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Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Karlsruhe, Urt. v. 28.8.2014, 2 U 2/14
Leitsatz: 1. Das Textformerfordernis nach § 3a Abs. 1 Satz 1 RVG hat einerseits eine Schutz- und Warnfunktion für den Mandanten. Andererseits erleichtert es dem Rechtsanwalt den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung nachzuweisen. Diese Funktionen kann die Vergütungsvereinbarung nur dann erfüllen, wenn sie ausreichend bestimmt ist. Bei einer Vergütungsvereinbarung muss eindeutig feststehen, für welche Tätigkeiten der Auftraggeber eine höhere als die gesetzliche Vergütung zahlen soll. Eine pauschale Bezeichnung der anwaltlichen Tätigkeit lässt nicht den Schluss zu, dass die Vergütungsvereinbarung ohne jede zeitliche Beschränkung auch für alle zukünftigen Mandate gelten soll. 2. Zur Angemessenheit eines Stundensatzes von 300,00 EUR zzgl. MwSt. für die anwaltliche Tätigkeit, § 3a Abs. 2 RVG. 3. Die Abrechnung eines anwaltlichen Zeithonorars im 15-Minuten-Takt erfordert eine entsprechende Vereinbarung.
In pp. I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 10.01.2014 (Az. 5 O 44/13) wie folgt abgeändert: 1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.655,11 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.10.2012 zu zahlen. 2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. 3. Die Widerklage wird abgewiesen. II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen. III. Die Kosten des Rechtstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 54 % und die Beklagte zu 46 %. IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 12.248,90 EUR festgesetzt. Gründe I. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, von der Klägerin gezahltes Anwaltshonorar zurückzuzahlen.
Die Beklagte ist eine Rechtsanwaltssozietät. Am 15.06.2011 suchte die Klägerin die Kanzlei der Beklagten in K. auf, um deren anwaltliche Tätigkeit in Anspruch zu nehmen. Die Klägerin, die ebenso wie ihr Ehemann italienische Staatsangehörige ist, hatte sich zuvor von ihrem Ehemann getrennt. Im Zusammenhang mit der Trennung war es zu Gewalttätigkeiten des Ehemannes gekommen. Aus der am 29.11.2007 geschlossenen Ehe ist eine minderjährige Tochter hervorgegangen. Die Klägerin beauftragte die Beklagte zunächst mit der Wahrnehmung ihrer Interessen in den Verfahren Ehescheidung, Trennung nach italienischem Recht und elterliche Sorge, wobei die Beklagte entsprechende Anträge gerichtlich geltend machen sollte.
Im Rahmen der ersten und einzigen Besprechung am 15.06.2011 unterzeichnete die Klägerin mit der Beklagten, vertreten durch Rechtsanwalt P., eine Vergütungsvereinbarung. Im Betreff dieser Vereinbarung wird angegeben: wegen deutsch-italienischem Recht. Die Vereinbarung sieht unter Ziffer 1 vor, dass für die außergerichtliche anwaltliche Tätigkeit in obiger Rechtssache anstelle der gesetzlichen Gebühren eine Stundenvergütung in Höhe von 300,00 EUR zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer vereinbart wird. Unter Ziffer 4 der Vereinbarung findet sich ein Hinweis darauf, dass mit dieser Vergütungsvereinbarung von gesetzlichen Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz abgewichen wird. Hinsichtlich der Einzelheiten wird ergänzend auf die Vereinbarung vom 15.06.2011 ( Anlage K 4 Anlagenheft, Anlage zum Schriftsatz vom 28.02.2013) verwiesen.
Die Beklagte ist darüber hinaus noch in zwei Gewaltschutzverfahren zum Schutze der Klägerin und deren Tochter und in einem gegen den Ehemann gerichteten Privatklageverfahren tätig geworden. Die Beklagte fertigte verschiedene Antragsentwürfe in den oben genannten Verfahren; tatsächlich wurde jedoch kein einziger Antrag bei Gericht eingereicht.
Unter dem 20.04.2012 rechnete die Beklagte ihre Vergütung für ihre außergerichtliche anwaltliche Tätigkeit auf Stundenbasis wie folgt ab:
Hinsichtlich der Einzelheiten wird ergänzend auf die Abrechnung vom 20.04.2012 (Anlage B1 Anlagenheft, Anlage zum SS. vom 14.06.2013) verwiesen.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie der Beklagten Anwaltshonorar nur in Höhe der gesetzlichen Gebühren schulde. Sie hat vorgetragen, dass die Beklagte gegen ihre Aufklärungspflicht verstoßen habe. Die Beklagte habe sie nicht darüber informiert, dass im Erstattungsfalle von der Gegenseite, der Staatskasse oder einem sonstigen Beteiligten Erstattung nur in Höhe der gesetzlichen Gebühren gefordert werden könne. Da ihr Ehemann vermögenslos sei, sei lediglich klar gewesen, dass sie zunächst die Kosten zu tragen habe. Sie sei auch nicht darüber aufgeklärt worden, dass die vereinbarte Gebühr die gesetzlichen Gebühren bei Weitem übersteige. Bei der Erstberatung sei zwar eine Summe von 10.000,00 EUR in den Raum gestellt worden; ihr sei jedoch ausdrücklich erklärt worden, dass diese Summe anfallen würde, wenn die verschiedenen Verfahren bis zum Ende durchgeführt werden würden. Die Beklagte schulde ihr aufgrund der Pflichtverletzung Schadensersatz gemäß §§ 276 Abs. 2, 280 BGB.
