Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Entscheidungen

Verwaltungsrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis, Gutachtenanforderung, Kostentragungspflicht, finanzielle Schwierigkeiten

Gericht / Entscheidungsdatum: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 21.08.2025 - 16 E 330/24

Eigener Leitsatz:

1. Wenn begründete Zweifel an der Fahreignung des Fahrerlaubnisinhabers nicht durch ein rechtmäßig angeordnetes Gutachten ausgeräumt werden, ist die Annahme der Ungeeignetheit durch die Verwaltungsbehörde und der Entzug der Fahrerlaubnis nicht zu beanstanden.
2. Finanzielle Schwierigkeiten entbinden den Fahrerlaubnisinhaber nicht von der Kostentragungspflicht für ein erforderliches Fahreignungsgutachten.
3. Der Annahme der Fahreignung steht nicht entgegen, wenn der Fahrerlaubnisinhaber sich darauf beruft, dass er die Fahrerlaubnis erhalten haben, als er "schon behindert" gewesen sei, und er sei seitdem unfallfrei gefahren, wenn im Zeitpunkt der Gutachtenanordnung aufgrund der Ausprägung der Erkrankungen und der damit einhergehenden Beschwerden trotz der behaupteten unfallfreien Teilnahme am Straßenverkehr aufklärungsbedürftige Bedenken an der Fahreignung vorlagen.


In pp.

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Klageverfahren durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 19. April 2024 wird zurückgewiesen.
Das Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist gerichtsgebührenfrei; die im Prozesskostenhilfeverfahren entstandenen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Der sinngemäße Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Beschwerdeverfahren (Antrag Nr. 2 in dem Schriftsatz des Klägers vom 5. Mai 2024) und die Beschwerde haben keinen Erfolg.

Eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 2 ZPO) für das Beschwerdeverfahren scheiden schon aufgrund der aus den nachstehenden Gründen ersichtlichen mangelnden Erfolgsaussicht der Beschwerde aus.

Die Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Klage abgelehnt (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Hinreichende Aussicht auf Erfolg bedeutet bei einer an Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 und Art. 19 Abs. 4 GG orientierten Auslegung des Begriffs einerseits, dass Prozesskostenhilfe nicht erst und nur dann bewilligt werden darf, wenn der Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfolgung gewiss oder überwiegend wahrscheinlich ist, andererseits aber auch, dass Prozesskostenhilfe versagt werden darf, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen ist, aber doch fernliegt. Die Prüfung der Erfolgsaussichten eines Rechtsschutzbegehrens darf dabei - worauf auch der Kläger hinweist - nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den grundrechtlich garantierten Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen. Schwierige, bislang nicht geklärte Rechts- und Tatsachenfragen dürfen nicht im Prozesskostenhilfeverfahren geklärt werden.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 2023 - 1 BvR 687/22 -, juris, Rn. 18 f.; OVG NRW, Beschluss vom 16. Juni 2025 - 16 A 254/24 -, juris, Rn. 2 f.

Diese Maßstäbe gelten auch für den Kläger. Soweit er die Auffassung vertritt, schon "allein aus Gründen, dass der Beschwerdeführer behindert" sei, bestehe ein Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, ergibt sich dies weder aus entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen noch aus der von ihm genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88 u. a. -, BVerfGE 81, 347 ff. = juris).

Ausgehend von den genannten Voraussetzungen kann dem Kläger Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden, weil die Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.

Die Klage ist aller Voraussicht nach unbegründet, weil sich die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 6. März 2023 als rechtmäßig erweisen dürfte. Nach Lage der Dinge durfte der Beklagte gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 i. V. m. § 11 Abs. 8 FeV davon ausgehen, dass der Kläger ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, und ihm demgemäß die Fahrerlaubnis entziehen, weil der Kläger der mit Schreiben vom 20. April 2022 ergangenen Anordnung des Beklagten, ein fachärztliches Gutachten beizubringen, nicht nachgekommen ist.

Gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn er sich weigert, sich untersuchen zu lassen oder das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Schluss auf die fehlende Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nur gerechtfertigt, wenn die Anforderung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2023 - 3 C 10.22 -, juris, Rn. 13; OVG NRW, Urteil vom 19. Januar 2022 - 16 A 2670/19 -, juris, Rn. 31 f.

Gemessen daran ist die Anordnung zur Beibringung eines fachärztlichen Gutachtens voraussichtlich nicht zu beanstanden.

Die formellen Anforderungen an den Inhalt einer Gutachtenanordnung sind durch die Anordnung vom 20. April 2022 aller Voraussicht nach erfüllt. Da eine Gutachtenanordnung nicht selbständig anfechtbar ist, sondern nur im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen eine daran anknüpfende Fahrerlaubnisentziehung oder sonstige in Rechte des Betroffenen eingreifende Maßnahme der Fahrerlaubnisbehörde inzident auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden kann, ist es ein Gebot effektiven Rechtsschutzes, strenge Anforderungen zu stellen. Die Begutachtungsanordnung muss im Wesentlichen aus sich heraus verständlich sein. Für den Betroffenen muss ausgehend von der für die jeweilige Fallgestaltung in Betracht kommenden Befugnisnorm in der Fahrerlaubnis-Verordnung erkennbar sein, was der Anlass für die angeordnete Untersuchung ist und ob die in ihr verlautbarten Gründe die behördlichen Bedenken an der Kraftfahreignung zu rechtfertigen vermögen. Denn nur auf der Grundlage dieser Information kann er sachgerecht einschätzen, ob er sich trotz der mit einer Untersuchung verbundenen Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts und der Kostenbelastung der Begutachtung stellen oder die mit der Verweigerung der Begutachtung verbundenen Risiken eingehen möchte.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 7. April 2022 - 3 C 9.21 -, juris, Rn. 20, und vom 17. November 2016 - 3 C 20.15 -, juris, Rn. 21, sowie Beschluss vom 5. Februar 2015 - 3 B 16.14 -, juris, Rn. 8.

Hinsichtlich des genauen Grades der Konkretisierung, die die von der Fahrerlaubnisbehörde festzulegende und mitzuteilende Fragestellung aufweisen muss, kommt es auf die besonderen Umstände jedes Einzelfalls an. Der Beibringungsanordnung muss sich aber zweifelsfrei entnehmen lassen, welche Problematik auf welche Weise geklärt werden soll.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 2015 - 3 B 16.14 -, juris, Rn. 9.

Dabei ist die Begutachtungsanordnung nicht allein anhand der Fragestellung, sondern zusammen mit den hierin verlautbarten Gründen für die Begutachtung zu beurteilen.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Mai 2023 - 16 B 1271/22 -, juris, Rn. 16 f., m. w. N.

Den vorgenannten Anforderungen dürfte die Gutachtenanordnung (noch) genügen. Insbesondere dürften sich keine Bedenken daraus ergeben, dass in der Fragestellung,

"Liegt eine Gesundheitsstörung oder Krankheit vor, die für die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen erheblich ist?
Kann der / die Untersuchte trotz der festgestellten Gesundheitsstörung oder Krankheit ein Kraftfahrzeug der Gruppe 1 und 2 sicher führen?
Welche Auflagen / Beschränkungen werden ggf. für erforderlich gehalten"?

keine Eingrenzung des Untersuchungsthemas vorgenommen wurde.
Vgl. zu einer Fragestellung, die derart weit ist, dass damit die mit der Begutachtung betraute Person oder Stelle ermächtigt wird, die Gesamtheit der in der Anlage 4 zur FeV erwähnten Krankheitsbilder zum Gegenstand der Untersuchung zu machen: OVG NRW, Beschluss vom 8. Januar 2019 - 16 B 419/18 -, n. v. (S. 6 f. m. w. N.); Bay. VGH, Beschluss vom 24. November 2014 - 11 ZB 13.2240 -, juris, Rn. 14 m. w. N.; Hess. VGH, Beschluss vom 28. April 2023 - 2 B 61/23 -, juris, Rn. 15; Derpa, in: Hentschel/König, Straßenverkehrsrecht, 48. Aufl. 2025, § 11 FeV Rn. 42a.

