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Entscheidungen

KCanG u.a., Vereinsrecht

KCanG, Anbauvereinigung, Zweigverein, Gesamtverein, Vereinszweck

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.04.2025 – 14 W 92/24 (Wx)

Leitsatz des Gerichts:

1. Die vereinsrechtliche Konstruktion eines in Zweigvereine untergliederten Gesamtvereins setzt voraus, dass sich die Vereinszwecke von Zentralverein und Zweigvereinen decken.
2. Wegen zwingender Vorgaben des Gesetzes zum Umgang mit Konsumcannabis (KCanG) kann sich der Vereinszweck eines übergeordneten, auf die Förderung örtlicher Anbauvereinigungen ausgerichteten Zentralvereins mit dem in § 1 Nr. 13 KCanG legaldefinierten, ausschließlichen Zweck einer Anbauvereinigung im Sinne des KCanG nicht decken. Die Eintragung einer Anbauvereinigung in das Vereinsregister als Zweigverein eines so konzipierten Gesamtvereins ist daher unzulässig.


In pp.

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Registergericht - Freiburg im Breisgau vom 17.09.2024, Az. 00 AR 2370/24, wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Mit am 10.07.2024 beim Amtsgericht - Registergericht - Freiburg eingegangenem Schreiben mit angeschlossener Vereinsregisteranmeldung beantragte Herr … als Vorstand des in Gründung befindlichen Zweigvereins „M C K“ (im Folgenden: Zweigverein) des Zentral-/Gesamtvereins „M C D e. V.“ (im Folgenden: Zentralverein) die Eintragung des Zweigvereins in das Vereinsregister. Der Zentralverein ist mittlerweile im Vereinsregister bei dem Amtsgericht G eingetragen worden.

Auf die Anmeldeunterlagen AS 1 ff. wird Bezug genommen. In der Gründungsversammlung vom 03.07.2024 wählten die anwesenden sieben Gründungsmitglieder unter anderem den Vorstand und verabschiedeten die Satzung. Wegen des Inhalts der Versammlung wird auf das Versammlungsprotokoll (AS 7 ff.) Bezug genommen.

Die Satzung des Zweigvereins enthält folgenden Passus (auszugsweise):
§ 2
Zweck
(1) Der Verein hat ausschließlich den gemeinschaftlichen Eigenanbau und die Weitergabe des in gemeinschaftlichem Eigenanbau angebauten Cannabis durch und an seine Mitglieder zum Eigenkonsum sowie die Weitergabe von beim gemeinschaftlichen Eigenanbau gewonnenem Vermehrungsmaterial für den privaten Eigenanbau an seine Mitglieder, an sonstige Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, oder an andere Anbauvereinigungen, zum Zweck.
(2) Zudem hat er zu diesem Zweck Aufklärungs-, Präventions- und Bildungsarbeit zu leisten. Er gibt die Informationen über cannabisspezifische Suchtprävention und -beratung an seine Mitglieder weiter.

Die Satzung des Zentralvereins enthält u. a. folgende Passagen (auszugsweise):

Präambel
Die vordringliche Aufgabe des M C D e. V. ist die indirekte Bekämpfung und Zerschlagung des Cannabis-Schwarzmarktes in Deutschland. Dazu soll deutschlandweit die Eröffnung und Organisation von Cannabis Social Clubs … erleichtert werden.

… verfolgen wir das Ziel, die Rahmenbedingungen für unsere Mitglieder kontinuierlich zu verbessern. Die Einführung einer Struktur mit Zweigvereinen dient dazu, die Mitgliederverwaltung, Buchführung, Kommunikation mit den Behörden, rechtliche Angelegenheiten sowie den Wissenstransfer beim Eigenanbau durch die Mitglieder effizient und wirkungsvoll zu gestalten. …

