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Entscheidungen

Zivilrecht

LG Duisburg, Urt. v. 16.01.2025 - 13 O 114/20

Gericht / Entscheidungsdatum: Verkehrssicherungspflicht, Aufsitzmäher, Vorinstallierte Sicherungsvorkehrungen

Eigener Leitsatz:

Welche Schutzmaßnahmen bei der Ausführung von Mäharbeiten zu treffen sind, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, insbesondere den örtlichen Gegebenheiten, der Größe der zu mähenden Fläche sowie dem konkret verwendeten Mähgerät und den mit diesem verbundenen Gefahren, insbesondere unter Berücksichtigung der an dem Gerät bereits vorinstallierten Sicherungsvorkehrungen, ab.


13 O 114/20

Landgericht Duisburg

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

pp.,

hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg

auf die mündliche Verhandlung vom 12.12.2024

durch die Richterin am Landgericht pp. Vienenkötter als Einzelrichterin
für Recht erkannt:

Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger 6.031,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.10.2020 als Gesamtschuldner zu zahlen.
Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem Vorfall vom 16.04.2020, bei dem das Fahrzeug des Klägers - was zwischen den Parteien streitig ist - durch ein in den Fahrzeuginnenraum fliegendes Metallstück beschädigt worden ist.

Am Mittag des 16.04.2020, um 14:10 Uhr, befuhr der Kläger mit seinem Fahrzeug die Werkstraße 100 auf dem Werksgelände der Hüttenwerke Mannesmann GmbH in Duisburg. Angrenzend an die Werkstraße befinden sich auf beiden Seiten Grünflächen. Auf einer der Grünflächen war am 16.04.2020 in etwa 3 m Entfernung vom Straßenrand eine Reihe von Bauzäunen aufgestellt. Der Beklagte zu 2. war von dem Werksunternehmen mit der Pflege der Grünflächen beauftragt. In Ausführung dieses Auftrags mähte der Beklagte zu 1., der bei dem Beklagten zu 2. angestellt ist, am Mittag des 16.04.2020 die Grünfläche mit einem Aufsitzrasenmäher - Typ P525D Husqvarna.

Der Kläger beziffert den ihm durch das Metallstück entstandenen Schaden auf der Grundlage eines eingeholten Sachverständigengutachtens wie folgt:
Reparaturkosten 4.606,97 EUR netto
Gutachten 842,16 EUR
Kostenpauschale 25,00 EUR
Gesamt: 5.474,13 EUR

Er ließ den Beklagten zu 2. sowie die Haftpflichtversicherung des Beklagten zu 2. vorgerichtlich mehrfach durch seine Prozessbevollmächtigten zur Zahlung auffordern.

Der Beklagte zu 2. zeigte den Schaden am 22.04.2020 bei seiner Haftpflichtversicherung an. Wegen des Inhalts der Schadenanzeige wird auf die Anzeige (BI. 157 ff. d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger behauptet, durch den Rasenmäher sei eine Bauzaunschelle mit weiteren losen Kleinteilen erfasst und - durch das geöffnete Fenster - in das Innere seines Fahrzeugs geschleudert worden. Hier sei die Schelle mehrfach aufgeprallt und habe sein Fahrzeug beschädigt. Er ist der Auffassung, der Beklagte zu 1. habe vor dem Mähen der Grünfläche diese entweder nach losen Teilen absuchen müssen, um Gefährdungen anderer auszuschließen oder beim Herannahen von PKW den Mähvorgang unterbrechen müssen. Mit Rücksicht auf die Bauzäune sei auch mit dem Herumliegen von Metallteilen zu rechnen gewesen. Weiter hätte der Beklagte zu 1. die 13 cm x 6 cm große Schelle auch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt während der Fahrt sehen müssen. Er behauptet ferner, der Aufsitzmäher erreiche auf ebener Bahn eine Geschwindigkeit von mehr als 20 km/h.

Der Kläger beantragt,
die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 5.474,13 EUR sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 557,03 EUR, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.

Sie bestreiten, dass das Fahrzeug des Klägers durch ein fliegendes Metallteil beschädigt worden sei. Die an dem Fahrzeug vorhandenen Schäden seien nicht mit dem behaupteten Hergang kompatibel. Unmittelbar nach dem Vorfall seien keine Schäden an dem Fahrzeug festgestellt worden.

