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Entscheidungen

OWi

Beschlussverfahren, Entscheidung, Begründung der Entscheidung, Anforderungen

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Saarbrücken, Beschl. v. 09.01.2025 - 1 Ss (OWi) 113/24

Eigener Leitsatz:

Haben die Verfahrensbeteiligten sich mit einer Beschlussentscheidung einverstanden erklärt und auf deren Begründung verzichtet, genügt an deren Stelle gemäß § 72 Abs. 6 Satz 1 OWiG grundsätzlich der Hinweis auf den Inhalt des Bußgeldbescheides. Wird indes gegen die Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt, sind nach § 72 Abs. 6 Satz 3 OWiG die vollständigen Gründe innerhalb von fünf Wochen, beginnend mit der Einlegung der Rechtsbeschwerde zu den Akten zu bringen.


1 Ss (OWi) 113/24

In der Bußgeldsache
gegen pp.

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit

Verteidiger:

hat der Bußgeldsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken am 9. Januar 2025 gemäß § 80 a Abs. 1 OWiG durch die Richterin am Oberlandesgericht als Einzelrichterin nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss des Amtsgerichts St. Ingbert vom 25. Januar 2024 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht St. Ingbert zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Mit Bußgeldbescheid vom 8. März 2023 setzte die Zentrale Bußgeldbehörde für das Saarland gegen den Betroffenen wegen vorsätzlichen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften von 80 km/h um 44 km/h eine Geldbuße in Höhe von 800 Euro fest und ordnete ein Fahrverbot von 1 Monat an. Gegen diesen ihm am 10. März 2023 zugestellten Bußgeldbescheid ließ der Betroffene am 10. März 2023 durch seinen Verteidiger Einspruch einlegen. Nach Vorlage der Akte beim Amtsgericht wurde ein erster Hauptverhandlungstermin vom 6. Dezember 2023 ausgesetzt, nachdem der Betroffene erklärt hatte, aus beruflichen Gründen dringend auf den Führerschein angewiesen zu sein. Mit Schreiben vom 10. Januar 2024 teilte der Verteidiger mit, für den Fall der Verhängung einer Geldbuße von nicht mehr als 960 Euro bestehe Einverständnis mit einer Entscheidung im Beschlussverfahren. Auf eine Beschlussbegründung wurde mit weiterem Schreiben vom 18. Januar 2024 verzichtet. Nachdem auch die Staatsanwaltschaft ihr Einverständnis mit einer entsprechenden Vorgehensweise erteilt hatte, setzte das Amtsgericht gegen den Betroffenen durch nicht begründeten Beschluss vom 25. Januar 2024 eine Geldbuße in Höhe von 960 Euro fest. Gegen diesen dem Verteidiger am 29. Januar 2024 zugestellten Beschluss legte dieser am 2. Februar 2024 Rechtsbeschwerde ein, die er am 11. März 2024 mit der nicht ausgeführten Rüge einer Verletzung materiellen Rechts begründete. Beschlussgründe wurden in der Folge nicht zur Akte gebracht.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht St. Ingbert zurückzuverweisen.

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entschei-dung und Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

1. Die form- und fristgerecht eingelegte (§§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 341 Abs. 1 StPO) Rechtsbeschwerde ist zulässig.

a) Sie ist insbesondere statthaft, da gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als 250 Euro festgesetzt wurde (§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG). Soweit das Amtsgericht meint, das Beschlussverfahren könne nach durchgeführter Hauptverhandlung nur dann mit der Rechtsbeschwerde gerügt werden, wenn es nicht mehr von der Zustimmung der Beteiligten gedeckt sei, verkennt es, dass der Betroffene sich vorliegend nicht gegen die Durchführung des Beschlussverfahrens wendet, sondern den erlassenen Beschluss mit der Rüge seiner materiell-rechtlichen Fehlerhaftigkeit angreift. Ob der Annahme des Amtsgerichts beizutreten wäre, bedarf daher keiner Entscheidung.