§ 2
Zweck
(1) Hierbei gründet der Verein Zweigvereine, die jeweils als Anbauvereinigungen eigenständig Cannabis anbauen und ihren Mitgliedern zur Verfügung stellen… Der Verein erstellt zentral die Infrastruktur für die Zweigvereine und übernimmt für diese zentrale Aufgaben der Verwaltung. Dies findet insoweit Einschränkung, als dass den Zweigvereinen ein Anbau gesetzlich nicht mehr möglich wäre, so wird insbesondere der Eigenanbau zum Eigenkonsum durch die Mitglieder der Zweigvereine selbst durchgeführt.
(2) Eine weitere bedeutende Aufgabe des M C D e. V. ist die Suchtprävention von Cannabis-Konsum. Dabei soll insbesondere die Bildung von Abhängigkeitssyndromen und Schäden verringert werden. Dies geschieht vor allem durch Aufklärung, Schulungen und ähnlichen Konzepten. Der Schutz von Minderjährigen hat eine hohe Priorität. Der Verein gibt den Zweigvereinen hierfür die Information über cannabisspezifische Suchtprävention und -beratung.
(3) Zusätzlich trägt der Verein zur Schaffung und zum Erhalt der erforderlichen Infrastrukturen bei, die verschiedene Bereiche umfassen können, darunter Immobilien, technische Ausrüstungen und weitere unterstützende Ressourcen. Diese Bemühungen zielen darauf ab, den Betrieb und die Aktivitäten der Zweigvereine zu erleichtern und zu optimieren.
Wegen der Einzelheiten der Satzungen des Zweigvereins sowie des Zentralvereins wird auf die beiden Satzungen (AS 15 ff., 27 ff.) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 19.07.2024 wies das Registergericht auf insgesamt sieben nach seiner Auffassung einer Eintragung entgegenstehende Satzungsinhalte hin; wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen (AS 49 ff.). Unter Ziffer 2 dieses Schreibens teilte das Registergericht insbesondere mit, dass sich die Vereinszwecke von Zentral- und Zweigverein nicht entsprächen, was für die gewählte Organisationsform des Gesamtvereins indes erforderlich sei; da die Zwecke wegen der Erfordernisse des Konsumcannabisgesetzes (im Folgenden: KCanG) auch nicht in Einklang gebracht werden könnten, liege insoweit ein nicht behebbares Eintragungshindernis vor, das die Zurückweisung des Antrags (und nicht lediglich den Erlass einer Zwischenverfügung gemäß § 382 Abs. 4 FamFG) rechtfertige. Das Registergericht legte daher die Antragsrücknahme nahe und gab zugleich Gelegenheit, die daneben aus seiner Sicht vorliegenden, behebbaren Eintragungshindernisse zu beseitigen, falls der Antrag nicht zurückgenommen werden sollte.

Mit Beschluss vom 17.09.2024, dem Zweigverein sowie dem anmeldenden Vorstand persönlich jeweils zugestellt am 19.09.2024, wies das Registergericht den Antrag auf Anmeldung in das Vereinsregister wegen der Nichtbehebung behebbarer Eintragungshindernisse sowie eines nicht behebbaren Eintragungshindernisses – namentlich die fehlende, nicht behebbare Übereinstimmung der Vereinszwecke von Zentral- und Zweigverein – unter Hinweis auf das im Beschluss als „Zwischenverfügung“ bezeichnete Schreiben vom 19.07.2024 kostenpflichtig zurück.

Mit undatiertem und nicht unterzeichnetem Schreiben, das beim Registergericht am 19.09.2024 eingegangen ist und Bezug auf das Schreiben des Registergerichts vom 19.07.2024 nimmt, erläuterte „Das M.-Team“ – ausweislich des Schreibens für den Zentralverein – unter anderem die gewählte Struktur des Gesamtvereins näher. Rechtlich untergliedere dieser sich in einen selbständigen Zentralverein und rechtlich selbständige Zweigvereine. Der Gesamtverein biete den Mitgliedern eine gemeinsame Plattform und diene dem Ziel, die Legalisierung von Cannabis auf verschiedensten Wegen voranzubringen. Der Zweigverein habe „schon alleine vom Zweck her ganz andere Aufgaben und Ziele“ als der Zentralverein, die der Zweigverein „völlig eigenständig“ übernehme. Der Zweigverein wolle Anbauvereinigung im Sinne des § 1 Nr. 13 KCanG sein. Der Gesamtverein wolle dies nicht, er habe mit dem Cannabis selbst „überhaupt nichts zu tun“. Diese in der Struktur des Gesamtvereins angelegten Unterschiede stellten indes kein Eintragungshindernis dar. Auf dieses Schreiben reagierte das Registergericht mit Schreiben vom 24.09.2024 und teilte mit, an seiner Rechtsauffassung festzuhalten.

Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 07.10.2024 legte der Zweigverein Beschwerde gegen den Zurückweisungsbeschluss vom 17.09.2024 ein. Zur Begründung führte er unter anderem aus, es läge kein nicht behebbares Eintragungshindernis vor. Es treffe nicht zu, dass sich die Satzungen des Zentral- und des Zweigvereins entsprechen müssten; diese dürften sich lediglich nicht widersprechen, was vorliegend nicht der Fall sei. In der Annahme, bei dem Schreiben des Registergerichts vom 19.07.2024 handele es sich um eine Zwischenverfügung im Sinne des § 382 Abs. 4 FamFG, die indes nicht zugestellt worden sei, beantragte der Zweigverein die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Behebung behebbarer Eintragungshindernisse.

Mit Beschluss vom 08.10.2024 hat das Registergericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung führte es zunächst aus, dass es sich bei dem Schreiben vom 19.07.2024 um keine Zwischenverfügung, sondern einen Zurückweisungsbeschluss gehandelt habe. In der Sache liege ein nicht behebbares Eintragungshindernis vor. Außerdem habe der Zweigverein hinsichtlich dreier behebbarer Eintragungshindernisse – namentlich den Hinweis auf einen unzulässigen Vereinszweck, der den in § 1 Nr. 13 KCanG definierten Rahmen überschreite, sowie unklare Satzungsregelungen zur Doppelmitgliedschaft und zur Beitragspflicht – zu erkennen gegeben, dass offenbar keine Absicht bestehe, die Satzung anzupassen.

Im Beschwerdeverfahren hat der beteiligte Verein mit Schriftsatz vom 12.11.2024 zum Nichtabhilfebeschluss Stellung genommen. Ein nicht behebbares Eintragungshindernis liege nicht vor. Der Vereinszweck in der Satzung des Zweigvereins sei nicht zu beanstanden. Soweit in der Nichtabhilfeentscheidung erstmals eine Nichtbeschränkung der Aufklärungs- und Präventionsarbeit auf die Mitglieder des Zweigvereins beanstandet werde, könnte dem durch eine Anpassung der Satzung Rechnung getragen werden. Sofern das Registergericht es für notwendig halte, könne auch wegen der Unklarheit zur Doppelmitgliedschaft ein klarstellender Passus in die Satzung des Zweigvereins eingefügt werden. Zu Gleichem sei der Verein auch wegen der Beanstandungen hinsichtlich der Beitragsverpflichtungen, der Einberufungsmöglichkeit einer außerordentlichen Mitgliederversammlung auch durch Nichtmitglieder sowie der Einladungen zu den Mitgliedsversammlungen bereit.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

1. Das Rechtsmittel des Antragstellers ist als befristete Beschwerde statthaft und auch im Übrigen zulässig, §§ 382 Abs. 3, 59 Abs. 2, 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG. Der Beteiligte ist insbesondere beschwerdeberechtigt (vgl. BGH, Beschluss vom 28.03.2023 - II ZB 11/22, Rn. 8 f., juris). Zwar erlangt ein Verein gemäß § 21 BGB erst mit seiner Eintragung in das Vereinsregister seine Rechtsfähigkeit als Verein. Aus Gründen der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ist es indes geboten, dem – bis dahin bestehenden – Vorverein im Eintragungsverfahren die uneingeschränkte Rechts- und Beteiligtenfähigkeit zuzubilligen. Die erforderliche Beschwer folgt aus der Zurückweisung der Anmeldung durch das Registergericht.

