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Entscheidungen

OWi

Voreintragung, Tilgungsreife, Verwertung bei der Geldbußenbemessung, Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Naumburg, Beschl. v. 06.05.2025 - 1 ORbs 104/25

Eigener Leitsatz:

War zum Zeitpunkt der Entscheidung des Tatgerichts eine Voreintragung nicht mehr verwertbar, ist aber gleichwohl bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt worden, ist nicht auszuschließen, dass das Tatgericht bei Beachtung des Verwertungsverbots zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre, war zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs eines angefochtenen Urteils führt.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG

BESCHLUSS

1 ORbs 104/25

In der Bußgeldsache
gegen pp.

hat der Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Naumburg am 6. Mai 2025 durch den Richter am Oberlandesgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Weißen-fels vom 2. Dezember 2024 im Rechtsfolgenausspruch mit den dazugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Gardelegen zurückverwiesen.
Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird verworfen.

Gründe:

I.

Mit Urteil vom 2. Dezember 2024 hat das Amtsgericht Weißenfels gegen den in der Hauptverhandlung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbundenen Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ein Bußgeld von 350,00 € verhängt. Dieses Urteil ist dem Betroffenen am 22. Januar 2025 zugestellt worden.

Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner mit Schriftsatz seines Verteidigers erhobenen Rechtsbeschwerde vom 21. Januar 2025, die am selben Tag bei dem Amtsgericht Weißenfels eingegangen ist. Die Rechtsbeschwerdebegründung erfolgte mit Schriftsatz des Verteidigers vom 19. Februar 2025.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Zuschrift an den Senat vom 11. April 2025 beantragt, auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen das Urteil des Amtsgerichts Weißenfels vom 2. Dezember 2024 im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben, im Umfang der Aufhebung die Sache an das Amtsgerichts Weißenfels zurückzuverweisen und die weitergehende Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist statthaft, soweit gegen den Betroffenen ein Buß-geld in Höhe von 350,00 € verhängt worden ist (79 Abs.1 Nr.1 OWiG).

Die Rechtsbeschwerde hat auch teilweise in der Sache Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerderechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat (§ 79 Abs. 3 OWiG, § 349 Abs. 2 StPO).

Das angefochtene Urteil weist hinsichtlich der Bemessung der Geldbuße einen durchgreifen-den Rechtsfehler auf. Hierzu hat die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Zuschrift an den Senat vom 11. April 2025 das Folgende ausgeführt:

„Das Amtsgericht hat bei der Bemessung der Höhe der Geldbuße die verkehrsrechtlichen Voreintragungen des Betroffenen berücksichtigt (UA S. 3 f) — unter anderem diejenige gemäß Bußgeldbescheid des Kreises Soest vom 28.04.2022 (rechtskräftig seit 17.05.2022), mit dem gegen den Betroffenen eine Geldbuße von 200 Euro wegen Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften um 33 km/h beim Führen eines PKW festgesetzt wurde.

Im Ergebnis zu Recht weist die Rechtsbeschwerde darauf hin, dass die Verwertung dieser verkehrsrechtlichen Vorahndung gegen das absolute Verwertungsverbot gemäß § 29 Abs. 7 S. 1 i V. m. § 28 Abs. 2 Nr. 3 StVG verstößt. Danach darf eine eingetragene Tat und Entscheidung aus dem Verkehrseignungsregister für die Ahndung der Verstöße von Personen, die wiederholt Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr begehen, nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden, wenn die Eintragung im Fahreignungsregister gelöscht wurde. Dies gilt auch, wenn die Eintragung tilgungsreif ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen eines Verwertungsverbots ist nicht der Tattag, sondern an dem die letzte tatrichterliche Entscheidung ergeht (Euler, in BeckOK-OWiG, 45. Edition, Stand: 01.01.2025, § 29 StVG Rn. 8 m. weit. Nachw.)

Die vorstehende Eintragung vom 28.04.2022 (rechtskräftig seit 17.05.2022) war zum Zeitpunkt der Entscheidung des Amtsgerichts Weißenfels vom 02.12.2024 tilgungsreif. Nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. a StVG beträgt die Tilgungsfrist zwei Jahre und 6 Monate, wenn eine mit einem Punkt bewertete verkehrsbeeinträchtigende Ordnungswidrigkeit im Sinne Fahrerlaubnisverordnung (FeV) gegeben ist. Dies ist nach der Nr. 3.2.2 der Anlage 13 zu § 40 FeV (Fassung vom 20.04.2020, gültig vom 28.04.2020 bis 21.08.2024) in Verbindung mit Nr. 11.3.6 des Anhangs zu Nr. 11 (Tabelle 1) der Anlage zu § 1 Abs. 1 BKatV hier der Fall (in der aktuellen Fassung vom 13.10.2021, gültig seit dem 09.11.2021).

Die Tilgungsfrist begann gemäß § 29 Abs. 4 Nr. 3 StVG mit Eintritt der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung vom 28.04.2022, mithin am 17.05.2022 zu laufen. Tilgungsreife trat somit am 17.11.2024 ein.

Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Amtsgerichts am 02.12.2024 durfte die besagte Voreintragung somit nicht mehr verwertet werden. Da sie gleichwohl bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt wurde, ist nicht auszuschließen, dass das Amtsgericht bei Beachtung des Verwertungsverbots zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Das angegriffene Urteil ist daher im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben.

Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass im Rahmen der neu zu treffenden Sachentscheidung durch den Tatrichter zwischenzeitlich auch hinsichtlich der Voreintragung vom 02.12.2019 (rechtskräftig seit 21.12.2019) Tilgungsreife eingetreten ist. Die Tilgungsfrist betrug vorliegend gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 lit. b StVG 5 Jahre. Es handelt sich hier bei der Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften um 58 km/h - um eine besonders verkehrsbeeinträchtigende Ordnungswidrigkeit, die mit zwei Punkten nach der FeV bewertet ist, Nr. 2.2.3 der Anlage 13 zu § 40 FeV (Fassung vom 06.10.2017, gültig vom 19.10.2017 bis 27.04.2020) in Verbindung mit Nr. 11.3.8 der Tabelle 1 (Anhang zu Nr. 11) zur Anlage zu § 1 Abs. 1 BKatV (Fassung des Bußgeldkatalogs vom 05.11.2013, gültig vom 01.05.2014 bis 27.04.2020).

Auch bezüglich der weiteren Voreintragungen vom 17.03.2023 (rechtskräftig seit 06.04.2023) und vom 17.08.2023 (rechtskräftig seit 06.09.2023) wird der Tatrichter die jeweilige Tilgungsreife bezogen auf den Zeitpunkt seiner neuen Entscheidung zu prüfen haben."

Dem schließt sich der Senat an. Die Entscheidung über die Zurückverweisung folgt aus § 79 Abs. 6 OWiG.


Einsender: RA C. Schneider, Leipzig

Anmerkung:


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