Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Frankfurt, Beschl. v. 25.02.2025 – 3 Ws 44/25
Leitsatz des Gerichts:
Die Bewährungsweisung an den Verurteilten, dem die Bewährungsaufsicht führenden Gericht, jeden Wechsel der Wohnanschrift und des ständigen Aufenthaltsortes mitzuteilen, ist eine zulässige Weisung nach § 56c StGB.
In pp.
Die Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten (§ 473 Abs. 1 StPO) verworfen.
Gründe
Die gemäß §§ 453 Abs. 2 S.1, 305 a Abs.1 S.1, 304 Abs.1 SPO statthafte und zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Beschwerde richtet sich unbeschränkt gegen die im Strafaussetzungsbeschluss vom 9. Dezember 2024, welcher in der Hauptverhandlung verkündet wurde (§ 35 Abs.1 StPO), getroffenen drei Anordnungen (Bewährungszeit, Wohnanschrift-Meldeauflage, Geldauflage). Dies ergibt sich aus der in der Beschwerdeschrift vom 16. Dezember 2024 enthaltenen Formulierung, wonach sich der Beschwerdeführer insbesondere gegen die in Ziff. 3 enthaltene Zahlungsauflage wendet.
Die Kammer hat der Beschwerde insgesamt nicht abgeholfen, auch wenn sie in ihrer Nichtabhilfeentscheidung nur auf die Beschwerdebegründung hinsichtlich der getroffenen Zahlungsauflage eingeht. Selbst wenn dies anders zu beurteilen wäre, käme eine Zurückverweisung hinsichtlich der Nachholung einer Abhilfeentscheidung hinsichtlich der Ziff.1 (Bewährungszeit) und Ziff.2 (Wohnanschrift-Meldeauflage) nicht in Betracht, da dies das Verfahren verzögern und nicht beschleunigen würde (vgl. hierzu Meyer-Goßner/Schmitt StPO 67. Aufl. 2024 § 306 Rdnr. 10). Weitere Tatsachenermittlungen sind nicht indiziert; zudem scheidet eine Zurückweisung i.d.R. dann aus, wenn die Beschwerde erkennbar unbegründet ist.
Gemäß §§ 305 Abs.1 S.2, 453 Abs.2 S.2 StPO ist die Überprüfungskompetenz des Senats als zuständiges Beschwerdegericht eingeschränkt. Der Senat kann die Anordnungen nur auf ihre Gesetzeswidrigkeit hin überprüfen, wozu auch eine Ermessensüberschreitung oder ein Ermessensmissbrauch gehört, etwa wenn die Anordnung einen einschneidenden unzumutbaren Eingriff in die Lebensführung des Verurteilten enthält (§ 305 a Abs.1 S.2, § 453 Abs.2 StPO, § 56 b Abs.1 S.2 StGB). Eine eigene Ermessensausübung ist dem Beschwerdegericht verwehrt.
Insoweit sind die von der Berufungskammer getroffenen Anordnungen nicht zu beanstanden; das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.
Die Festsetzung der Bewährungszeit auf 3 Jahre beruht auf § 56 a Abs.1 StGB und hält sich in Rahmen der zeitlichen Höchst- und Mindestgrenzen. Angesichts der Schwere des Vorwurfs einer gefährlichen Körperverletzung ist die Festsetzung auf 3 Jahre nicht ermessensfehlerhaft, zumal sich dies in einem angemessenen Verhältnis zur Strafhöhe von sechs Monaten Freiheitsstrafe hält.
Die gemeinhin als „Meldeauflage“ bezeichnete und üblicherweise in Bewährungsbeschlüssen enthaltene Anordnung an einen Verurteilten, dem bewährungsaufsichtsführenden Gericht jeden Wechsel des Wohnsitzes bzw. ständigen Aufenthaltsortes mitzuteilen, stellt nach neuerer Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs regelmäßig eine zulässige Weisung i.S.d. § 56 c StGB dar (vgl. hierzu BGH Beschluss vom 7. September 2022 - 3 StR 261/22 Rdnr. 13 zitiert über Juris, NStZ 2023, 32-33), da damit die Voraussetzung geschaffen werden soll, spezialpräventiv auf den Verurteilten - ggfls. durch neue Auflagen oder Weisungen -einzuwirken. Dieser Meinungsstreitigkeiten in der obergerichtlichen Rechtsprechung ausräumenden, überzeugendem Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs schließt sich der Senat unter Aufgabe seiner älteren Rechtsprechung, wonach eine solche Meldeauflage zumeist nur der behördlichen Aufgabenerfüllung und nicht der von § 56 c StGB intendierten Einflussnahme auf die künftige Lebensführung des Probanden dient (vgl. hierzu Beschluss Senat vom 29. Juni 2007 - 3 Ws 624/07, NStZ 2009, 39 zitiert über juris), nun an.