b) Die Rechtsbeschwerde wurde auch form- und fristgerecht begründet (§§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 345 StPO), da die Begründungsfrist (§§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 345 Abs. 1 StPO) im Falle des hier vorliegenden Verzichts der Verfahrensbeteiligten auf eine Beschlussbegründung erst durch Zustellung des gemäß § 72 Abs. 6 Satz 3 OWiG um die vollständigen Gründe ergänzten Beschlusses in Gang gesetzt wird (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21. August 2002 – 1 Ws (OWi) 296/02 –, juris; Senge in: KK-OWiG, 5. Aufl., § 72 Rn. 77; Hadamitzky in: KK-OWiG, a.a.O., § 79 Rn. 79a; vgl. auch Senatsbeschluss vom 15. Oktober 2019 – SsBs 59/2019 (62/19 OWi) –, juris).

2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Die angefochtene Entscheidung unter-liegt auf die Sachrüge hin der Aufhebung, weil es ihr an der nach § 72 Abs. 5 Satz 3 – 5 OWiG vorgeschriebenen Begründung fehlt.

a) Haben die Verfahrensbeteiligten sich mit einer Beschlussentscheidung einverstanden erklärt und auf deren Begründung verzichtet, genügt an deren Stelle gemäß § 72 Abs. 6 Satz 1 OWiG grundsätzlich der – hier bereits fehlende – Hinweis auf den Inhalt des Bußgeldbescheides. Wird indes gegen die Entscheidung – wie vorliegend – Rechtsbeschwerde eingelegt, sind nach § 72 Abs. 6 Satz 3 OWiG die vollständigen Gründe innerhalb von fünf Wochen, beginnend mit der Einlegung der Rechtsbeschwerde (Bauer in: Göhler, 19. Aufl., § 72 Rn. 63), zu den Akten zu bringen. Die Begründung eines verurteilenden Beschlusses muss im Wesentlichen den Anforderungen genügen, die an die Begründung eines nicht freisprechenden Urteils gestellt werden (KG Berlin, Beschluss vom 16. Januar 2019 – 3 Ws (B) 312/18 –, juris; Senatsbeschluss vom 19. März 2015 – Ss (B) 13/2015 (7/15 OWi) –; vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 20. Dezember 2018 – III-4 RBs 387/18 –, juris; Senge in: KK-OWiG, 5. Aufl., § 72 Rn. 66). Es müssen deshalb die der Verurteilung zugrundeliegenden Tatsachen in einer Weise dargetan sein, die dem Rechtsbeschwerdegericht die rechtliche Überprüfung ermöglicht. Dazu gehört insbesondere die Darlegung und Auseinandersetzung mit der Einlassung des Betroffenen und mit Umständen, die der Ahndung entgegenstehen können (Senge, a.a.O.). Eine solche Begründung enthält die angefochtene Entscheidung. Insbesondere wurden die Beschlussgründe nicht nach § 72 Abs. 6 Satz 3 OWiG nachträglich zur Akte gebracht.

b) Das Fehlen der Beschlussgründe führt auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts hin zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, weil hierdurch dem Rechtsbeschwerdegericht eine Nachprüfung des Beschlusses auf sachlich-rechtliche Fehler nicht möglich ist (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 9. Mai 2019 – III-4 RBs 144/19 –, juris; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 19. März 2015 – Ss (B) 13/2015 (7/15 OWi) – und vom 15. Oktober 2019 – SsBs 59/2019 (62/19 OWi) –, juris sowie – für den Fall des Fehlens von Gründen eines Bußgeldurteils – OLG Hamm, Beschlüsse vom 26. August 2008 – 3 Ss OWi 658/08 –, juris und vom 10. Januar 2013 – III-3 RBs 296/12 –, juris).


Einsender: RA A. Gratz, Bous

Anmerkung:


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