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RVG Entscheidungen

§ 55

Abtretung, Vergütungsfestsetzung, Antragsanforderungen

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29.04.2013, 5 W 6/13

Leitsatz: Im Falle wirksamer Abtretung einer Vergütungsforderung ist der Abtretungsgläubiger berechtigt, die Festsetzung der Vergütung nach § 55 RVG zu verlangen. Die Vergütungsfestsetzung kann nicht von der Vorlage der Einwilligungserklärung des Mandanten zur Abtretung abhängig gemacht werden.


In dem Beratungshilfeverfahren
...
hat der 5. Zivilsenat
des Saarländischen Oberlandesgerichts
am 29.4.2013
beschlossen:
Tenor:
1. 1.
Auf die weitere Beschwerde der Beschwerdeführerin werden der Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 5.12.2012 - 5 T 578/12 - und die Beschlüsse des Amtsgerichts Saarbrücken vom 28.8.2012 und vom 25.11.2011 - 47 II 1382/11 - aufgehoben.
Das Amtsgericht Saarbrücken wird angewiesen, den Festsetzungsantrag der Beschwerdeführerin vom 15.6.2011 in der Fassung vom 11.11.2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.
2. 2.
Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Saarbrücken hat dem Antragsteller am 30.3.2011 Beratungshilfe bewilligt. Die im Rahmen der Beratungshilfe tätig gewordenen Rechtsanwälte pp. haben für ihre Tätigkeit eine Gebührenforderung in Höhe von 255,85 € errechnet und an die Beschwerdeführerin, eine anwaltliche Verrechnungsstelle, abgetreten, welche mit Schreiben vom 15.6.2011 die Festsetzung beim Amtsgericht Saarbrücken beantragt hat. Zu ihrem Antrag hat sie mit Schreiben vom 11.11.2011 unter anderem das Original einer an das Amtsgericht Saarbrücken gerichteten schriftlichen Mitteilung der Rechtsanwälte pp. vom 7.11.11 über die Abtretung ihrer Vergütungsforderung an die Beschwerdeführerin und die Kopie einer von dem Antragsteller unterzeichneten "Zustimmungs- und Abtretungserklärung zur Honorarabwicklung über die Deutsche Anwaltliche Verrechnungsstelle, AG" vom 30.3.2011 vorgelegt. Hintergrund war die Regelung des § 49b Abs. 4 Satz 2 BRAO in der durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12.12.2007 (BGBl. I 2007, S. 2840) geltenden Fassung, nach der Rechtsanwälte ihre Vergütungsforderungen an anwaltliche Verrechnungsstellen abtreten können, wenn eine ausdrückliche schriftliche Einwilligung des Mandanten vorliegt oder die Forderung rechtskräftig festgestellt ist.
Die zuständige Rechtspflegerin des Amtsgerichts Saarbrücken hat den Vergütungsfestsetzungsantrag mit Beschluss vom 25.11.2011 - 47 II 1382/11 - abgewiesen, weil sie die Vorlage der Einwilligungserklärung des Antragstellers im Original für erforderlich gehalten hat. Zur Begründung hat sie auf eine Verfügung des Präsidenten des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 27.2.2008 - 565 OLG 172/08 - Bezug genommen, mit welcher für den Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit angeordnet worden war, dass Leistungen auf anwaltliche Honorarforderungen aus der Staatskasse an anwaltliche Verrechnungsstellen nur Zug um Zug gegen Aushändigung bzw. Übersendung der schriftlichen Einwilligungserklärung des Mandanten sowie einer Urkunde des Anwalts über die Abtretung in Urschrift oder Ausfertigung erfolgen dürfen. Diese ließ in richterlicher Unabhängigkeit oder im Rahmen der sachlichen Unabhängigkeit der Rechtspfleger zu treffende Entscheidungen ausdrücklich unberührt.
Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin, die die Vorlage einer Kopie der Einwilligungsklärung für ausreichend erachtet. Ihre gegen die ablehnende Entscheidung der Rechtspflegerin gerichtete Erinnerung ist durch Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken - Richter- vom 28.8.2012 zurückgewiesen worden.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde vom 12.9.2012 hat das Landgericht Saarbrücken mit Beschluss vom 5.12.2012 - 5 T 578/12 -, der Beschwerdeführerin zugestellt am 12.12.2012, zurückgewiesen. Dies hat das Landgericht mit einer analogen Anwendung des § 410 Abs. 1 Satz 1 BGB begründet, da der mit dieser Vorschrift bezweckte Schutz des Schuldners vor einer doppelten Inanspruchnahme auch dann erforderlich sei, wenn Zweifel hinsichtlich der für die Wirksamkeit der Abtretung erforderlichen schriftlichen Einwilligungserklärung bestünden. Zugleich hat es wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Rechtsfrage gemäß § 33 Abs. 6 RVG die weitere Beschwerde zum Saarländischen Oberlandesgericht zugelassen, welche die Beschwerdeführerin am 21.12.2012 unter Berufung auf eine fehlerhafte Anwendung des § 49b Abs. 4 Satz 2 BRAO und der §§ 409, 410 BGB eingelegt hat. Sie ist der Ansicht, die Voraussetzungen einer Analogie seien nicht gegeben.
Die Verfügung des Präsidenten des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 27.2.2008 - 565 OLG 172/08 - ist zwischenzeitlich durch Verfügung vom 23.4.2013 - 565 OLG 543/13 dahin abgeändert worden, dass neben der Urkunde des Anwalts über die Abtretung in Urschrift oder Ausfertigung grundsätzlich eine beglaubigte Kopie der Einwilligungserklärung des Mandanten als ausreichend erachtet wird, sofern nicht nach den Umständen des Einzelfalls Zweifel an der Übereinstimmung der vorgelegten Kopie mit dem Original begründet sind. Der Vorlage einer beglaubigten Kopie steht es gleich, wenn eine unbeglaubigte Kopie der Einwilligungserklärung vorgelegt wird und die Umstände des Einzelfalls erkennen lassen, dass die von dem Anwalt stammende Kopie der Verrechnungsstelle zur Geltendmachung der Vergütung überlassen worden ist. Einer ausdrücklichen Erklärung des Anwalts, dass die Kopie mit dem Original übereinstimme, bedarf es dann nicht.
II.
Die weitere Beschwerde ist zulässig gemäß §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 6 und Abs. 3 Satz 3 RVG, insbesondere fristgemäß eingelegt.
Sie ist auch begründet.
Anerkanntermaßen ist im Falle wirksamer Abtretung der Abtretungsgläubiger berechtigt, die Festsetzung der Vergütung nach § 55 RVG zu verlangen (vgl. KG, KGR Berlin 2009, 555; OLG Düsseldorf, JurBüro 2008, 659; OLG Hamm, MDR 2008, 654; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl. 2012, § 45 Rdn. 103). Die angefochtenen Entscheidungen haben die von der Beschwerdeführerin beantragte Vergütungsfestsetzung zu Unrecht von der Vorlage des Originals der Einwilligungserklärung des Antragstellers vom 30.3.2011 abhängig gemacht. Dies war im Streitfall weder zum Nachweis deren Antragsberechtigung noch aus Gründen des Schuldnerschutzes erforderlich.
Die von einer Antragstellung durch den Anwalt ausgehende Regelung des § 55 RVG schreibt keine besondere Form für den Festsetzungsantrag vor. Aus Absatz 5 Satz 1 der vorgenannten Regelung folgt lediglich, dass für die Berücksichtigung eines Ansatzes - wie in § 104 Abs. 2 ZPO - Glaubhaftmachung durch den Anwalt genügt (vgl. Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl. 2012, § 55 Rdn. 30).
1.
Um sicherzustellen, dass die Landeskasse nicht doppelt in Anspruch genommen werden kann, kommen im Fall der Abtretung der Vergütungsforderung nach allgemeiner Ansicht die §§ 409, 410 BGB zur Anwendung (vgl. KG, KGR Berlin 2009, 555; OLG Düsseldorf, JurBüro 2008, 659; OLG Hamm, MDR 2008, 654; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl. 2012, § 45 Rdn. 103; Busche in Staudinger, Neubearb. 2012, § 410 Rdn. 4). Diesen schuldnerschützenden Vorschriften hat die Beschwerdeführerin indessen bereits durch die Vorlage des Originals der Abtretungserklärung genüge getan (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 23.8.2012 - VII ZR 242/11 - NJW 2012, 3426, der offen gelassen hat, ob die Vorlage einer Kopie den Erfordernissen des § 410 Abs. 1 BGB genügt; KG, KGR Berlin 2009, 555: zum Nachweis der Forderungsberechtigung ist die Abtretungsurkunde im Original vorzulegen).