Das von der Beklagten geforderte Honorar übersteige das gesetzliche um ein Vielfaches. Die Differenz der Gebühren belaufe sich auf 11.286,19 EUR. Die Vergütung sei unangemessen hoch; es habe sich um einen Standardfall gehandelt. Die von der Beklagten in Rechnung gestellten Tätigkeiten und Stunden seien nicht ausreichend und in nachvollziehbarer Weise dargelegt worden. Der abgerechnete Zeitaufwand von mehr als 40 Stunden stehe völlig außer Verhältnis zu Schwierigkeit und Umfang der Angelegenheit. Die Beklagte habe einige Telefonate geführt, drei sehr allgemein gehaltene Entwürfe gefertigt, wobei Mustertexte verwandt worden seien, und es habe nur einen Besprechungstermin gegeben. Es habe mit ihr nur 4 bis 5 Telefonanrufe gegeben, die lediglich 5 bis 10 Minuten gedauert hätten.
Am 06.07.2011 habe sie keinen Auftrag erteilt, in einer bestimmten Sache tätig zu werden.
Da die Beklagte ihre vertragliche Nebenpflicht verletzt habe, schulde ihr die Beklagte die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 962,71 EUR.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 11.286,19 EUR sowie 962,71 EUR nebst Zinsen zu bezahlen. Sie hat ferner beantragt, die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Widerklagend hat die Beklagte die Klägerin auf Zahlung in Höhe von 837,52 EUR nebst Zinsen in Anspruch genommen.
Sie hat vorgetragen, dass die Klägerin bereits beim ersten Beratungsgespräch darüber aufgeklärt worden sei, dass sie als spezialisierte und international tätige Anwaltskanzlei entsprechende Stundensätze fordere. Der Klägerin sei mitgeteilt worden, dass auf jeden Fall Gebühren in Höhe von 10.000,00 EUR anfallen würden, welche nicht bei der Gegenseite geltend gemacht werden könnten. Der Klägerin sei erläutert worden, dass im Voraus gerade nicht gesagt werden könne, welcher Zeitaufwand erforderlich sei. Am 06.07.2011 sei die Beklagte tätig geworden; sie habe mit der Klägerin telefoniert und einen Aktenvermerk gefertigt. Verzögerungen bei der Bearbeitung beruhten auf der fehlenden Mitwirkungsbereitschaft der Klägerin, die nicht über ihren Mann habe reden wollen. Die Klägerin sei auch über die Frage der Kostenerstattung aufgeklärt und auf § 150 FamFG hingewiesen worden. Selbst bei Fehlen eines Hinweises sei die Vergütungsvereinbarung gemäß § 4 b RVG nicht unwirksam.
Die Vergütung sei nicht unangemessen hoch. Die Sache habe für die Klägerin hohe Bedeutung gehabt. Es sei umfassend mit der Klägerin korrespondiert worden, die wiederholt mit neuen Einzelheiten an sie herangetreten sei. Sie habe keine konkreten Informationen geliefert Die Klägerin sei von ihr auch mehrfach angeschrieben worden. Die Beklagte verweist in diesem Zusammenhang auf neun Schreiben, die von ihr als Anlagen B 4 bis B 12 vorgelegt wurden.
Mit Urteil vom 10.01.2014 hat das Landgericht die Klage und die Widerklage abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, dass die abgeschlossene Vergütungsvereinbarung wirksam sei und selbst ein Verstoß gegen § 3 a Abs. 1 Satz 3 RVG nicht zur Unwirksamkeit führe. Eine vertragliche Nebenpflicht, die Klägerin ungefragt über das Maß der Gebührenüberschreitung aufzuklären, habe im konkreten Fall nicht bestanden. Den erörterten Rahmen von 10.000,00 EUR habe die Beklagte nicht in erheblichen Maße überschritten.
Die Vergütung sei fällig und einforderbar, da eine ordnungsgemäße Abrechnung im Sinne von § 10 RVG vorgelegen habe und die Tätigkeiten hinreichend konkret bezeichnet worden seien. Die Klägerin habe nicht vorgetragen, welche Tätigkeiten nicht erbracht worden seien. Eine Herabsetzung der Vergütung gemäß § 3 a Abs. 2 RVG komme nicht in Betracht, da die Vergütung nicht unangemessen hoch sei. Gerade in Familiensachen führe eine Pauschalierung des Aufwandes durch streitwertabhängige Honorare nicht zu sachgerechten Ergebnissen, da die Fallgestaltungen zu unterschiedlich seien. Bei Streitwerten in Gewaltschutzverfahren in Höhe von 2.000,00 EUR bzw. 3.000,00 EUR bei Sorgerechtsverfahren seien die gesetzlichen Honorare in umfangreichen Sachen nicht sachgerecht. Es habe sich vorliegend nicht um einen einfachen Standardfall gehandelt. Es sei erforderlich gewesen, sich Informationen bei der Polizei zu verschaffen und Kontakt mit italienischen Behörden aufzunehmen.