2. Die Voraussetzungen für eine unmittelbare Zurückweisung des Antrags auf Eintragung in das Vereinsregister liegen vor.

a) Eine den Antrag auf Anmeldung endgültig ablehnende Entscheidung nach § 382 Abs. 3 FamFG ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich ohne vorangegangene Zwischenverfügung nach § 382 Abs. 4 FamFG nur dann statthaft, wenn ein nicht behebbares Eintragungshindernis vorliegt. Liegt lediglich ein behebbares Hindernis vor, hat das Registergericht dem Antragssteller regelmäßig zunächst die Möglichkeit zur Beseitigung durch eine Zwischenverfügung zu geben. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt nur in Betracht, wenn die Beteiligten auf einen Hinweis des Registergerichts ernsthaft und endgültig zu erkennen geben, dass sie nicht gewillt sind, ihre Anmeldung entsprechend den vom Registergericht genannten Anforderungen zu ergänzen; in einem solchen Fall darf das Registergericht – auf der Grundlage seiner eigenen Rechtsauffassung – nicht durch Zwischenverfügung entscheiden, sondern muss den Eintragungsantrag zurückweisen (Bumiller/Harders/Schwamb/Harders, FamFG, 13. Aufl. 2022, § 382 Rn. 15; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.12.2017 - I-3 Wx 275/16, Rn. 11, juris).

Die konstitutiven Voraussetzungen für die Gründung sowie die Rechtsfähigkeit der Anbauvereinigung als Verein bestimmen sich nach dem geltenden Vereinsrecht der §§ 21 ff. BGB und werden durch das KCanG nicht berührt, weshalb das Registergericht im Falle der Anmeldung zur Eintragung in das Vereinsregister – wie auch sonst – die sich aus dem Vereinsrecht ergebenden Anforderungen in vollem Umfang zu prüfen hat (vgl. zur Maßgeblichkeit des Vereinsrechts auch BR-Drs. 367/23, S. 100).

Die Beschwerde kann gemäß § 65 Abs. 3 FamFG auf neue Tatsachen und Beweismittel gestützt werden; die zweite Instanz ist eine vollwertige Tatsacheninstanz. Neu sind Tatsachen und Beweismittel, wenn sie im bisherigen Verfahren noch nicht vorgebracht wurden (Joachim in: Bahrenfuss, FamFG, 3. Аufl. 2016, § 68, Rn. 15, juris). Die Zurückweisung einer Beschwerde kommt nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen für den Erlass der angegriffenen Ausgangsentscheidung auch noch zum Zeitpunkt des Erlasses der Beschwerdeentscheidung vorliegen (MüKoFamFG/Fischer, 4. Aufl. 2025, § 68 Rn. 34).

b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das Registergericht den Eintragungsantrag zurecht ohne vorherigen Erlass einer Zwischenverfügung unmittelbar zurückgewiesen. Denn es liegt ein nicht behebbares Eintragungshindernis vor (dazu aa). Ob die Zurückweisung wegen zwar behebbarer, aber durch den Beschwerdeführer nicht behobener Eintragungshindernisse vor dem Hintergrund der im Beschwerdeverfahren veränderten Umstände Bestand haben könnte, kann dahinstehen (dazu bb).

aa) Es liegt ein nicht behebbares Eintragungshindernis wegen divergierender Vereinszwecke des Zentral- und des Zweigvereins vor.

(1) Unter dem Begriff „Gesamtverein“ versteht man einen Verein, der über Untergliederungen verfügt, in denen Teile der Mitglieder (vielfach gebiets- oder spartenweise) zusammengefasst sind. Bei den Untergliederungen kann es sich um rechtlich selbständige (eingetragene oder nicht eingetragene) Vereine oder um unselbstständige Organisationseinheiten handeln. Sofern diese Untergliederungen ihrerseits rechtlich selbständige Vereine sind, spricht man von einem in Zweigvereine untergliederten Gesamtverein. Anders als bei sog. Dachverbänden sind die Zweigvereine dabei nicht selbst Mitglieder der als Zentral-, Haupt- oder Gesamtverein bezeichneten übergeordneten Ebene.

Die Verknüpfung von Zentral- und Zweigverein erfolgt vielmehr dadurch, dass die Mitglieder in den Zweigvereinen zugleich Mitglieder des Zentralvereins sind und umgekehrt, sog. „gestufte Mehrfachmitgliedschaft“ (BGH, Urteil vom 05.10.1978 - II ZR 177/76, Rn. 14, juris; MüKoBGB/Leuschner, 10. Aufl. 2025, § 21 Rn. 163). Weil jeder (rechtlich selbständige) Zweigverein die Merkmale eines Vereins erfüllen muss, muss er – über die Erfüllung der allgemeinen Vereinsmerkmale (z. B. körperschaftliche Organisation, Vereinsname, Mitgliederunabhängigkeit usw.) hinaus – neben seiner (unselbständigen) Tätigkeit für den Gesamtverein auch eigenständig Aufgaben wahrnehmen. Hat der Zweigverein eine eigene Satzung, dürfen sich die Satzungen von Zentral- und Zweigverein nicht widersprechen. Die Vereinszwecke müssen sich „entsprechen“; sie müssen übereinstimmen (BGH, Urteil vom 05.12.1983 - II ZR 252/82, Rn. 9, juris [„Pfadfinder“]; BGH, Urteil vom 19.03.1984 - II ZR 168/83, Rn. 7, juris [DLRG e. V.]; BeckOK BGB/Schöpflin, Stand: 01.02.2025, § 21 Rn. 45; Staudinger/Schwennicke, BGB, 2023, § 21 Rn. 16; Steinbeck in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 5, 5. Aufl. 2021, Kap. 2 § 5a Rn. 31; Reichert/Schimke/Dauernheim/Schiffbauer, Vereins- und Verbandsrecht, 15. Aufl. 2024, Kap. 7 A. Die privatrechtlich organisierten Verbände, Rn. 15). Dies folgt daraus, dass der Zweigverein im Zentralverein integriert ist. Dabei wird sich der Zweck des Gesamtvereins regelmäßig aus der Satzung ergeben, während die Satzungen der Untergliederungen nach herrschender Meinung keine ausdrückliche Aussage zum Zweck des Zweigvereins treffen müssen (zum Ganzen: Steinbeck, a. a. O., Rn. 31; Staudinger/Schwennicke, a. a. O., § 21 Rn. 16). Vor dem Hintergrund, dass sich die Mitgliedschaft der Mitglieder sowohl auf den Zentralverein als auch den untergliederten Zweigverein bezieht, liegt es auf der Hand, dass sich die Vereinszwecke nicht nur nicht widersprechen, sondern decken müssen.

In dieser rechtlichen Abhängigkeit zwischen Zentral- und Zweigvereinen liegt ein wesentlicher Unterschied zu einem sog. Dachverband wie etwa dem … – Dachverband (https://...de), dessen Ziel zwar ebenfalls die Förderung örtlicher Anbauvereinigungen ist, der von diesen indes rechtlich völlig unabhängig ist.

(2) Die Vereinszwecke des Zentral- und des Zweigvereins entsprechen sich nicht und können sich aufgrund zwingender gesetzlicher Vorgaben auch nicht entsprechen, weshalb ein nicht behebbares Eintragungshindernis vorliegt.

/1/ Was Zweck des Zentralvereins – also dessen Ziel, Sinn oder Bestimmung (vgl. zur semantischen Bedeutung das Online-Wörterbuch „Woxikon“) – ist, lässt sich der Präambel sowie § 2 der Satzung des Zentralvereins entnehmen. Als „vordringliche Aufgabe“ ist hierbei die indirekte Bekämpfung und Zerschlagung des Cannabis-Schwarzmarktes in Deutschland durch die deutschlandweit erfolgende Eröffnung und Organisation von Cannabis Social Clubs bezeichnet (vgl. die Präambel der Satzung des Zentralvereins), daneben wird die Suchtprävention als „weitere bedeutsame Aufgabe“ (vgl. § 2 Abs. 2 der Satzung) definiert. Diese Zwecke will der Zentralverein verfolgen, indem er die örtlichen Anbauvereinigungen in vielerlei Hinsicht unterstützt, etwa durch die Weitergabe von Informationen zu cannabisspezifischer Suchtprävention und -beratung an die Zweigvereine, die ihren Mitgliedern gegenüber zu Hilfeleistungen in eben diesen Bereichen gesetzlich verpflichtet sind (vgl. § 23 Abs. 4 KCanG), durch Beiträge zur Schaffung und zum Erhalt erforderlicher Infrastrukturen zugunsten der Zweigvereine (vgl. § 2 Abs. 3 der Satzung), durch die Übernahme zentraler Verwaltungsfunktionen oder sonstige Bemühungen, die Rahmenbedingungen der an legalen Anbau- und Konsummöglichkeiten von Cannabisprodukten interessierten Mitglieder zu verbessern (etwa politische „Lobbyarbeit“). Dagegen kann und will der Zentralverein selbst aufgrund von Restriktionen im KCanG (etwa § 16 Abs. 2 KCanG) nicht Anbauvereinigung im Sinne des § 1 Nr. 13 KCanG sein.

Demgegenüber ist der allein zulässige Zweck einer Anbauvereinigung in § 1 Nr. 13 KCanG legaldefiniert: Danach sind Anbauvereinigungen eingetragene nicht wirtschaftliche Vereine oder eingetragene Genossenschaften, „deren ausschließlicher Zweck der gemeinschaftliche nichtgewerbliche Eigenanbau und die Weitergabe von Cannabis zum Eigenkonsum durch und an Mitglieder, die Weitergabe von Vermehrungsmaterial sowie die Information von Mitgliedern über cannabisspezifische Suchtprävention und -beratung ist“. Diese exakt definierte und für weitere Zwecke nicht offene Zweckbestimmung kann ausschließlich im Rahmen einer Anbauvereinigung verfolgt werden, da nur behördlich zugelassenen Anbauvereinigungen der gemeinschaftliche nichtgewerbliche Eigenanbau und die Weitergabe von Cannabis zum Eigenkonsum durch und an Mitglieder erlaubt ist.

Ausgehend hiervon entsprechen sich die Zwecke, die der Zentralverein einerseits, die Zweigvereine andererseits verfolgen, nicht, sondern schließen sich vor dem Hintergrund einer gesetzlichen Legaldefinition der ausschließlich zulässigen Zwecke einer Anbauvereinigung und der ausschließlichen Möglichkeit, diese Zwecke als Anbauvereinigung im Sinne des KCanG zu verfolgen, geradezu aus.

/2/ Eine „Entsprechung“ der Vereinszwecke lässt sich auch nicht durch die Annahme der Verwirklichung eines einheitlichen, übergeordneten Zweckes – namentlich der Bekämpfung und Zerschlagung des Cannabis-Schwarzmarktes durch die Eröffnung und Organisation von Anbauvereinigungen im Sinne des § 1 Nr. 13 KCanG – herstellen.

Dabei ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass ein Zentralverein und dessen Zweigvereine einen gemeinsamen, übergeordneten Vereinszweck haben, den sie aus organisatorischen Gründen mit unterschiedlichen Mitteln verfolgen. So hat der Bundesgerichtshof in einer den Gesamtverein „Deutsche Pfadfinder e. V.“, bei dem es sich um den Dachverein örtlich selbständiger Pfadfinderbünde handelt, festgestellt, dass der Zentralverein seine Ziele und satzungsmäßigen Aufgaben mit Hilfe der Untergliederungen verfolge, soweit er diese auf Bundesebene nicht selbst erfüllen könne (BGH, Urteil vom 05.12.1983 - II ZR 252/82, Rn. 9, juris). Entsprechend organisieren der auch vom Registergericht als Vergleich herangezogene Gesamtverein der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft e. V. auf ihren übergeordneten Ebenen – anders als die örtlichen Untergliederungen wie die Ortsgruppe Freiburg e. V. – keine Schwimmkurse für Kinder (oder Ähnliches), sondern nehmen übergeordnete Aufgaben wahr und verwirklichen hierdurch den gemeinsamen, aus diesem Grunde sehr abstrakt gehaltenen Vereinszweck der „Förderung der Rettung aus Lebensgefahr“, freilich in vollkommen anderer Weise und weniger unmittelbar als die Ortsgruppen.

Insoweit vergleichbar nehmen nach der Konzeption des verfahrensgegenständlichen Gesamtvereins auch dessen Zentral- und Zweigvereine völlig verschiedene Aufgaben und Funktionen wahr, die gleichwohl der Verwirklichung eines einheitlichen, übergeordneten Zweckes dienen sollen, nämlich der Bekämpfung und Zerschlagung des Cannabis-Schwarzmarktes durch die Eröffnung und Organisation von Anbauvereinigungen im Sinne des § 1 Nr. 13 KCanG. Während die Zweigvereine einen so verstandenen, gemeinsamen Vereinszweck unmittelbar verwirklichen würden, indem diese selbst als Anbauvereinigung im Sinne des § 1 Nr. 13 KCanG fungieren, verfolgte der Zentralverein diesen Zweck mittelbar, indem er die örtlichen Anbauvereinigungen in vielerlei Hinsicht unterstützen würde (dazu bereits ausführlich oben).

Indes ist eine derartige Konzeption unter Zugrundelegung eines abstrakt gehaltenen, mit unterschiedlichen Mitteln verwirklichbaren Vereinszwecks vorliegend gesetzlich gerade ausgeschlossen, indem § 1 Nr. 13 KCanG für Anbauvereinigungen nicht lediglich ein abstraktes Ziel formuliert, sondern als den ausschließlich zulässigen Zweck den gemeinschaftlichen nichtgewerblichen Eigenanbau und die Weitergabe von Cannabis zum Eigenkonsum durch und an Mitglieder, die Weitergabe von Vermehrungsmaterial sowie die Information von Mitgliedern über cannabisspezifische Suchtprävention und -beratung definiert. Dadurch erhebt der Gesetzgeber eine präzise und abschließend definierte Tätigkeit zum Vereinszweck, deren Ausführung zugleich Anbauvereinigungen im Sinne des KCanG exklusiv vorbehalten ist. Mit dieser Regelungstechnik ist die Gründung eines in einen Zentralverein und Zweigvereine gegliederten Gesamtvereins, wie er im vorliegenden Fall konzipiert ist, unvereinbar.

/3/ Dafür, dass der Gesetzgeber durch Festlegung der allein zulässigen Zwecke einer Anbauvereinigung eine derartige, vereinsrechtliche Konstruktion tatsächlich ausschließen wollte, sprechen auch weitere Regelungen des KCanG.

Gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 KCanG ist die Anzahl der Mitglieder, die eine Anbauvereinigung aufnehmen darf, auf 500 begrenzt, was eine gewisse Überschaubarkeit der einer engen behördlichen Überwachung (vgl. §§ 26 ff. KCanG) unterliegenden Anbauvereinigungen gewährleisten und einer Konzentration auf wenige, sehr große Anbauvereinigungen entgegenwirken soll (BeckOK BtMG/Hollering/Köhnlein, Stand: 15.12.2024, KCanG, § 16 Rn. 4). Mit diesen Zwecken stehen verschiedene Regelungen in der Satzung des Zentralvereins, die für das Konstrukt eines Gesamtvereins durchaus typisch sind, in einem deutlichen Spannungsfeld. So sichert sich der Zentralverein etwa in § 5 seiner Satzung – überdies dynamisch (vgl. § 4 Abs. 5 der Satzung) – vielfältige Überwachungs-, Kontroll- und sogar Weisungsrechte, die die gesetzgeberisch gewünschte Überschaubarkeit einer einzelnen Anbauvereinigung und die Anforderungen an die Erlaubniserteilung – etwa das behördlich zu überwachende Erfordernis der Zuverlässigkeit eines Vorstandsmitglieds oder einer sonstigen vertretungsberechtigten Person der Anbauvereinigung – beeinträchtigen bzw. unterlaufen können. Auch die Regelung des § 6 der Satzung des Zentralvereins, wonach der Zentralverein das Vermögen der Zweigvereine hält und die Aufgabe der wirtschaftlichen, organisatorischen und finanziellen Verwaltung der Zweigvereine bei der Erfüllung ihres Vereinszwecks erfüllt, ist mit der Konzeption des KCanG nicht vereinbar. Den §§ 24, 25 KCanG lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber auch in wirtschaftlicher Hinsicht von einer Selbständigkeit der Anbauvereinigungen ausgeht. Nach diesen Vorschriften legen Anbauvereinigungen, wenn sie Vereine sind, ihre Mitgliedsbeiträge zur Erfüllung ihres in § 1 Nr. 13 KCanG genannten ausschließlichen Zwecks in ihrer Satzung fest. Zudem gilt das Prinzip der Selbstkostendeckung, wonach Anbauvereinigungen grundsätzlich sämtliche Sach- und Personalkosten für ihre Tätigkeiten anhand von erhobenen Mitgliedsbeiträgen bzw. laufenden Beiträgen zu decken haben (vgl. dazu etwa BR-Drs. 367/23, S. 136). Auch die Einhaltung dieser Vorgaben unterliegt der im KCanG geregelten, behördlichen Kontrolle, die durch die Auslagerung der wirtschaftlichen und finanziellen Angelegenheiten auf einen dieser Kontrolle nicht unterliegenden Zentralverein konterkariert würde.

bb) Ob die unmittelbare Zurückweisung des Antrags auf Eintragung in das Vereinsregister allein aufgrund behebbarer, aber durch den Beschwerdeführer zunächst nicht behobener Eintragungshindernisse vor dem Hintergrund der mit Schriftsatz vom 12.11.2024 gezeigten Bereitschaft, behebbare Eintragungshindernisse durch Satzungsänderungen zu beseitigen, Bestand haben könnte, kann vor dem Hintergrund des Vorliegens eines nicht behebbaren Eintragungshindernisses dahinstehen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren war auf 5.000 € festzusetzen, § 36 Abs. 2, 3 GNotKG (Korintenberg/Bormann, GNotKG, 22. Aufl. 2022, § 36 Rn. 102a).

Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen (§ 70 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 2 FamFG). Zwar befassen sich die im Beschwerdeverfahren vorgelegten Entscheidungen des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 08.10.2024 (3 W 12/24) sowie des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30.01.2025 (I-3 W 5/25) mit der Frage der vereinsrechtlichen Zulässigkeit der Eintragung als Zweigverein eines sogenannten Gesamtvereins nicht unmittelbar. Insbesondere dem Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf dürfte indes zu entnehmen sein, dass dieses gegen die Konstruktion eines Gesamtvereins in der vorliegenden Konstellation keine grundsätzlichen Bedenken zu haben scheint, hätte es die Beschwerde gegen den die Registereintragung ablehnenden Beschluss des Amtsgerichts - Registergericht - Düsseldorf andernfalls doch - wenn auch mit einer anderen rechtlichen Begründung - zurückweisen müssen. Der Senat hat auch in den Blick genommen, dass ausweislich des Internetauftritts des Zentralvereins bundesweit offenbar bereits viele örtliche Anbauvereinigungen in das Vereinsregister eingetragen worden sind, während eine Vielzahl anderer Anbauvereinigungen noch nicht eingetragen worden sind, was auf eine uneinheitliche Handhabung seitens der Registergerichte hindeutet (vgl. die auf der Internetseite https://....de/standorte zur Verfügung gestellte, interaktive Karte). Vor diesem Hintergrund und aufgrund der mit Inkrafttreten des neu geschaffenen KCanG sich stellenden, bislang kaum beleuchteten vereinsrechtlichen Fragen gebieten sowohl die Fortbildung des Rechts als auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Rechtsbeschwerde.


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