Die Beklagten behaupten weiter, der Aufsitzrasenmäher verfüge über einen Rundumschutz, sodass mit dem Auffliegen von Kleinteilen nicht gerechnet werden müsse. Für den Beklagten zu 2. sei die Bauzaunschelle während des Mähens zudem aufgrund des Grases nicht erkennbar gewesen. Er habe auch nicht bemerkt, dass er über die Bauzaunschelle gefahren sei, was der Kläger mit Nichtwissen bestreitet.

Die Beklagten behaupten ferner, der Beklagte zu 2. habe den Beklagten zu 1. sorgfältig ausgewählt und überwacht. Er habe den Beklagten zu 1. in den Umgang mit dem Aufsitzmäher eingewiesen.

Die Klage ist den Beklagten am 02.10.2020 zugestellt worden. Das Gericht hat den Kläger und den Beklagten zu 1. persönlich angehört sowie Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens gemäß Beweisbeschluss vom 06.07.2022 (BI. 135 d. A.). Wegen des Ergebnisses der Anhörung sowie der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 02.06.2022 (BI. 132 f. d. A.) und die Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. T. vom 16.10.2023 und vom 04.07.2024 (BL 269 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Kläger kann von den Beklagten die Zahlung von 5.474,13 EUR und die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten nebst Zinsen verlangen.

1. Haftungsgrund

a) Der Beklagte zu 1. haftet für den hier entstandenen Schaden aus § 823 Abs. 1 BGB.

Das im Eigentum des Klägers stehende Fahrzeug ist durch eine von dem von dem Beklagten zu 1. gefahrenen Aufsitzrasenmäher hochgeschleuderte Bauzaunschelle sowie Kleinteile beschädigt worden. Dies steht aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer fest (§ 286 Abs. 1 ZPO).

Nach den Ausführungen des Sachverständigen T. war es möglich, dass der Aufsitzrasenmäher beim Überfahren einer Bauzaunschelle diese hoch und auf die Straße geschleudert hat. Der Sachverständige hat hierzu zunächst mehrere Versuche mit dem Rasenmäher unternommen, bei denen er Bauzaunschellen überfahren hat. Hierbei wurden die Schellen, wenn sie auf dem Boden lagen, nicht von dem Mähwerk erfasst und hoch geschleudert. Als der Sachverständige die Schellen sodann leicht aufgestellt habe, wurde eine der Schellen von den Schneidmessern erfasst und aus dem Mähgehäuse geschleudert. Die Abwurfintensität - so der Sachverständige - hängt hierbei maßgeblich von dem jeweiligen Untergrund ab und sei höher, wenn der Untergrund eher trocken und staubig mit wenigen Grashalmen sei. Der Sachverständige hat sodann weiter ausgeführt, dass auch die am Fahrzeug des Klägers entstandenen Schäden mit dem behaupteten Ablauf kompatibel seien. Unter Berücksichtigung der Anstoßstellen am Fahrzeug und der Entfernung des Fahrzeugs zu der Abwurfstelle sei - auch mit Rücksicht auf den parabelförmigen Wurfverlauf - ein Abwurfwinkel von etwas mehr als 20 % erforderlich. Bei einer Geschwindigkeit von 14 m/s, die mit Blick auf die Rotationsgeschwindigkeit der Schneidmesser des Rasenmähers erreicht werden könne, könne die Schelle das Fahrzeug auf Höhe der Anstoßstellen getroffen haben. Hierbei hat der Sachverständige - anders als die Beklagten meinen - auch berücksichtigt, dass der Rasenmäher über ein Mähgehäuse verfügt, unter dem die Schelle zunächst hindurch geschleudert werden muss. Hierzu hat der Sachverständige ausgeführt, dass gerade durch die Berührung mit dem Gehäuse ein Drall der Schelle initiiert worden sein könne, was auch den Abwurfwinkel erkläre.

Der Sachverständige hat weiter ausgeführt, dass sowohl die Schäden im Innenraum des Fahrzeugs als auch die an den Außenseiten kompatibel seien. Dass die Bauzaunschelle zunächst gegen den Fensterrahmen, dann gegen den Dachhimmel, die rechte B-Säulenverkleidung und letztlich gegen die Türverkleidung der Beifahrerseite gestoßen sei, sei - so der Sachverständige - plausibel. Zu berücksichtigen sei, dass die Schelle, wenn sie gegen den Fensterrahmen der Fahrertür gestoßen sei, von der Fahrtgeschwindigkeit des Pkw mitgenommen worden wäre, sodass sie in den Innenraum und an den Dachhimmel und gegen die B-Säulenverkleidung habe prallen können. Auch das Spurenbild - scharfkantige Einschnitte und Anstoßspuren - sei mit dem Auftreffen einer Bauzaunschelle vereinbar.

