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Entscheidungen

Zivilrecht

Unfallschadenregulierung, 130%-Grenze, tatsächlich entstandener Reparaturaufwand, Schadengutachten, Vorschäden

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Saarbrücken, Urt. v. 05.06.2025 – 3 U 68/24

Leitsatz des Gerichts:

1. Der Geschädigte kann den tatsächlich entstandenen Reparaturaufwand ersetzt verlangen, wenn es ihm gelingt, die Reparatur innerhalb der 130%-Grenze fachgerecht und in einem Umfang durchzuführen, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat, um es nach der Reparatur weiter zu benutzen (Anschluss BGH, Urt. v. 16.11.2021 - VI ZR 100/20). Dies gilt auch dann, wenn das vorgerichtliche Schadengutachten den Unfallschaden infolge der Mitberücksichtigung von Vorschäden unzutreffend abbildet und sich die für den Kostenvergleich maßgeblichen Werte erst nachträglich im gerichtlichen Verfahren ergeben.
2. Bei der Prüfung, ob der tatsächlich entstandene Reparaturaufwand den Wiederbeschaffungswert um weniger als 130 % übersteigt, sind Reparaturkosten, die unfallunabhängige Schäden betreffen, nicht zu berücksichtigen.


In pp.

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 14.10.2024 – 4 O 10/21 – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:
Die Beklagten werden unter Abweisung der Klage im Übrigen als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 4.255,82 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.846,69 € seit dem 20.7.2022 und aus weiteren 2.409,13 € seit dem 15.10.2022 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 540,50 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.2.2023 zu zahlen.
II. Die Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin zu 22 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 78 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten aus einem Verkehrsunfall in Anspruch, der sich am 21.5.2022 in pp. ereignet hat und bei dem das Fahrzeug der Klägerin VW Golf (amtl. Kz.: pp.) beschädigt wurde. Die alleinige Haftung der Beklagten steht nicht in Streit.

Die Klägerin holte vorgerichtlich ein Schadengutachten ein, das erforderliche Reparaturkosten von 4.337,54 € brutto, einen Wiederbeschaffungswert von 3.600,- und einen Restwert von 2.010,- € ausweist (Bl. 25 ff. eALG). In der Folge ließ sie das Fahrzeug reparieren.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Beklagten auf Zahlung von 5.485,90 € (4.596,67 € Reparaturkosten + 863,23 € SV-Kosten + 26,- € Unkostenpauschale) nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten von 627,13 € in Anspruch genommen. Hierzu hat sie geltend gemacht, sämtliche im Schadengutachten dokumentierten Schäden seien auf das Unfallgeschehen zurückzuführen. Die Beklagten sind der Klage unter Hinweis auf bestehende Vorschäden entgegengetreten.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ergänzend Bezug genommen wird, die Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 4.288,36 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten von 540,50 € verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin könne die Kosten der fachgerecht erfolgten Reparatur verlangen, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die rein unfallbedingten Reparaturkosten von 3.399,13 € den tatsächlichen Wiederbeschaffungswert in Höhe von 3.000,- € um weniger als 30 % überschritten. Der Klägerin stehe auch ein Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten zu, da sie dem Schadengutachter keine Vorschäden verschwiegen habe.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie machen geltend, die Klägerin könne lediglich den Wiederbeschaffungsaufwand verlangen, da die tatsächlichen Kosten der Reparatur mit 4.596,67 € mehr als 130 % über dem Wiederbeschaffungswert lägen, der sich auf lediglich 2.800,- € belaufe. Zudem habe das Landgericht der Klägerin fälschlicherweise fiktive Reparaturkosten auf Grundlage der nachträglichen Feststellungen des Gerichtssachverständigen zuerkannt. Die Klägerin habe auch die Unrichtigkeit des Schadengutachtens zu vertreten, da sie gegenüber dem Schadengutachter Vorschäden verschwiegen habe.

Die Beklagten beantragen,
1. das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 14.10.2024 – 4 O 76/22 – insoweit aufzuheben, als der Klägerin
a) ein höherer Betrag als 815,- € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.7.2022
b) höhere vorgerichtliche Anwaltskosten als 159,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3.2.2023
zugesprochen wurden;
2. die weitergehende Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 23.5.2025 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache lediglich in geringem Umfang Erfolg.