Gegen das ihr am 20.01.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 20.02.2014, eingegangen per Telefax am 20.02.2014, Berufung eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge auf Rückzahlung weiter verfolgt. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag, wonach die Beklagte ihre Aufklärungspflicht verletzt und sie nicht darauf hingewiesen habe, dass im Falle einer Kostenerstattung ein Verfahrensbeteiligter nur die gesetzlichen Gebühren erstatten müsse; dieser Verstoß gegen § 3 a RVG führe dazu, dass nur die gesetzlichen Gebühren gefordert werden könnten. Die Beklagte habe auch nicht darauf hingewiesen, dass in familienrechtlichen Angelegenheiten eine Kostenaufhebung die Regel sei.
Die abgerechnete Vergütung sei viel zu hoch; die geforderte Vergütung belaufe sich auf circa das 8-fache der gesetzlichen Vergütung. Ihr sei erklärt worden, dass sich die Kosten auf 10.000,00 EUR beliefen. Es sei deutlich hervorgehoben worden, dass es sich hierbei um die Kosten handelt, die bei kompletter Durchführung der Verfahren entstehen würden. Bei ihr handele es sich auch nicht um eine Person, der es auf die Kosten nicht angekommen sei. Der Hinweis des Landgerichts auf die Unangemessenheit der Gebühren in Familiensachen überzeuge nicht, da der Gesetzgeber die Streitwerte vorgegeben und als angemessen betrachtet habe. Die beauftragten Angelegenheiten seien weder besonders schwierig noch umfangreich gewesen. Die Entwürfe hätten normalen Mustern entsprochen, so dass der Zeitaufwand nicht nachzuvollziehen sei. Die Kanzlei der Beklagten sei auf Familienrecht und italienisches Recht spezialisiert, so dass für sie auch keine rechtlich schwierige Angelegenheit vorgelegen habe.
Die Klägerin beanstandet ferner, dass die Beklagte sämtliche Tätigkeiten im 15-Minuten- Takt abgerechnet habe, was gegen § 307 Abs. 1 BGB verstoße.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des am 10.01.2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Karlsruhe die Beklagte zu verurteilen,
- an die Klägerin 11.286,19 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.10.2012 zu zahlen,
- an die Klägerin weitere 962,71 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, dass es keine Verletzung der Aufklärungspflicht gegeben habe. Es sei nicht die Rede davon gewesen, dass der Betrag von 10.000,00 EUR abschließend sein sollte. Gegenstand der Besprechung seien zunächst nur die Scheidung, die Trennung sowie die Beantragung des Sorgerechts gewesen. Der genannte Betrag von 10.000,00 EUR habe sich nur auf diese Angelegenheiten bezogen. Die in der Folge beauftragten Verfahren seien nicht Gegenstand des Beratungstermins gewesen. Die Vergütungsvereinbarung habe sich allerdings vollumfänglich auf alle Tätigkeiten ihrerseits erstreckt. Die Bezeichnung wegen deutsch-italienischem Recht mache deutlich, dass sowohl italienisches als auch deutsches Recht habe angewendet werden müssen. In Familienangelegenheiten der vorliegenden Art sei eine umfassende Tätigkeit üblich, weshalb die Vergütungsvereinbarung entsprechend weit gefasst werden müsse. Es sei zwischen den Parteien niemals unklar gewesen, dass alle Tätigkeiten auf der Basis der Vergütungsvereinbarung abgerechnet werden sollen.
In der Sache sei es gerade nicht um eine einfache Scheidung gegangen. Es seien Spezialkenntnisse erforderlich gewesen. Ferner sei es zu wechselseitigen Strafanzeigen gekommen, die beim Vortrag berücksichtigt werden mussten. Die Klägerin habe ferner Informationen zurückbehalten. Eine Abrechnung auf Viertelstundentaktung verstoße nicht gegen § 307 BGB. Allenfalls könne im konkreten Einzelfall die missbräuchliche Ausnutzung einer derartigen Klausel sittenwidrig sein. Sie achte stets darauf, die Viertelstundentaktung zurückhaltend und mit Augenmaß anzuwenden. Im Übrigen sei stets abgerundet worden. Dass in der Vergütungsvereinbarung keine Zeittaktung vorgesehen sei, sei unschädlich. Der Auftraggeber könne von einer minutengenauen Abrechnung nicht ausgehen. Die Viertelstundentaktung sei eine übliche Form der anwaltlichen Stundenabrechnung und nicht sittenwidrig.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die nach § 511 ZPO statthafte und gemäß §§ 517 Abs. 1, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin ist zulässig, in der Sache hat sie teilweise Erfolg.
Die Beklagte ist gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB verpflichtet, das an sie gezahltes Anwaltshonorar in Höhe von 5.655,11 EUR zurückzuzahlen. Ein Rechtsgrund für die von der Klägerin erbrachten Zahlungen besteht in Höhe eines Betrags von 4.941,11 EUR nicht, weil die Beklagte für die Angelegenheiten Annäherungsverbot zu Gunsten der Klägerin, Annäherungsverbot zu Gunsten der Tochter und Privatklageverfahren gegen den Ehemann nur die gesetzlichen Gebühren nach dem RVG fordern kann (1). Ein weiterer Teilbetrag der Zahlungen in Höhe von 714,00 EUR ist an die Klägerin zurückzuerstatten, weil die Beklagte insgesamt zwei Stunden Arbeitszeit zu viel berechnet hat (3).
