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Entscheidungen

Gebühren/Kosten/Auslagen

Streitwert, Vollzugsplan, zügige Erstellung, Strafvollstreckung

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Stendal, Beschl. v. 20.3.2025 - 509 StVK 147/24 und 148/24

Eigener Leitsatz:

1. Die 8-Wochen-Frist des § 14 JVollzGB I LSA beginnt bereits mit der Aufnahme des Strafgefangenen in die Justizvollzugsanstalt. Deshalb ist die Justizvollzugsanstalt zu einer zügigen Durchführung des Diagnose- und Planfestsetzungsverfahrens gehalten und muss den schriftlichen Plan in der Regel innerhalb von acht Wochen nach der Aufnahme vor aushändigen.
2. Angesichts der geringen finanziellen Leistungsfähigkeit der meisten Gefangenen ist der Streitwert in Strafvollzugssachen grundsätzlich eher niedrig festzusetzen, da die Bemessung des Streitwerts aus rechtsstaatlichen Gründen nicht dazu führen darf, dass die Anrufung des Gerichts für den Betroffenen mit einem unzumutbar hohen Kostenrisiko verbunden ist.


Landgericht Stendal

Beschluss
509 StVK 147/24
509 StVK 148/24

In der Strafvollstreckungssache

Betreffend pp.

zurzeit Justizvollzugsanstalt pp.
- Antragsteller -
Verteidiger: Rechtsanwalt Siebers, Braunschweig

gegen Justizvollzugsanstalt pp.

vertreten durch die Anstaltsleiterin,
- Antragsgegnerin -

hat die Strafkammer 9 des Landgerichts Stendal als kleine Strafvollstreckungskammer
durch die Richterin am Amtsgericht am 20. März 2025 beschlossen:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sowie der Hauptsachentrag haben sich erledigt.
Die Kosten und notwendigen Auslagen im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes trägt der Antragsteller.
Die Kosten des Hauptsacheverfahrens und die notwendigen Kosten des Antragstellers werden der Landeskasse auferlegt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf bis zu 600,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Antragsteller begehrte die Antragsgegnerin durch gerichtliche Entscheidung auch im Wege der einstweiligen Anordnung zur unverzüglichen Erstellung eines Vollzugsplan zu verpflichten.

Der Antragsteller wurde der JVA Burg am 15.12.2023 zugeführt.

Mit Schreiben vom 01.05.2024 beantragte der Antragsteller zunächst, die Antragsgegnerin zu verpflichten, für den Antragsteller unverzüglich einen Vollzugsplan zu erstellen.
Und ferner zeitnah eine einstweilige Anordnung dahingehend zu erlassen, dass die Antragsgegnerin verpflichtet werde, für den Antragsteller unverzüglich einen Vollzugsplan zu erstellen.

Die Antragsgegnerin beantragte daraufhin, die Anträge jeweils als unbegründet zurückzuweisen und erläuterte, dass dem Antragsteller keine erheblichen Nachteile und Verzögerungen im Hinblick auf seine Entlassung entstanden seien.

Daraufhin nahm der Antragsteller seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung am 03.05.2024 zurück.

Die Antragsgegnerin teilte mit, dass ihr erst ab dem 14.05.2024 die vollständigen Unterlagen wie das Einweisungsurteil und der Bundeszentralregisterauszug zur Durchführung des Diagnoseverfahrens sowie Erstellung des Vollzugsplans vorlagen. Auch 8 Wochen nach Erhalt der notwendigen Unterlagen lag der Vollzugsplan dem Antragsteller nicht schriftlich vor.

Nachdem der Eingliederungs- und Vollzugsplan dem Antragsteller am 02.08.2024 übergeben wurde, erklärte der Antragsteller die Erledigung und begehrt nunmehr eine Kostenentscheidung.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat sich durch Aushändigung des Vollzugs-und Eingliederungsplans am 02.08.2024 erledigt.

1. Hinsichtlich des Antrags auf einstweilige Entscheidung hat der Antragsteller nach Rücknahme des Antrages auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 121 Abs. 2 Satz 1 StVollzG die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin zu tragen.

2. Nachdem sich der Hauptsacheantrag mit Aushändigung des Vollzugsplans erledigt hat, war gemäß § 121 Abs. 2 Satz 2 StVollzG daher nach billigem Ermessen allein über die Kosten und notwendigen Auslagen des Verfahrens zu entscheiden. Welche Kostenentscheidung „billig" i.S.d. Gesetzes ist, bestimmt sich maßgeblich danach, welche Aussicht auf Erfolg der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ohne erledigendes Ereignis gehabt hätte.

