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Entscheidungen

Gebühren/Kosten/Auslagen

Auslagenerstattung, Einstellung des Verfahrens, Verfahrenshindernis, Verjährung, unwirksame Zustellung

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Saarbücken, Beschl. v. 17.02.2025 - 8 Qs 20/25

Eigener Leitsatz:

Liegt der Eintritt des für die Verfahrensbeendigung maßgeblichen Verfahrenshindernisses nicht in der Sphäre des Betroffenen, ist es nicht grob unbillig, im Fall der Einstellung des Bußgeldverfahrens die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse aufzuerlegen. Das ist der Fall, wenn der Eintritt der Verfolgungsverjährung allein auf die unwirksame Zustellung des Bußgeldbescheides, die auf dem fehlenden Datum auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks beruhte, zurückzuführen ist.


8 Qs 20/25

Landgericht Saarbrücken
- Kammer für Bußgeldsachen -

Beschluss

In dem Ordnungswidrigkeitenverfahren
gegen pp.

Verteidiger:

wegen: Verkehrsordnungswidrigkeit

hat die 8. Große Strafkammer — Kammer für Bußgeldsachen — des Landgerichts Saarbrücken am 25.02.2025 beschlossen:

1. Auf die sofortige Beschwerde des ehemals Betroffenen wird der Beschluss des Amtsgerichts St. Ingbert vom 05.02.2025 (Az : 29 OWi 5498/24) hinsichtlich der Auslagenentscheidung dahingehend abgeändert, dass die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse auferlegt werden.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des ehemals Betroffenen trägt die Staatskasse.

Gründe:

I.

Die Zentrale Bußgeldbehörde bei dem Landesverwaltungsamt des Saarlandes in St. Ingbert erließ gegen den Beschwerdeführer am 30.09.2024 einen Bußgeldbescheid wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften am 16.05.2024 um 21 km/h. Wegen diese Verstoßes setzte die Bußgeldbehörde eine Geldbuße von 100 Euro fest.

Gegen diesen Bußgeldbescheid erhob der Beschwerdeführer mit anwaltlichem Schriftsatz vom 16.10.2024 Einspruch. Die Zentrale Bußgeldbehörde gab das Verfahren am 10.12.2024 an die Staatsanwaltschaft ab, die die Ankte dem Amtsgericht St. Ingbert mit Verfügung vom 16.12.2024 zur Entscheidung zuleitete. Nachdem der Verteidiger mit Schriftsatz vom 03.02.2025 darauf hingewiesen hatte, dass die Zustellung des Bußgeldbescheides nicht wirksam gewesen sei und diese deswegen den Lauf der Verjährung nicht gehemmt habe, stellte das Amtsgericht St. Ingbert mit dem angegriffenen Beschluss vom 05.02.2025 das Verfahren gemäß § 206a StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG wegen Verjährungseintritts ein und sah davon ab, die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse aufzuerlegen, ohne dies näher zu begründen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner sofortigen Beschwerde, mit der er eine Abänderung der Auslagenentscheidung zu seinen Gunsten begehrt.

1. Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 464 Abs. 3 Satz 1 StPO zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben.

Ferner findet die Beschränkung des § 464 Abs. 3 Satz 1 Hs 2 StPO vorliegend keine Anwendung, da der Beschwerdeführer die Entscheidung in der Hauptsache lediglich in Ermangelung einer eigenen Beschwer nicht anzufechten vermag (vgl. Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 464 Rn. 19 m.w.N.).

2. Auch in der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg.

Ein Absehen von der Auslagenerstattung kommt nur dann in Betracht, wenn die weiter gebotene Ermessensentscheidung ergibt, dass auf Grund besonderer Umstände die Belastung der Staatskasse ausnahmsweise als grob unbillig erscheint. Da dieses Ermessen erst dann eröffnet ist, wenn das Gericht bereits davon überzeugt ist, dass der Betroffene ohne das Verfahrenshindernis verurteilt worden wäre, müssen zu dem Verfahrenshindernis als dem alleinigen der Verurteilung entgegenstehendem Umstand demnach weitere besondere Umstände hinzutreten, die es billig erscheinen lassen, dem Betroffenen die Auslagenerstattung zu versagen. Diese Umstände dürfen folglich nicht in der voraussichtlichen Verurteilung des Betroffenen und der ihr zugrunde liegenden Tat gefunden werden (vgl. Gieg in: KK-StPO, 9. Aufl., § 467 Rn. 10b m.w.N.). Teilweise wird sogar angenommen, dass Grundlage des Unbilligkeitsurteils immer nur ein hinzutretendes vorwerfbares prozessuales Fehlverhalten des Betroffenen sein kann (vgl. KK-StPO a.a.O.; a.A. Celle StraFo 14, 438).

Vorliegend verhält es sich so, dass der Eintritt der Verfolgungsverjährung allein auf die unwirksame Zustellung des Bußgeldbescheides, die auf dem fehlenden Datum auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks beruht (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 3. Juni 2024 — 1 Ss (0 i) 44/24 —, juris), zurückzuführen ist. Daher liegt der Eintritt des für die Verfahrensbeendigung maßgeblichen Verfahrenshindernisses nicht in der Sphäre des Beschwerdeführers weshalb es vorliegend nicht grob unbillig erscheint, die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse aufzuerlegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung 'er §§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. 467 Abs. 1 StPO.


Einsender: RA A. Gratz, Bous

Anmerkung:


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