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RVG Entscheidungen

Nr. 5100 VV

Verhältnis Grundgebühr, Verfahrensgebühr

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Saarbrücken, Beschl. v. 03.02.2015 - 2 Qs 8/15

Leitsatz: Zur Abgrenzung bzw. zum Verhältnis von Grundgebühr zur Verfahrensgebühr. Diese entstehen nicht automatisch nebeneinander.


Landgericht Saarbrücken 2 Qs 8/15
Beschluss
In dem Ordnungswidrigkeitenverfahren
gegen pp.

Verteidiger: Rechtsanwalt
wegen: Verkehrsordnungswidrigkeit
hier: sofortige Beschwerde gegen Kostenfestsetzung
hat die 2. Große Strafkammer — Kammer für Bußgeldsachen — des Landgerichts Saarbrücken am 03.02.2015 beschlossen:

Die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Saarlouis vom 10.12.2014 (6 OWi 564 / 13) wird kostenpflichtig als unbegründet verworfen.

Gründe:
I.
1. Die Zentrale Bußgeldbehörde beim Landesverwaltungsamt des Saarlandes erließ am 14.08.2013 unter dem Aktenzeichen 230064672 einen Bußgeldbescheid gegen den ehemals Betroffenen wegen verbotswidriger Nutzung eines Mobil- oder Autotelefons (§ 23 Abs. 1a StVO).

Gegen diesen Bußgeldbescheid legte der ehemals Betroffene mit Schreiben vom 02.10.2013 Einspruch ein. Mit Verfügung vom 21.11.2013 übersandte das Landesverwaltungsamt die Akte im Zwischenverfahren an die Staatsanwaltschaft Saarbrücken (BI. 28 d.A.), die ihrerseits mit Verfügung vom 03.12.2013 bzw.12.12.2013 (BI. 29, BI. 29 Rs.) die Akte an das Amtsgericht Saarlouis weiterleitete.

Nachdem das Amtsgericht Saarlouis mit Verfügung vom 20.12.2013 Hauptverhandlungstermin für den 23.01.2014 bestimmte, gab der ehemals Betroffene mit E-Mail vom 15.01.2014 eine Verhinderung am Terminstage an. Mit Schreiben vom gleichen Tag zeigte der Verteidiger seine Mandatierung gegenüber dem Amtsgericht Saarlouis an und beantragte Akteneinsicht.

2. Mit Beschluss vom 28.02.2014 stellte das Amtsgericht Saarlouis das Verfahren aufgrund eines Verfahrenshindernisses ein. Die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des ehemals Betroffenen legte das Amtsgericht der Staatskasse auf.

3. Mit Antrag vom 07.03.2014 begehrte der Verteidiger die Festsetzung folgender
Gebühren und Auslagen:
Gebührennummer Bezeichnung Gebühr nach RVG-VV
5100 Grundgebühr 120 €
5103 Verfahrensgebühr bei einer Geldbuße von 192 € 40 € bis 5.000 €
5109 Verfahrensgebühr bei einer Geldbuße von 192 € 40 € bis 5.000 €
5115 Erledigungsgebühr 160 €
7002 Auslagenpauschale 20 €
7000 Dokumentenpauschale 21,50 €
Aktenversendungspauschale 12 €
Zwischensumme 737,50 €
7008 19% Umsatzsteuer 140,13 €
Summe 877,63 €
Hinsichtlich der Gebühr RVG VV 5103 beinhaltet der Antrag eine wie folgt lautende, eigens angekreuzte Passage:
„Wir waren vor Abgabe der Sache an das Gericht tätig; unsere Tätigkeit bestand in der Übernahme des Mandates nach dem 31.07.2013, Beistandsleistung während desVorverfahrens, Akteneinsicht, Besprechungen mit dem Mandanten, der Vorbereitung der Hauptverhandlung und der Stellung von Anträgen im gerichtlichen Verfahren."

Mit Verfügung vom 17.06.2014 wies die zuständige Rechtspflegerin bei dem Amtsgericht Saarlouis den Verteidiger darauf hin, dass er seine Tätigkeit für den ehemals Betroffenen erst im gerichtlichen Verfahren entfaltet habe und daher die Verfahrensgebühr RVG VV 5103 nicht in Ansatz gebracht werden könne.