1. Die Klägerin hat Zahlungen in Höhe von 4.941,11 EUR ohne Rechtsgrund erbracht, denn soweit die Beklagte die rechtlichen Interessen der Klägerin in den Angelegenheiten Annäherungsverbot zu Gunsten der Klägerin, Annäherungsverbot zu Gunsten der Tochter und Privatklageverfahren gegen den Ehemann wahrgenommen hat, fehlt es an einer wirksamen Vereinbarung der geforderten Stundenvergütung in Höhe von 300,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer.
Eine Vereinbarung über die Vergütung des Rechtsanwalts bedarf nach § 3 a Abs. 1 Satz 1 RVG der Textform des § 126 b BGB. Der durch diese Regelung begründete Formzwang gilt im Unterschied zu § 4 Abs. 1 Satz 1 RVG a.F nicht nur für das Honorarversprechen des Mandanten, sondern für die Vereinbarung im Ganzen und folglich auch für die Erklärung des Rechtsanwalts. Schreibt das Gesetz die Wahrung der Textform vor, muss die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe von Schriftzeichen geeignete Weise abgegeben, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden.
Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vergütungsvereinbarung vom 15.06.2011 war die Beklagte unstreitig lediglich in den Angelegenheiten Ehescheidung, Trennung und elterliche Sorge mandatiert worden und sollte entsprechende Anträge bei Gericht einreichen. Auf Seite 4 des Schriftsatzes der Beklagten vom 26.05.2014 wird insoweit ausgeführt, dass die Beklagte im Laufe des Mandats noch mit weiteren Tätigkeiten beauftragt worden sei, von welchen zuvor gar nicht die Rede gewesen sei. Soweit die Beklagte darüber hinaus für die Klägerin tätig geworden ist, ist eine Auftragserteilung und eine Erweiterung des ursprünglichen Mandat erst zu einem deutlich späteren Zeitpunkt als dem 15.06.2011 erfolgt. Der Vergütungsvereinbarung vom 15.06.2011 lässt sich gerade nicht entnehmen, dass sie auch für alle zukünftigen Tätigkeiten gelten sollte. In dem angeführten Betreff heißt es pauschal wegen deutsch-italienischem Recht. Diese pauschale Bezeichnung lässt nicht den Schluss zu, dass die Vergütungsvereinbarung ohne jede zeitliche Beschränkung auch für alle zukünftigen Mandate gelten sollte.
Das Textformerfordernis hat einerseits eine Schutz- und Warnfunktion für den Mandanten. Andererseits erleichtert es dem Rechtsanwalt den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung nachzuweisen. Diese Funktionen kann die Vergütungsvereinbarung nur dann erfüllen, wenn sie ausreichend bestimmt ist. Bei einer Vergütungsvereinbarung muss eindeutig feststehen, für welche Tätigkeiten der Auftraggeber eine höhere als die gesetzliche Vergütung zahlen soll (Mayer, Entwicklungen zum RVG 2007- 2011, in NJW 2011, 1563, 1565 mit Hinweis auf OLG Hamm, Urteil vom 22.07.2010, 28 U 237/09 veröffentlicht in juris; Bischof in Bischof/Jungbauer, RVG, 6. Aufl., § 3 a RVG Rn. 24). Eine wirksame Vergütungsvereinbarung hätte demnach vorausgesetzt, dass anlässlich der Mandatierung mit den Angelegenheiten Annäherungsverbot zu Gunsten der Klägerin, Annäherungsverbot zu Gunsten der Tochter und Privatklageverfahren gegen den Ehemann entweder eine gänzlich neue Vereinbarung geschlossen wird oder aber dass klar erkennbar gemacht wird, für welche Angelegenheiten die ursprünglich geschlossene Vereinbarung Geltung haben sollte. Das Vorbringen der Beklagten, es sei am 15.06.2011 eine umfassende Vergütungsvereinbarung für alle rechtlichen Angelegenheiten geschlossen worden und dies sei auch der Klägerin klar gewesen, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Entscheidungserheblich ist - wegen des Textformerfordernisses - nicht, ob die Parteien sich darauf verständigt haben, dass die Vereinbarung für alle anwaltlichen Tätigkeiten gelten soll, und damit auch für solche, die für die Parteien noch gar nicht absehbar gewesen sind, sondern ob diese von der Beklagten behauptete Einigung ihren Niederschlag in der schriftlichen Vergütungsvereinbarung vom 15.06.2011 gefunden hat. Dies ist - wie bereits ausgeführt - nicht der Fall. Bei den Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz (Annäherungsverbote) handelte es sich weder um Folgesachen im Sinne des § 137 FamFG, die üblicherweise im Rahmen der Scheidung mit geregelt werden, noch bestand ein irgendwie gearteter Bezug zum italienischen Recht. Erst recht gilt dies für das gegen den Ehemann gerichtete strafrechtliche Privatklageverfahren, das keinen näheren Zusammenhang zu dem Trennungsverfahren aufweist. Auch der Einwand der Beklagten, dass aus Gründen der Praktikabilität eine weite Fassung der Vergütungsvereinbarung erforderlich sei, verfängt nicht. So kann in der Vergütungsvereinbarung beispielsweise klargestellt werden, dass diese auch für Folgesachen Geltung beanspruchen soll. Eine Vergütungsvereinbarung, die gegen die Formvorschrift des § 3 a Abs. 1 RVG verstößt, ist nicht nichtig; aus ihr kann die vereinbarte Vergütung jedoch nur bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühr gefordert werden (BGH, Urteil vom 05.06.2014, IX ZR 137/12 Tz. 16 zum Verstoß gegen § 4 a RVG bei Vereinbarung eines Erfolgshonorars - veröffentlicht in juris).
Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin belaufen sich die gesetzlichen Gebühren für die beiden Verfahren auf Erwirkung eines Annäherungsverbots auf je 150,42 EUR und für das strafrechtliche Privatklageverfahren auf 386,75 EUR. Soweit die Beklagte nach ihrer Abrechnung vom 20.04.2012 darüber hinaus für die Klägerin am 06.07.2011 und am 07.07.2011 tätig geworden ist, kann ein gesondertes Honorar hierfür nicht in Rechnung gestellt werden. Die Klägerin hatte sich am 06.07.2011 hilfesuchend an die Beklagte gewandt, da ihr gewalttätiger Ehemann sich am Tag zuvor bei der Wohnung ihrer Eltern aufgehalten und sich die Klägerin hierdurch bedroht gefühlt hat. Unter dem 07.07.2011 war die Klägerin von der Beklagten um Übersendung einer Sachverhaltsdarstellung gebeten worden. Beide Tätigkeiten stehen damit in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Verfahren Annäherungsverbot und sind als Einheit zu werten. Für die Tätigkeiten am 06.07.2011 und am 07.07.2011 schuldet die Klägerin deshalb keine gesonderte Vergütung. Bereits im Vermerk vom 06.07.2011 (Anlage B 3 S. 17 Anlagenheft) wird erwähnt, dass gestützt auf den Vorfall vom 05.07.2011 (Randalieren des Ehemannes vor der Wohnung, Beschädigung des Autos) auch weitere Maßnahmen getroffen werden könnten. Tatsächlich war sodann im Antragsentwurf auf Erlass eines Näherungsverbots vom 25.08.2011 (Anlage K 11 Anlagenband Seite 43) dieser Vorfall zur Begründung des Antrages angeführt worden.
Die Beklagte hat diese Angelegenheiten wie folgt abgerechnet:
Anruf vom 06.07.2011 : 202,30 EUR
Annäherungsverbot (Klägerin): 2.165,80 EUR
Annäherungsverbot (Tochter): 559,30 EUR
Privatklage: 2.701,30 EUR
5.628,70 EUR Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin wären für diese Angelegenheiten gesetzliche Gebühren in folgender Höhe entstanden:
Annäherungsverbot (Klägerin): 150,42 EUR
Annäherungsverbot (Tochter): 150,42 EUR
Privatklage: 386,75 EUR
687,59 EUR
Die Klägerin hat ihre Zahlungen mithin in Höhe des Differenzbetrages von 4.941,11 EUR Zahlungen ohne Rechtsgrund erbracht und kann diese gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB zurückfordern.
2. Soweit die Beklagte in den Angelegenheiten Trennung, Scheidung und elterliche Sorge tätig geworden ist, besteht kein Rückforderungsanspruch der Klägerin. Insoweit fehlt es nicht an einer wirksamen Vereinbarung der Vergütung.
a) Der Wirksamkeit steht zunächst nicht entgegen, dass die Vergütungsvereinbarung nicht im Einklang mit § 3 a Abs. 1 Satz 3 RVG steht. Gemäß dieser Vorschrift hat die Vergütungsvereinbarung einen Hinweis darauf zu enthalten, dass die gegnerische Partei, ein Verfahrensbeteiligter oder die Staatskasse im Falle der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss. Ein Verstoß gegen die vorgenannte Formvorschrift führt allerdings nicht zur Unwirksamkeit der Vereinbarung, worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes. Aus einer Vergütungsvereinbarung, die nicht den Anforderungen des § 3 a Absatz 1 Satz 1 und 2 RVG oder des § 4 a Abs. 1 und 2 RVG entspricht, kann der Rechtsanwalt gemäß § 4 b RVG keine höhere als die gesetzliche Vergütung fordern. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die ungerechtfertigte Bereicherung bleiben unberührt. § 4 b RVG nimmt nur auf Verstöße gegen § 3 a Abs. 1 Satz 1 und 2 RVG, nicht jedoch auf § 3 a Absatz 1 Satz 3 RVG Bezug. Auch der Sache nach ist es nicht gerechtfertigt, die Verstöße gleich zu behandeln, denn der in § 3 a Absatz 1 Satz 3 RVG geregelte Verstoß wiegt weniger schwer als ein Verstoß gegen die Textform. Die Beklagte war für die Klägerin außergerichtlich tätig. Gerade in den Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit wie hier in Sorgerechtsangelegenheiten aber auch in Trennungs- und Scheidungsverfahren sieht das Gesetz keine materiell-rechtliche Grundlage für die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten vor. In diesen nichtvermögenrechtlichen Streitigkeiten scheidet ein Erstattungsanspruch gemäß § 286 BGB regelmäßig aus. Erstattungsansprüche spielen daher für den Mandanten bei der Frage, ob eine Vergütungsvereinbarung geschlossen werden soll, eine geringere Rolle. Im konkreten Fall kommt hinzu, dass der Ehemann der Klägerin nach deren eigenen Angaben über kein Einkommen verfügte und völlig vermögenslos gewesen ist. Der Gesetzgeber hat bewusst in § 4 b RVG, der sich mit den Folgen einer fehlerhaften Vergütungsvereinbarung befasst, nur § 3 a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 erwähnt, nicht jedoch Satz 3 (Rehberg/Schons u.a., Kommentar zum RVG, 5. Aufl., Stichwort Vergütungsvereinbarung, S. 1113).
Ein Verstoß gegen die Hinweispflicht kann allenfalls Schadensersatzansprüche auslösen. Derartige Ansprüche hat die Klägerin indessen nicht schlüssig vorgetragen.
b) Auch der von der Klägerin behauptete weitere Verstoß gegen die der Beklagten obliegende Aufklärungspflicht führt nicht zur Unwirksamkeit der getroffenen Vergütungsvereinbarung.
Die Klägerin trägt hierzu unter Beweisantritt vor, die Beklagte habe die voraussichtlichen Kosten mit 10.000,00 EUR angegeben, wobei es sich hierbei um die Kosten bei Durchführung der Verfahren gehandelt haben soll. Ob dieser Vortrag zutreffend ist, bedarf keiner Entscheidung, weshalb auch der hierzu von der Klägerin benannte Zeuge nicht gehört zu werden braucht. Die Klägerin hatte eine Vergütung auf Stundenbasis vereinbart. Für sie war folglich klar erkennbar, dass die Höhe der zu zahlenden Vergütung entscheidend von dem erforderlichen Arbeitsaufwand abhängen würde und dass dieser Arbeitsaufwand zum Zeitpunkt der Mandatierung noch nicht absehbar war. Wie umfangreich die Tätigkeit ihres Bevollmächtigten sein würde, hing entscheidend von der weiteren Entwicklung und insbesondere auch von dem Verhalten der Gegenseite ab. Die Klägerin selbst hat in ihrem Schriftsatz vom 07.08.2013 (I, 77, 81 ) in erster Instanz vorgetragen, dass diese Summe (gemeint ist der Betrag von 10.000,00 EUR) ungefähr dann anfallen würde, wenn die verschiedenen Verfahren bis zum Ende durchgeführt werden. Die Summe von 10.000,00 EUR sei in den Raum gestellt worden (I, 79). Im Schriftsatz der Klägerin vom 22.04.2014 (II, 35, 41) wird von voraussichtlichen Kosten gesprochen. Für die Klägerin war mithin deutlich erkennbar, dass es sich bei der Angabe der voraussichtlichen Kosten in Höhe von 10.000,00 EUR allenfalls um eine grobe Schätzung basierend auf Erfahrungswerten, nicht jedoch um eine verbindliche Zusage handeln kann. Die Klägerin musste auch damit rechnen, dass dieser Gebührenrahmen dann nicht mehr eingehalten werden kann, wenn - wie im vorliegenden Fall - das Mandat erweitert und die Beklagte noch in anderen Rechtsangelegenheiten für die Klägerin tätig wird.
Die Vereinbarung vom 15.06.2011 enthält auch einen Hinweis darauf, dass die Vergütung von der gesetzlichen Vergütung abweicht. Angesichts eines vereinbarten Stundensatzes von 300,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer lag auch für einen juristischen Laien auf der Hand, dass es sich um eine Abweichung nach oben handelte und die Beklagte sicherlich keine geringeren als die gesetzlichen Gebühren forderte. In welchem Maße die vereinbarten Gebühren die gesetzlichen Gebühren überschreiten würden, war bei Auftragserteilung noch nicht absehbar.
c) Der von der Beklagten geforderte Stundensatz von 300,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer ist nicht unangemessen hoch und folglich nicht gemäß § 3 a Abs. 2 RVG herabzusetzen.
Die Klägerin weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die gesetzliche Gebühren um das 8-fache überschritten würden. Der in einer vertraglichen Vereinbarung zum Ausdruck gebrachte übereinstimmende Wille der Vertragsparteien lässt im Grundsatz auf einen sachgerechten Interessenausgleich schließen, der grundsätzlich zu respektieren ist. Ein solchermaßen sachgerechter Interessenausgleich bedarf weder aus Gründen des Mandantenschutzes noch zur Wahrung des Vertrauens in die Integrität der Anwaltschaft der Abänderung. Die Überschreitung der gesetzlichen Gebühren um einen bestimmten Faktor ist zur Bestimmung der Unangemessenheit zwar nicht schlechthin ungeeignet, darf aber, um den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne zu wahren, nicht allein maßgeblich sein (BVerfG NJW-RR 2010, 259 ff.).
Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Frage der Unangemessenheit unter dem allgemeinen Gesichtspunkt des § 242 BGB zu beurteilen, also danach, ob sich das Festhalten an der getroffenen Vereinbarung unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls als unzumutbar und als ein unerträgliches Ergebnis darstellt. Der Richter ist jedoch nicht befugt, die vertraglich ausbedungene Leistung durch die billige oder angemessene zu ersetzen. Folglich ist nicht darauf abzustellen, welches Honorar im gegebenen Fall als angemessen zu erachten ist, sondern darauf, ob die zwischen den Parteien getroffene Honorarvereinbarung nach Sachlage als unangemessen hoch einzustufen ist. Für eine Herabsetzung ist nur Raum, wenn es unter Berücksichtigung aller Umstände unerträglich und mit den Grundsätzen des § 242 BGB unvereinbar wäre, den Mandanten an seinem Honorarversprechen festzuhalten, und ein krasses, evidentes Missverhältnis zwischen der anwaltlichen Leistung und ihrer Vergütung gegeben wäre (BGH, Urteil vom 21.10.2010, NJW 2011, 63 ff. Tz. 15). Das Landgericht hat diesen Beurteilungsmaßstab nicht verkannt und zutreffend ausgeführt, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung als zu berücksichtigende Umstände die Schwierigkeit und der Umfang der Sache, ihre Bedeutung für den Auftraggeber und das Ziel, das der Auftraggeber mit dem Auftrag anstrebt, in Betracht kommen.