Denn unter Heranziehung der Begründung der Beibringungsanordnung sowie der Bestimmung des zu beauftragenden Facharztes dürfte sich (noch) eine hinreichende Eingrenzung des Untersuchungsthemas ergeben. So ist in der Anordnung ausgeführt, aus welchen bereits ärztlich diagnostizierten Erkrankungen des Klägers der Beklagte die Zweifel an der Kraftfahreignung ableitet (Paraparese mit Harninkontinenz, COPD, Rückenschmerzen, Zervikobrachialgie, chronisches Schmerzsyndrom, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Schmerzen in allen Extremitäten), sowie, dass der Kläger anlässlich eines Termins im Gesundheitsamt nicht aus dem von ihm genutzten Elektrorollstuhl aufstehen und sein linkes Bein nur mit Hilfe beider Arme auf die Sitzfläche eines vor ihm stehenden Stuhls ablegen konnte. Zudem hat der Beklagte bestimmt, dass das Gutachten von einem Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation der Fachrichtung Neurologie zu erstellen ist. Dies dürfte in der Gesamtschau hinreichend erkennen lassen, dass die Auswirkungen der genannten Erkrankungen und Beschwerden des Klägers auf die Fahreignung aus neurologischer Sicht zu beurteilen sind und nicht sämtliche in der Anlage 4 zur FeV genannten Gesundheitsstörungen Gegenstand der Untersuchung sein sollen.

Die Anordnung dürfte zudem sowohl den weiteren Erfordernissen des § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV als auch der Hinweispflicht nach § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV gerecht werden. Insbesondere lag der Gutachtenanordnung nach Aktenlage eine Liste von Fachärzten mit verkehrsmedizinischer Qualifikation bei, so dass trotz der Rüge des Klägers, ihm seien keine Ärzte empfohlen worden, davon auszugehen sein dürfte, dass der Beklagte für die Untersuchung in Betracht kommende Stellen benannt hat (vgl. § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV). Die konkrete Auswahl des Gutachters obliegt dem Betroffenen (vgl. § 11 Abs. 6 Sätze 3 und 5 FeV).

In materieller Hinsicht dürften die Voraussetzungen für eine Gutachtenanordnung nach § 46 Abs. 3 i. V. m. § 11 Abs. 2 FeV gegeben sein. Danach kann die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anordnen, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisinhabers begründen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 zur FeV hinweisen (§ 11 Abs. 2 Satz 2 FeV). Solche Bedenken dürften hier angesichts der o. g. Krankheiten, insbesondere angesichts der erheblichen Bewegungseinschränkungen des Klägers vorgelegen haben. Dabei ist zwar zu bedenken, dass weder Bewegungsbehinderungen (Nr. 3 der Anlage 4 zur FeV) noch (eventuell beim Kläger bestehende) Krankheiten des Nervensystems (Nr. 6 der Anlage 4 zur FeV) ohne Weiteres zur Verneinung der Kraftfahreignung führen. Allerdings ist die Kraftfahreignung nach Nr. 6 der Anlage 4 zur FeV je nach Erkrankung z. B. abhängig von der Symptomatik; bei Bewegungsbehinderungen ist ggf. eine Beschränkung auf bestimmte Fahrzeugarten oder Fahrzeuge, ggf. mit besonderen technischen Vorrichtungen gemäß ärztlichem Gutachten, evtl. zusätzlich die Anordnung eines medizinischpsychologischen Gutachtens und/oder Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers vorzunehmen. Für diese Abklärung konnte der Beklagte ein ärztliches Gutachten anordnen.

Dieser Annahme steht nicht das Vorbringen des Klägers entgegen, er habe die Fahrerlaubnis erhalten, als er "schon behindert" gewesen sei, und er sei seitdem unfallfrei gefahren. Denn dies ändert nichts daran, dass im Zeitpunkt der Gutachtenanordnung aufgrund der Ausprägung seiner Erkrankungen und der damit einhergehenden Beschwerden trotz der behaupteten unfallfreien Teilnahme am Straßenverkehr aufklärungsbedürftige Bedenken an seiner Fahreignung vorlagen. Selbst wenn diese Erkrankungen schon bei Erteilung der Fahrerlaubnis im selben Umfang vorgelegen haben sollten, schlösse dies die Gutachtenanordnung nicht aus.
Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 16. Juli 2020 - 11 C 20.670 -, juris, Rn. 20 m. w. N.; Siegmund, in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand: 1. Dezember 2021, § 46 FeV Rn. 13; Koehl, in: Hentschel/König, Straßenverkehrsrecht, 48. Aufl. 2025, § 3 StVG Rn. 25.

Zwar entscheidet die Fahrerlaubnisbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen über die Anordnung einer Aufklärungsmaßnahme nach § 11 Abs. 2 FeV und fehlt es vorliegend an entsprechenden Ermessenserwägungen in der Beibringungsanordnung vom 20. April 2022. Wegen der erheblichen körperlichen Beeinträchtigungen des Klägers, der u. a. unter einer unvollständigen Lähmung beider Beine (Paraparese) leidet, dürfte vorliegend jedoch von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen sein.

Der Kläger hat das Gutachten voraussichtlich ohne ausreichenden Grund nicht innerhalb der Frist vorgelegt. Soweit der Kläger meint, der Beklagte hätte die Kosten des angeforderten Gutachtens zu tragen, so trifft dies gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV nicht zu. Das Fehlen finanzieller Mittel, auf das der Kläger sich beruft, stellt zudem regelmäßig keinen ausreichenden Grund dafür dar, das angeforderte Gutachten nicht fristgerecht beizubringen.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. März 2014 - 16 A 1386/13 -, juris, Rn. 7; Derpa, in: Hentschel/König, Straßenverkehrsrecht, 48. Aufl. 2025, § 11 FeV Rn. 53.

Der Kläger kann sich auch voraussichtlich nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe das Gutachten nicht fristgerecht beigebracht, weil er Schreiben des Beklagten nicht oder wegen verzögerter Weiterleitung durch eine "Hilfsperson/Pflegekraft" verspätet erhalten habe. Dies folgt schon daraus, dass die Aufforderung zur Vorlage eines ärztlichen Gutachtens vom 20. April 2022 an den Kläger adressiert war und diesem am 27. April 2022 durch Einlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder eine ähnliche Vorrichtung zugestellt wurde. Mit Schreiben an den Beklagten vom 20. Mai 2022 nahm er auf die Gutachtenanordnung Bezug und beantragte eine Fristverlängerung. Im Schreiben des Klägers an den Beklagten vom 14. Februar 2023 ist zudem keine Rede davon, dass er die Gutachtenanordnung nicht bzw. verspätet erhalten hätte. Vielmehr räumt er darin ein, nach einigen Bemühungen um einen Arzttermin wegen anderer Probleme nicht mehr an das angeforderte Gutachten gedacht zu haben.

Für eine Berücksichtigung des Umstands im Wege des Ermessens, dass der Kläger schwerbehindert und nach seinen Angaben auf sein Fahrzeug angewiesen ist, dürfte kein Raum gewesen sein. Nachdem der Kläger das angeforderte Gutachten nicht beigebracht hat, stand dem Beklagten Ermessen weder hinsichtlich des Schlusses auf die Nichteignung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen zu,
vgl. dazu, dass § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV kein Ermessen einräumt: Derpa, in: Hentschel/König, Straßenverkehrsrecht, 48. Aufl. 2025, § 11 FeV Rn. 51; Siegmund, in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand: 2. Juni 2025, § 11 FeV Rn. 179, jeweils m. w. N.,

noch hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV).

Die auf § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG, § 47 Abs. 1 FeV gestützte Aufforderung zur Abgabe des Führerscheins dürfte voraussichtlich nicht zu beanstanden sein. Dasselbe gilt für die Zwangsgeldandrohung (vgl. § 55 Abs. 1, § 57 Abs. 1 Nr. 2 und § 63 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 und 5 VwVG NRW), sofern der Kläger den Führerschein nicht zwischenzeitlich abgegeben und die Androhung sich damit erledigt hat.

Die Kostenfestsetzung in der angegriffenen Ordnungsverfügung begegnet aller Voraussicht nach keinen Bedenken, da nur die Mindestgebühr in Höhe von 33,20 Euro festgesetzt wurde.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 12. April 2019 - 16 E 322/18 -, juris, Rn. 4 f., und vom 12. April 2017 - 9 B 384/17 -, juris, Rn. 7 ff.

Was der Kläger schließlich daraus für sein Klagebegehren auf Aufhebung der Ordnungsverfügung vom 6. März 2023 herleiten möchte, dass er mit Schriftsatz vom 29. April 2024 "die Legitimation der Verfahrensbevollmächtigte die beklagte Partei zur Prozessführung" bestreitet, ist nicht ersichtlich. Der Vorlage einer Vollmacht durch Mitarbeiter des Beklagten, die der Kläger vermisst, bedarf es im Übrigen nicht.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. März 1993 - 4 B 253.92 -, juris, Rn. 10 ff.

Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren aus dem Fehlen einer Kostenstelle im Kostenverzeichnis (§ 3 Abs. 2 GKG) sowie aus § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO und hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens aus § 154 Abs. 2, § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


Einsender:

Anmerkung:


zurück zur Übersicht

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".