Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 31.01.2025 - 3 ORbs 330 SsBs 629/24
Eigener Leitsatz:
Wurde bei der Atemalkoholbestimmung ein Messgerät eingesetzt und eine Messmethode angewendet, die den im Gutachten des Bundesgesundheitsamts zur Beweissicherheit der Atemalkoholanalyse gestellten Anforderungen genügen (BT-Drucks. 13/1439, S. 4), was z.B. bei dem Messgerät Dräger Alcotest 9510 DE der Fall ist, handelt es sich um ein sog. standardisiertes, Messverfahren. Das bedeutet im Rahmen der Beweisaufnahme eine reduzierte Sachverhaltsaufklärungspflicht des Tatgerichts. Das Tatgericht darf bei einer mit einem standardisierten Messverfahren erfolgten Messung grundsätzlich ohne weitergehende Beweiserhebung von der Richtigkeit des ermittelten, gegebenenfalls um eine Toleranz zu bereinigenden Messwerts ausgehen. Die in § 77 Abs. 1 OWiG normierte Aufklärungspflicht nötigt das Gericht nur dann zu einer weitergehenden Beweisaufnahme zwecks näherer Überprüfung des Messergebnisses, wenn im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte vorgetragen werden oder sonst ersichtlich sind, die geeignet sind, Zweifel an dessen Richtigkeit zu begründen.
Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss
In dem Bußgeldverfahren
gegen pp.
Verteidiger:
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
hier: Rechtsbeschwerde
hat das Oberlandesgericht Karlsruhe am 31. Januar 2025 beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Singen vom 5. Juli 2024 wird kostenpflichtig (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG) als unbegründet verworfen.
Gründe
Das Amtsgericht Singen verurteilte den einschlägig vorgeahndeten Betroffenen am. 05.07.2024 wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,27 mg/I zu der Geldbuße von 1.000 Euro und ordnete ein dreimonatiges Fahrverbot gegen ihn an.
Mit seiner Rechtsbeschwerde beanstandet der Betroffene die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat mit Schrift vom 23.10.2024 beantragt, das Rechtsmittel als unbegründet zu verwerfen. Dazu nahm der Verteidiger mit Schriftsatz vom 13.11.2024 Stellung.
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Singen vom 05.07.2024 war auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft, die dem Verteidiger Gelegenheit zur Gegenäußerung gegeben hat, als unbegründet zu verwerfen, da die aufgrund der Rechtsbeschwerderechtfertigung gebotene Nachprüfung der Entscheidung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat (§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 3 OWiG, § 349 Abs. 2 und 3 StPO).
Der Senat merkt Folgendes ergänzend an:
1. Die erhobene Verfahrensrüge mangelnder Sachaufklärung zur Frage der Richtigkeit der Atemalkoholmessung dürfte bereits unzulässig sein (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG), weil der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde das von dem beauftragten Privatsachverständigen in Bezug genommene Gutachten des Bundesgesundheitsamtes zur Beweissicherheit der Atemalkoholanalyse nicht vorgelegt hat. Ungeachtet dessen ist die Rüge jedenfalls unbegründet.