Nach § 410 Abs. 1 Satz 1 BGB braucht der Schuldner an einen als neuen Gläubiger Auftretenden nur gegen Aushändigung einer von dem bisherigen Gläubiger über die Abtretung ausgestellten Urkunde zu leisten. Dementsprechend muss der Gläubiger nach § 409 Abs. 1 Satz 2 BGB auch eine nicht oder nicht wirksam erfolgte Abtretung gegen sich gelten lassen, wenn er dem neuen Gläubiger eine Urkunde über die Abtretung ausgestellt hat und dieser sie dem Schuldner vorlegt (vgl. BGH, Urt. v. 23.8.2012 -VII ZR 242/11 - NJW 2012, 3426; Urt. v. 16.1.1958 - VII ZR 66/57 - BGHZ 26, 241 zur quittungsähnlichen Eigenschaft der Abtretungsurkunde).
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 409 Abs. 1 BGB greift der Schuldnerschutz gerade auch bei nicht wirksam erfolgter Abtretung. Eine doppelte Inanspruchnahme der Landeskasse ist mithin selbst dann ausgeschlossen, wenn es im Einzelfall an der Einwilligungserklärung des Mandanten fehlen sollte, von welcher nach der spezialgesetzlichen Vorschrift des § 49b Abs. 4 Satz 2 BRAO im Interesse des Datenschutzes und des anwaltlichen Berufsgeheimnisses die Wirksamkeit der Abtretung abhängig ist (vgl. zum Schutzzweck der Regelung: BT-Drucks. 16/3655, S. 82; BGH, Urt. v. 24.4.2008 - IX ZR 53/07 - NJW-RR 2008, 1647). Ungeachtet dieser ganz anderen Zielsetzung des § 49b Abs. 4 Satz 2 BRAO besteht deshalb auch kein Bedürfnis für eine entsprechende Anwendung der schuldnerschützenden Vorschriften.
2.
Die Vorlage des Originals der Einwilligungserklärung war im Streitfall auch nicht zum Nachweis der Forderungs- bzw. Antragsberechtigung der Beschwerdeführerin erforderlich, um die Gefahr von Zahlungen an Nichtberechtigte auszuschließen.
Die Aushändigung der Abtretungsurkunde dient - lediglich - dem Zweck, dem Schuldner ein Beweismittel in die Hand zu geben. Sie entbindet den Gläubiger aber nicht vom Nachweis seiner Forderungsberechtigung (BGH, Urt. v. 12.11.1992 - I ZR 194/90 - NJW 1993, 1468). Ein solcher Nachweis, der bei einer Privaturkunde ausschließlich durch Vorlegung der Urschrift geführt werden kann (§ 420 ZPO; vgl. BGH, Urt. 21.1.1992 - XI ZR 71/91 - NJW 1992, 829), ist aber nur dann erforderlich, wenn die Forderungsberechtigung streitig ist. Auch im Festsetzungsverfahren ist ein solcher Nachweis deshalb nur dann zu verlangen, wenn im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte bestehen, die Zweifel an der Forderungsberechtigung - insbesondere an der Übereinstimmung der vorgelegten Kopie der Einwilligungserklärung mit dem Original - begründen können. Dies trägt auch dem berechtigten Interesse des Anwalts Rechnung, das Original der Einwilligungserklärung zum Nachweis der Einhaltung seiner anwaltlichen Pflichten bei seinen Unterlagen zu behalten. Im Regelfall reicht deshalb die Vorlage einer beglaubigten Kopie (§ 169 Abs. 2 Satz 1 ZPO) der Einwilligungserklärung aus.
Der Vorlage einer beglaubigten Kopie steht es gleich, wenn sich aus den zur Vergütungsfestsetzung eingereichten Antragsunterlagen ergibt, dass der Anwalt der Verrechnungsstelle eine von ihm gefertigte Kopie der Einwilligungserklärung ausgehändigt hat. So liegt es hier. Die Beschwerdeführerin hat den an das Amtsgericht gerichteten Festsetzungsantrag des Anwalts über die glaubhaft gemachten Gebühren und Auslagen - nebst Berechtigungsschein des Amtsgerichts Saarbrücken, Abtretungserklärung im Original und Einwilligungserklärung in Kopie -übermittelt und unter Hinweis auf die Abtretung Zahlung an sich gefordert. In einem solchen Fall setzt der Nachweis der Antragsberechtigung nicht ergänzend die Beglaubigungserklärung des Anwalts voraus, dass der Inhalt der von ihm gefertigten Kopie der Einwilligungserklärung mit dem Original übereinstimme.
3.
Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§§ 56 Abs. 2 Satz 2, 33 Abs. 9 RVG).
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).


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