Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Celle, Urt. v. 11.04.2025 - 2 ORs 18/25
Leitsatz des Gerichts:
1. Der Anwendungsbereich des § 261 StGB ist mittels teleologische Reduktion dahingehend einzuschränken, dass der Erwerb und Besitz von Cannabis unterhalb der Schwellenwerte von § 34 Abs. 1 Nrn. 1, 12 KCanG nicht zu einer Geldwäschestrafbarkeit führt(Anschluss an OLG Hamburg, Urt. v. 12.12.2024 – 5 ORbs 21/24).
2. § 34 Abs. 1 Nr. 12 KCanG entfaltet in diesem Fall gegenüber § 261 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB privilegierende Spezialität.
Oberlandesgericht Celle
Im Namen des Volkes
Urteil
2 ORs 18/25
In der Strafsache
Gegen pp.
wegen Handeltreiben mit Cannabis u.a.
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle in der Sitzung vom 11. April 2025, an der teilgenommen haben:
für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 25.06.2024 wird verworfen.
2. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Landeskasse auferlegt.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Hannover – Strafrichterin – hat den Angeklagten mit Urteil vom 23.01.2024 wegen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen (Tat zu Ziffer 1. am 10.04.2023; Tat zu Ziffer 2. am 20.04.2023) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Auf die Berufung des Angeklagten hin hat das Landgericht Hannover das amtsgerichtliche Urteil dahingehend abgeändert, dass es den Angeklagten hinsichtlich des den 10.04.2023 betreffenden Tatvorwurfs wegen Handeltreibens mit Cannabis schuldig gesprochen hat und gegen ihn eine Freiheitsstrafe von drei Monaten verhängt hat, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Im Übrigen hat es den Angeklagten hinsichtlich des den 20.04.2023 betreffenden Tatvorwurf freigesprochen.
II.
1. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts befand sich der Angeklagte am 10.04.2023 im Bereich der für Drogen- und Cannabishandel bekannten Straße „A. M.“ in H. und hielt dabei in seiner Hosentasche insgesamt 24,5 Gramm Cannabis in 25 einzeln verpackten Verkaufseinheiten zum gewinnbringenden Weiterverkauf vor, welches er zuvor für 70 Euro erworben hatte. Er beabsichtigte diese für 25 Euro pro Einheit an Abnehmer zu veräußern, um sich eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zur Mitfinanzierung seines Lebensunterhaltes zu verschaffen.
Zur Beweiswürdigung stellt das Urteil zunächst auf das Teilgeständnis des Angeklagten ab, wonach er das Cannabis zu dem Zweck besessen habe, es mit seinen Freunden zu rauchen. Das Landgericht hat seine weitergehenden, das Handeltreiben tragenden Feststellungen auf die Angaben der Zeugen PK S. und PK’in L. sowie die Ergebnisse der bei dem Angeklagten durchgeführten Wohnungsdurchsuchung gestützt, bei der insbesondere eine Feinwaage aufgewunden wurde.
Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten als Handeltreiben mit Cannabis nach § 34 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Nr. 1 KCanG gewürdigt. Es hat eine Gewerbsmäßigkeit seines Handelns angenommen und den Strafrahmen des § 34 Abs. 3 KCanG zugrunde gelegt und eine Freiheitsstrafe von 3 Monaten verhängt. Es hat dabei eine kurze Freiheitsstrafe sowohl aus spezial- als auch aus generalpräventiven Gründen als unerlässlich erachtet. Gleichwohl hat es in der Annahme, dass sich der Angeklagte bereits die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe zur Warnung dienen lassen wird, die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hat es mangels Hang abgelehnt, weil der Angeklagte glaubhaft versichert habe, mittlerweile keine Betäubungsmittel mehr zu konsumieren.