Der Gesetzgeber hat ausdrücklich vorgesehen, dass bei der Atemalkoholbestimmung nur Messgeräte eingesetzt und Messmethoden angewendet werden dürfen, die den im Gutachten des Bundesgesundheitsamts zur Beweissicherheit der Atemalkoholanalyse gestellten Anforderungen genügen (BT-Drucks. 13/1439, S. 4). Dem wird das im hier gegebenen Fall verwendete Messgerät Dräger Alcotest 9510 DE gerecht, das die Voraussetzungen der DIN VDE 0405 erfüllt (vgl. Schuff, in: Burhoff/Grün, Messungen im Straßenverkehr, 6. Aufl., § 2 Rn 114; Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 6. Aufl., Abschnitt T, Rn 3636) und bei dem es sich um ein sog. standardisiertes, Messverfahren handelt (KG Berlin, B. v. 24.03.2022 - 3 Ws (B) 53/22-122 Ss 24/22 -, juris Rn 14, OLG Dresden, B. v. 06.10.2022 - OLG 23 Ss 608/22 (B) juris Rn 13; BayObLG, B. v. 07.01.2021 - 201 ObOWi 1683/20, juris Rn 6 f.; vgl. auch BGH, B. v. 03.04.2001 - 4 StR 507/00 -, juris Rn 11 zum Gerät Dräger Alcotest Evidential MK III). Diese Anerkennung führt hinsichtlich des Umfanges der Beweisaufnahme und der Anforderungen an die Urteilsgründe zu Erleichterungen (BGHSt 39, 291; 43, 277), die verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind (BVerfG, B. v. 12.11.2020 - 2 BvR 1616/18 -, juris). Die Erleichterungen bedeuten im Rahmen der Beweisaufnahme eine reduzierte Sachverhaltsaufklärungspflicht des Tatgerichts. Das Tatgericht darf bei einer mit einem standardisierten Messverfahren erfolgten Messung grundsätzlich ohne weitergehende Beweiserhebung von der Richtigkeit des ermittelten, gegebenenfalls um eine Toleranz zu bereinigenden Messwerts ausgehen (BGH a.a.O.; KG Berlin, a.a.O., BayObLG, a.a.O.).
Die in § 77 Abs. 1 OWiG normierte Aufklärungspflicht nötigt das Gericht nur dann zu einer weitergehenden Beweisaufnahme zwecks näherer Überprüfung des Messergebnisses, wenn im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte vorgetragen werden oder sonst ersichtlich sind, die geeignet sind, Zweifel an dessen Richtigkeit zu begründen (vgl. BGH a.a.O.; KG Berlin, a.a.O.; BayObLG, a.a.O.). Dies war vorliegend nicht der Fall:
Der Betroffene nahm am 19.01.2024, 002 Uhr, in Singen, mit einem Pkw pp. am Straßenverkehr teil und wurde einer Polizeikontrolle unterzogen. Eine zu diesem Zeitpunkt dort mittels eines nicht geeichten Atemalkoholmessgeräts durchgeführter Test ergab eine Atemalkoholkonzentration von 0,32 mg/I. Die auf dem fünf Kilometer entfernten Polizeirevier in Mühlhausen-Ehingen erfolgte Atemalkoholmessung mit dem am 25.09.2023 vor und am 19.03.2024 nach der verfahrensgegenständlichen Messung gültig geeichten Messgerät Dräger Alcotest 9510 DE fand am 19.01.2024 ab 00:36 Uhr statt. Dem Protokoll zur Atemalkoholanalyse zufolge hatte der Betroffene angegeben, sein letzter Alkoholkonsum habe am 19.01.2024 um 00:00 Uhr stattgefunden. Dem Protokoll ist u.a. weiter zu entnehmen, dass die Wartezeit von 20 Minuten vor der ersten Messung eingehalten sei und der Betroffene mindesten zehn Minuten vor Beginn bis Ende des Messzyklus keine Nahrungs- oder Genussmittel aufgenommen habe. Ein erster, um 00:38:36 Uhr durchgeführter Messversuch wurde vom Messgerät abgebrochen („Fehlversuch, Atemabgabe unzulässig"). Um 00:39:42 Uhr erfolgte die erfolgreiche erste Einzelmessung, die eine Atemalkoholkonzentration von 0,267 mg/I, um 00:43 Uhr die zweite Einzelmessung, die eine Atemalkoholkonzentration von ,0,277 mg/I ergab. Das Messergebnis (Mittelwert) wurde mit 0,27 mg/I ausgewiesen. Der Betroffene erklärte in der Hauptverhandlung, er habe vor Fahrtantritt zunächst ein alkoholfreies und sodann ein alkoholhaltiges Bier getrunken.
