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Gericht / Entscheidungsdatum: LG Berlin, Beschl. v. 27. 9. 2005, 534-16/05
Fundstellen:
Leitsatz: Bei der Berechnung der Hauptverhandlungsdauer für die Gewährung eines so genannten Längenzuschlags sind Wartezeiten des Rechtsanwalts zu berücksichtigen.
LG Berlin Beschluss Geschäftsnummer: 534-16/05 In der Strafsache gegen XX. w e g e n schwerer Körperverletzung hat die Strafkammer 34 des Landgerichts Berlin durch den Richter am Landgericht S. als Einzelrichter am 27. September 2005 beschlossen: . Auf die Erinnerung des Rechtsanwalts L. Berlin, wird der Beschluss der Kostenbeamtin des Landgerichts Berlin vom 23. August 2005 aufgehoben. Die dem Rechtsanwalt aus der Landeskasse Berlin zu erstattenden Gebühren und Auslagen werden, auf 3.404,95 Euro festgesetzt. Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet. Gründe: Der Erinnerungsführer ist in dem vorliegenden Strafverfahren als Vertreter des Nebenklä¬gers tätig gewesen und diesem im Termin am 31. März 2005 beigeordnet worden. Das Verfahren ist zunächst vor dem erweiterten Schöffengericht Tiergarten geführt, von diesem jedoch am sechsten Verhandlungstag hinsichtlich eines Teils der Anklagevorwürfe an das Landgericht Berlin - große Strafkammer - verwiesen worden. Dieses hat den Angeklagten am dritten Verhandlungstag zu einer mehrjährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt und sei¬ne Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Auf den Adhäsionsantrag des Nebenklägers hat es darüber hinaus ausgesprochen, dass der Angeklagte einen Betrag von 9.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. März 2005 an den Nebenkläger zu zahlen hat. Mit Kostenerstattungsantrag vom 18. Juli 2005 hat der Erinnerungsführer beantragt, seine Gebührten und Auslagen wie folgt festzusetzen: Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG Verfahrensgebühr Nr. 4112 VV RVG 132,00 Euro 124,00 Euro Amtsgericht: Terminsgebühr Nr. 4108 VV RVG (HVT 8.3.2005) m. Zuschlag: über 5 Std. bis 8 Std., Nr. 4110 W RVG Terminsgebühr Nr. 4108 VV RVG (HVT 15.3.2005) m. Zuschlag: über 5 Std. bis 8 Std., Nr. 4110 VV RVG Terminsgebühr Nr. 4108 VV RVG (HVT 17.3.2005) Terminsgebühr Nr. 4108 W RVG (HVT 23.3.2005) Terminsgebühr Nr. 4108 VV RVG (HVT 31.3.2005) Terminsgebühr. Nr. 4108 VV RVG (HVT 8.4.2005) 184,00 Euro 92,00 Euro 184,00 Euro 92,00 Euro 184,00 Euro 184,00 Euro 184,00 Euro 184,00 Euro Landgericht: Terminsgebühr Nr. 4114 W RVG (HVT 5.7.2005) m. Zuschlag: über 5 Std. bis 8 Std., Nr. 4116 VV RVG Terminsgebühr Nr. 4114 W RVG (HVT 11.7.2005) m. Zuschlag: über 5 Std. bis 8 Std., Nr. 4116 VV RVG 216,00 Euro 108,00 Euro 216,00 Euro 108,00 Euro Terminsgebühr Nr. 4114 W RVG (HVT 13.7.2005) 216,00 Euro Adhäsionsverfahren: Gegenstandswert: 9.000,00 Euro Verfahrensgebühr Nr. 4143 VV RVG 476,00 Euro Dokumentenpauschale Nr. 7000 VV RVG (92 Fotokopien) Auslaqenpauschale(Nr. 7002 VV RVG Zwischensumme 16 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG Endsumme 31,30 Euro 20,00 Euro 2.935,30 Euro 469,65 Euro 3.404 95 Euro Die Kostenbeamtin des Landgerichts hat durch Beschluss vom 23- August 2005 die Gebüh¬ren und Auslagen auf insgesamt 3.279,67 Euro festgesetzt. Die Absetzung in Höhe von 125,28 Euro (108,00 Euro + 16 % USt.) hat sie damit begründet, dass für den Termin am 11- Juli 2005 eine Zusatzgebühr gemäß 4116 VV RVG nicht angefallen sei, da der Termin ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls lediglich von 09.05 bis 14.05 Uhr gedauert habe; der Ladungszeitpunkt (09.00 Uhr) sei nicht maßgeblich, da nach dem Gesetzeswort¬laut nur die reine Teilnahmezeit an der Hauptverhandlung zu vergüten sei. Die Bezirksrevisorin hat nach Anhörung beantragt, die von dem Rechtsanwalt gegen den vorgenannten Beschluss eingelegte Erinnerung als unbegründet zu verwerfen. Die Erinnerung ist gemäß § 56 Abs. 1 S. 'i RVG zulässig; sie hat auch in der Sache Erfolg: Dem Erinnerungsführer steht die für den Termin am 11. Juli 2005 geltend gemachte zusätz¬liche Gebühr zu. Zwar mag - wie die Bezirksrevisorin meint - der Wortlauf der Vorbemer¬kung 4 Abs. 3 S. 1 VV RVG, wonach die Terminsgebühr für die Teilnahme an gerichtlichen Terminen entsteht, dafür sprechen, dass der Gesetzgeber lediglich die überlange Stunden¬dauer der Hauptverhandlung ab Aufruf der Sache (§ 243 Abs- 1 S. 1 StPO) honorieren wollte. Eine solche Auslegung der Vorschrift ist jedoch nicht zwingend. Sie ist auch nicht sachgerecht. -4 Der Rechtsanwalt der - wovon hier mangels sich aus dem Protokoll ergebender gegenteili¬ger Anhaltspunkte sowie aufgrund der entsprechenden anwaltlichen Versicherung auszu¬gehen ist - zur anberaumten Terminsstunde im Gerichtssaal anwesend ist, ist auch dann durch die Sache in Anspruch genommen und der Wahrnehmung seiner übrigen Geschäfte entzogen, wenn sich ihr Aufruf verzögert. Dass sich der Erinnerungsführer auf die Verzöge¬rung hätte einstellen und sie für anderweitige berufliche Aufgaben hätte nutzen können, ist vorliegend bereits angesichts der nur geringfügigen Dauer der Wartezeit fern liegend. Die Kammer hält es für gesetzeskonform, Wartezeiten zwischen dem anberaumten und dem tatsächlichen Beginn mit Aufruf der Sache, die für den Rechtsanwalt nicht sinnvoll ander¬weitig nutzbar sind, diesem gebührenrechtlich nicht zum Nachteil gereichen zu lassen. Et¬was anderes mag dann gelten, wenn der verspätete Beginn auf das Ausbleiben des Rechtsanwalts zurückzuführen ist (ebenso OLG Hamm, Beschl. v. 27. Mai 2005 - 2 (s) Sbd. VII1-54/05; Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl., 2005, VV 4110, 4111, Rn. 1; vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschl. v. 15. Juni 2005 - 1 AR 22/05; KG, Beschl. v. 9. August 2005 - 3 Ws 59/05 (zur Einrechnung von Pausen); Burhoff, RVG, 2004, Vorbemerkung 4, Rn. 63 (zur Einrechnung von Wartezeiten)). Da die von dem Erinnerungsführer geltend gemachten Gebühren und Auslagen auch sonst nicht zu beanstanden sind, waren sie somit insgesamt antragsgemäß festzusetzen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 S. 2 und 3 RVG. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage wird die Beschwerde gegen diesen Beschluss zugelassen, 33 Abs. 3 S. 2 RVG.
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