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RVG Entscheidungen

§ 51

Pauschgebühr, Wiederaufnahmeverfahren, Revisionsverfahren

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Dresden, Beschl. v. 11.03.2013 - 1 (S) AR 57/12

Leitsatz: Zur Gewährung und Bemessung einer Pauschgebühr in einem umfangreichen Wiederaufnahme und Revisionsverfahren




OLG Dresden
Strafsenat
Aktenzeichen: 1(S) AR 57/12
BESCHLUSS
In der Strafsache gegen pp.
wegen Unterbringung
hier: Antrag auf Festsetzung einer Pauschvergütung gemäß § 51 RVG
hat der 1. Strafsenat - die Einzelrichterin - des Oberlandesgerichts Dresden am 11.03.2013
beschlossen:
1. Herrn Rechtsanwalt Glauch wird für seine Tätigkeit als gerichtlich beigeordneter Verteidiger im Wiederaufnahmeverfahren, im Verfahren erster Instanz vor dem Landgericht Chemnitz sowie nach Zurückverweisung der Sache durch den Bundesgerichtshof im Verfahren vor dem Landgericht Dresden sowie in beiden durchgeführten Revisionsverfahren eine an die Stelle der gesetzlichen Gebühren tretende Pauschvergütung in Höhe von 14.500,00 € bewilligt.
2. Der weitergehende Antrag wird als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe:
I.
Der Beschuldigte wurde mit Urteil des Landgerichts Zwickau vom 20. Juni 1994 wegen Mordes in zwei Fällen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Mit Beschluss vom 06. Oktober 2010 hat das Landgericht Chemnitz die Wiederaufnahme des Verfahrens angeordnet und in der Folge das Verfahren erster Instanz gegen den Beschuldigten vor dem Landgericht Chemnitz durchgeführt. Mit Urteil vom 31. Januar 2011 hat es den Beschuldigten vom Vorwurf des Mordes freigesprochen und gleichzeitig seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Auf die Revision des Beschuldigten hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 08. Juli 2011 das Urteil des Landgerichts Chemnitz aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Dresden zurückverwiesen. Dieses hat mit Urteil vom 06. Januar 2012 die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und gleichzeitig die Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung ausgesetzt. Eine Entschädigung des Beschuldigten wegen der erlittenen Untersuchungs- und Strafhaft wurde ausgeschlossen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde sowie die Revision des Angeklagten gegen das vorgenannte Urteil des Landgerichts Dresden hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 14. August 2012 als unbegründet verworfen.

Nach Rechtskraft des Verfahrens hat der Verteidiger mit Schriftsatz vom 08. November 2012 eine Pauschgebühr für seine gesamte Tätigkeit in vorliegendem Verfahren in Höhe von 32.000,00 € beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt, das Verfahren sei besonders umfangreich und schwierig gewesen. Hinsichtlich der Einzelheiten seines Vorbringens wird auf die Schriftsätze des Verteidigers vom 08. November sowie 28. Dezember 2012 verwiesen.

Der Verteidiger wurde am 20. Mai 2012 als Verteidiger für das Wiederaufnahmeverfahren be-stellt. Er hat für den Beschuldigten einen Wiederaufnahmeantrag, der zur Anordnung der Wie-deraufnahme durch das Landgericht Chemnitz geführt hat, gestellt. Darüber hinaus hat er den Beschuldigten in den Verfahren erster Instanz vor dem Landgericht Chemnitz und dem Land-gericht Dresden sowie in beiden Revisionsverfahren anwaltlich vertreten.

Die Bezirksrevisorin bei dem Oberlandesgericht ist zu dem Antrag gehört worden. Die gesetzlichen Gebühren in vorliegendem Verfahren für den Verteidiger belaufen sich auf insgesamt 8.065,00 €. In der Stellungnahme der Bezirksrevisorin vom 20. Dezember 2012 blieben insoweit die gesetzlichen Gebühren für die beiden Revisionsverfahren sowie die Verfahrensgebühr Nr. 4119 W-RVG vor dem Landgericht Chemnitz sowie ein Längenzuschlag nach Nr. 4122 W-RVG für die Hauptverhandlung am 27. Januar 2011 (10.00 Uhr bis 15.25 Uhr) nach Nr. 4122 W-RVG unberücksichtigt.

II.
Der zulässige Antrag auf Festsetzung einer Pauschvergütung ist in Höhe von 14.500.00 € begründet. Im Übrigen ist der Antrag unbegründet.

Gemäß § 51 Abs. 1 RVG kann dem beigeordneten Verteidiger eine über die gesetzlichen Gebühren hinausgehende Pauschgebühr bewilligt werden, wenn die Strafsache besonders um-fangreich oder besonders schwierig ist. Dazu gehört noch nicht, dass Umfang oder Schwierigkeit der Sache über dem Durchschnitt liegen. Es muss sich vielmehr um eine anwaltliche Tätigkeit handeln. die sich in besonderer Weise von sonstigen, auch überdurchschnittlichen Sachen abhebt, so dass es unzumutbar wäre, dem Verteidiger nur die gesetzlichen Gebühren zuzuerkennen.
Dies ist hier der Fall. Das vorliegende Verfahren hebt sich sowohl hinsichtlich des Umfangs als auch der Schwierigkeit erheblich von vergleichbaren auch überdurchschnittlichen Verfahren ab.

Dies gilt bereits für die Stellung eines Wiederaufnahmeantrages durch den Verteidiger. Dieser hatte hierzu zunächst die gesamten Akten des vor dem Landgericht Zwickau geführten Ausgangsverfahrens, die bis zum Urteil 500 Blatt umfassten, sowie die den Beschuldigten betreffenden Gesundheitsakten zu sichten und im Hinblick auf die Stellung eines Wiederaufnahmeantrages zu überprüfen. Hierzu hatte der Verteidiger auch ein von ihm im Wiederaufnahmeantrages vorgelegtes forensisch-psychiatrisches Gutachten im Hinblick auf seine Erheblichkeit zu überprüfen. Nachdem das Landgericht Chemnitz im Verfahren über die Begründetheit des Wiederaufnahmeantrages zwei weitere forensisch-psychiatrische Gutachten eingeholt hatte, hat der Verteidiger hierzu nach Einarbeitung in die umfangreichen Gutachten Stellungnahmen abgeben. Darüber hinaus hat er sich zu einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf persönliche Anhörung der Sachverständigen gegenüber dem Landgericht geäußert. Ferner hat er an zwei Tagen an jeweils mehrstündigen Explorationsgesprächen des Sachverständigen mit dem Beschuldigten teilgenommen. Bereits diese Tätigkeiten gehen über die Tätigkeit eines Verteidigers in einem durchschnittlichen Wiederaufnahmeverfahren erheblich hinaus. Diese erheblich überdurchschnittlichen Tätigkeiten des Verteidiger im Wiederaufnahmeverfahren sind von besonderem Gewicht. Der Senat hält deshalb die Zuerkennung der gesetzlichen Gebühren Nrn. 4136, 4137 und 4138 W-RVG für die gesamte Tätigkeit im Wiederaufnahmeverfahren für nicht ausreichend, um die Tätigkeit des Verteidigers insoweit ausreichend zu würdigen. Der Senat hat deshalb in seiner überschlägigen Berechnung der Pauschvergütung insoweit jeweils die Wahlverteidigerhöchstgebühr angesetzt und darüber hinaus für die Teilnahme des Verteidigers an den Explorationsgesprächen zusätzliche Gebühren zuerkannt.

Darüber hinaus war das Verfahren auch deshalb als besonders umfangreich einzustufen, weil die Presse an dem Verfahren großes Interesse zeigte. Der Verteidiger hatte deshalb zahlreiche Presseanfragen zu beantworten, die für ihn zeitlich eine zusätzliche Belastung darstellten. Ferner war auch die Betreuung des Beschuldigten, der nur sehr eingeschränkt der deutschen Sprache mächtig ist, von erheblichem Umfang.

Der Verteidiger hat sowohl im Verfahren vor dem Landgericht Chemnitz als auch dem Landgericht Dresden gegen die jeweils erlassenen Unterbringungsbefehle Beschwerde und sodann weitere Beschwerde zum Oberlandesgericht erhoben. Schließlich hat er gegen die insoweit ergangenen Entscheidungen des Landgerichts Chemnitz als auch des Oberlandesgerichts Dresden erfolgreich Verfassungsbeschwerde eingelegt.

