Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 15.04.2025 – 1 ORs 1 SRs 5/24
Eigener Leitsatz:
Fehlerhafte Kosten- und Auslagenentscheidungen in verfahrensabschließenden Beschlüssen können im Wege der Nachholung des rechtlichen Gehörs nach § 33a StPO ergänzt werden, wenn ein Gehörsverstoß unter dem Gesichtspunkt einer Überraschungsentscheidung vorliegt.
In pp.
1. Das Revisionsverfahren wird hinsichtlich der Kosten- und Auslagenentscheidung in dem Senatsbeschluss vom 10.05.2025 in die Lage vor Erlass der Entscheidung zurückversetzt.
2. Der Beschluss des Senats wird dahin ergänzt, dass der Beschwerdeführer die der Nebenklägerin durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen hat.
Gründe
1. Der Senat hat durch Beschluss vom 10.05.2024 die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 5. Kleinen Strafkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 09.10.2023 als unbegründet verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels wurden dem Angeklagten auferlegt. Einen Ausspruch über die notwendigen Auslagen der vom Amtsgericht Landau in der Pfalz gemäß § 395 Abs. 2 Nr. 1 StPO zugelassenen Nebenklägerin enthält der Senatsbeschluss nicht.
Die Nebenklagevertreterin hat mit Schriftsatz vom 21.12.2023 beantragt, die Revision des Angeklagten zurückweisen, und ihren Antrag begründet.
Auf den Kostenfestsetzungsantrag der Nebenklagevertreterin vom 14.11.2024 hat die Rechtspflegerin beim Amtsgericht Landau in der Pfalz mit Schreiben vom 04.12.2024 darauf hingewiesen, dass in dem Senatsbeschluss vom 10.05.2024 der Ausspruch, dass der Angeklagte die notwendigen Auslagen im Revisionsverfahren zu tragen hat, fehlt und eine entsprechende Auslegung der Kostenentscheidung auch nicht vorgenommen werden könne.
Mit an den Senat gerichtetem Schreiben vom 03.02.2025 hat die Nebenklagevertreterin darum gebeten, den Beschluss des Senats vom 10.05.2024 dahingehend zu ergänzen, dass der Beschwerdeführer auch die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin im Revisionsverfahren zu tragen hat.
2. Der vorliegende Gehörsverstoß führt zur Nachholung der Auslagenentscheidung gemäß § 473 Abs. 1 Satz 2 StPO zugunsten der Nebenklägerin.
Im Grundsatz sind rechtskräftige Kostenentscheidungen einer nachträglichen Aufhebung oder Abänderung entzogen (§§ 464 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2, 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 StPO). Angesichts der Unzulässigkeit einer sofortigen Beschwerde gegen die mit dem Verwerfungsbeschluss getroffene Kostenentscheidung (§ 464 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 StPO) muss jedoch der Umstand, dass der im Verwerfungsantrag der Nebenklage liegende Antrag auf Überbürdung ihrer notwendigen Auslagen auf den Angeklagten übersehen worden ist, gemäß § 33a StPO berücksichtigt werden (BGH Beschluss vom 10.12.2019 – 5 StR 427/19, BeckRS 2019, 34821 Rn. 2; KG, NStZ-RR 2015, 328 mwN; KK-Gieg, StPO, 9. Aufl., § 464 Rn. 4). Nach der Rechtsprechung des Senats können fehlerhafte Kosten- und Auslagenentscheidungen in verfahrensabschließenden Beschlüssen im Wege der Nachholung des rechtlichen Gehörs nach § 33a StPO ergänzt werden (Beschlüsse vom 04.12.2009 - 1 Ws 244/09, BeckRS 88517 und 14.02.2024 - 1 Ws 212/23). Die Nichtgewährung rechtlichen Gehörs liegt in diesen Fällen regelmäßig unter dem Gesichtspunkt einer Überraschungsentscheidung vor. Ein Gericht darf ohne vorherigen Hinweis seiner Entscheidung keine Rechtsansichten zugrunde legen, mit denen ein gewissenhafter und kundiger Verfahrensbeteiligter nicht rechnen muss.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auch auf der Versagung des rechtlichen Gehörs. Der Senat hat bei seiner Entscheidung vom 10.05.2024 die Zulassung der Nebenklägerin, die sich mit ihrem Verwerfungsantrag vom 21.12.2023 an dem Revisionsverfahren beteiligt hatte, nicht beachtet. Hätte der Senat auf die beabsichtigte, von der zwingenden gesetzlichen Regelung des § 473 Abs. 1 Satz 2 StPO abweichende Auslagenentscheidung hingewiesen, hätte die Nebenklagevertreterin mit Sicherheit unter Hinweis auf die eindeutige gesetzliche Regelung Einwendungen erhoben, mit denen sie auch durchgedrungen wäre; mit einer entsprechenden (fehlerhaften) Rechtsanwendung des Senats musste die Nebenklägerin nicht rechnen.
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