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Gericht / Entscheidungsdatum: LG Saarbrücken, Beschl. v. 05.02.2015 - 6 Qs 7/15
Leitsatz: Eine Hauptverhandlungsdauer von 15 Minuten ist beim Amtsgericht/Strafrichter unterdurchschnittlich.
Landgericht Saarbrücken Beschluss 6 Qs 7/15 In der Strafsache gegen pp. wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis hat das Landgericht Saarbrücken, 6. Große Strafkammer, auf die sofortige Beschwerde des Verteidigers am 05.02.2015 beschlossen:
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 03.11.2014 (Az. 130 Cs 62 Js 1783/13 (55/14)) wird nach Anhörung des Bezirksrevisors auf Kosten des Beschwerdeführers als unbegründet verworfen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 517,65 Euro festgesetzt.
Gründe I. Dem Beschuldigten wurde vorgeworfen, vorsätzlich ein Kraftfahrzeug geführt zu haben, obwohl er nicht die dazu erforderliche Fahrerlaubnis hatte. Mit Schriftsatz vom 06.12.2013 beantragte der Verteidiger des Beschuldigten im Ermittlungsverfahren Akteneinsicht (BI. 16 d. A.). Mit Schriftsatz vom 08.01.2014 beantragte der Verteidiger des Beschuldigten zudem Akteneinsicht in die Beiakte in Form der Fahrerlaubnisakte der Stadt Saarbrücken (BI. 25 d. A.). Gegen den am 16.04.2014 vom Amtsgericht Saarbrücken erlassenen Strafbefehl legte der Verteidiger mit Schriftsatz vom 02.05.2014 Einspruch ein (BI. 63 d. A.). In dem Hauptverhandlungstermin am 14.07.2014, der 15 Minuten dauerte, wurde die Verhandlung unterbrochen. Das Gericht holte eine Stellungnahme der Landeshauptstadt Saarbrücken - Ordnungsamt - ein (BI. 73 ff. d. A.). Auf die Antwort der Landeshauptstadt Saarbrücken vom 22.07.2014 (BI. 75 d. A.) nahm der Verteidiger des Angeklagten mit einem dreiseitigen Schriftsatz vom 07.08.2014 (BI. 78 bis BI. 80 d. A.) Stellung. Mit Beschluss vom 18.09.2014 des Amtsgerichts Saarbrücken wurde das Verfahren gemäß § 153 Abs. 2 StPO auf Kosten der Staatskasse und unter Erstattung notwendiger Auslagen des Angeklagten eingestellt.
Mit Schriftsatz vom 09.10.2014 beantragte der Verteidiger des Angeklagten die Festsetzung von Gebühren in Höhe von insgesamt 1.511,30 Euro, bestehend u. a. aus einer Grundgebühr gemäß VV-RVG Nr. 4100 in Höhe von 260,-- Euro, einer Verfahrensgebühr gemäß VV-RVG Nr. 4104 in Höhe von 210,-- Euro, einer Verfahrensgebühr für den ersten Rechtszug vor dem Amtsgericht gemäß VV-RVG Nr. 4106 in Höhe von 210,-- Euro, einer Terminsgebühr je Hauptverhandlungstag gemäß VV-RVG Nr. 4108 in Höhe von 360,-- Euro sowie eine Gebühr für die entbehrliche Hauptverhandlung gemäß VV-RVG Nr. 4141 in Höhe von 210,-- Euro, jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 03.11.2014 wurden die von der Landeskasse an den Betroffenen zu erstattenden Kosten auf 993,65 Euro nebst Zinsen festgesetzt. Das Amtsgericht orientierte sich hierbei bezüglich der Gebühren Nr. 4100 VV-RVG, Nr. 4104 VV-RVG, Nr. 4106 VV-RVG und Nr. 4141 VV-RVG an der jeweiligen Mittelgebühr. Als Terminsgebühr gemäß Nr. 4108 VV-RVG wurde ein Betrag in Höhe von 120,-- Euro netto festgesetzt.
Mit Schriftsatz vom 13.11.2014 legte der Verteidiger des Angeklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 03.11.2014 sofortige Beschwerde ein. Der Verteidiger ist der Ansicht, der von ihm vorgenommene Ansatz der Gebühren für die einzelnen Verfahrensabschnitte sei sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach gerechtfertigt.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Amtsgericht Saar-brücken die von dem Verteidiger geltend gemachten Gebühren als unbillig angesehen. Sie unterliegen daher in dem vom Amtsgericht vorgenommenen Maße der Korrektur.
Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt im Verfahren, für welche die VVRVG eine (Betrags-)Rahmengebühr vorsieht, die Höhe der Gebühr innerhalb des vorgegebenen Rahmens unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Ist wie im vorliegenden Fall die Gebühr von einem Dritten, hier der Staatskasse, zu erstatten, ist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG die vom Rechtsanwalt getroffene Bestimmung der Gebührenhöhe nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Unbillig ist der Gebührenansatz nach herrschender und von der Kammer geteilten Ansicht dann, wenn die beantragte Gebühr um mehr als 20 Prozent über der angemessenen Höhe liegt (BGH, NJW-RR 2007, 420, 421).
a) In Bezug auf die Grundgebühr gemäß VV-RVG Nr. 4100 ist der Ansatz der Mittelgebühr in Höhe von 200,-- Euro angemessen. Besondere Schwierigkeiten in die Einarbeitung der Sache sind nicht erkennbar. Auch die Tatsache, dass zusätzlich zur Verfahrensakte die Führerscheinakte eingesehen werden musste, begründet nicht die Annahme der Überdurchschnittlichkeit der Angelegenheit. Dies gilt auch für den Umstand, dass im vorliegenden Verfahren die Gültigkeit einer ausländischen Fahrerlaubnis in Deutschland fraglich war und dem nachgelagert die Frage des Vorsatzes im Raum stand. Auch dass der Angeklagte selbständig und die Fahrerlaubnis für ihn sehr wichtig war, rechtfertigt aufgrund des sehr geringen Umfangs der Sache nicht die Abweichung von der Mittelgebühr nach oben.
b) In Bezug auf die Verfahrensgebühr gemäß VV-RVG Nr. 4104 sowie die Verfahrensgebühr für den ersten Rechtszug vor dem Amtsgericht gemäß VV-RVG Nr. 4106 ist der Ansatz der Mittelgebühr angemessen. Insbesondere rechtfertigt auch der Umstand, dass der Verteidiger am 07.08.2014 einen dreiseitigen Schriftsatz einreichte, mit dem er zu der Antwort der Landeshauptstadt Saarbrücken vom 22.07.2014 Stellung bezog, nicht einen überdurchschnittlichen Ansatz der Verfahrensgebühr oder der Verfahrensgebühr für den Rechtszug vor dem Amtsgericht. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Verteidiger neben der Verfahrensgebühr und der Verfahrensgebühr vor dem Amtsgericht zusätzlich die Gebühr gemäß VV-RVG Nr. 4141 aufgrund der Vermeidung der Hauptverhandlung in Ansatz brachte. Insoweit stellte der Schriftsatz vom 07.08.2014 die Mitwirkung des Verteidigers zur Verfahrenseinstellung dar, welche den Gebührentatbestand des VV-RVG Nr. 4141 auslöst und insoweit nicht mehr für eine Erhöhung der Mittelgebühr der Verfahrensgebühr vor dem Amtsgericht herangezogen werden kann (vgl. diesbezüglich auch Burhoff, in: Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., 4106, 4107 VV Rdnr. 7).
c) Auch die Korrektur der geltend gemachten Terminsgebühr gemäß VV-RVG Nr. 4108 auf 120,-- Euro zzgl. Mehrwertsteuer ist nicht zu beanstanden. Für die Festsetzung der Terminsgebühr ist wesentliches - wenngleich nicht alleiniges - Bemessungskriterium die zeitliche Dauer des Termins. Vorliegend dauerte die Hauptverhandlung 15 Minuten, was nach Ansicht der Kammer im Strafverfahren vor dem Amtsgericht unterdurchschnittlich zu bewerten ist. Kriterien, welche die unterdurchschnittliche Dauer kompensieren könnten, liegen nicht vor. Auch der Umstand, dass es im vorliegenden Fall um die Frage der Wirksamkeit einer ausländischen Fahrerlaubnis sowie um eine verwaltungsrechtliche Zustellproblematik und daraus resultierend einer Vorsatzproblematik ging, sind nicht als derart schwierig anzusehen, dass alleine dies die kurze Dauer der Hauptverhandlung kompensieren könnte, zumal auch der Umfang der Angelegenheit weit unterdurchschnittlich war.
d) Im Hinblick auf die geltend gemachte Gebühr zur Entbehrlichkeit der Hauptverhandlung gemäß VV-RVG Nr. 4141 ist eine Korrektur auf 165,-- Euro nicht zu beanstanden. Der Ansatz der Gebühr ist zutreffend, da im vorliegenden Fall durch die anwaltliche Mitwirkung" in Form des Schriftsatzes vom 07.08.2014 die Hauptverhandlung entbehrlich wurde. Der häufigste Fall der Mitwirkung ist - wie hier - die Einreichung einer Einlassungs- oder Verteidigungsschrift (vgl. VV-RVG Nr. 4141 in Burhoff, In: Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., 4141 VV Rdnr. 4). Vorliegend war diese Gebühr in weitergehender als von dem Amtsgericht festgesetzter Höhe nicht zu erstatten, weil sie nicht entstanden ist. Nach Abs. 3 Satz 2 der Anmerkung zu Nr. 4141 VV-RVG entsteht diese Gebühr für den Wahlanwalt als Mittelgebühr. Die Umstände des Einzelfalls, die sonst über § 14 Abs. 1 zu berücksichtigen wären, sind also ohne Bedeutung; es handelt sich um eine Festgebühr (Burhoff, in: Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., 4141 VV Rdnr. 38).
Die Festsetzung des Beschwerdewertes orientiert sich an der mit dem Rechtsmittel erstrebten Erhöhung des Kostenerstattungsbetrages.
Einsender: Dipl.Rechtspfleger M. Stoll, Saarbrücken
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