Soweit die Hauptverhandlung erster Instanz vor dem Landgericht Chemnitz an sieben Tagen und sodann vor dem Landgericht Dresden an vier Tagen durchgeführt wurde, ist dagegen nicht von einem besonders umfangreichen Verfahren auszugehen. Die für die Wahrnehmung der Hauptverhandlungstage sowie für die jeweiligen Verfahrensabschnitte und Mitwirkungshandlungen erforderlichen Mandantengespräche und Haftbesuche sind durch die gesetzlichen Gebühren grundsätzlich abgegolten. Soweit die Hauptverhandlung mehr als fünf Stunden an-dauerten, wird dies durch eine zusätzliche Gebühr nach Nr. 4122 W-RVG grundsätzlich abgegolten. Die Zuerkennung weiterer - über den gesetzlichen Gebühren liegender - Gebühren hält der Senat deshalb insoweit nicht für angezeigt. Soweit die Hauptverhandlung vor dem Landgericht Chemnitz dagegen an drei Tagen in einer Woche sowie dem anschließenden Montag der folgenden Woche stattfand, ist aufgrund dieser zeitlich dichten Terminierung von einer besonderen Belastung für den Verteidiger auszugehen. Zumindest in dieser Woche war der Verteidiger nahezu ausschließlich mit dem vorliegenden Verfahren beschäftigt, so dass ihm die Bearbeitung anderer Verfahren in diesem Zeitraum nicht möglich war. Dies ist ein außergewöhnlicher Umstand, der ebenfalls im Rahmen der Berechnung der Pauschvergütung zu berücksichtigen ist, mit der Folge, dass zumindest für diese Hauptverhandlungstage die vorgesehene gesetzliche Gebühr als nicht ausreichend anzusehen ist.

Darüber hinaus ist auch die Tätigkeit des Verteidigers in beiden von ihm durchgeführten Revisionsverfahren als besonders umfangreich anzusehen, so dass die Zuerkennung allein der gesetzlichen Gebühr die Tätigkeit des Verteidigers nicht ausreichend vergütet. Der Verteidiger hat in beiden Revisionsverfahren umfangreiche Revisionsbegründungen abgegeben. Die Revisionsbegründung im zweiten Revisionsverfahren, in dem darüber hinaus auch eine sofortige Beschwerde gegen die Versagung einer Strafrechtsentschädigung eingelegt worden war, umfasste insgesamt 37 Seiten. Damit hebt sich die Tätigkeit des Verteidigers in den Revisions-verfahren erheblich von anderen auch überdurchschnittlichen Revisionsverfahren ab.

Im Übrigen ist das gesamte Verfahren auch als besonders schwierig einzustufen. lm gesamten Verfahren waren mehrere umfangreiche forensisch-psychiatrische Gutachten durchzuarbeiten. auszuwerten und auf ihre Erheblichkeit im Hinblick auf die gegen den Beschuldigten anzuordnende Rechtsfolge zu überprüfen.

Bei der somit nach allem zu bewilligenden Pauschvergütung hat der Senat alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigt. Insgesamt erschien dem Senat angesichts des außergewöhnlichen Gepräges des Verfahrens, das sich erheblich von durchschnittlichen Schwurgerichtsverfahren abhebt, zum angemessenen Ausgleich der vom Verteidiger erbrachten Tätigkeiten eine Pauschvergütung in Höhe von insgesamt 14.500,00 € für angemessen. Durch diese - nahe an den Höchstgebühren für einen Wahlverteidiger liegende - Vergütung wird den Besonderheiten des vorliegenden Verfahrens ausreichend Rechnung getragen.

Für eine darüber hinausgehende Bewilligung besteht auch unter Berücksichtigung der sonstigen Antragsbegründung kein Anlass.


Die Erstattung der Auslagen und der Mehrwertsteuer bleibt von der Festsetzung unberührt. Bereits ausbezahlt oder festgesetzte Gebühren sowie Vorschüsse sind anzurechnen.

Horlacher
Richterin am Oberlandesgericht


Einsender: RA A. Glauch, Dresden

Anmerkung:


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