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RVG Entscheidungen

Nr. 4143 VV

Adhäsionskläger, Reisekosten

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Neuruppin, Beschl. v. 04.03.2014 - 11 Qs 69/13

Leitsatz: Da die Adhäsionsklage mit einer zivilprozessrechtlichen Klage nicht gleichzustellen ist, muss der Adhäsionskläger im Rahmen der aus § 254 Abs. 2 BGB resultierenden allgemeinen Schadensminderungspflicht besonders darauf achten, den Adhäsionsbeklagten nicht mit Kosten zu belasten, die für die Rechtsverfolgung nicht unerlässlich sind.


11 Qs 69/13 Landgericht Neuruppin
Landgericht Neuruppin
BESCHLUSS
In der Strafsache
gegen pp.
wegen Betruges
hier Kostenfestsetzung zugunsten des Adhäsionsklägers
wird die sofortige Beschwerde des Adhäsionskläger gegen den Kostenfestsetzungs-beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vorn 29.08. 0 1 3 als unbegründet verworfen.
Der Adhäsionskläger trägt die Kosten der Beschwerde.
Der Beschwerdewert wird auf 420,67 Euro festgesetzt.

Gründe:
Im vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahren hat der Adhäsionskläger seine notwendigen Ausla-gen in Höhe der Anwaltsvergütung von brutto 1.706 82 Euro gegen den Verurteilten geltend ge-macht. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vorn 29.08.2013 hat das Amtsgericht den vorn Verurteil-ten zu erstattenden Betrag jedoch auf nur 1.286,15 Euro festgesetzt. In Abzug gebracht worden sind die vom Vertreter des Adhäsionsklägers liquidierten Reise- und Abwesenheitskosten für die Fahrten von seinem Kanzleisitz in Königs Wusterhausen zum Amtsgericht Oranienburg und später im Berufungsverfahren zum Landgericht Neuruppin. Diese sind ersetzt worden durch fiktive Reise-kosten des Adhäsionklägers für eine Informationsreise zu einem Rechtsanwalt am Sitz des Pro-zessgerichts und eine weitere Informationsreise sowie das Abwesenheitsgeld eines in Oranienburg ansässigen Rechtsanwalts in die JVA Cottbus, in die der Adhäsionskläger zwischen dem 1. und dem 2. Hauptverhandlungstermin aufgrund einer eigenen Strafsache eingeliefert wurde. Ferner sind fiktive Reise- und Abwesenheitskosten eines in Oranienburg ansässigen Rechtsanwalts für die Fahrten zu drei Berufungsverhandlungen vor dem Landgericht Neuruppin festgesetzt worden.

Gegen die dadurch bedingte Minderung des Erstattungsbetrages in Höhe von 420,67 Euro wendet sich der Adhäsionskläger mit der sofortigen Beschwerde.

Das Rechtsmittel ist unbegründet. Die Entscheidung des Amtsgerichts ist nicht zu beanstanden.
Nach §§ 464 a Abs. 2 Nr. 2 StPO gehören zu den erstattungsfähigen notwendigen Auslagen eines Beteiligten die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts nur, soweit sie nach § 91 Abs. 2 ZPO zu erstatten sind. Nach § 91 Abs. 2 ZPO sind die Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, nur insoweit erstattungsfähig, als dessen Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsver-folgung notwendig war.

In der Rechtsprechung, insbesondere für den Bereich des Zivilrechts, sind in den letzten Jahren Lockerungen dahin ergangen, dass die Beauftragung eines am Wohnsitz des Prozessbeteiligten niedergelassenen Rechtsanwaltes als notwendig zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung an-erkannt worden ist. Die Kammer hat dies für den Bereich des Strafrechts hinsichtlich des Verteidi-gers nur bedingt übernommen und hält allerdings restriktiv hinsichtlich der Reise- und Abwesen-heitskosten des Adhäsionsklagevertreters am Wortlaut des § 91 Abs. 2 ZPO fest.

Die Adhäsionsklage ist mit einer zivilprozessrechtlichen Klage nicht gleichzustellen. Als Anhang zum Strafverfahren unterliegt sie Merkmalen, die mit einer normalen zivilrechtlichen Auseinander-setzung nicht zu vergleichen sind. Diese Besonderheiten führen dazu, dass der Adhäsionskläger im Rahmen der aus § 254 Abs. 2 BGB resultierenden allgemeinen Schadensminderungspflicht be-sonders darauf zu achten hat, den Adhäsionsbeklagten nicht mit Kosten zu belasten, die für die Rechtsverfolgung nicht unerlässlich sind. Dem Beschuldigten und Adhäsionsbeklagten ist es in aller Regel nicht möglich, durch eine vorprozessuale Auseinandersetzung die Kosten eines gericht-lichen Verfahrens zu vermeiden oder so gering wie möglich zu halten, ohne seine Verteidigungs-strategie etwa des Bestreitens oder des Schweigens im Strafverfahren selbst zu sabotieren. Er wird kein vorprozessuales Anerkenntnis erklären und keinen vorprozessualen Vergleich abschlie-ßen, um jede präjudizielle Wirkung auf das Strafverfahren zu vermeiden. In der Regel schließt sich der Geschädigte auch ohne jede vorherige Ankündigung seines Schadensersatzbegehren dem Strafverfahren als Adhäsionskläger an, so dass der Beschuldigte schon deshalb keine vorpro-zessualen Möglichkeiten hat, die Kosten des Rechtsstreits zu minimieren. Wenn sich dann — wie im vorliegenden Fall — die Hauptverhandlung und die Berufungsverhandlung über zahlreiche Termine erstreckt, kann der Beschuldigte nur tatenlos zusehen, wie sich die Prozesskosten erhö-hen, die ihm im Verurteilungsfall aufgegeben werden. Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass der Beschuldigte die Möglichkeit habe, die Kosten durch ein Geständnis gering zu halten, weil damit sein elementares Recht zu schweigen (Art. 6 MRK, 136 Abs. 1 S. 2 StPO) genommen werden würde. Der Beschuldigte befindet sich in einer Zwangslage, auf die der Adhäsionskläger kostenmindernd besondere Rücksicht zu nehmen hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 464 b S. 3 StPO, 97 Abs. 1 ZPO.

Neuruppin, den 04.03.2014
Landgericht, 1. große Strafkammer als Beschwerdekamme

Einsender: RA V. England, Königs Wusterhausen

Anmerkung:


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