Das in der Hauptverhandlung eingeführte, von dem anwesenden Verteidiger vorgelegte Privatgutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. pp. vom 27.05.2024 über die „Begutachtung der Beweismittel" kommt zu dem Ergebnis, dass insgesamt ein ordnungsgemäßer Messablauf nachvollzogen werden könne; da aber in einem Eichschein der ordnungsgemäße Zustand eines Messsystems zum Zeitpunkt der Eichung bestätigt werde, seien zur Sicherstellung, dass das Messgerät zur Messzeit ordnungsgemäß funktioniert habe und nicht Störungen aufgetreten seien, die zu einem falschen Messergebnis geführt haben könnten, auch noch die Ergebnisse der Eingangsprüfung der nachfolgenden Eichung heranzuziehen, weil bei Atemalkoholmessgeräten nicht auszuschließen sei, dass Rückstände bzw. Ablagerungen in den beiden Probenkammern trotz Spülung nicht vollständig beseitigt werden, was dann nachfolgende Messungen verfälschen könne. Insbesondere werde im Gutachten „Beweissicherheit der Atemalkoholanalyse", welches die Grundlage für die Zulassung von Atemalkoholmessungen bilde, vom Verfasser Schoknecht darauf hingewiesen (Abs. 3.1. Grundvoraussetzungen): „Die Zuverlässigkeit (Reliabilität) der Messgeräte muss über den Zeitraum, in dem ein Messgerät zum Einsatz kommt, gewährleistet sein. Diese Nacheichungen, die die Gewähr für die Messsicherheit über den Einsatzzeitraum sichern, sollten in möglichst kurzen Zeitabständen stattfinden. Nach den bisherigen Erfahrungen wird hierfür ein Zeitraum von 6 Monaten als notwendig erachtet."
Hinweise auf eine nicht ordnungsgemäße Verwendung des Atemalkoholmessgeräts durch den Bediener hat der Privatsachverständige somit ausdrücklich verneint. Konkrete Anhaltpunkte für eine strukturelle, von der Bauartprüfung- und Zulassung des Messgeräts durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (vgl. Schuff, in: Burhoff/Grün, Messungen im Straßenverkehr, 6. Aufl., § 2 Rn 114) nicht erfasste Fehlerquelle, denen das Amtsgericht unter dem Gesichtspunkt der Amtsaufklärung hätte nachgehen müssen, ergeben sich aus den Darlegungen des Privatsachverständigen ebenso wenig wie aus dem in Bezug genommen Gutachten des Bundesgesundheitsamtes „Beweissicherheit der Atemalkoholanalyse", das Rückstände und Ablagerungen in Probekammern als mögliche Ursache von Messfehlern nicht thematisiert, aber insbesondere klarstellt, dass Nacheichungen die Gewähr für die Messsicherheit über den Einsatzzeitraum sichern (Ziff. 3.1. Grundvoraussetzungen, S. 10). Die Äußerungen des Privatsachverständigen erschöpfen sich letztlich in dem Hinweis auf eine von den Eichbehörden im Rahmen der Eichprüfung eines Atemalkoholmessgeräts zu kontrollierende, theoretisch mögliche Störungsquelle.
Diese Äußerungen mussten, da das vorliegend verwendete Messgerät vor und nach der verfahrensgegenständlichen Messung innerhalb des halbjährigen Regelturnusses gültig geeicht wurde, dem Amtsgericht zu keiner weiteren Aufklärung Anlass geben. Durch die Bauartprüfung- und Zulassung bzw. Konformitätsbewertung zusammen mit der auf deren Grundlage erfolgenden staatlichen Eichung ist über den Zeitraum der Eichperiode die immer korrekte Funktion des einzelnen Gerätes sichergestellt (vgl. BayObLG, a.a.O., Rn 6 f.; Lagois, Blutalkohol 37, 77, 88 zum Vorgängergerät Dräger Alcotest 7110 Evidential, das im Wesentlichen über die gleichen messtechnischen Einrichtungen verfügt wie das Modell Alcotest 9510 DE, vgl. dazu: Schuff, in: Burhoff/Grün, Messungen im Straßenverkehr, 6. Aufl., § 2 Rn 114).
