Gericht / Entscheidungsdatum: BayObLG, Beschl. v. 29.09.2025 – 206 StRR 295/25
Eigener Leitsatz:
Wird in einem Antrag kein bestimmtes Beweismittel (bestimmte Lichtbilder) benannt, sondern lediglich das Ziel des Antrages, nämlich aus einer Vielzahl gleichartiger Beweismittel (hier: Lichtbilder und Videos) erst diejenigen zu ermitteln, die die Beweisbehauptungen bestätigen können, handelt es sich nicht um einen Beweisantrag, sondern nur um einen Beweisermittlungsantrag.
In pp.
I. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 12. März 2025 wird als unbegründet verworfen.
II. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
1. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revision hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die zutreffende Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift vom 5. August 2025 Bezug genommen. Zum Revisionsvorbringen sind zusammenfassend und ergänzend folgende Bemerkungen veranlasst:
a) Die erhobene Verfahrensrüge der rechtswidrigen Ablehnung eines Beweisantrages hat keinen Erfolg.
Wie die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend ausführt, handelt es sich bei dem fraglichen Antrag nicht um einen Beweisantrag, sondern (lediglich) um einen Beweisermittlungsantrag. Dort ist nämlich kein bestimmtes Beweismittel (bestimmte Lichtbilder) benannt, sondern das Ziel des Antrages ist es, aus einer Vielzahl gleichartiger Beweismittel (hier: Lichtbilder und Videos) erst diejenigen zu ermitteln, die die Beweisbehauptungen bestätigen können (vgl. dazu im Einzelnen Schmitt/Köhler, StPO, 68. Aufl., § 244 Rdn. 21 und 25 m. w. N.). Der Bewertung als Beweisermittlungsantrag steht auch nicht entgegen, dass die Strafkammer den Antrag als Beweisantrag behandelt und unter dieser (hier aber nicht maßgeblichen) Sicht ggf. rechtsfehlerhaft verbeschieden hat (vgl. BGH-Beschlüsse vom 09.08.2006, 1 StR 214/06, und vom 15.05.1996, 1 StR 131/96, je zitiert nach juris; Krehl in Karlsruher Kommentar zur StPO, 9. Aufl., § 244 Rdn. 237). Der Senat schließt aus, dass der Angeklagte durch die fehlerhafte Einordnung und Entscheidung seines Beweiserhebungsverlangens in seiner Prozessführung beeinträchtigt war.
Die dann lediglich statthafte Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO) ist nicht begründet, weil sich das Hinzuziehen weiterer Lichtbilder und Videos für das Berufungsgericht nicht aufdrängen musste (vgl. zu den Anforderungen insoweit Schmitt/Köhler aaO § 244 Rdn. 12 und 100, 101 m. w. N.). Dies gilt für Videoaufnahmen schon deshalb, weil auch auf der Grundlage des Revisionsvorbringens keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es solche neben den bereits vorhandenen gibt (die Zeugin A. sprach nur von "Fotoaufnahmen"). Im Übrigen ergibt sich schon aus den Urteilsfeststellungen (UA S. 12ff.) und dem in der Revision wiedergegebenen Beschluss des Landgerichts, dass eine lückenlose Dokumentation der Versammlung und des Verhaltens des Angeklagten währenddessen nicht erfolgte und dass das Landgericht nur von einem kurzen Blickkontakt des Angeklagten mit der Zeugin A. ausgeht (UA S. 21f.). Vor diesem Hintergrund drängte sich jedenfalls nicht auf, dass weitere Lichtbilder (selbst wenn sie den Angeklagten auch zu anderen Zeitpunkten mit Sonnenbrille zeigen sollten) Einfluss auf die Überzeugung des Landgerichts haben könnten, dass ein kurzer Blickkontakt stattgefunden hat, zumal auch dies nur eines von mehreren Indizien ist, aus denen das Landgericht geschlossen hat, dass der Angeklagte durch das gezielte "Herzeigen" seiner Socken mit der Aufschrift "13 12" konkret gegenüber den anwesenden Polizeibeamten seine Missachtung zum Ausdruck bringen wollte (UA S. 19-27).
b) Auch die Ausführungen zur Sachrüge decken keine Rechtsfehler des Schuldspruches des angefochtenen Urteils auf.
Soweit die Revision meint, einzelne Beweismittel hätten einen anderen Inhalt bzw. hätten anders gewürdigt werden müssen, kann sie damit keinen Erfolg haben, wie die Generalstaatsanwaltschaft wiederum zutreffend dargelegt hat. Eine "Aussage-gegen-Aussage-Konstellation" (hinsichtlich der Angaben der Zeugin A.) ist vorliegend nicht gegeben, da dies bereits dann nicht der Fall ist, wenn die Aussagen des Belastungszeugen mindestens in Teilbereichen durch weitere Beweismittel bestätigt werden (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. z. B. BGH, Beschlüsse vom 07.05.2025, 4 StR 85/25, und vom 19.10.2021, 6 StR 477/21, jeweils zitiert nach juris). So liegt es hier (UA S. 24-26). Rechtsfehler der sorgfältigen Beweiswürdigung der Kammer sind im Übrigen nicht ersichtlich.
Das Landgericht ist schließlich rechtsfehlerfrei und unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zu Art. 5 Abs. 1 GG davon ausgegangen, dass der Angeklagte durch sein Verhalten den Tatbestand des § 185 StGB verwirklicht hat (UA S. 26-29). Das "ostentative Zurschaustellen" eines Kleidungsstückes oder eines Beutels mit der Aufschrift "ACAB" (der die Zahlenfolge 13 12 entspricht) gegenüber individualisierten Polizeibeamten hat auch das Bundesverfassungsgericht als ausreichend für eine Strafbarkeit nach § 185 StGB gehalten (vgl. Beschlüsse vom 13.06.2017, 1 BvR 2832/15, zitiert nach juris, dort Rdn. 6, und vom 08.12.2020, 1 BvR 842/19, zitiert nach juris, dort Rdn. 9-11). So liegt es nach Feststellungen des Landgerichts auch hier.
c) Hinsichtlich des Strafausspruches hat die Überprüfung des Senates ebenfalls keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insbesondere war auch die Nichtgewährung von Zahlungserleichterungen nach § 42 StGB nicht zu beanstanden, da der Angeklagte die Geldstrafe ggf. aus der Verwertung von nicht unentbehrlichen Vermögensgegenständen begleichen kann (vgl. Kinzig in Tübinger Kommentar zum StGB, 31. Aufl., § 42 Rdn. 2; Radtke in Münchener Kommentar zum StGB, 4. Aufl., § 42 Rdn. 11 und 13).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
Einsender: 6. Strafsenat des BayObLG
Anmerkung: