Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Brandenburg, Beschl. v. 04.08.2025 – 2 Ws 68/25
Eigener Leitsatz:
1. Die bloße Mitwirkung eines Richters an Vorentscheidungen stellt nur dann einen Ablehnungsgrund dar, wenn besondere Umstände hinzutreten, die über die bloße Vorbefassung als solche hinausgehen und die Besorgnis rechtfertigen, der Richter sei nicht bereit, sich von seiner bei der Vorentscheidung gefassten Meinung zu lösen.
2. Ein Ablehnungsgesuch kann in entsprechender Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 2 StPO nur so lange statthaft vorgebracht werden, bis die Entscheidung ergangen ist.
In pp.
1. Das Befangenheitsgesuch gegen den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht H. wird als unzulässig verworfen.
2. Der Antrag des Verurteilten auf Nachholung des rechtlichen Gehörs wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
Der Senat hat durch Beschluss vom 28. Mai 2025 die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts Cottbus – Strafvollstreckungskammer – vom 13. August 2024, mit dem sein Antrag auf Ausschluss der Vollstreckung der Einziehung gemäß § 459g Abs. 4 StPO zurückgewiesen wurde, als unbegründet verworfen.
Mit Eingabe vom 10. Juni 2025 hat der Verurteilte „auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ angetragen und geltend gemacht, dass der Senatsbeschluss vor Ablauf der ihm gewährten Stellungnahmefrist erlassen worden sei und er darüber hinaus einen unberücksichtigt gebliebenen Antrag auf Verlängerung der Stellungnahmefrist um sechs Wochen gestellt habe.
Mit Schreiben vom 7. Juli 2025 hat er u.a. erklärt, dass er den Vorsitzenden Richter H... ablehne. Da dieser das gegen ihn ergangene Urteil, das u.a. auch die Einziehungsforderung zum Gegenstand habe, mitunterschrieben habe, sei seine Mitwirkung „rechtlich nicht richtig“.
II.
1. Das Ablehnungsgesuch ist unzulässig (§ 26a Abs. 1 StPO), weil das Vorbringen zur Begründung einer Befangenheit völlig ungeeignet ist. Die bloße Mitwirkung eines Richters an Vorentscheidungen stellt nur dann einen Ablehnungsgrund dar, wenn besondere Umstände hinzutreten, die über die bloße Vorbefassung als solche hinausgehen und die Besorgnis rechtfertigen, der Richter sei nicht bereit, sich von seiner bei der Vorentscheidung gefassten Meinung zu lösen (vgl. hierzu Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 67. Aufl. § 24 Rdnr. 12, 13a). Hierzu jedoch ist nichts vorgetragen. Die Antragsbegründung ist deshalb völlig ungeeignet, die Befangenheit des abgelehnten Richters zu belegen und steht daher einem Antrag gleich, in dem kein Grund zur Ablehnung angegeben wurde.
Darüber hinaus ist die Ablehnung auch deshalb unzulässig, soweit sie sich nicht gegen die Beteiligung an einer zukünftigen, sondern gegen die Mitwirkung an einer vorangegangenen Entscheidung wendet. Entscheidet das Gericht im Beschlusswege, kann ein Ablehnungsgesuch in entsprechender Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 2 StPO nur so lange statthaft vorgebracht werden, bis die Entscheidung ergangen ist (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, aaO. § 25 Rn. 11). Hieran ändert die vom Verurteilten zuvor beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Nichtgewährung rechtlichen Gehörs (§ 33a StPO) nichts (vgl. BGH, Beschl. v. 2. März 2022 – 5 ARs 8/21).
2. Der Antrag des Verurteilten auf Nachholung des rechtlichen Gehörs ist unzulässig, weil er entscheidungserhebliche Tatsachen, die der Senat zu seinem Nachteil nicht berücksichtigt hätte, nicht aufzeigt.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat sich hierzu in ihrer dem Verurteilten bekannt gegebenen Stellungnahme vom 26. Juni 2025 wie folgt geäußert:
„(...) Der Anspruch auf rechtliches Gehör muss in entscheidungserheblicher Weise verletzt werden. Hiervon kann nur die Rede sein, wenn und soweit sich die unterbliebene oder unzureichende Anhörung auf das Ergebnis des Beschlusses ausgewirkt hat. Dies gilt nicht zuletzt, wenn das Gericht zum Nachteil des Antragstellers Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet hat, zu denen er nicht gehört worden ist, oder wenn es zu berücksichtigendes Vorbringen übergangen hat (vgl. OLG Koblenz, NStZ-RR 2015, 122; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl, §33a Rn. 2). Hingegen fehlt die Entscheidungserheblichkeit, wenn das Gericht auch bei vorgenommener Anhörung nicht anders entschieden hätte.
Solche Umstände sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Das Vorbringen beschränkt sich auf den Hinweis, eine Stellungnahme sei wegen fehlerhafter Zustellung des Anhörungsschreibens in eine falsche Justizvollzugsanstalt zunächst nicht möglich gewesen. Welcher konkrete Sachvortrag aber unterblieben ist, der die Entscheidung des Senats hätte beeinflussen können, wird nicht dargelegt. Zudem wurde auch nach Kenntnisnahme des Verfahrensstandes und Zugang des Beschlusses vom 28. Mai 2025 keine Nachholung entscheidungserheblichen Vortrags zur behaupteten Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme versucht. Die bloße Rüge einer fehlenden Gelegenheit zur Stellungnahme ersetzt keinen substantiellen Vortrag.
Ein Gehörsverstoß liegt damit nicht vor, weil weder Tatsachen noch Beweisergebnisse zu Lasten des Antragstellers verwertet wurden, zu denen er nicht hätte Stellung nehmen können, noch ein relevanter Punkt Übergängen wurde. Der Antragsteller hat weder substantiiert vorgetragen noch durch nachgeschobenes Vorbringen dargelegt, dass der Gehörsverstoß entscheidungserheblich war. (…)“
Diesen zutreffenden Erwägungen tritt der Senat bei. Auch das Schreiben des Verurteilten vom 7. Juli 2025 enthält keinen neuen entscheidungserheblichen Vortrag, den der Senat bei seiner Entscheidung nicht bereits berücksichtigt hat.
Die Entscheidung über die Kostentragung im Verfahren der Anhörungsrüge beruht auf entsprechender Anwendung von § 465 Abs. 1 StPO.
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