Der am 19.01.2024, 00:38:36 Uhr, bei dem ersten Messversuch erfolgte - von dem Privatsachverständigen in seinem Gutachten nicht thematisierte - Abbruch des Messvorgangs rechtfertigt keine andere Beurteilung, denn er ist lediglich Beleg für die funktionsfähigen geräteinternen Kontrollmechanismen, die das Messergebnis absichern und in einem Fehlerfall zu einer entsprechenden Fehlermeldung bzw. zu einem Abbruch des Messvorgangs führen (vgl. OLG Dresden, B. v. 03.01.2005 - Ss (OWi) 629/04 - Rn 17; Schuff, a.a.O., Rn 116; Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 6. Aufl., Abschnitt T, Rn 3644; Schäler, NZV 2017, 422, 425; Haffner u.a., NZV 2009, 209 ff.; Schmidt u.a., Blutalkohol 37, 92 ff.).
Soweit der Betroffene pauschal erklärte, das Messgerät habe ein paar Mal neu gestartet werden müssen, musste dieser (im Privatgutachten ebenfalls nicht thematisierte) Vortrag gleichfalls - auch im Rahmen einer Gesamtschau und unter Berücksichtigung des vom Betroffenen angegebenen Umfangs seines Alkoholkonsums - nicht zu weiterer Aufklärung drängen. Der geschulte Messbeamte hatte dazu in der Hauptverhandlung zwar nur angegeben, er könne sich nicht mehr erinnern, ob das Gerät vorher (offensichtlich gemeint: vor der durchgeführten Messung) abgestürzt sei und sie einen Neustart hätten machen müssen. Da das Messgerät jedoch gültig geeicht war, das Polizeipräsidium Konstanz am 02.04.2024 schriftlich gegenüber der Bußgeldbehörde erklärt hatte, dass im Eichzeitraum keine (ausschließlich vom Hersteller durchgeführten - vgl. Schuff, a.a.O., Rn 114) Wartungen oder Reparaturen und demgemäß auch keine unplanmäßige Eichung stattgefunden hätte(n) und da das Gerät - wie ausgeführt - über zahlreiche geräteinterne Kontroll- bzw. Selbsttestmechanismen verfügt und die Atemalkoholkonzentration mit zwei verschiedenen voneinander unabhängigen Messsystemen und Messmethoden misst, die sich gegenseitig überwachen (vgl. Gutachten des Bundesgesundheitsamtes „Beweissicherheit der Atemalkoholanalyse", Ziff. 3.5. Messsicherheit, S. 13; Knopf u.a., NZV 2000, 195; Krumm, NJW 2012, 1860; Burhoff, a.a.O., Rn 3644 ff.; Lagois, a.a.O.; Schmidt u.a., a.a.O.), durfte das Amtsgericht davon ausgehen, dass gegebenenfalls notwendige Neustarts des Messgeräts weder einen Gerätedefekt noch einen Messfehler nahelegten (vgl. auch AG Reutlingen, Urt. v. 20.06.2018- 5 OWi 28 Js 9556/18 -, juris Rn 13).
2. Die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG und § 261 StPO wegen unterbliebener bzw. nicht vollständiger Berücksichtigung und Darstellung des Inhalts des von der Verteidigung vorgelegten Privatgutachtens im Urteil ist ebenfalls unbegründet.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte, entscheidungserhebliches Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Dabei ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Des Weiteren ist das Gericht nicht gehalten, jedes Vorbringen ausdrücklich zu bescheiden; ein Gehörsverstoß ist daher nur feststellbar, wenn er sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles deutlich ergibt (vgl. BVerfGE, 22, 267; BVerfG, NJW 2022, 3413).
Die Anerkennung eines Messsystems als standardisiertes Messverfahren führt, wie unter Ziffer 1 bereits ausgeführt, hinsichtlich des Umfanges der Beweisaufnahme und der Anforderungen an die Urteilsgründe zu Erleichterungen (vgl. BGHSt 39, 291; 43, 277). Für die Urteilsgründe bedeuten diese Erleichterungen eine reduzierte Darlegungspflicht des Tatgerichts. In den Entscheidungsgründen muss das Tatgericht bei einer Messung mit einem standardisierten Messverfahren - auch bei Atemalkoholmessungen - grundsätzlich lediglich das Messverfahren (den berücksichtigten Toleranzwert, sofern erforderlich) und das so ermittelte Messergebnis benennen. Nur wenn die Beweisaufnahme konkrete Anhaltspunkte auf eine fehlerhafte Messung ergeben hat, die über insoweit pauschale Behauptungen und grundsätzlichen Einwände des Betroffenen gegen das dem Gerät zugrundeliegende Wirkprinzip hinausgehen, ist das Tatgericht gehalten, diese darzustellen (vgl. BGHSt 39, 291, Rn 20 f. u. 33 zitiert nach juris; KG Berlin, a.a.O., Rn 18 ff.; OLG Bamberg, B. v. 14.07.2006 -2 Ss OWi 853/05 -, juris Rn 21; OLG Hamburg, B. v. 19.11.2003 -11-111/03 - 3 Ss 49/03 OWi juris Rn 10 f.; OLG Celle, B. v. 24.02.2004 -, juris Rn 5 f.).
Dies zugrunde gelegt, hat das Amtsgericht weder den Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör verletzt noch in den Urteilsgründen den Inbegriff der Hauptverhandlung nicht ausgeschöpft. Ausweislich des schriftlichen Urteils hat das Gericht das in die Hauptverhandlung durch Bekanntgabe des wesentlichen Inhalts eingeführte Privatgutachten vom 27.05.2024 bei seiner Entscheidung ausdrücklich berücktichtigt und grundsätzlich zutreffend darauf verwiesen, dass der Privatsachverständige die Ordnungsgemäßheit der durchgeführten Messung bestätigt habe. Dass diese Bestätigung - wie oben dargestellt vorbehaltlich der (für die von der Verteidigung beauftragten „Begutachtung der Beweismittel" erforderlich erachteten) Beiziehung der Protokolle der Nachfolgeeichung zwecks Überprüfung einer etwaigen Verfälschung der Messergebnisse durch Rückstände bzw. Ablagerungen in den beiden Probenkammern des Messgeräts erfolgte, teilt das Urteil zwar nicht mit. Dort heißt es jedoch, dass stichhaltige Gründe, die gegen eine ordnungsgemäße Messung sprechen könnten, in dem Gutachten nicht aufgeführt und von der Verteidigung auch nicht konkret benannt worden seien. Dies belegt -zumal unter Berücksichtigung des eingangs aufgezeigten Maßstabs - hinreichend deutlich und unzweideutig, dass das Amtsgericht die Ausführungen des, Privatsachverständigen zu einer etwaig über den Einsatzzeitraum des Messgeräts entstandenen Störungsquelle für Messungen, denen - wie ausgeführt - keine konkreten bzw. stichhaltigen Anhaltspunkte für eine Fehlmessung im vorliegenden Fall zu entnehmen sind (s.o.), zur Kenntnis genommen und - wie auch die gerichtlichen Darlegungen zur (Messsicherheit über den Einsatzzeitraum gewährleistenden) gültigen Eichung des Messgeräts vor und nach dem verfahrensgegenständlichen Messvorgang zeigen – erwogen hat. Weitere Erörterungen waren mangels entscheidungserheblicher konkreter Hinweise auf einen Messfehler im Privatgutachten nicht geboten.
Aufgrund der mangelnden Entscheidungserheblichkeit der privatgutachterlichen Ausführungen wäre im Übrigen ein Beruhen des Urteils auf dem gerügten Verfahrensfehler auszuschließen. Dem steht die Entscheidung des OLG Hamm vom 27.12.2016 (1 RBs 233/16, juris) nicht entgegen; das Amtsgericht hat keinen Beweisantrag des Betroffenen übergangen.