Ferner sei die Aktenversendungspauschale nachzuweisen, da kein entsprechender Zahlungseingang verbucht worden sei.

Mit Schreiben vom 24.09.2014 trägt der Verteidiger vor, es spiele keine Rolle, ob der Verteidiger gegenüber der Bußgeldbehörde in Erscheinung getreten sei oder ob er sich im Hintergrund gehalten habe und die entsprechenden Eingaben in Zusammenarbeit mit dem Verteidiger durch die vorgerichtliche Korrespondenz mit dem Betroffenen erfolgt seien. Daher sei auch die Auslagenpauschale alleine durch die vorgerichtliche Korrespondenz mit dem (ehemals) Betroffenen angefallen. Ferner sei die Überweisung der Aktenversendungspauschale veranlasst gewesen. Sollte der Betrag jedoch nicht eingegangen sein, wäre die Position gegenstandslos.

Dem Schreiben beigefügt ist eine „Bestätigung" des ehemals Betroffenen vom 22.09.2014. In dieser heißt es:
„[...] ich bestätige, dass Herr Rechtsanwalt bereits kurz nach der Anhaltesituation mit meiner Verteidigung beauftragt und auch für mich tätig wurde, lange bevor das Verfahren an das Gericht abgegeben wurde.
Ich habe lediglich mit ihm vereinbart, dass er die Bußgeldstelle nicht im Vorfeld als Verteidiger anschreibt.”

Mit Beschluss vom 10.12.2014 setzte das Amtsgericht Saarlouis die notwendigen Auslagen in Höhe von 611,06 € fest. Hierbei brachte es die Gebühr RVG VV 5103, eine Auslagenpauschale sowie die Aktenversendungspauschale nicht in Ansatz.

Gegen diesen dem Verteidiger am 19.12.2014 zugestellten Beschluss legte der Verteidiger mit Schriftsatz vom selben Tag sofortige Beschwerde ein (BI. 73 d.A.), beschränkt auf die Absetzung der Gebühr RVG VV 5103 und die Auslagenpauschale. Er trägt vor, die Vergütung falle mit der Auftragserteilung an. Eine Bekanntgabe an Dritte sei nicht erforderlich. Es komme auch nicht auf den Zeitpunkt der Bestellung, sondern der Beauftragung an.

Das Amtsgericht Saarlouis hat der Beschwerde mit Verfügung vom 23.12.2014 nicht abgeholfen.

II.
1. Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. §§ 464 b S. 3 StPO, 11 Abs. 1, 21 Nr. 1 RPfIG, 104 Abs. 3 ZPO zulässig, insbesondere auch fristgerecht (§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. §§ 306 Abs. 1, 311 Abs. 2 StPO) eingelegt worden. Auch ist der Beschwerdewert nach § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 304 Abs. 3 StPO überschritten.
Zuständig für die Beschwerdeentscheidung ist gemäß § 46 Abs. 7 OWiG die Kammer für Bußgeldsachen bei dem Landgericht Saarbrücken in der Besetzung mit drei Berufsrichtern, nicht gemäß § 464 b S. 3 StPO i.V.m. § 568 S. 1 ZPO der Einzelrichter (Meyer — Goßner, StPO, 56. Auflage 2013, Rn. 7 m.w.N). Durch das Zivilprozessreformgesetz vom 27.07.2001 (BGBl. I S. 1887), mittels welchem die Einzelrichterzuständigkeit im Beschwerdeverfahren erstmals eingefügt wurde, hat der Gesetzgeber nicht auch das strafprozessuale Kostenverfahren ändern wollen.

2. In der Sache bleibt der Beschwerde der Erfolg versagt. Zu Recht hat das Amtsgericht die Verfahrensgebühr RVG VV 5103 sowie die entsprechende
Auslagenpauschale in Abzug gebracht. Sofern die Aktenversendungspauschale von dem Amtsgericht nicht in Ansatz gebracht wurde, wendet sich der Beschwerdeführer hiergegen nicht.

a) Vorliegend ist lediglich der Ansatz der Grundgebühr gemäß Nr. 5100 VV RVG für die vorgerichtliche Tätigkeit gerechtfertigt. Mit der Grundgebühr wird die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall vergütet, ohne dass es darauf ankommt, in welchem Verfahrensabschnitt dies stattfindet. Mit der Grundgebühr wird somit der erste Arbeitsaufwand abgegolten, der mit der Übernahme des Mandats entsteht.

b) Tätigkeiten, die eine darüber hinaus reichende Verfahrensgebühr betreffend die Tätigkeit im Vorverfahren rechtfertigen, sind weder substanziiert vorgetragen noch ersichtlich.

Zwar ist zutreffend, dass das Entstehen der Verfahrensgebühr RVG VV 5103 nicht davon abhängt, ob die von einer Gebühr abgegoltene Tätigkeit aktenkundig ist. Die Tätigkeit muss auch nicht nach außen erkennbar sein. Entscheidend ist jedoch, ob der Rechtsanwalt in dem entsprechenden Verfahrensabschnitt eine Tätigkeit erbracht hat, die von der jeweiligen Verfahrensgebühr erfasst wird. Die Verfahrensgebühr erfasst jedoch lediglich solche Tätigkeiten, für welche keine besonderen Gebühren vorgesehen sind. Eine solche Gebühr ist jedoch die Grundgebühr RVG VV 5100, die den Aufwand für die erstmalige Einarbeitung in den Fall umfasst (vgl. OLG Nürnberg, StraFo 2015, 39; LG Braunschweig, StraFo 2010, 513 m.w.N.).

Vorliegend erschöpft sich der Vortrag zur Rechtfertigung der in Ansatz gebrachten Verfahrensgebühr in der allgemeinen Behauptung, eine „Beistandsleistung während des Vorverfahrens" erbracht zu haben sowie in der Vorlage einer „Bestätigung" des ehemals Betroffenen, ausweislich welcher kurz nach der Anhaltesituation der Verteidiger mit der Verteidigung beauftragt worden sei und auch tätig gewesen sei.

aa) Sofern der Antrag auf Kostenfestsetzung vom 07.03.2014 die Formulierung beinhaltet, „Wir waren vor lel Abgabe der Sache an das Gericht tätig; unsere Tätigkeit bestand in der Übernahme des Mandates nach dem 31.07.2013, Beistandsleistung während des Vorverfahrens, Akteneinsicht, Besprechungen mit dem Mandanten, der Vorbereitung der Hauptverhandlung und der Stellung von Anträgen im gerichtlichen Verfahren." bleibt mit dem Vortrag „Beistandsleistung während des Vorverfahrens" offen, um welche Art von Beistandsleistung es sich gehandelt haben soll und in welchem Umfange diese stattgefunden haben soll. Ein über das pauschale Vorbringen hinausgehender Vortrag, worin die

„Beistandsleistung” (bei welcher im Antrag im Gegensatz zu anderen Tätigkeiten die Singularform benutzt wird) bestanden haben soll, welche eine über die bereits mit der Grundgebühr erfasste Tätigkeit honorieren soll, unterbleibt.

bb) Sie ergibt sich auch nicht aus der ebenfalls unsubstanziiert gehaltenen „Bestätigung" des ehemals Betroffenen. Diese ist ebenso pauschal gehalten und zudem auch nicht ohne weiteres mit dem Antrag des Verteidigers in Einklang zu bringen. Denn in der Bestätigung vom 22.09.2014 gibt der ehemals Betroffene vor, den Verteidiger „kurz nach der Anhaltesituation" (Anm.: eine solche gab es ausweislich des Vermerks des Polizeibeamten Bl. 18 im Übrigen nicht) am 27.06.2013 beauftragt zu haben, wohingegen der Antrag vom 07.03.2014 eine „Übernahme nach dem 31.07.2013" nennt.

Bei dieser Sachlage ist der vorbezeichnete Vortrag nicht ausreichend, eine Tätigkeit zu begründen, die nicht mit der Grundgebühr abgegolten wäre. Die vom Amtsgericht in dem angefochtenen Beschluss vorgenommene Kürzung erfolgte somit zu Recht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 1 StPO.

Einsender: Dipl.Rechtspfleger M. Stoll, Saarbrücken

Anmerkung: Die Entscheidung ist nach den Änderungen in den Anm. zu Nr. 4100, 5100 VV RVG durch das 2. KostRMoG falsch.


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