Hinsichtlich der weiteren Anstoßspuren an der Fahrertür führt der Sachverständige aus, dass diese nicht mit der Behauptung der Klägerseite, dass mit der Bauzaunschelle auch Kleinteile wie Schrauben oder Muttern der Schelle aufgewirbelt-worden seien, vereinbar seien. Denn in diesem Fall sei ein anderes Schadensbild zu erwarten. Die hier vorliegenden, eher geringfügigen Schäden könnten aber damit in Einklang gebracht werden, dass die Bauzaunschelle möglicherweise noch Untergrundreste oder kleine Steine mit sich gerissen habe.

Das Gericht schließt sich den überzeugenden Ausführungen des der Kammer als besonders sorgfältig bekannten Sachverständigen T. an. Die Ausführungen sind in sich stimmig und für die Kammer logisch nachvollziehbar. Insbesondere begegnet es keinen Bedenken, dass der Sachverständige einerseits ausgeführt hat, dass die an der Fahrertür entstandenen Schäden damit kompatibel seien, dass die Bauzaunschelle Erdklumpen, kleinere Steine mit sich gerissen haben könne, andererseits, dass Voraussetzung für die Möglichkeit des Hinausschleuderns der Schelle aus dem Mähwerk sei, dass diese nicht fest im Untergrund verhakt gewesen sei. Es ist nämlich schon nicht ersichtlich, dass die Schelle nur dann kleinere Untergrundreste mit sich gerissen haben könnte, wenn sie fest im Untergrund verhakt gewesen wäre. Auch steht den Schlussfolgerungen des Sachverständigen nicht entgegen, dass der Kläger angegeben hat, die Schelle beim Eintreten in den Fahrzeuginnenraum nicht gesehen zu. haben. Wenngleich die Schelle nach den Ausführungen des Sachverständigen zwischen dem Hinterkopf und der Kopfstütze des Fahrers hindurch geflogen sein muss, erscheint dies jedenfalls mit Blick auf die Schnelligkeit des Vorgangs ohne Weiteres nachvollziehbar. Auch war das Fenster des Klägers im Zeitpunkt des Vorfalls vollständig geöffnet, sodass der Ablauf auch in tatsächlicher Hinsicht möglich war.

In Zusammenschau mit den weiteren Umständen - insbesondere den Angaben des Klägers sowie des Beklagten zu 1. - ist das Gericht hiernach davon überzeugt, dass die Bauzaunschelle durch den Aufsitzrasenmäher hochgeschleudert wurde. Denn der Kläger hat glaubhaft angegeben, dass er beim Befahren der Werkstraße plötzlich einen sehr lauten Knall gehört habe, sodass er eine Notbremsung durchgeführt habe. Er habe dann auf der Fußmatte des Fahrzeugs die Bauzaunschelle gefunden. Auch der Beklagte zu 1. hat angegeben, dass er sogleich zu dem Kläger gelaufen sei, der ihm gesagt habe, dass ihm die Bauzaunschelle in das Fahrzeug geflogen sei. Beide - der Kläger und der Beklagte zu 1. - haben hiernach nach dem beiderseitigen Parteivorbringen mit der betreffenden Bauzaunschelle den Werksschutz aufgesucht.

Schließlich ist auch keine andere Ursache, durch die die Bauzaunschelle in das Fahrzeug des Klägers hätte geschleudert werden können, ersichtlich.

Zweifel ergeben sich auch nicht deshalb, weil der Kläger und der Beklagte zu 1. nach dem Vorfall zunächst keine Schäden am Fahrzeug festgestellt haben. Hierzu hat der Kläger nachvollziehbar angegeben, dass sie das Fahrzeug zunächst lediglich außen nach Schäden abgesucht hätten. Hierbei sei ihnen indes nichts aufgefallen. Auf Schäden im Innenraum hätten sie das Fahrzeug hingegen nicht untersucht, diese habe er erst zuhause bemerkt. Dies erscheint mit Blick darauf, dass die Schäden an den Außenseiten des Fahrzeugs lediglich von geringer Intensität sind, plausibel.

Unter Gesamtwürdigung der Umstände ist die Kammer hiernach mit der erforderlichen Sicherheit davon überzeugt, dass die Bauzaunschelle von dem Rasenmäher hochgeschleudert wurde und hierdurch die an dem Fahrzeug entstandenen Schäden verursacht worden sind.

Der Beklagte zu 1. hat ferner eine ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt. Wer in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage für Dritte schafft, etwa dadurch, dass er eine Tätigkeit unternimmt, die mit Gefahren für Rechtsgüter Dritter verbunden ist, hat Rücksicht auf diese Gefährdung zu nehmen und daher die allgemeine Rechtspflicht, diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich und ihm zumutbar sind, und eine Schädigung Dritter möglichst zu verhindern. Erforderlich sind jedoch nur die Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für notwendig und ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, d.h. die nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs geeignet sind, solche Gefahren von Dritten tunlichst abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßem oder bei nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung drohen (st. Rspr.: BGH, Urt. v. 23.04.2020 - III ZR 251/17, juris Rn. 24).

Welche Schutzmaßnahmen bei der Ausführung von Mäharbeiten zu treffen sind, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, insbesondere den örtlichen Gegebenheiten, der Größe der zu mähenden Fläche sowie dem konkret verwendeten Mähgerät und den mit diesem verbundenen Gefahren, insbesondere unter Berücksichtigung der an dem Gerät bereits vorinstallierten Sicherungsvorkehrungen, ab. So wurde in der Rechtsprechung teilweise bei kleineren, überschaubaren, unmittelbar an Parkplätze grenzenden Flächen, die mit Handrasenmähern gemäht wurden, das Absuchen der Flächen, die Aufstellung von Schutzplanen und gegebenenfalls sogar der Verzicht auf entsprechende motorgetriebene Freischneidegeräte für erforderlich gehalten (BGH, Urt. v. 28.11.2002 - III ZR 122/02, juris), während bei umfangreicheren Mäharbeiten, etwa entlang von Straßen im Hinblick auf den erheblichen Aufwand, teilweise - abhängig von dem verwendeten Mähgerät - geringere Schutzvorkehrungen für ausreichend erachtet worden sind (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 03.07.2015 - 1-11 U 169/14, juris; s. aber auch BGH, Urt. v. 04.07.2013 - III ZR 250/12, juris bei der Verwendung von Freischneidern). In Bezug auf die Verwendung eines Aufsitzrasenmähers wurde jedenfalls für erforderlich gehalten, die anwesenden Eigentümer der in der Nähe der Mäharbeiten parkenden Fahrzeuge anzusprechen und auf die Gefahren aufmerksam zu machen (OLG Frankfurt, Urt. v. 31.08.2021 - 26 U 4/21, juris), teilweise aber auch die vorhandenen Sicherungseinrichtungen am Mähwerk und das Absuchen der Fläche vor Ausführung der Mäharbeiten für ausreichend gehalten (LG Dortmund, Urt. v. 29.05.2015 - 21 0 97/14, juris).

Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte zu 1. hier nicht die nach den Umständen erforderlichen und ihm zumutbaren Sicherungsvorkehrungen getroffen.

Das verwendete Mähgerät weist zwar selbst bereits Sicherheitsvorkehrungen auf, die die Gefahr des Herausschleuderns von Steinen oder Gegenständen aus dem Mähwerk reduzieren. Der Aufsitzrasenmäher verfügt ausweislich der Feststellungen des Sachverständigen Tümmers vorn über ein absenkbares Mähwerk mit drei Schneidmessern. Die Schneidmesser sind jeweils vollständig mit tellerförmigen Abdeckungen geschützt. Die Abdeckung ist - so der Sachverständige - lediglich im hinteren Bereich leicht höher gestaltet, um den Auswurf des Grünschnitts nach hinten zu begünstigen. Weiter hat der Sachverständige ausgeführt, was für die Kammer auch anhand des Lichtbilds 12 (BI. 16 des Gutachtens vom 16.10.2023) ersichtlich ist, dass, wenn das Mähwerk auf der Stufe wie am Vorfallstag eingestellt ist, diese Abdeckungen beinahe bündig mit der Rasenfläche abschließen. Zu berücksichtigen ist hierbei indes, dass am Schadenstag - was sich aus den den Zustand der Grünfläche am 16.04.2020 zeigenden Lichtbildern (BI. 11 ff. d. A.) ergibt - das Gras auf der Grünfläche trocken war und es sich nicht um eine durchgängig dicht bewachsene Rasenfläche (wie im Sachverständigengutachten) handelte. Weiter ist in Betracht zu ziehen, dass die Abdeckungen keinen sicheren Schutz vor dem Herausschleudern von Gegenständen boten. Aus den Ausführungen des Sachverständigen Tümmers ergibt sich, dass dieser lediglich einige wenige Versuche benötigte, um ein Herausschleudern der Bauzaunschellen unter dem Mähwerk nachzubilden. Dieser hat ausgeführt, dass er zunächst drei Versuche unternommen habe, bei denen er über drei auf dem Boden liegende Bauzaunschellen gefahren sei. Hierbei sei es nicht zu einem Hinausfliegen der Schellen gekommen. Sodann habe er die Schellen auf der Rasenfläche leicht aufgestellt und sei erneut mit dem Rasenmäher über die Schellen gefahren. Hierbei sei eine der Schellen unter dem Mähwerk des Geräts hinausgeschleudert worden.