1. Ohne Erfolg macht die Berufung geltend, die Klägerin könne lediglich den Wiederbeschaffungsaufwand verlangen.

a) Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen, wobei ihm für die Berechnung des Fahrzeugschadens regelmäßig zwei Wege der Naturalrestitution – Reparatur des beschädigten Fahrzeugs oder Anschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs – zur Verfügung stehen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2021 - VI ZR 513/19, Rn. 16, juris). Der Geschädigte ist dabei nach dem in § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB verankerten Wirtschaftlichkeitsgebot grundsätzlich gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 2025 - VI ZR 300/24, Rn. 11, juris).

b) Allerdings steht dem Geschädigten in Abweichung vom Wirtschaftlichkeitsgebot ausnahmsweise ein Anspruch auf Ersatz des den Wiederbeschaffungswert des beschädigten Fahrzeugs um bis zu 30% übersteigenden Reparaturaufwands (Reparaturkosten zuzüglich einer etwaigen Entschädigung für den merkantilen Minderwert) zu, wenn er ein besonderes Integritätsinteresse dadurch zum Ausdruck bringt, dass er den Zustand des ihm vertrauten Fahrzeugs wie vor dem Unfall wiederherstellt, um es nach der Reparatur weiter zu nutzen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2009 - VI ZR 110/08, BGHZ 181, 242 Rn. 15; Urteil vom 10. Juli 2007 - VI ZR 258/06, Rn. 8, juris; Beschluss vom 18. November 2008 - VI ZB 22/08, BGHZ 178, 338, Rn. 12 ff. mwN). Von einer Wiederherstellung in diesem Sinne kann dabei nur dann ausgegangen werden, wenn die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2021 - VI ZR 100/20, Rn. 6, juris).

c) Danach hat das Landgericht der Klägerin hier zurecht einen Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten zuerkannt.

aa) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts hat die Klägerin das Fahrzeug (vollständig) fachgerecht repariert. Die unfallbedingt erforderlichen Reparaturkosten belaufen sich nach den beanstandungsfrei auf Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. pp. getroffenen Feststellungen des Landgerichts – unter Berücksichtigung einer Wertverbesserung von 150,- € – auf 3.399,13 €. Selbst wenn – wie die Berufung geltend macht – der Wiederbeschaffungswert des Klägerfahrzeugs lediglich 2.800,- € betragen sollte, übersteigen die Reparaturkosten, bei denen für den Kostenvergleich die Wertverbesserung nicht zu berücksichtigen ist (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 6. September 2017 - 5 U 74/17, Rn. 4, juris; Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 249 BGB, Rn. 115), mit (3.399,13 € + 150,- € =) 3.549,13 € den Wiederbeschaffungswert um lediglich 126,75 %. Dass nach der Reparatur ein merkantiler Minderwert verbleiben würde, ist nicht ersichtlich und wird auch von den Beklagten nicht eingewandt. Der Reparaturaufwand übersteigt damit – wie das Landgericht mit Recht angenommen hat – den Wiederbeschaffungswert um weniger als 30 %. Entgegen der Berufung ist unerheblich, dass die für die Reparatur insgesamt angefallenen Kosten mit 4.596,67 € deutlich oberhalb 130 % des Wiederbeschaffungswertes liegen. Denn diese Kosten umfassen die Beseitigung unfallunabhängiger Schäden. Reparaturen, die nur bei Gelegenheit der Instandsetzungsarbeiten mitausgeführt worden sind, haben indes bei der Bemessung des erforderlichen Herstellungsaufwandes grundsätzlich außer Betracht zu bleiben (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 266/22, Rn. 15, juris; Urteil vom 29. Oktober 1974 - VI ZR 42/73, BGHZ 63, 182, Rn. 14). Dies gilt auch für die Bemessung des Reparaturaufwands im Rahmen des Kostenvergleichs mit dem Wiederbeschaffungswert.

bb) Erweist sich die Reparatur danach als wirtschaftlich (noch) vernünftig, geht der Hinweis der Beklagten, der Geschädigte könne im Falle einer wirtschaftlich unvernünftigen Reparatur lediglich den Wiederbeschaffungsaufwand verlangen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 2. Juni 2015 - VI ZR 387/14, Rn. 7, juris; Urteil vom 10. Juli 2007 - VI ZR 258/06, Rn. 6, juris; Urteil vom 8. Februar 2011 - VI ZR 79/10, Rn. 6, juris; Urteil vom 15. Oktober 1991 - VI ZR 67/91, BGHZ 115, 375, Rn. 14), fehl. Anders als die Berufung meint, hat das Landgericht der Klägerin auch keine – nicht geltend gemachten – fiktiven Reparaturkosten zuerkannt, sondern lediglich die konkret angefallenen Reparaturkosten auf die nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme unfallbedingt erforderlichen Kosten herabgesetzt.

cc) Dem Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten steht auch nicht entgegen, dass das vorgerichtliche Schadengutachten unfallunabhängige Schäden berücksichtigt und sich die für den Kostenvergleich maßgeblichen Werte erst nachträglich durch die Beweiserhebung im gerichtlichen Verfahren ergeben haben. Zwar werden die für den Kostenvergleich maßgeblichen Beträge regelmäßig – und so auch hier – aus einer Prognose resultieren, die der Geschädigte durch Einschaltung seines Sachverständigen erlangt (vgl. Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 249 BGB, Rn. 116). Die Berufung weist auch zutreffend darauf hin, dass die Klägerin – wie auch das Landgericht jedenfalls im Ergebnis mit Recht angenommen hat – auf das von ihr eingeholte Schadengutachten nicht vertrauen konnte. Denn der Vertrauensschutz des Geschädigten erstreckt sich grundsätzlich nicht darauf, dass die von dem Schadengutachter bei der Schadensermittlung berücksichtigten Schäden unfallbedingt entstanden sind (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2024 - VI ZR 280/22, Rn. 15, juris zum Sachverständigenrisiko; Urteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 266/22, Rn. 15, juris zum Werkstattrisiko). Darauf, ob das Schadengutachten eine taugliche Dispositionsgrundlage bildet, kommt es hier aber nicht an. Denn für die Frage, ob der Geschädigte unter Berücksichtigung der „Integritätsspitze“ die tatsächlich angefallenen (unfallbedingten) Reparaturkosten verlangen kann, ist allein maßgeblich, ob es ihm gelingt, die Reparatur innerhalb der 130%-Grenze fachgerecht und in einem Umfang durchzuführen, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat, um es nach der Reparatur weiter zu benutzen. Ist dies – wie hier – der Fall, wird der gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ersatzfähige Betrag durch den tatsächlich entstandenen Reparaturaufwand und nicht die hiervon abweichende Einschätzung des vorgerichtlichen Sachverständigen abgebildet. Der Geschädigte kann dann Ersatz der tatsächlich angefallenen Reparaturkosten zzgl. eines (etwaigen) merkantilen Minderwerts verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2021 - VI ZR 100/20, Rn. 10, juris).

2. Ohne Erfolg wendet sich die Berufung auch dagegen, dass das Landgericht der Klägerin dem Grunde nach einen Anspruch auf Erstattung der Kosten des Schadengutachtens zuerkannt hat.

a) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Kosten des Schadengutachtens zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen gehören, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2022 - VI ZR 324/21, Rn. 8, juris). Wie das Landgericht ferner zutreffend angenommen hat, berührt die Unrichtigkeit und selbst die Unbrauchbarkeit des Gutachtens für sich genommen die Erstattungsfähigkeit der Sachverständigenkosten nicht, da der Schadengutachter kein Erfüllungsgehilfe des Geschädigten ist und eine Zurechnung von Fehlern des Sachverständigen nach § 278 BGB daher ausscheidet. Anderes gilt allerdings dann, wenn der Geschädigte die Unbrauchbarkeit des Gutachtens zu vertreten hat, etwa wenn der Geschädigte ihm bekannte Vorschäden verschwiegen und damit – zumindest fahrlässig – die Unbrauchbarkeit des Gutachtens zur Bezifferung des Schadens verschuldet hat (vgl. Senat, Urteil vom 15. März 2024 - 3 U 7/24, Rn. 17, juris mwN).

b) Danach kann die Klägerin hier die Kosten des Schadengutachtens dem Grunde nach verlangen. Denn der gerichtliche Sachverständige hat festgestellt, dass der im Schadengutachten vorgegebene Reparaturweg und die kalkulierten Reparaturkosten – losgelöst von den darin enthaltenen nicht zuordenbaren Vorschäden – nicht zu beanstanden sind. Das Schadengutachten ist damit bereits nicht völlig unbrauchbar. Ob – wie das Landgericht angenommen hat – die Klägerin tatsächlich keine konkrete Kenntnis von den unfallunabhängigen Vorschäden hatte, bedarf damit keiner Entscheidung.

