Gericht / Entscheidungsdatum: AG Dortmund, Beschl. v. 04.03.2025 – 729 OWi 6/25 [b]
Leitsatz des Gerichts mit Ergänzungen/Änderungen:
1. Der Grundsatz des fairen Verfahrens begründet für die Verteidigung ein Recht auf sogenannte erweiterte Akteneinsicht. Diese erweiterte Akteneinsicht betrifft Unterla-gen und Daten, die bei der Behörde vorhanden sind und von denen sich die Verteidi-gung erhofft bzw. erhoffen kann, die Effektivität der Verteidigung erhöhen zu können und die insbesondere bei Überprüfung von Messverfahren auch einem Sachverständigen auf dessen Anforderung hin zur Verfügung gestellt werden würden. Dies gilt für die Falldatei inklusive der Rohmessdaten, für den hierfür notwendigen Token, das Passwort und schließlich auch für die digitalen Falldaten der gesamten Messreihe des Tattages
2. Was nicht existent ist, kann hingegen nicht Gegenstand der erweiterten Aktenein-sicht sein. Das gilt für ein Ersteinrichtung- und Aufbauprotokoll für das Messgerät nebst Gehäuse.
729 OWi 6/25 [b]
Amtsgericht Dortmund
Beschluss
In dem Verfahren
gegen pp.
hat das Amtsgericht Dortmund durch den Richter am Amtsgericht am 04. März 2025 auf den Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Verteidigers vom 13.12.2024 beschlossen:
Die Herausgabe der digitalen Falldatei inklusive der Rohmessdaten nebst Token und Passwort nebst der digitalen Falldaten der gesamten Messreihe für den Tattag wird angeordnet.
Die Akteneinsicht in ein Ersteinrichtung-und Aufbauprotokoll für das Messgerät nebst Gehäuse wird abgelehnt.
Gründe:
Der Antrag ist zulässig und auch teilweise begründet. Insbesondere hat Nachfrage des Gerichts ergeben, dass die Verwaltungsbehörde das Verfahren trotz eines eingelegten Einspruchs noch nicht an Staatsanwaltschaft bzw. Gericht weitergeleitet hat.
Aus dem Grundsatz des fairen Verfahrens heraus hat die Verteidigung anerkanntermaßen ein Recht auf sogenannte erweiterte Akteneinsicht. Diese erweiterte Akteneinsicht betrifft Unterlagen und Daten, die bei der Behörde vorhanden sind und von denen sich die Verteidigung erhofft bzw. erhoffen kann, die Effektivität der Verteidi-gung erhöhen zu können und die insbesondere bei Überprüfung von Messverfahren auch einem Sachverständigen auf dessen Anforderung hin zur Verfügung gestellt werden würden (zu alledem: Krenberger/Krumm OWiG 8. Aufl. 2024, § 46 Rn. 51 ff.). Dies gilt nach Ansicht des Gerichtes für die Falldatei inklusive der Rohmessda-ten, für den hierfür notwendigen Token, das Passwort und schließlich auch für die digitalen Falldaten der gesamten Messreihe des Tattages (hierzu: Krenber-ger/Krumm a.a.O. insbes. Rn. 60 zur Messreihe und Rn. 61 zu unverschlüsselten Rohmessdaten).
Die Behörde hat auch mitgeteilt, dass diese Daten grundsätzlich noch vorhanden sind. Dementsprechend war dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung insoweit auch stattzugeben.
Nicht vorhanden sind dagegen die von dem Verteidiger gewünschten Protokolle. Derartige Protokolle wurden nach nicht zu bezweifelnder Auskunft der Behörde nicht erstellt, da es sich bei der in Rede stehenden Messung um eine solche mit einem mobilen Geschwindigkeitsmessgerät aus einem Fahrzeug heraus gehandelt hat. Was aber nicht existent ist, kann auch nicht Gegenstand der sogenannten erweiterten Akteneinsicht sein. Insoweit war der Antrag auf gerichtliche Entscheidung abzulehnen.
Einsender:
Anmerkung:
Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.
Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".