Die Gefahr herumliegender Einzelteile war hier ferner aufgrund der auf der Grünfläche befindlichen Baustelle erhöht. Der Kläger hat hierzu unwidersprochen vorgetragen, dass die Baustelle und der Bauzaun erst kurz vor dem Vorfallstag eingerichtet worden seien. Auch die von ihm vorgelegten Lichtbilder zeigen die Baustellenausstattung, die sich nur in geringer Entfernung von der Straße befindet. Mit Blick hierauf war vorliegend vermehrt mit dem Herumliegen von Gegenständen auf dem an die Baustelle angrenzenden Teil der Grünfläche zu rechnen. Denn im Bereich von Baustellen, auf denen mit Materialien und Werkzeugen gearbeitet wird, die auf die Baustelle verbracht werden müssen, kann es vermehrt zu herumliegenden Gegenständen kommen.

Zu berücksichtigen ist weiter, dass die Mähärbeiten hier unmittelbar angrenzend an die Werkstraße ausgeführt wurden. Ausweislich der vorgelegten Lichtbilder verfügt die Werkstraße über keinerlei Seitenstreifen, der für einen gewissen Mindestabstand zu den vorbeifahrenden Fahrzeugen sorgen könnte. Der Abstand zu dem auf der gegenüberliegenden Straßenseite fahrenden Fahrzeug des Klägers betrug hiernach im Zeitpunkt der Schädigung nach den Ausführungen des Sachverständigen lediglich 4,5 m.

Mit Rücksicht auf diese Umstände erachtet die Kammer die an dem Fahrzeug vorhandenen Sicherungsvorkehrungen jedenfalls im Hinblick auf die hier vorliegenden Umstände des Einzelfalls nicht als ausreichend. Es war mit Blick auf die örtlichen Gegebenheiten angezeigt, weitere Sicherungsvorkehrungen zu treffen, jedenfalls die Grünfläche im Bereich der Baustelle vor dem Mähen auf herumliegende Gegenstände hin zu kontrollieren, oder etwa mobile Schutzwände aufzustellen oder für die Ausführung der Arbeiten eine verkehrsärmere Zeit zu wählen. Die bloße Sichtkontrolle während der Ausführung der Mäharbeiten war hingegen nicht hinreichend. Dies gilt auch, weil das Mähwerk sich vorne an dem Rasenmäher befindet. Wenngleich der Fahrer des Rasenmähers eine uneingeschränkte Sicht auf die zu mähende Fläche hat, muss er aufgrund des vor ihm angebrachten Mähwerks die Gegenstände doch aus größerer Entfernung wahrnehmen und sodann - da das Mähwerk zuerst über die Gegenstände fährt -schnell reagieren. Dass insbesondere die Durchführung einer Sichtkontrolle für den Beklagten zu 1. vor der Ausführung der Mäharbeiten hier etwa mit Blick auf die Größe der zu mähenden Fläche unzumutbar gewesen wäre, haben die Beklagten nicht dargelegt. Dies ist auch angesichts der begrenzten Größe des Bereichs vor der Baustelle - nach dem Vortrag des Klägers handelte es sich etwa um zehn nebeneinanderstehende Bauzaunteile, die in einer Entfernung von etwa 3 m, stellenweise auch weniger, zur Straße aufgestellt waren - sonst nicht ersichtlich. Die Durchführung einer entsprechenden Sichtkontrolle wäre hier auch zur Verhinderung des Schadens geeignet gewesen.

Diesen Anforderungen ist der Beklagte zu 1., der die Grünfläche jedenfalls nicht auf herumliegende Gegenstände kontrolliert hat, hier vorwerfbar nicht gerecht geworden. Dies war auch kausal für den eingetretenen Schaden. Soweit der Beklagte zu 1. behauptet hat, die Bauzaunschelle wäre selbst bei entsprechender Kontrolle aufgrund des hohen Grases nicht sichtbar gewesen, folgt die Kammer dem nicht. Zum einen ist schon anhand der vorgelegten Lichtbilder ersichtlich, dass das Gras am Vorfallstag weder besonders dicht, noch besonders hoch stand. Zum anderen handelt es sich bei der 13 cm x 6 cm großen Schelle auch nicht um ein bloßes Kleinteil, das ohne weiteres zu übersehen wäre.

b) Der Beklagte zu 2. haftet für den entstandenen Schaden aus § 831 Abs. 1 BGB. Er ist dem Kläger wegen einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch den von ihm mit der Ausführung der Mäharbeiten betrauten Beklagten zu 1. ersatzpflichtig.

Der Beklagte zu 2. war als Auftragnehmer der pp. GmbH mit der Ausführung der Pflege- und Mäharbeiten auf den Grünflächen beauftragt. Die Durchführung der Mäharbeiten hat er auf den Beklagten zu 1., seinen Angestellten, übertragen. Der Beklagte zu 1. handelte in Ausführung dieser Arbeiten auch als Verrichtungsgehilfe des Beklagten zu 2. Als dessen Arbeitnehmer war er bei der Ausführung der Verrichtung weisungsgebunden.

Der Beklagte zu 1. hat seine Verkehrssicherungspflicht - wie ausgeführt - bei Ausführung der Arbeiten schuldhaft verletzt. Gemäß § 831 Abs. 1 BGB wird vermutet, dass der Geschäftsherr seine Pflicht zur sorgfältigen Auswahl und Überwachung des Verrichtungsgehilfen schuldhaft verletzt hat, und dass diese Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden ursächlich war. Der Beklagte zu 2. hat diese Vermutung nicht entkräftet. Sein Vortrag, der Beklagte zu 1. sei bereits seit 2018 in seinem Betrieb tätig, er habe ihn in die Arbeit mit dem Aufsitzrasenmäher eingewiesen und kontrolliere in regelmäßigen Abständen dessen Arbeit, genügt zur Exkulpation nicht. Zum einen behauptet der Beklagte zu 2., der sich gerade darauf berufen hat, dass die Sicherungseinrichtungen an dem Rasenmäher so ausreichend seien, dass weitere Maßnahmen nicht erforderlich sei, schon nicht, dass er den Beklagten zu 1. insbesondere über die Gefahr des Herausschleuderns von Gegenständen unterrichtet habe und ihn in die Ergreifung erforderlicher Sicherungsmaßnahmen eingewiesen habe. Zum anderen ist der Vortrag des Beklagten insoweit auch bestritten, ohne dass dieser sein Vorbringen unter Beweis gestellt hätte.

2. Schaden

a) Die Beklagten sind dem Kläger zum Ersatz der für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands erforderlichen Reparaturkosten verpflichtet. Nach den auch insoweit überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen sind die von dem Kläger geltend gemachten Reparaturkosten von 4.606,97 EUR angemessen und erforderlich zur Behebung des entstandenen Schadens.

b) Der Kläger kann hiernach auch Ersatz der Sachverständigenkosten von 842,16 EUR sowie die Erstattung der Kostenpauschale von 25,00 EUR verlangen.

c) Er kann ferner, ausgehend von einem Streitwert von 5.474,00 EUR und unter Zugrundelegung der Geschäftsgebühr Nr. 2300 W RVG sowie der Auslagengebühr Nr. 7001, 7002 W RVG sowie einer Mehrwertsteuer von 16 %, auch die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 557,03 EUR verlangen.

d) Der Zinsanspruch folgt aus § 291 ZPO.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

Der Streitwert wird auf bis 6.000,00 EUR festgesetzt.


Einsender: RA M. Nugel, Essen

Anmerkung:


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