3. Die Klägerin kann aber lediglich Sachverständigenkosten in Höhe von 831,69 € verlangen.

a) Den Abschluss einer Preisvereinbarung hat die Klägerin nicht vorgetragen. Ein solcher ist auch sonst nicht ersichtlich. Damit schuldet die Klägerin dem Sachverständigen, da eine Taxe im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB für die Erstellung von Schadengutachten der hier fraglichen Art nicht besteht, nur die übliche Vergütung (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2006 - X ZR 122/05, BGHZ 167, 139). Da Schadengutachter im Gerichtsbezirk – senatsbekannt – ihr Grundhonorar orientiert an der Schadenshöhe abrechnen, kann für die Bemessung des üblichen Grundhonorars die Honorarbefragung der BVSK als Schätzgrundlage herangezogen werden, für die Nebenkosten mit Ausnahme der Fahrkosten das JVEG (vgl. Senat, Urteil vom 15. März 2024 - 3 U 7/24, Rn. 31, juris).

b) Nach den Kurzerläuterungen der BVSK-Honorarbefragung 2022 ist für die Schadenshöhe, an der sich das Grundhonorar orientiert, der Wiederbeschaffungswert maßgeblich, wenn – wie hier – die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen. Bei einem Wiederbeschaffungswert zwischen 2.751,- € bis zu 3.000,- € ergibt sich nach der Honorargruppe V ein Mittelwert von 570,50 €. Die abgerechneten Nebenkosten in Höhe von 128,40 € sind insgesamt nicht zu beanstanden. Unter Berücksichtigung der Umsatzsteuer ergeben sich mithin erstattungsfähige SV-Kosten von 831,69 €. Die darüberhinausgehend in Rechnung gestellten Kosten kann die Klägerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt des „Sachverständigenrisikos“ verlangen. Denn die Differenz des Grundhonorars ergibt hier sich allein daraus, dass der Wiederbeschaffungswert bei zutreffender Berücksichtigung der Vorschäden niedriger ist als der im Schadengutachten ausgewiesene. Der überhöhte Kostenansatz ist damit nicht unfallbedingt und unterfällt mithin nicht dem Sachverständigenrisiko (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2024 - VI ZR 280/22, Rn. 15, juris).

4. Die Unkostenpauschale ist nach der ständigen Senatsrechtsprechung mit lediglich 25,- € zu bemessen.

5. Die Klägerin kann ferner nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangen, die aus dem Wert der berechtigten Forderung zu ermitteln sind (vgl. Senat, Urteil vom 20. September 2024 – 3 U 28/24, Rn. 21, juris). Der Anspruch beträgt 540,50 € (1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG + Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV-RVG + Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV-RVG).

6. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 280 Abs. 1 u. 2, 286 ff. und bezüglich der Anwaltskosten aus § 291 BGB.

Hinsichtlich der Verzugszinsen ist dabei zu berücksichtigen, dass die Klägerin vor Durchführung der Reparatur zunächst lediglich den fiktiven Wiederbeschaffungsaufwand geltend gemacht hat, der sich in Anbetracht des vom Landgericht festgestellten Wiederbeschaffungswert auf (3.000,- € - 2.010,- € =) 990,- € beläuft. Unter Berücksichtigung der Unfallpauschale von 25,- € und erstattungsfähigen Sachverständigenkosten von 831,69 € ergab sich damit zunächst ein berechtigter Anspruch von 1.846,69 €.

Rechtshängigkeitszinsen kann die Klägerin in entsprechender Anwendung des § 187 Abs. 1 BGB ab dem auf die Rechtshängigkeit folgenden Tag (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2021 - IV ZR 250/20, Rn. 24, juris) verlangen. Die Streitsache gilt dabei hier als mit der Zustellung des Mahnbescheids rechtshängig geworden, da sie alsbald nach der Erhebung des Widerspruchs abgegeben wurde (§ 696 Abs. 3 ZPO).

III.

Die Kostenentscheidung folgt für die erste Instanz aus §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO und für die Berufungsinstanz aus §§ 92 Abs. 2, 100 Abs. 4 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und keine Veranlassung gibt, eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung herbeizuführen (§ 543 Abs. 2 ZPO).


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