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Leitsatz: Im Überprüfungsverfahren nach § 67 e StGB fällt ein gebührenrechtlicher Haftzuschlag nicht an, wenn ein im psychiatrischen Krankenhaus Untergebrachter im gesamten Verfahrensabschnitt in einer betreuten Wohneinrichtung, in der seine Bewegungsfreiheit keinen Einschränkungen unterliegt, wohnt.
In der Strafvollstreckungssache gegen pp. wegen schweren gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u. a. - Verteidigerin: hat der 5. Strafsenat des OLG Stuttgart am 27.07.2010 beschlossen Auf die Beschwerde der Verteidigerin werden der Beschluss des Landgerichts Ravensburg vom 13. April 2010 und der Kostenfestsetzungsbeschluss der Kostenbeamtin beim Landgericht Ravensburg vom 18. Februar 2010 aufgehoben. Die Vergütung von Rechtsanwältin X. für die Verteidigung des Verurteilten vom 23. Januar 2009 bis zum 29. Januar 2010 im Verfahren über die Aussetzung der Unterbringungsmaßregel wird auf 523,60 (in Worten: fünfhundertdreiundzwanzig Euro, sechzig Cent) festgesetzt. 3. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet verworfen. Gründe: I. Das Landgericht Ulm hat den Verurteilten durch Urteil vom 17. Januar 2007 gemäß § 63 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Für das jährliche Überprüfungsverfahren nach § 67 e StGB hat die zuständige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Ravensburg dem Verurteilten durch Verfügung vom 28. November 2007 die Beschwerdeführerin als Pflichtverteidigerin beigeordnet. In den Folgejahren wurde die Verteidigerin nicht jeweils erneut bestellt. Sie unterstützte den Verurteilten aber gleichwohl in den jährlichen Anhörungsterminen und stand ihm auch unter dem Jahr bei Bedarf als Ansprechpartnerin zur Verfügung. Ihre jährlichen Abrechnungen wurden vom Landgericht akzeptiert und führten zu Kostenfestsetzungen. Der Verurteilte wurde im Rahmen seiner Wiedereingliederung in die Gesellschaft zunächst eine Woche lang im August 2009 und ab dem 1. Oktober 2009 dauerhaft in einer sozialpsychiatrischen Wohneinrichtung außerhalb des Maßregelvollzugs erprobt. Die zuständige Sozialarbeiterin hat mitgeteilt, dass er dort von Anfang an in seiner räumlichen Bewegungsfreiheit nicht eingeschränkt war. Nach der Hausordnung musste er sich lediglich beim Verlassen des Hauses abmelden und sich bei seiner Rückkehr wieder zurückmelden. Dafür liegt im Haus eine Liste aus. Die Unterbringungsmaßregel gegen den Verurteilten ist seit Mai 2010 mit der Auflage, dass er in der Einrichtung wohnen bleiben muss, zur Bewährung ausgesetzt. Die Verteidigerin hat am 29. Januar 2010 die Festsetzung ihrer Vergütung für die Verteidigung des Verurteilten ab ihrem letzten Kostenfestsetzungsantrag vom 22. Januar 2009 sowie für ihre Teilnahme am Anhörungstermin am 29. Januar 2010 in Höhe eines Betrags von 553,35 beantragt. Sie hat dabei eine Verfahrensgebühr sowie die Terminsgebühr jeweils mit dem sog. Haftzuschlag (Nrn. 4201 und 4203 VV RVG) geltend gemacht. Die Rechtspflegerin beim Landgericht hat die Haftzuschläge abgelehnt und die Vergütung wie folgt festgesetzt: Verfahrensgebühr, Nr. 4200 VV RVG 244,00 Terminsgebühr, Nr. 4202 VV RVG 120,00 Post- und Telekomm.-Pauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 Umsatzsteuer auf die Vergütung, Nr. 7008 VV RVG 72,96 Summe 456,96 Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht Ravensburg die Erinnerung der Pflichtverteidigerin als unbegründet verworfen. In seiner Entscheidung hat das Landgericht die Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache trotz des Werts des Beschwerdegegenstands von lediglich 96 zugelassen. II. Die zulässige Beschwerde der Pflichtverteidigerin, mit der sie an ihrem Kostenfestsetzungsantrag festhält, hat einen Teilerfolg, der zur Neufestsetzung der Gebühren durch den Senat führt. 1. Der Einzelrichter des Senats hat die Rechtssache ihrer grundsätzlichen Bedeutung wegen gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. 33 Abs. 8 Satz 2 RVG dem Senat übertragen. 2. Das Rechtsmittel ist unbegründet, soweit die Beschwerdeführerin einen Haftzuschlag für die Terminsgebühr (Nr. 4202 VV RVG) geltend macht. Nach Abs. 4 der (amtlichen) Vorbemerkungen zu Teil 4 VV RVG entsteht die Gebühr mit Zuschlag dann, wenn sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß befindet. In vorliegender Sache befand sich der Verurteilte indes zum Zeitpunkt seiner Anhörung am 29. Januar 2010 auf freiem Fuß. Zwar wurde gegen ihn formal immer noch die angeordnete Unterbringungsmaßregel vollstreckt. Tatsächlich befand er sich aber nicht mehr im für die Vollstreckung zuständigen psychiatrischen Krankenhaus, sondern seit dem 1. Oktober 2009 zum Zwecke seiner Erprobung und seiner Wiedereingliederung in die Gesellschaft in einer sozialpsychiatrisch betreuten Wohneinrichtung außerhalb des Maßregelvollzugs. Die mit dem Haftzuschlag abgegoltenen besonderen Erschwernisse der Tätigkeit des Verteidigers, der den Mandanten insbesondere im Vollzug aufsuchen muss, bestanden hier nicht. Vielmehr unterlag der Verurteilte keinen erheblichen Einschränkungen seiner Bewegungsfreiheit. Die Gewährung des Haftzuschlags ist deshalb nicht gerechtfertigt (so auch KG Berlin NStZ-RR 2009, 31). Zwar liegt darin eine Ungleichbehandlung mit dem Verteidiger, der einem Verurteilten beigeordnet ist, der Strafhaft im offenen Vollzug verbüßt, und dafür mit dem Haftzuschlag honoriert wird (KG Berlin StraFo 2007, 483; Gerold/Schmidt-Burhoff, RVG, 19. Auflage, Vorb. 4 VV, Rn. 46 m. w. N.). Diese findet ihre Rechtfertigung aber darin, dass dort die Erschwernisse der Tätigkeit des Verteidigers vom Ausmaß der gewährten Lockerungen abhängen, deren Bewertung im Kostenfestsetzungsverfahren unpraktikabel erscheint. 3. Jedoch steht der Beschwerdeführerin ein Haftzuschlag für die Verfahrensgebühr (Nr. 4201 VV RVG) zu. Zwar befand sich der Verurteilte nur zeitweise, nämlich bis zum 30. September 2009, im psychiatrischen Krankenhaus und damit nicht auf freiem Fuß, aber für die Gewährung des Haftzuschlags genügt es, wenn der Mandant des Verteidigers im abgerechneten Verfahrensabschnitt irgendwann einmal nicht auf freiem Fuß war (Gerold/Schmidt-Burhoff, RVG, 19. Auflage, Vorb. 4 VV, Rdnr. 43; OLG Celle, StraFo 2008, 443). Der Verfahrensabschnitt für die Verfahrensgebühr ist in der vorliegenden Sache durch die jährlichen Anhörungstermine definiert, nach denen der nächste Verfahrensabschnitt beginnt. Das Landgericht Ravensburg hat dem Verurteilten nämlich die Beschwerdeführerin für das ganze Vollstreckungsverfahren und nicht lediglich für die einzelnen jährlichen Anhörungstermine beigeordnet. Eine so ausgestaltete Beiordnung der Verteidigerin im Vollstreckungsverfahren entsprechend § 140 Abs. 2 StPO ist zulässig (OLG Stuttgart NJW 2000, 3367). Auch der Wortlaut der Gebührentatbestände in den Nrn. 4200 und 4201 VV zum RVG wird noch nicht überdehnt, wenn in diesem Fall die Tätigkeit des Verteidigers zwischen den Anhörungsterminen, die der Vorbereitung der folgenden Überprüfung dient, mit einbezogen wird. Damit hat die Beschwerdeführerin eine Verfahrensgebühr mit Zuschlag (Nr. 4201 VV zum RVG), jedoch lediglich eine Terminsgebühr ohne Haftzuschlag (Nr. 4202 VV zum RVG) verdient. Der Senat hat deshalb folgende Vergütung festgesetzt: Verfahrensgebühr, Nr. 4201 VV RVG 300,00 Terminsgebühr, Nr. 4202 VV RVG 120,00 Post- und Telekomm.-Pauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 Umsatzsteuer auf die Vergütung, Nr. 7008 VV RVG 83,60 Summe 523,60 4. Das Verfahren über den Kostenfestsetzungsantrag ist gebührenfrei; Kosten werden auch im Verfahren über die Beschwerde nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).
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