Bei der Beklagten handelt es sich um eine sowohl in K. als auch in F. ansässige Anwaltskanzlei, die international tätig ist und Zweigstellen u.a. in I. und der S. unterhält. Die sach- und interessengerechte Wahrnehmung des Mandats erforderte nicht nur Kenntnisse des deutschen, sondern auch des italienischen Familienrechts sowie fundierte Kenntnisse des Internationalen Privatrechts. Unzweifelhaft handelte es sich auch um Angelegenheiten, die für die Klägerin von hoher Bedeutung waren.
Zu berücksichtigen sind in diesem Zusammenhang auch die relativ niedrigen Streitwerte in Familiensachen. Der BGH sieht beispielsweise bei mittleren Streitwerten die Grenze zur Sittenwidrigkeit erst bei einem 9 bis 10-fachen der gesetzlichen Gebühren als überschritten an (BGH NJW 2003, 3486). In Familiensachen sind die Verfahrenswerte aus sozialpolitischen Gründen relativ gering; den Beteiligten soll gerade in den für sie besonders wichtigen familienrechtlichen Angelegenheiten der Zugang zu den Gerichten nicht erschwert werden. Der Verfahrenswert in Sorgerechtsverfahren beläuft sich auf 3.000,00 EUR; bedenkt man, dass allein die mündliche Verhandlung in einem Sorgerechtsverfahren mehrere Stunden dauern kann, kann mit den gesetzlichen Gebühren keine Kostendeckung erzielt werden. Anwälte sind daher häufig auf eine Quersubventionierung angewiesen.
Insgesamt kann daher die von der Beklagten vereinbarte Vergütung eines Stundensatzes von 300,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer nicht als unangemessen hoch angesehen werden.
d) Das Landgericht geht weiter zurecht davon aus, dass das Honorar der Beklagten sowohl fällig als auch einforderbar gewesen ist.
Ein vereinbartes und fälliges Zeithonorar ist erst dann einforderbar, wenn dem Mandanten eine schriftliche Berechnung mitgeteilt worden ist, die den Anforderungen für die Abrechnung gesetzlicher Vergütungen entspricht und knappe Leistungsbeschreibungen enthält, die dem Mandanten die Prüfung der anwaltlichen Tätigkeit ermöglichen (OLG Düsseldorf FamRZ 2010, 1184). Bei der Vereinbarung eines Zeithonorars muss die nahe liegende Gefahr ins Auge gefasst werden, dass dem Mandanten der tatsächliche zeitliche Aufwand seines Verteidigers verborgen bleibt und ein unredlicher Anwalt deshalb ihm nicht zustehende Zahlungen beansprucht. Deshalb erfordert eine schlüssige Darlegung der geltend gemachten Stunden, dass über pauschale Angaben hinaus die während des abgerechneten Zeitintervalls getroffenen Maßnahmen konkret und in nachprüfbarer Weise dargelegt werden. Eine nähere Substantiierung ist unverzichtbar, weil die für eine Verteidigung aufgewendete Arbeitszeit einer tatsächlichen Kontrolle nicht oder allenfalls in geringem Rahmen zugänglich ist. Nicht genügend sind hingegen allgemeine Hinweise über Aktenbearbeitung, Literaturrecherche und Telefongespräche, weil sie jedenfalls bei wiederholter Verwendung inhaltsleer sind und ohne die Möglichkeit einer wirklichen Kontrolle geradezu beliebig ausgeweitet werden können (BGH MDR 2010, 529 Tz. 77, 79). Diese von der höchstrichterlichen Rechtsprechung für die Abrechnung von Tätigkeiten eines Strafverteidigers entwickelten Grundsätze gelten im gleichen Maße für die zivilrechtliche anwaltliche Tätigkeit.
Das Landgericht hat hierzu zutreffend ausgeführt, dass die Abrechnung der Beklagten vom 20.04.2012 diesen Anforderungen genügt und darin die erbrachten Leistungen in genügender Form dargestellt und bezeichnet werden. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Ausführungen des Landgerichts verwiesen.
3. Nach Auffassung des Senats ist es jedoch nicht zulässig, die von der Beklagten erbrachten Tätigkeiten im 15-Minuten-Takt auch dann abzurechnen, wenn der tatsächliche Zeitaufwand geringer gewesen ist. Die von den Parteien aufgeworfene Rechtsfrage, ob eine entsprechende Klausel gegen § 307 BGB verstößt (so OLG Düsseldorf, zuletzt Urteil vom 18.02.2010, 24 U 183/05 in FamRZ 2010, 1184) oder nur im Einzelfall ihre Ausnutzung sittenwidrig sein kann (OLG Schleswig, Urteil vom 19.02.2009, 11 U 151/07, AnwBl. 2009, 554), braucht nicht beantwortet zu werden. Denn hier ist es so, dass die Vergütungsvereinbarung vom 15.06.2011 keine derartige Abrechnungsklausel enthält. Es findet sich in dieser Vereinbarung keinerlei Hinweis darauf, dass angebrochene" Viertelstunden stets mit 15 Minuten berechnet werden. Die Parteien haben folglich einen derartigen Abrechnungsmodus nicht vereinbart, so dass die Beklagte in dieser Form auch nicht abrechnen kann. Es handelt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB um eine übliche Form der Abrechnung, was sich bereits daran zeigt, dass diese Form der Abrechnung umstritten und von einem Teil der Rechtsprechung als unzulässig erachtet worden ist. Dass die Vereinbarung eines Stundentaktes nach Auffassung eines Teils der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht sittenwidrig ist, bedeutet nicht, dass diese Form der Abrechnung auch üblich und allgemein anerkannt ist. Die Klägerin konnte nicht damit rechnen, dass die Beklagte jede angefangene Viertelstunde voll berechnet und so quasi jeder kurze Telefonanruf sie 75,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer kostet. Die Beklagte hat hierzu im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf Nachfrage eingeräumt, dass sie angefangene Viertelstunden mit vollen 15 Minuten in Rechnung gestellt hat.
Die Vergütung der Beklagten ist folglich zu kürzen. In der Angelegenheit Sorgerecht hat die Beklagte in vier Fällen jeweils 0,25 Stunden für Akteneinsichtsgesuche, Anforderung von Unterlagen von der Klägerin per E-Mail und für Telefonate in Rechnung gestellt. In der Angelegenheit Trennung nach italienischem Recht" waren es sogar 10 Fälle. Es handelte sich u.a. um Telefonate, kurze Nachfragen bei der Mandantin per E-Mail, aber auch um Prüfungen von Mitteilungen der Staatsanwaltschaft und der Gemeinde M.. Insgesamt umfasst die Abrechnung dieser Angelegenheiten 26 einzelne Positionen. Nach der Rechtsprechung des BGH obliegt die Prüfung der Angemessenheit der berechneten Bearbeitungszeit den Tatgerichten, wobei diese eine überschlägige Schätzung anzustellen haben, welcher Zeitaufwand für die Durchsicht und Erfassung der Verfahrensakten sowie ihre rechtliche Durchdringung verhältnismäßig erscheint (BGH MDR 2011, 73 Tz. 22). Der Senat schätzt gemäß § 287 ZPO anhand der ihm vorliegenden Schreiben und der detaillierten Angaben der Beklagten zu ihren Tätigkeiten, dass die abgerechneten Arbeiten nicht in jedem Fall volle 15 Minuten gedauert haben und dass der tatsächliche Arbeitsaufwand der Beklagten etwa zwei Stunden geringer gewesen ist als von ihr berechnet. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang vorgetragen, dass beispielsweise die Telefonate mit der Beklagten nur jeweils 5 bis10 Minuten gedauert hätten, was von der Beklagten nicht ausdrücklich bestritten worden ist. Geht man davon aus, dass die Beklagte bei jeder der von ihr berechneten insgesamt 26 Tätigkeiten im Durchschnitt 5 Minuten mehr berechnet hat, ergibt dies bereits 130 Minuten.
Die abgerechnete und bezahlte Vergütung für zwei Stunden Arbeitszeit beläuft sich auf 600,00 EUR; zuzüglich 19 % Umsatzsteuer sind dies 714,00 EUR. In dieser Höhe besteht ein weiterer Rückforderungsanspruch der Klägerin gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1. Alt. BGB.
4. Der Klägerin steht dagegen kein Anspruch auf Erstattung des ihr entstandenen Anwaltshonorars zu. Dieser Anspruch ergibt sich nicht aus § 280 BGB.
Eine Vertragspartei, die von der anderen Vertragspartei etwas verlangt, das nach dem Vertrag nicht geschuldet ist, verletzt zwar ihre Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB und handelt gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB pflichtwidrig. Im Sinne von § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB zu vertreten hat die Vertragspartei diese Pflichtwidrigkeit aber nicht schon dann, wenn sie nicht erkennt, dass ihre Rechtsposition in der Sache nicht berechtigt ist, sondern erst, wenn sie diese Rechtsposition auch nicht als plausibel ansehen durfte (BGH NJW 2009, 1262). Nachdem das Landgericht der Beklagten sogar das volle Anwaltshonorar zugebilligt hat, liegt diese Voraussetzung nicht vor. Der Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 286 BGB. Zwar befand sich die Beklagte aufgrund des Schreibens der Klägerin vom 18.09.2012 in Verzug. Kostenersatz für die erste, verzugsbegründende Mahnung kann jedoch grundsätzlich nicht gefordert werden. Auch die Kosten für die zeitlich danach liegende anwaltliche außergerichtliche Tätigkeit können nicht als Verzugsschaden geltend gemacht werden. Die Klägerin hat ihren Prozessbevollmächtigten bereits vor Eintritt des Verzuges beauftragt. Zum Zeitpunkt des Eintritts des Verzuges war die Gebühr gemäß Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG bereits entstanden. Kosten, die dem Gläubiger durch Maßnahmen entstanden sind, die er bereits vor Eintritt des Verzuges veranlasst hat, wie z.B. die Beauftragung eines Rechtsanwalts, sind nicht ersatzfähig (MüKoBGB/Ernst, 6. Aufl., § 286 Rn. 154). Es fehlt insoweit an der Kausalität.
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