach Aktenlage wurde der Zeuge in diesem Verfahrensstadium 15-mal polizeilich und einmal richterlich vernommen —, der ausweislich der Gründe der Urteile des Landgerichts Saarbrücken vom 11.06.2012 (betreffend den Angeklagten E und vom 08.02.2013 (betreffend die Angeklagten Di und XI ) dabei in großem Umfang erfolgten Selbstbelastung des Zeugen und des — ein Zeugnisverweigerungsrecht begründenden — Verwandtschaftsverhältnisses des Zeugen zu zwei Angeklagten vor der Vernehmung des Zeugen durch die Strafkammer mehrere Beratungsgespräche mit dem Antragsteller erforderlich waren, erscheint — wenngleich der Antragsteller die Anzahl und die konkrete Dauer der Vorbesprechungen nicht dargelegt hat — nachvollziehbar und geht deutlich über den üblichen Umfang der Tätigkeit eines Zeugenbeistandes hinaus.

Dies sowie den Umstand berücksichtigend, dass sich die Beistandsleistung — wie der Bezirksrevisor von dem Antragsteller unwidersprochen zutreffend angenommen hat — auf zwei Vernehmungstermine mit einer Gesamtdauer von vier Stunden und neun Minuten erstreckt hat, hält der Senat eine deutlich über der — für den Zeitpunkt der Beiordnung maßgeblichen — Mittelgebühr eines Wahlbeistands liegende Pauschgebühr in Höhe von 300,00 Euro (netto) für angemessen.

Einsender: Dipl.Rechtspfleger M. Stoll, Saarbrücken

Anmerkung:


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