Dies führte zu einer Auferlegung der Kosten auf die Landeskasse, da der Antrag nach summarischer Prüfung zulässig und begründet gewesen wäre. Die regelmäßige Dauer von 8 Wochen (§14 JVollzGB I LSA) war bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht unwesentlich überschritten war. Ebenso verhält es sich bei einer hypothetischen Entscheidung am 07.07.2024, als der Antragsteller erneut zurecht auf Entscheidung in der Sache drängte, da nunmehr knapp 7 Monaten seit Aufnahme in die JVA vergangen waren. Verzögerungen im Justizablauf sind dem Antragsteller in der Regel nicht bekannt und müssen von diesem auch nicht unbegrenzt hingenommen werden.

Zwar ist es grundsätzlich richtig ist, dass der Vollzugs- und Eingliederungsplan „regelmäßig" in 8 Wochen zu erstellen ist und der Prozess daher in begründeten Einzelfällen auch länger als genau 8 Wochen dauern kann und darf.

Vorliegend ist es jedoch aufgrund der langen Zeit der Zusammenstellung der notwendigen Unterlagen ohne Verschulden der Antragsgegnerin zusätzlich zu einer Verzögerung gekommen, so dass die 8 Wochen-Frist bereits vor Beginn des Diagnoseverfahrens deutlich überschritten war.

In dem Wissen, dass die 8-Wochen-Frist des § 14 JVollzGB I LSA bereits mit der Aufnahme beginnt und bereits Verzug besteht, war die Antragsgegnerin zu einer besonders zügigen Durchführung des Diagnose- und Planfestsetzungsverfahrens gehalten. Zwar wurde dem Antragsteller das Ergebnis der Konferenz noch innerhalb der 8 Wochen, gerechnet ab Beginn des Diagnoseverfahrens durch die Antragsgegnerin mündlich erörtert. § 14 II, VIII JVollzGB I LSA sieht jedoch die Aushändigung des schriftlichen Planes in der Regel innerhalb von 8 Wochen nach Aufnahme vor.

3. Der Streitwert ist gemäß §§ 52, 60 GKG nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Dabei sind die Tragweite der Entscheidung und die Auswirkungen eines Erfolges des Antrags für den Antragsteller zu berücksichtigen. Der in § 52 Abs. 2 GKG genannte Betrag von 5.000 Euro hat außer Betracht zu bleiben; denn er ist kein Ausgangswert, an den sich die Festsetzung nach Abs. 1 anzulehnen hätte, sondern als subsidiärer Ausnahmewert nur dann einschlägig, wenn der Sach- und Streitstand - anders als hier - keine genügenden Anhaltspunkte bietet, um den Streitwert nach der Grundregel des § 52 Abs. 1 GKG zu bestimmen (vgl. KG, Beschluss vom 25.06.2001, Az 5 Ws 296/01 zitiert nach juris).

Dabei sind folgende Erwägungen zu beachten:

Angesichts der geringen finanziellen Leistungsfähigkeit der meisten Gefangenen ist der Streitwert in Strafvollzugssachen grundsätzlich eher niedrig festzusetzen, da die Bemessung des Streitwerts aus rechtsstaatlichen Gründen nicht dazu führen darf, dass die Anrufung des Gerichts für den Betroffenen mit einem unzumutbar hohen Kostenrisiko verbunden ist. Andererseits ist darauf zu achten, dass die gesetzlichen Gebühren hoch genug sein müssen, um die Tätigkeit des Verteidigers wirtschaftlich vertretbar erscheinen zu lassen und dem rechtsunkundigen Gefangenen so die Inanspruchnahme anwaltlichen Beistandes zu ermöglichen. Daher ist nach ständiger Rechtsprechung der Kammer der Streitwert in der Regel nicht unter 300 Euro festzusetzten (bei 0,1 Gebühr ca. 25 Euro).

Die Entscheidung ist gemäß §§ 121 Abs. 4 StVollzG, 464 Abs. 3 S. 1, 304 Abs. 3, 311 StPO unanfechtbar (vgl. Entscheidungen OLG Naumburg vom 07.09.2010, Az.: 1 Ws 461/10; OLG Düsseldorf vom 11.02.2009, 1 Ws 13/99, zitiert nach juris; OLG Celle vom 27.09.2005, 1 Ws 351/05, zitiert nach juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 StVollzG.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 65, 60, 52 GKG.


Einsender: RA W. Siebers, Braunschweig

Anmerkung:


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