3. Die erhobene Sachrüge deckt keine durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen auf.
Die Urteilsgründe lassen - auch wenn es insoweit an einer grundsätzlich erforderlichen (vgl. OLG Karlsruhe, B. v. 08.02.2017, 2 (10) SsBs 740/16 -, juris Rn 6 m.w.N.) zusammenhängenden Darstellung fehlt - in ihrem Gesamtzusammenhang hinreichend erkennen, wie sich der Betroffene zur Sache im Wesentlichen eingelassen hat. So hat er sich zu dem Umfang seines Alkoholkonsums vor der fraglichen Fahrt mit dem Kfz in dem o.g. Sinne geäußert und, wie sich aus der Beweiswürdigung ergibt, eine Fehlmessung vor der dann erfolgreich durchgeführten Messung beanstandet und damit der Sache nach die Richtigkeit des Messergebnisses in Abrede gestellt. Dies hat das Amtsgericht erkannt und daher im Urteil im Rahmen der Beweiswürdigung - über die vorstehend dargelegten Minimalanforderungen im Falle der Verwendung eines standardisierten Messverfahrens hinaus - im Einzelnen den mutmaßlichen Grund für die fehlgeschlagene erste Messung und den auch zeitlich ordnungsgemäßen Ablauf der sodann erfolgten Alkoholmessung (Beginn frühestens zwanzig Minuten nach Trinkende, Kotrollzeit von zehn Minuten vor der Messung , Doppelmessung im Abstand von minimal zwei und maximal fünf Minuten, vgl. VwV Blutalkohol v. 17.04.2014, Justiz 2014, S. 125 ff.) auf Grundlage der Äußerungen des gemäß Schulungsnachweis qualifizierten Messbeamten, der Eichscheine des Messgeräts und des Protokolls zur Atemalkoholanalyse ausdrücklich erörtert.
Das auf das Privatgutachten gestützte Vorbringen des Verteidigers hat das Amtsgericht, wie unter Ziffer 2 ausgeführt, ausweislich des Urteils zur Kenntnis genommen und sich angesichts der festgestellten ordnungsgemäßen Verwendung eines standardisierten Messverfahrens und der gültigen Eichungen des Messgeräts darauf beschränkt, zu dessen Inhalt im Wesentlichen mitzuteilen, dass ihm stichhaltige Gründe, die gegen eine ordnungsgemäße Messen sprechen könnten, nicht zu entnehmen und von der Verteidigung auch nicht konkret benannt worden seien. Dies genügt den unter Ziffer 2 dargelegten Anforderungen an die Urteilsgründe bei einer Messung mit einem standardisierten Messverfahren. Ein Rechtsfehler des Amtsgerichts hat der Betroffene mit seiner Verfahrensrüge in diesem Zusammenhang nicht aufgezeigt.
Ein fahrlässiges Handeln des Betroffenen ist im Urteil tragfähig dargetan. § 24a StVG knüpft im Gegensatz zu § 316 StGB nicht an die durch Alkohol oder Drogen bewirkte Fahrunsicherheit, sondern an das Vorhandensein einer die Grenzwerte übersteigenden Menge an (vgl. BGHSt 62, 42 zu § 24a Abs. 2 und 3 StVG a.F.). Der Tatbestand des § 24a Abs. 1 StGB ist daher (unbewusst) fahrlässig verwirklicht, wenn der Betroffene zum Fahrtzeitpunkt zwar nicht erkannt oder vorausgesehen hat, dass er das Kraftfahrzeug trotz Erreichen des Gefahrengrenzwertes führt bzw. eine Alkoholmenge im. Körper hat, die zum Erreichen des Gefahrengrenzwertes führt, er dies aber bei aber Anwendung der Sorgfalt, zu der er nach den Umständen und seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet und imstande ist, hätte erkennen oder voraussehen können. Diese Voraussetzung ist bei einer Fahrt trotz Kenntnis des vorausgegangenen Alkoholkonsums regelmäßig erfüllt, da nach wissenschaftlich gesicherter Erkenntnis von niemandem genau vorhergesehen werden kann, welche Blut- oder Atemalkoholkonzentration er beim Führen des Fahrzeugs haben wird (vgl. OLG Jena, VRS 110, 443; 109, 61). Der vorliegende Fall gab keinen Anlass, insoweit ausdrücklich eine den Fahrlässigkeitsvorwurf nicht rechtfertigende Ausnahmekonstellation zu erwägen. Der Betroffene hatte am 19.01.2024 vor Fahrtantritt eigenen Angaben zufolge bewusst Alkohol zu sich genommen und zwar in einer Menge, die ungeachtet seiner Trinkmengenangaben in der Hauptverhandlung zu einer Atemalkoholkonzentration führte, die nicht nur gerade den gesetzlichen Grenzwert von 0,25 mg/I erreichte, sondern bei 0,27 mg/I lag. Er war zudem durch eine seit dem 20.07.2022 rechtskräftige Entscheidung vom 11.04.2022 wegen des Führens eines Kraftfahrzeugs mit einer Atemalkoholkonzentration vom 0,32 mg/I (Tatzeit: 27.03.2022) einschlägig vorgeahndet, was ihn zu besonders kritischer und strenger Selbstbeobachtung und Selbstprüfung hinsichtlich einer Erreichung des Grenzwertes vor Antritt der verfahrensgegenständlichen Fahrt hätte veranlassen müssen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht angenommen hat, der Betroffene sei in unbewusst fahrlässiger Weise dieser Verpflichtung nicht hinreichend nachgekommen. Äußere Umstände, die - wie in dem von der Rechtsbeschwerde zitierten Fall, der dem Oberlandesgericht Hamm in der Sache 2 Ss OWi 449/04 (B. v. 13.09.2003 -, juris) zur Entscheidung vorlag ausnahmsweise eine andere Beurteilung hätten nahelegen können, sind nicht erkennbar. In jenem Verfahren hatte der Betroffene geltend gemacht, dass er einen Koffer mit Übernachtungsutensilien bei sich geführt habe, was aus Sicht des zuständigen Rechtsbeschwerdegerichts den Schluss auf eine ausreichende Selbstprüfung vor Fahrtantritt (mit einer Atemalkoholkonzentration mit 0,26 mg/1) möglicherweise hätte rechtfertigen können.
Die Urteilsgründe lassen keinen Aufklärungs- bzw. Darlegungsmangel hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen erkennen. Ihnen ist zu entnehmen, dass diesbezüglich keine Feststellungen getroffen werden („Erhebungen erfolgen") konnten, weil der - in der Hauptverhandlung verteidigte Betroffene in Kenntnis der im Bußgeldbescheid identisch festgesetzten Rechtsfolgen - dazu keine Angaben machte. Dies impliziert eine entsprechende gerichtliche Befragung, ohne dass es ausdrücklicher Erwähnung bedurfte.
Die Urteilsausführungen zur Darlegungslast des Betroffenen hinsichtlich seiner wirtschaftlichen/persönlichen Verhältnisse, wenn diese eine Abweichung von der im Bußgeldkatalog vorgesehenen Regelgeldbuße bzw. dem vorgesehenen Regelfahrverbot rechtfertigen sollen (vgl. ergänzend OLG Karlsruhe, B. v. 17.12.2018 - 1 Rb 10 Ss 644/18 -, juris Rn 8), stehen in Einklang mit der Auffassung des Senats. Anknüpfungstatsachen hinsichtlich einer sich aus der Bußgeldhöhe und/oder der Anordnung bzw. Dauer des Fahrverbots ergebenden besonderen Härte für den Betroffenen, die die Aufklärungspflicht des Amtsgerichts hätten auslösen müssen (vgl. Senat, B. v. 02.11.2015 - 3 (5) SsBs 575/15 -, juris Rn 7), hat der Betroffene ausweislich des Urteils nicht vorgebracht.
Einsender: RA A. Gratz, Bous
Anmerkung: