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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Sozialleistungsbetrug, Einkommensberechnung, Einkommen aus Drogenhandel, Abzug notwendiger Aufwendungen

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Oldenburg, Beschl. v. 25.03.2025 – 1 ORs 51/25

Leitsatz des Gerichts:

Zur Berechnung des Einkommens aus einem Drogenhandel und zum Abzug der für den Drogeneinkauf notwendigen Aufwendungen.


In pp.

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 2. kleinen Strafkammer des Landgerichts Aurich vom 6. November 2024 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Aurich zurückverwiesen, die auch über die Kosten der Revision zu entscheiden hat.

Gründe

I.

Das Amtsgericht Emden hatte gegen den Angeklagten mit Urteil vom 15. April 2024 wegen Betruges in zwei Fällen, „wobei in einem Fall gewerbsmäßig handelnd und durch Unterlassen“, eine – zur Bewährung ausgesetzte – Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verhängt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die hiergegen eingelegte Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Aurich - 2. kleine Strafkammer - am 6. November 2024 mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Einziehungsentscheidung um den Betrag in Höhe von 3.142,20 Euro ergänzt wird und der Schuldspruch (lediglich) auf Betrug in zwei Fällen lautet. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, der mit der Sachrüge – die Verfahrensrüge bleibt unausgeführt – die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils insgesamt erstrebt.

II.

Die Revision hat aufgrund der Sachrüge zumindest vorläufigen Erfolg.

1. Die getroffenen Feststellungen zur Höhe der aus den Drogenverkäufen erlösten und auf den Leistungsbezug nach SGB II anzurechnenden Gewinnen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Zwar ist das Landgericht im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass grundsätzlich auch Einnahmen, die – wie hier – aus einer Straftat stammen und auf die der Täter zur täglichen Bedarfsdeckung zurückgreifen kann und konnte, als Einkommen im Sinne der §§ 11 ff. SGB II anzurechnen sind (vgl. nur LSG Hamburg, Urteil vom 04.06.2019 – L 4 AS 203/16, info also 2019, 222 <223> m.w.N.).

Es hat jedoch übersehen, dass die gemäß § 11b Abs. 1 Nr. 5 SGB II mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Aufwendungen, die für den Erwerb, zur Sicherung und Erhaltung der Einnahmen bei nichtselbständiger Arbeit (Werbungskosten) bzw. bei selbständiger Tätigkeit (Betriebsausgaben) notwendig sind, in Abzug zu bringen sind (vgl. Geiger, in Münder/Geiger/Lenze, SGB II, 8. Aufl., § 11b Rn. 16; Herbe, in GK-Sozialrechtsberatung, 3. Aufl., § 11b SGB II Rn. 9; Schmidt/Lange, in: Luik/Harich, SGB II, 6. Aufl., § 11b Rn. 22 f.). Dabei ist – unter Heranziehung steuerrechtlicher Grundsätze (vgl. Schmidt/Lange a.a.O., Rn. 23 m.w.N.) – allein eine wirtschaftliche und wertungsindifferente Betrachtungsweise anzustellen. D.h. für die Einordnung als Aufwendungen stellen moralische Gesichtspunkte kein geeignetes Wertungskriterium dar, so dass auch strafbare Handlungen, die im Zusammenhang mit der Einnahmenerzielung stehen, Erwerbsaufwendungen zu begründen vermögen (so FG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.03.2007 – 13 K 9/07, juris Rn. 25 f. m.w.N. zu Depotgebühren im Zusammenhang mit der Hinterziehung von Kapitaleinkünften).

Nach diesen Maßstäben hätte sich das Landgericht im Rahmen der Einkommensberechnung nach dem SGB II nicht damit begnügen dürfen, die jeweiligen Summen der in der Vorverurteilung tabellarisch aufgeführten Erlöse aus den einzelnen Drogen(weiter)verkäufen als anrechenbare Einnahmen anzusetzen. Vielmehr hätte es – notfalls im Wege der Schätzung – zunächst feststellen müssen, wie hoch die Aufwendungen waren, die der Angeklagte zuvor für den Einkauf der Betäubungsmittel getätigt hat, zumal es in den zitierten Gründen der Vorverurteilung ausdrücklich heißt, dass der Angeklagte die Betäubungsmittel im Tatzeitraum von zwei Dealern auf Kommission gekauft hat (vgl. S. 3 UA).

Der dargelegte Rechtsfehler führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, da angesichts der nicht unerheblichen Lückenhaftigkeit der Feststellungen nicht sicher ausgeschlossen werden kann, dass die Berechnung den Angeklagten in Bezug auf den Schuldumfang beschwert (vgl. BGH, Beschluss vom 05.07.2018 – 1 StR 111/18, juris Rn. 23; Senat, Beschluss vom 13.09.2022 – 1 Ss 165/22 jew. zu § 266a StGB). Da insoweit eine Neuberechnung anzustellen ist, wodurch sich möglicherweise die Höhe der zu Unrecht ausgezahlten Beträge ändert, war auch der Einziehungsentscheidung die Grundlage entzogen. Um dem neuen Tatrichter insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen, hat der Senat von einer teilweisen Aufrechterhaltung der Feststellungen abgesehen.

III.

Gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO war die Sache, da die fehlenden Feststellungen noch getroffenen werden können, zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Aurich zurückzuverweisen.

Für die neu durchzuführende Hauptverhandlung weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass – was das Landgericht ebenfalls übersehen hat – angesichts der bislang noch nicht vollstreckten, rechtskräftigen Vorverurteilung durch das Amtsgericht Emden vom 23. Mai 2023 (vgl. S. 3 UA) nachträglich eine Gesamtfreiheitsstrafe unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe und unter Einbeziehung der – im hiesigen Urteil nicht näher mitgeteilten – Einzelstrafen zu bilden sein wird. Denn nach den Feststellungen des Landgerichts ist die letzte täuschungsbedingte Auszahlung im September 2020 erfolgt, so dass der für die Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB maßgebliche Beendigungszeitpunkt für die inkriminierten Taten spätestens auf diesen Monat datiert (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 11.11.2003 – 1 Ss 150/03, juris Rn. 31; Fischer, StGB, 72. Aufl., § 78a Rn. 9 m.w.N.).


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