Soweit sich der Verurteilte mit der Beschwerde insbesondere gegen die von der Kammer angeordnete Geldauflage zur Zahlung von insgesamt 1.500,00 € an die Opfer- und Zeugenhilfe Fulda e.V. in sechs monatlichen Raten a 250,00 € (§ 56b Abs. 2 Nr. 4 StGB i.V.m. § 268 a Abs. 1 StPO) wendet, hat die Beschwerde ebenfalls keinen Erfolg.
Bis Oktober 2024 war der Verurteilte im Angestelltenverhältnis tätig, seitdem ist er arbeitslos und bezieht Arbeitslosengeld I. Seinen verminderten Einkommensverhältnissen hat die Kammer durch deutliche Herabsetzung der ursprünglich vom Amtsgericht Hünfeld im Strafaussetzungsbeschluss vom 25. Juni 2024 auf 2500,00 € festgesetzten Geldauflage und der Gestattung der monatlichen Tilgung in Raten a 250,00 € bereits Rechnung getragen. Dass ihm die Erfüllung der Geldauflage von 1500,00 € finanziell nicht möglich wäre, trägt der Beschwerdeführer selbst auch nicht vor. Er beruft sich vielmehr auf einen vermeintlichen „Gleichbehandlungsanspruch“, da dem rechtskräftig durch Strafbefehl gemäß § 408 a StPO zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilten Mittäter (Bruder des Verurteilten) im Strafaussetzungsbeschluss des Amtsgerichts keine Geldauflage erteilt wurde. Ein solcher „Gleichbehandlungsanspruch“ besteht indes nicht.
Der Verurteilte verkennt den Zweck der Geldauflage. Diese dient gemäß § 56b Abs. 1 Satz 1 StGB dem Ausgleich des individuell begangenen Unrechts. Dafür genügte es nicht, dass gegen den Verurteilten wegen der Tat eine Bewährungsstrafe verhängt wurde. Die Auflage hat repressiven Charakter. Mit ihr soll dem Verurteilten ein Opfer abverlangt werden. Dadurch wird vermieden, dass die Tat ohne fühlbare Folgen für ihn bleibt, wenn er innerhalb der Bewährungszeit keine neuen Straftaten begeht (vgl. Senat, Beschluss vom 29. Januar 2013 - 3 Ws 26/13). Insoweit weist die Kammer zutreffend darauf hin, dass es der Verurteilte war, der die erhebliche Gewaltstraftat verantwortlich initiiert hat und seinen strafrechtlich bereits in Erscheinung getretenen Bruder als Mittäter zur Unterstützung herangezogen hat, um sich bei seiner geschiedenen Ehefrau und deren neuen Lebensgefährten „Respekt“ zu verschaffen.
Der Beschwerdeführer kann sich auch nicht - wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 24. Januar 2025 zutreffend ausgeführt hat - auf ein Verschlechterungsverbot berufen. Aufgrund der Regelung des § 411 Abs.4 StPO gilt das Verschlechterungsverbot im Sinne des §§ 331, 358 Abs.2 StPO nicht bei der Entscheidung nach Einspruch gegen einen Strafbefehl. Sowohl der Schuldspruch als auch der Strafausspruch kann in der danach folgenden Hauptverhandlung zu Lasten des Angeklagten geändert/erhöht werden.
Erstrecht muss dies für die Höhe von Bewährungsauflagen, die der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen (§ 56 b StGB), gelten.
Daher waren das Amtsgericht Hünfeld und später das Landgericht Fulda nicht gehindert, in ihrem Bewährungsbeschluss zusätzlich eine Zahlungsauflage zu erteilen.
Eine Verschlechterung hinsichtlich der vom Amtsgericht Hünfeld im Strafaussetzungsbeschluss vom 25. Juni 2024 erteilten Auflagen und Weisungen ist - wie dargelegt - gerade nicht eingetreten, so dass es auf die Streitfrage, ob insoweit das Verschlechterungsverbot greift, nicht ankommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs.1 StPO.
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