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RVG Entscheidungen

Nr. 4102 VV

Erörterungen vor Haftbefehlsverkündung

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Düsseldorf, Beschl. v. 25. 3. 2005, I Qs 9/05

Leitsatz: Die Terminsgebühr Nr. 4102 Ziff. 3 VV RVG entsteht auch dann, wenn vor der Aufruf der Sache zur Haftbefehlsverkündung längere und auch eingehende sachbezogene Erörterungen, u.a. zu den Möglichkeiten einer Verfahrensbeschleunigung, zu den Untersuchungshaftbedingungen und dergleichen stattfinden.


LANDGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS
Qs 9/04
In der Strafsache gegen PP.
Verteidiger:
Rechtsanwalt
hat die I. Große Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf durch die Richterin Dr. als Einzelrichterin
am 24.03.2005
beschlossen:
Auf die Erinnerung des Rechtsanwalts vom 24.04.2005 gegen den Festsetzungsbeschluss vom 16.02.2005 wird der Beschluss aufgehoben, soweit der Rechtspfleger für den Termin vom 02.08.2004 die Festsetzung der Nr. 4103 W RVG Gebühr abgelehnt hat und die Sache zur erneuten Festsetzung zurückverwiesen.

Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe: \

Die Erinnerung ist gemäß § 56 Abs. 1 RVG statthafter Rechtsbehelf und auch im Übrigen zulässig, allerdings rechtfertigt das Erinnerungsvorbringen nur zum Teil eine abweichende Sachentscheidung.

l.
(Terminsgebühr für den 02.08.2004, Nrn. 4103, 4102 Nr. 1 oder 3 W RVG)
Das Gericht ist in seinem Beschluss vom 16.02.2005 davon ausgegangen, dass die Terminsgebühr Nr. 4103, 4102 Nr. 1 oder 3 W RVG nicht entstanden ist, weil in dem Termin nur ein Haftbefehl verkündet wurde und sonst nichts „passiert" ist. Dies beruhte auf der Auskunft der beisitzenden Richterin und ist in der Sache insoweit zutreffend, als nach Aufruf der Sache in der Tat nur der Haftbefehl verkündet wurde. Allerdings fanden vor Aufruf der Sache längere und auch eingehende sachbezogene Erörterungen, u.a. zu den Möglichkeiten einer Verfahrensbeschleunigung, zu den Untersuchungshaftbedingungen und dergleichen statt. Die Beteiligten mussten nämlich nahezu eine Stunde warten, weil einer der Angeklagten mit dem Transport aus der JVA Wuppertal noch nicht eingetroffen war. Diese Zeit wurde zu sachbezogenen Gesprächen genutzt. Für den Anfall der Gebühr Nr. 4103, 4102 Nr. 3 W RVG macht es nach dem Sinn der Vorschrift keinen Unterschied, ob die über die reine Verkündung des Haftbefehls hinausgehenden sachbezogenen Gespräche vor oder nach Aufruf der Sache stattgefunden haben. Denn Sinn der Vorschrift ist es, den Zeitaufwand des Anwalts zu vergüten, der anlässlich eines Haftprüfungstermins über diesen hinausgehende sachbezogene Stellungnahmen abgibt und hiermit zur Verfahrensförderung und -beschleunigung beiträgt. Dies tut er auch dann, wenn solche Erörterungen stattfinden, bevor die Sache aufgerufen wird. Da auch das unmittelbar sich an den Haftprüfungstermin anschließende sachliche Gespräch von Nr. 4102 Nr. 3 W RVG erfasst wird, kann bei dem unmittelbar vorausgehenden Gespräch nichts anderes gelten.

Demgegenüber ist die Gebühr Nr. 4116 VV RVG nicht entstanden.

Zwar ist es zutreffend, dass, wenn der Hauptverhandlungstermin auf 9.30 Uhr angesetzt ist und der Verteidiger um 9.30 Uhr da ist und der Hauptverhandlungstermin dann erst um 9.40 oder später beginnt, dem Verteidiger diese Wartezeit anzurechnen ist (Burhoff, Nr. 4110 W Rn. 9f). Alles andere wäre auch sachwidrig, da Verzögerungen, die nicht aus der Sphäre des Anwalts stammen, nicht dazu führen können, dass diesem die Gebühr geschmälert wird. So liegt der Fall allerdings hier nicht.

Aus der jeweiligen Anlage zum jeweiligen Hauptverhandlungsprotokoll ergibt sich minutengenau, wann der jeweilige Verteidiger erstmals im Sitzungssaal erschienen ist. Erst von diesem Moment an hat er „teilgenommen", und zwar auch darin teilgenommen, wenn die Sache erst später aufgerufen worden sein sollte, denn diese Wartezeit ist ihm, wie dargelegt für seinen Gebührenanspruch anzurechnen. Für die mit Kostennote vom 21.01.2005 geltend gemachten Tage (23.09., 06.10., 07.10., 14.10., 20.12. 2004) finden sich in der Anlage zum jeweiligen Protokoll genau jene Erscheinens- und Verlassenszeiten des Erinnerungsführers verzeichnet, welche das Gericht in seinem Beschluss vom 16.02.2005 der Gebührenberechnung zugrunde gelegt hat.

Mit anderen Worten, Rechtsanwalt war nicht um 9.30 Uhr erschienen und der Termin begann erst mit Verspätung, so dass der Aufruf der Sache erst um 09.45 Uhr erfolgt wäre und das Gericht diese 15 Minuten nicht in die für Nr. 4116, 4110 W RVG maßgebliche Zeit einbezogen hätte. Sondern Rechtsanwalt kam erst um 09.51 Uhr (so beispielsweise am 23.09.), die Hauptverhandlung begann dann erst. Dies ist der umgekehrte Fall zu der bei Burhoff oben erwähnten Konstellation. Da es auf die tatsächliche Anwesenheit, eben die „Teilnahme", ankommt, kann dem Verteidiger nicht mehr Zeit, als er tatsächlich körperlich vor Ort war, auf die Anwesenheitszeit angerechnet werden. Denn selbstverständlich sollen dem Anwalt auf diese Weise nicht seine eigenen Verspätungen vergütet werden. Konsequent durchdacht und die Ansicht des Erinnerungsführers als zutreffend unterstellt, würde dies bedeuten, dass der Anwalt, der auf einen Hauptverhandlungstermin um 09.30 Uhr geladen ist, sich aber selbst verspätet und erst um 10.30 Uhr erscheint, weshalb dann erst mit der Hauptverhandlung begonnen werden kann, auch dann die Nr. 4116 W RVG-Gebühr beanspruchen könnte, wenn die Hauptverhandlung über 14.30 Uhr hin angedauert hat und dies womöglich nur deshalb, weil der Anwalt eine Stunde verspätet war. Dies ist offensichtlich nicht der Sinn der Vorschrift.
Am 06.10.2004 begann die Hauptverhandlung zwar verspätet, nämlich um 09.46 Uhr, aber Rechtsanwalt kam auch erst um 09.46 Uhr. Der bei Burhoff, RVG, Nr. 4110 W RVG Rn. 9 beschriebene Fall lag also wiederum nicht vor. Ebenso verhält es sich am 07.10.2004, 14.10.2004 und 20.12.2004. Da eine Teilnahme von Rechtsanwalt über fünf Stunden an keinem Hauptverhandlungstag gegeben ist, ist für die Gebühr Nr. 4116 W RVG kein Raum.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs. 2 RVG.


Einsender: Dipl.Rechtspfleger Jochen Volpert, Willich

Anmerkung:


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