2. Von dem weiteren Anklagevorwurf aus der Anklageschrift vom 26.05.2023, wonach dieser am 20.04.2023 im Bereich der L. in H. insgesamt 6 Gramm Cannabis in acht einzeln verpackten Verkaufseinheiten zum gewinnbringenden Weiterverkauf vorgehalten haben soll, hat es den Angeklagten freigesprochen. Zwar hat das Landgericht insoweit festgestellt, dass der Angeklagte am 20.04.2023 um 21:00 Uhr im Bereich der L. in H. insgesamt 6 Gramm Cannabis (netto) in acht einzeln Verpackten Verkaufseinheiten in einem größeren Plastikbeutel mit sich führte, die er zuvor für 50 Euro erworben hatte. Von einem Handeltreiben hat sich die Kammer jedoch nicht zu überzeugen vermocht. Dabei hat es einerseits den vom Angeklagten angeführten Eigenkonsum/Eigenbedarf wie auch die „relativ geringe Menge“ und den Umstand, dass der Angeklagten nicht an einem „klassischen“ Handelsplatz angetroffen worden ist, in den Blick genommen. Ferner hat es gewürdigt, dass keine Verkaufshandlungen beobachtet worden sind und der Angeklagte keine größere Bargeldmenge mitgeführt hat. Andererseits hat es die einschlägigen Vorstrafen wegen Handeltreibens bedacht.
3. Gegen dies Urteil wendet sich die auf die näher ausgeführte, allgemeine Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft, mit der der freisprechende Teil des Urteils beanstandet wird.
III.
Die fristgerecht erhobene und begründete Revision der Staatsanwaltschaft macht unter Beschränkung auf den den 20.04.2023 betreffenden Tatvorwurf eine Verletzung des § 264 StPO geltend, weil das Landgericht das Verhalten nicht unter allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten erschöpfend behandelt habe. Das Urteil leide unter einem Sachmangel, weil eine Strafnorm nicht angewendet worden sei (BeckOK StPO/Eschelbach, 54. Ed. 1.1.2025, StPO § 264 Rn. 23). Das Landgericht habe den Sachverhalt nicht unter allen rechtlichen Gesichtspunkten erschöpfend behandelt. Das Inkrafttreten des KCanG habe nicht dazu geführt, dass der Erwerb geringer Mengen Cannabis in jeder Hinsicht straffrei sei. Vielmehr stelle der Erwerb insbesondere bei Delikten, die sich vor dem 01.04.2024 zugetragen hätten, eine strafbare Geldwäsche nach § 261 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB dar (vgl. Weiß, wistra 2024, 225). Taugliche Vortat, aus der das Cannbis stamme, sei jedenfalls der Anbau des Cannabis.
Eine teleologische Reduktion des § 261 StGB komme nicht in Betracht, weil sie den in der Gesetzesbegründung genannten Zwecken des KCanG (Gesundheitsschutz, cannabisbezogene Prävention und Aufklärung sowie Eindämmung des illegalen Schwarzmarktes) zuwiderlaufe. Eine analoge Anwendung von § 261 Abs. 7 StGB scheide mangels planwidriger Regelücke aus. Auch eine Sperrwirkung der Tatbestände des § 34 KCanG dahingehend, dass ein nach KCanG straffreier Umgang mit Cannabis auch nicht mehr von anderen Strafvorschriften erfasst sei, komme nicht in Betracht. Eine entsprechende Regelung sei weder in das Gesetz aufgenommen worden noch im Gesetzgebungsverfahren diskutiert worden. Da das Urteil entsprechende Ausführungen zu einer Strafbarkeit nach § 261 StGB vermissen lasse, weise es einen Sachmangel auf. Diese Frage habe der Kognitionspflicht des Landgerichts unterlegen, weil der Erwerb und der Besitz nach den Feststellungen des Landgerichts eine prozessuale Tat bildeten.
IV.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt,
auf die Revision der Staatsanwaltschaft Hannover das Urteil des Landgerichts Hannover vom 25.06.2024 mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben, soweit der Angeklagte freigesprochen wurde, und
die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Hannover zurückzuverweisen.
Die Staatsanwaltschaft habe ihre Revision wirksam auf den Teilfreispruch wegen der dem Angeklagten am 20.04.2023 vorgeworfenen Tat beschränkt. Die erhobene Rüge wegen eines Verstoßes gegen die sich aus § 264 Abs. 2 StPO ergebenden Kognitionspflicht greife durch. Die Entscheidung des OLG Hamburg (Urteil vom 12.12.2024 – 5 ORbs 21/24), wonach der Anwendungsbereich des § 261 StGB dahingehend einzuschränken sei, dass der Erwerb oder die Entgegennahme von Cannabis unterhalb der Schwellenwerte von § 34 Abs. 1 Nrn. 1, 12 KCanG nicht als Geldwäsche strafbar sei, überzeuge nicht. Dem stünden die Regelungsabsicht des historischen Gesetzgebers und die von ihm seinerzeit in Verfolgung dieser Absicht getroffenen Wertentscheidungen entgegen.
Der Straftatbestand diene in seiner aktuellen Fassung nach dem Willen des Gesetzgebers dazu, sowohl das durch die jeweilige Vortat geschützte Rechtsgut als auch die Rechtspflege zu schützen. Zu diesem Zweck sollen aus den Vortaten herrührende Gegenstände de facto verkehrsunfähig gemacht werden, indem die in § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB beschriebenen Formen des Umgangs mit ihnen strafbewehrt seien. Diese grundlegende Wertentscheidung des Gesetzgebers, die in dem in seinem Anwendungsbereich erheblich erweiterten Straftatbestand des § 261 StGB ihren Ausdruck gefunden habe, würde ignoriert, wenn man den Tatbestand mit dem OLG Hamburg in der beschriebenen Weise teleologisch reduzierte.
V.
Die wirksam auf den Teilfreispruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Angeklagten im Ergebnis zutreffend von dem den 20.04.2023 betreffenden Tatvorwurf freigesprochen. Entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht bei seiner Entscheidung nicht gegen die aus § 264 Abs. 2 StPO resultierende Kognitionspflicht verstoßen.
1. a) Die Beweiswürdigung der Kammer begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Auf die Sachrüge hin prüft das Revisionsgericht von Amts wegen insbesondere, ob die tatrichterliche Beweiswürdigung so, wie sie sich aus den Urteilsgründen ergibt, den Beweisstoff lückenlos ausgeschöpft hat und keine Widersprüche oder Verstöße gegen die Denkgesetze oder Erfahrungssätze aufweist (KK-StPO/Tiemann, 9. Aufl. 2023, StPO § 261 Rn. 204, beck-online). Derartige Mängel liegen hier nicht vor, sodass der Schluss der Kammer, dass dem Angeklagten hinsichtlich des 20.04.2023 kein Handeltreiben nachzuweisen war, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
b) Eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen des Besitzes des Cannabis nach dem KCanG scheidet aus, denn er hat vorliegend lediglich eine Menge von 6 Gramm Cannabis mitgeführt. Nachdem sich insoweit § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG aufgrund des Umstandes, dass die Strafbarkeit des Besitzes von Cannabis erst ab einer Menge von mehr als 30 Gramm beginnt, gegenüber § 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG als das mildere Gesetz i.S.d. lex-mitior-Grundsatz aus § 2 Abs. 3 StGB erweist (vgl. OLG Hamburg Urt. v. 12.12.2024 – 5 ORbs 21/24, BeckRS 2024, 37715 Rn. 9, beck-online m.w.N.), ist bereits der Tatbestand nicht erfüllt.
2. Entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht bei seiner Entscheidung auch nicht deshalb gegen die aus § 264 Abs. 2 StPO resultierende Kognitionspflicht verstoßen, weil es den Erwerb der 6 Gramm Cannabis nicht als nach § 261 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB strafbare Geldwäsche gewertet hat.
Die Prüfung des Revisionsgerichts umfasst auf die allgemeine Sachrüge hin auch die Frage, ob das Recht auf den festgestellten Sachverhalt richtig angewendet worden ist und ob die Urteilsfeststellungen hierfür eine tragfähige Grundlage bieten (BGHSt 14, 162 = NJW 1960, 1397; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 337 Rn. 21 m.w.N; OLG Hamburg Urt. v. 12.12.2024 – 5 ORbs 21/24, BeckRS 2024, 37715 Rn. 12, beck-online.). Dabei gebietet es die Kognitionspflicht, dass der Prozessstoff durch vollständige Aburteilung des einheitlichen Lebensvorgangs erschöpft wird, was bedeutet, dass die gegenständliche Tat restlos nach allen tatsächlichen und denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten aufzuklären und abzuurteilen ist (vgl. BGH, Urt. v. 6.11.2024 – 2 StR 290/24, juris; BGH, NStZ 2014, 599 (600); Urt. vom 26. Januar 2017 – 3 StR 482/16, juris; Urt. vom 11. Januar 2024 – 3 StR 254/23, juris; BGH, NStZ-RR 2014, 57).
Gemessen an diesem Maßstab liegt hier kein Verstoß gegen die Kognitionspflicht vor. Zwar war insoweit bisher in der Literatur umstritten, ob der Erwerb einer unter dem Schwellenwert des § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG liegenden Menge Cannabis eine nach § 261 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB strafbare Geldwäsche darstellt. Während eine Ansicht dies insbesondere unter Hinweis auf den Willen des (historischen) Gesetzesgebers des Geldwäschetatbestandes bejaht (Weiß, wistra 2024, 225 ff.), geht die Gegenansicht unter Bezugnahme auf den Willen des Gesetzgebers des KCanG davon aus, dass eine Strafbarkeit nach § 261 StGB nicht in Betracht kommt, weil die Regelungen des KCanG für diesen Fall eine Sperrwirkung gegenüber § 261 StGB entfalteten (vgl. Lichtenthäler, wistra 2024, 353 ff.; Patzak/Möllinger, NStZ 2024, 321 ff.(323 Fn 20.).
Nunmehr liegt zu dieser Frage auch eine obergerichtliche Entscheidung in Form des Urteils des OLG Hamburg vom 12.12.2024 – 5 ORbs 21/24 vor. Danach scheide eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche gem. § 261 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 4 StGB aus, weil der Tatbestand insoweit zu weit geraten und unterhalb der Schwellenwerte des § 34 Abs. 1 Nr. 12 KCanG teleologisch zu reduzieren sei (OLG Hamburg Urt. v. 12.12.2024 – 5 ORbs 21/24, BeckRS 2024, 37715 Rn. 28, beck-online). Eine teleologische Reduktion setze eine verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Diese könne aus systematischer Sicht insbesondere dann angenommen werden, wenn es ansonsten zu einem völligen oder nahezu völligen Leerlaufen einer Regelung und entsprechenden Wertungswidersprüchen komme (vgl. Lichtenthäler, wistra 2024, 353, 355 f.). Dies sei hier der Fall: Der Straftatbestand des § 261 StGB gehe insoweit nach seinem Wortsinn in Bezug auf den Erwerb bzw. die Entgegennahme von Cannabis zu weit, als der Gesetzgeber diese(n) unterhalb der Schwellenwerte des § 34 Abs. 1 Nr. 12 KCanG straflos gestellt und dabei verkannt habe, dass im Falle des Erwerbs bzw. der Entgegennahme von Cannabis aus einer untersagten Quelle (z.B. Handeltreiben des Veräußerers) dennoch der Wortlaut des § 261 StGB erfüllt sein könne (OLG Hamburg, a.a.O., Rn. 30,). Die durch die Strafnorm des § 261 StGB geschützten Rechtsgüter seien durch die nach dem KCanG straflos gestellten Handlungen entweder nicht oder in nicht strafwürdigem Maße berührt, sodass eine teleologische Reduktion nicht nur möglich, sondern auch notwendig sei, um Wertungswidersprüche und Friktionen mit dem KCanG zu vermeiden (OLG Hamburg, a.a.O., Rn. 32). Die Entkriminalisierungsintention des Gesetzgebers spreche gegen eine Strafbarkeit gem. § 261 StGB (OLG Hamburg, a.a.O., 35).
Der Senat schließt sich dieser umfassend und überzeugend begründeten letztgenannten Ansicht an. Nur auf diesem Wege kann letztlich ein fast völliges Leerlaufen der gesetzgeberischen Reformbestrebungen verhindert werden.
Insoweit vermag der Senat auch keinen entgegenstehenden Willen des historischen Gesetzgebers zu erkennen. Denn unter dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung überlagert bzw. ersetzt in der vorliegenden Fallkonstellation der Wille des aktuellen Gesetzgebers aufgrund der eindeutigen Intention zur Entkriminalisierung bestimmter konsumnaher bzw. konsumbezogener Handlungen (BT-Drs. 20/8704, S. 86) insoweit den Willen des historischen Gesetzgebers des Geldwäschetatbestandes. Zwar ist der Gegenansicht insoweit zuzugestehen, dass die Gesetzesmaterialien selbst zur der Frage der Anwendbarkeit des § 261 StGB nicht explizit Stellung nehmen. In Ansehung der eindeutigen Intention handelt es sich insoweit jedoch erkennbar um ein Versehen, welches überhaupt erst die Möglichkeit der teleologischen Reduktion ermöglicht. Dem steht letztlich auch nicht der Wille des Gesetzgebers des KCanG entgegen, den illegalen Schwarzmarkt einzudämmen. Zwar tangiert die teleologische Reduktion dieses Anliegen. Gleichwohl handelt es sich insoweit um einen dem Gesetz immanenten Widerspruch, der dem Fehlen legaler Bezugsquellen im Zeitpunkt der Entkriminalisierung geschuldet ist. Insoweit verzichtet der Gesetzgeber auf das Rechtsgut der Strafrechtspflege– selbst unter Gefährdung des Ziels einer Eindämmung des Schwarzmarktes –in Bezug auf den Erwerb bzw. die Entgegennahme kleinerer Mengen von Cannabis, da er insoweit die Strafverfolgungsbehörden entlastet sehen will. In der Begründung (BT-Drs. 20/8704, S. 1, 131) zu § 34 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 8 (die jetzige Nr. 12) heißt es: „Der Besitz und Erwerb von Cannabis sind nach § 34 Absatz 1 Nummer 1 bzw. Nummer 8 erst bei Überschreiten der Menge von 25 g strafbar. Dies gilt unabhängig davon, ob das Cannabis auf dem Schwarzmarkt oder auf legalem Weg erworben wurde. Dieser Ansatz ist sachgerecht, um die Strafverfolgungsbehörden zu entlasten sowie aufwendige und unverhältnismäßige labortechnische Untersuchungen zu vermeiden“ (OLG Hamburg, a.a.O., Rn. 34).
Für diese Ansicht spricht letztlich auch, dass bereits vor Einführung des KCanG anerkannt war und weiterhin ist, dass spezialgesetzliche Regelungen wie § 29 Abs. 1 BtMG dem Geldwäschetatbestand des § 261 StGB im Wege der Gesetzeskonkurrenz vorgehen, wenn die Geldwäschehandlung auch den Tatbestand der Betäubungsmitteldelikte verwirklicht, beispielsweise durch den Erwerb zum Eigenverbrauch (vgl. Fischer, StGB, 72. Auflage (2025), §261, Rn. 71; Krause in: Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Auflage, § 261 StGB, Rn. 51). Konkurrenzrechtlich ist für den Fall der Nichtanwendbarkeit des verdrängenden Gesetzes weiterhin anerkannt, dass jedenfalls dann nicht auf das verdrängte Gesetz zurückgegriffen werden kann, wenn der Täter durch das vorrangige Gesetz privilegiert werden soll (Rissing-van Saan in: Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Auflage, vor § 52 StGB, Rn. 117; BGH Urt. vom 10.11.2022 – 5 StR 283/22). So verhält es sich vorliegend. Es liegt ein Fall privilegierender Spezialität vor. Dass an dieser Beurteilung durch die Einführung des KCanG etwas geändert werden sollte, ist weder ersichtlich noch würde es der Intention des Gesetzgebers entsprechen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf 467 Abs. 1 StPO.
Einsender: 2. Strafsenat des OLG Celle
Anmerkung: