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Entscheidungen

beA

elektronisches Empfangsbekenntnis, Entkräftung der Beweiswirkung, sekundäre Darlegungslast, beA-Nachrichtenjournal

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Celle, Beschl. v. 31.01.2025 – 20 U 8/24

Leitsatz des Gerichts:

1. Das von einem Rechtsanwalt elektronisch abgegebene Empfangsbekenntnis erbringt gegenüber dem Gericht den vollen Beweis nicht nur für die Entgegennahme des Dokuments als zugestellt, sondern auch für den angegebenen Zeitpunkt der Entgegennahme und damit der Zustellung.
2. Für den Gegenbeweis, dass das zuzustellende Schriftstück den Adressaten tatsächlich zu einem anderen Zeitpunkt erreicht hat, muss die Beweiswirkung vollständig entkräftet sein, also jede Möglichkeit der Richtigkeit der Empfangsbestätigung ausgeschlossen werden.
3. Ein ungewöhnlich langer Zeitraum zwischen dem dokumentierten Zeitpunkt der elektronischen Übersendung des Dokuments und dem im Empfangsbekenntnis angegebenen Zustelldatum (hier: sechs Wochen) erbringt den Beweis der Unrichtigkeit der Datumsangabe für sich genommen noch nicht.
4. In einem solchen Fall kann die Partei deshalb nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast verpflichtet sein, sich substantiiert zu den Umständen zu erklären, die die Richtigkeit des Empfangsbekenntnisses zweifelhaft erscheinen lassen, und zu dem tatsächlichen Zeitpunkt der subjektiv empfangsbereiten Kenntnisnahme vorzutragen. Außerdem kann das Gericht nach §§ 142, 144 ZPO die Vorlage des beA-Nachrichtenjournals des Rechtsanwalts der Partei anordnen.
5. Hieraus und aus den Erklärungen der Partei können sich jedenfalls Anhaltspunkte für den Zeitpunkt der empfangsbereiten Entgegennahme des zuzustellenden Schriftstücks durch den Rechtsanwalt und damit ein von dem Empfangsbekenntnis abweichendes Zustelldatum ergeben. Erklärt sich die Partei nicht und legt auch das beA-Nachrichtenjournal ihres Rechtsanwalts nicht vor, kann – in entsprechender Anwendung von § 427 ZPO – der Beweis der Unrichtigkeit des in dem Empfangsbekenntnis angegebenen Zustelldatums geführt sein.


In pp.

Die Berufung des Klägers gegen das am 25. April 2024 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hannover (4 O 134/22) wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Nebenintervenienten haben ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.
Dieser Beschluss ist ebenso wie das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf bis 140.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Berufung des Klägers gegen das am 25. April 2024 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hannover (4 O 134/22) wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Nebenintervenienten haben ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.
Dieser Beschluss ist ebenso wie das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf bis 140.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt den Beklagten wegen der Verletzung von Pflichten aus einem Steuerberatervertrag auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger war ursprünglich Inhaber eines Kiosks in der B. Straße ... in ... L., den er im Jahr 2019 veräußerte; die Gewerbeabmeldung erfolgte zum 9. März 2020. Die steuerrechtliche Beratung für den Kiosk in L. erfolgte durch die Streithelfer. Außerdem betrieb er einen weiteren Kiosk in der S. Straße ... in ... H., den er Anfang November 2019 eröffnete und im Jahr 2021 veräußerte; die Gewerbeabmeldung erfolgte hier zum 1. Januar 2022. Mit der laufenden Finanzbuchhaltung und den Umsatzsteueranmeldungen für den Kiosk in H. beauftragte der Kläger den Beklagten. Dieser wiederum beauftragte seinerseits die Zeugin T. mit der Bearbeitung des steuerrechtlichen Mandats.

Im Jahr 2019 wurden von den Streithelfern Umsatzsteuervoranmeldungen für das erste (47.290,00 EUR), zweite (67.293,00 EUR) und dritte Quartal (49.448,00 EUR) elektronisch an das Finanzamt gemeldet, das für das vierte Quartal - mangels entsprechender Voranmeldung - eine Schätzung in Höhe von 50.400,00 EUR vornahm. Für die Monate November und Dezember 2019 meldete der Beklagte für den Kiosk in H. Umsätze in Höhe von 3.951,00 EUR (19 %) und 607,00 EUR (7 %) sowie 4.588,00 EUR (19 %) und 644,00 EUR (7 %) an das Finanzamt (Anlagen, Anlagenband Beklagter). Auf dieser Grundlage erstellte er in der Folge auch die Einnahmen-Überschussrechnung für die Zeit von November bis Dezember 2019 mit einem Überschuss in Höhe von 590,24 EUR und übersandte diese am 21. März 2021 an das Finanzamt H.-Nord (Anlage, Anlagenband Kläger). Am selben Tag übersandte er zudem eine Erklärung zur gesonderten Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung betreffend den Kiosk in H. an das Finanzamt (Anlage, Anlagenband Beklagter).

Mit Schreiben vom 6. Mai 2021 (Anlage, Anlagenband Beklagter) teilte das Finanzamt H.-Nord dem Beklagten mit, dass die in den Umsatzsteuervoranmeldungen mitgeteilten Umsätze und Vorsteuerbeträge erheblich von den Umsätzen und der Vorsteuer in der Umsatzsteuererklärung abweichen würden. In den Voranmeldungen seien Umsätze in Höhe von 214.431,00 EUR (19 %) und 13.114,00 EUR (7 %) sowie Vorsteuerbeträge in Höhe von 40.162,37 EUR angemeldet worden. In der Umsatzsteuererklärung seien die Umsätze mit 8.653,00 EUR (19 %) und 1.441,00 EUR (7 %) sowie die Vorsteuer in Höhe von 2.285,68 EUR erklärt worden. Es werde deshalb um Stellungnahme und um Übersendung der Umsatzsteuer- und Vorsteuerverprobung oder gegebenenfalls Abgabe geänderter Erklärungen gebeten.

In der Folge erfuhr der Beklagte erstmals davon, dass der Kläger einen weiteren Kiosk in L. unterhielt und insoweit eine andere Kanzlei (die Streithelfer) mit den Steuerangelegenheiten beauftragt war. Am 13. August 2021 teilte der Beklagte dem Finanzamt H.-Nord mit, dass er die Buchhaltung nur für den Betrieb in H. geführt habe. Daten über einen anderen Betrieb würden ihm trotz mehrmaliger Aufforderung nicht vorliegen, so dass keine Umsatzsteuerberichtigung für das Jahr 2019 möglich sei (Anlage, Anlagenband Beklagte).
Mit Bescheid vom 9. September 2021 (Anlage, Anlagenband Kläger) erfolgte die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen durch das Finanzamt H.Nord, das die Besteuerungsgrundlagen für 2019 im Hinblick auf die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf 230.826,15 EUR festsetzte. Dieser Bescheid wurde dem Beklagten zugestellt. Rechtsmittel wurden nicht eingelegt.

Am 3. November 2021 erging sodann der - an den Kläger zugestellte - Bescheid für 2019 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Verspätungszuschlag und Zinsen (Anlage, Anlagenband Kläger). Die Berechnung des zu versteuernden Einkommens erfolgte auf der Grundlage von Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 242.826,00 EUR und setzte sich zusammen aus den Mitteilungen des Finanzamtes H.-Nord über Einkünfte in Höhe von 230.826,15 EUR und des Finanzamtes B. über Einkünfte in Höhe von 12.000,00 EUR. Auf dieser Grundlage setzte das Finanzamt die Einkommensteuer in Höhe von 64.636,00 EUR, den Verspätungszuschlag in Höhe von 484,00 EUR und den Solidaritätszuschlag in Höhe von 3.554,98 EUR - insgesamt 68.674,98 EUR - fest.

Mit E-Mail vom 24. Juli 2024 teilte ein Mitarbeiter des Finanzamtes H.-Nord dem Klägervertreter auf Nachfrage Folgendes mit (Anlage BK 1 = Bl. 95.A d. eA.):

(...)

Der Kläger hat geltend gemacht, dass der Beklagte es unterlassen habe, gegen den ihm zugestellten Bescheid über die Besteuerungsgrundlagen für 2019 fristgemäß Einspruch einzulegen. Dem Beklagten sei bekannt gewesen, dass diese Besteuerungsgrundlagen nicht zutreffend gewesen seien. Wie die vom Finanzamt festgestellte Höhe von 230.826,15 EUR zustande komme, entziehe sich der Kenntnis des Klägers; durch die Streithelfer sei die Meldung nicht erfolgt. Das Schreiben vom 6. Mai 2021 sei ihm nicht von der Zeugin T. übergeben worden. Es habe auch am 25. Juni 2021 keine Besprechung zu diesem Schreiben gegeben und der Kläger sei nicht mehrfach darauf angesprochen worden. Das Verhalten des Beklagten sei kausal für die Rechtsgutverletzung des Klägers gewesen: Hätte der Beklagte rechtzeitig Einspruch eingelegt, wäre eine Klärung der realen Besteuerungsgrundlagen möglich gewesen und der Steuerschaden in Höhe von 68.674,98 EUR wäre nicht entstanden. Der Schaden sei nur entstanden, weil der Bescheid rechtskräftig geworden sei und der Kläger keine Einkommensteuer in dieser Höhe schulde.

Das Mandat zwischen ihm und dem Beklagten sei nicht gekündigt worden. Das Kündigungsschreiben vom 14. September 2021 sei weder dem Kläger noch einem seiner Mitarbeiter übergeben worden. Von der Kündigung habe er bis zu dem Rechtsstreit keine Kenntnis gehabt. Er sei am 14. September 2021 auch gar nicht in dem Kiosk gewesen, sondern habe gearbeitet und sei anschließend mit seiner Freundin zu einer Geburtstagsfeier eines Bekannten gefahren. Selbst wenn aber die Kündigung übergeben worden sei, würde das den Beklagten nicht exkulpieren, weil er über die Besonderheit eines Bescheids zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und darüber hätte aufklären müssen, dass dieser Grundlage für die spätere Festsetzung der Einkommensteuer sei.

Außerdem seien dem Kläger durch eine unerwartete Kontopfändung über den festgesetzten Betrag weitere Schäden in Höhe von insgesamt 63.530,82 EUR entstanden. Hinsichtlich deren Bezifferung wird auf die einzelnen Schadenspositionen in dem Schriftsatz des Klägers vom 10. März 2024 (Bl. 9 - 14 d. eA.) Bezug genommen.

Der Beklagte hat geltend gemacht, dass das Mandat mit dem Kläger bereits am 14. September 2021 bzw. - nach der Aussage der Zeugin T. - spätestens am 17. September 2021 durch Kündigung beendet worden sei. Die Kündigungserklärung (Anlage Bl. 25 d.A.) sei dem Kläger in seinen Geschäftsräumen durch die Zeugin T. ausgehändigt worden. Außerdem würden die festgestellten Besteuerungsgrundlagen nicht auf einer Schätzung des Finanzamtes beruhen, sondern auf tatsächlich gemeldeten Umsätzen. Diese Meldung sei - nach Auskunft des Finanzamtes - durch die Streithelfer erfolgt, die Umsätze in Höhe von 214.431,00 EUR und 13.114,00 EUR angemeldet hätten. Der Kläger habe zudem für das Jahr 2019 mindestens einen entsprechenden Umsatz erzielt, so dass die festgesetzte Einkommensteuerschuld auch nicht fehlerhaft festgesetzt worden sei. Der Beklagte habe mit Schreiben des Finanzamtes H.-Nord vom 6. Mai 2021 erstmals von den weiteren Voranmeldungen in Höhe von 214.431,00 EUR und 13.114,00 EUR Kenntnis erlangt. Dieses Schreiben habe die Zeugin T. dem Kläger ausgehändigt und ihn darauf hingewiesen, dass dringend die weiteren Umsätze aufzuklären seien. In einer weiteren Besprechung am 25. Juni 2021 habe die Zeugin dem Kläger gesagt, dass er das Schreiben des Finanzamtes unverzüglich den Streithelfern vorlegen müsste, deren Namen er auch erst später erfahren habe. Am 21. Juli 2021 habe die Zeugin T. den Kläger erneut zu einer Aufklärung des Schreibens des Finanzamtes und dem Aufsuchen der Streithelfer gedrängt, weil die Jahreserklärung des Beklagten aufgrund weiterer Voranmeldungen Dritter nicht anerkannt worden sei.

Die Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hannover hat die Klage - nach Anhörung der Parteien und Vernehmung von Zeugen - durch Urteil vom 25. April 2024 (Bl. 204 ff. d. eA.), auf das wegen der näheren Einzelheiten des Sachverhalts, der tatsächlichen Feststellungen, der gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe verwiesen wird (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), abgewiesen. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger keinen Schadensersatzanspruch habe, weil der Beklagte keine Pflicht aus dem zwischen den Parteien bestehenden Vertrag verletzt habe. Der Beweis sei dem Kläger nicht gelungen. Der Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, gegen den Bescheid vom 9. September 2021 Einspruch einzulegen, weil er das Mandatsverhältnis wirksam gekündigt habe und diese Kündigung dem Kläger spätestens am 17. September 2021 zugegangen sei. Dies folge zur Überzeugung des Gerichts aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme. Die Zeugin T. habe glaubhaft ausgesagt, dass sie das Kündigungsschreiben spätestens innerhalb von drei Tagen an den Kläger übergeben habe. Dass die Zeugin sich in zeitlicher Hinsicht nicht sicher gewesen sei, stehe der Glaubhaftigkeit der Aussage nicht entgegen; außerdem sei die Zeugin auch glaubwürdig. Dem würden die Angaben der Zeugen L., K. S. und S. S. nicht entgegenstehen, weil diese sich entweder nicht erinnern oder nur Angaben zu dem Geschehen am 14. September 2021 machen könnten, nicht aber zu den folgenden Tagen. Einer Parteivernehmung nach § 448 ZPO habe es nicht bedurft. Der Beklagte habe das Vertragsverhältnis gem. § 627 Abs. 1 BGB kündigen dürfen. Außerdem habe der Kläger sich gemäß § 627 Abs. 2 BGB die Dienste anderweitig beschaffen können, weil die Einspruchsfrist noch bis zum 10. Oktober 2021 gelaufen sei. Selbst wenn die Kündigung zur Unzeit erfolgt sein sollte, habe ein wichtiger Grund vorgelegen, weil der Kläger seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei. Darüber hinaus habe der Beklagte auch nicht seine Aufklärungspflichten verletzt. Er habe den Kläger mehrfach darauf hingewiesen, dass dem Finanzamt H.-Nord hohe Umsätze gemeldet worden seien und dies aufzuklären sei. Zudem habe der Beklagte den Kläger in seinem Kündigungsschreiben auf die am 10. Oktober 2021 ablaufende Einspruchsfrist hingewiesen.

Gegen dieses seinem Prozessbevollmächtigten am 25. April 2024 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 21. Mai 2024 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag Berufung eingelegt, die er - nach Fristverlängerung bis zum 25. Juli 2024 - mit Schriftsatz vom 25. Juli 2024, eingegangen beim Oberlandesgericht am selben Tag, begründet hat. Außerdem hat er Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens beantragt.

Der Kläger trägt vor, dass die Entscheidung des Landgerichts überraschend gewesen sei, weil für den Fall der Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin T. um weiteren Hinweis gebeten worden sei. Die Streithelfer hätten bzgl. des Kiosks in L. für die ersten drei Quartale 2019 Umsatzsteuervoranmeldungen in Höhe von 47.290,00 EUR, 67.293,00 EUR und 49.448,00 EUR abgegeben. Infolge der unterlassenen Mitteilung der Umsätze für den Kiosk in H. für Oktober 2019 durch den Beklagten habe das Finanzamt die Umsätze für das vierte Quartal in Höhe von 50.400,00 EUR geschätzt. Eine Rücksprache mit den Streithelfern sei nicht erfolgt. Aufgrund der hohen Umsätze in den Voranmeldungen habe das Finanzamt steuerpflichtige Betriebseinnahmen in Höhe von 225.207,58 EUR geschätzt und sodann 235.000,00 EUR als umsatzsteuerpflichtige Betriebseinnahme zugrunde gelegt, nachdem der Beklagte auf Nachfragen des Finanzamtes vom 6. Mai, 22. Juni und 27. Juli 2021 nicht zu der Diskrepanz zwischen den Umsatzsteuervoranmeldungen und der Umsatzsteuererklärung vorgetragen habe. Die Kündigung des Steuermandats sei durch die Zeugen des Klägers glaubhaft widerlegt worden. Der Kläger sei bereits seit Mai 2021 als Telefonberater in Vollzeit tätig gewesen und zwar auch am 15., 16. und 17. September 2021, sodass er zwischen 8:00 Uhr und 18:00 Uhr arbeitsbedingt nicht im Kiosk anwesend gewesen sei.

Der Beklagte habe mehrere Pflichtverletzungen begangen. (1) Zunächst habe er die Umsätze für Oktober 2019 nicht gemeldet, was zu einer Schätzung des Finanzamtes für das vierte Quartal geführt habe. Umsätze seien aber stets für das gesamte Quartal anzumelden. (2) Außerdem habe er den umsatzsteuerrelevanten Sachverhalt nicht ausermittelt und geprüft, ob auf dieselbe Umsatzsteuernummer des Klägers weitere Umsatzsteuervoranmeldungen für den Kiosk in H. durch die Streithelfer erfolgt seien. (3) Der unterlassene Informationsaustausch des Berufungsbeklagten mit dem Finanzamt zu der krassen Diskrepanz zwischen den Umsätzen in den Voranmeldungen und den erklärten Werten in der Umsatzsteuerjahreserklärung stelle einen groben Verstoß gegen die steuerberatende Tätigkeit dar. Ein durchschnittlich handelnder Steuerberater hätte unverzüglich zur Klärung des Sachverhalts die behördliche Akte angefordert und/oder mit dem Kläger gesprochen. (4) Schließlich habe der Beklagte nicht gegen den Bescheid des Finanzamtes vom 9. September 2021 Einspruch eingelegt.

Eine Kündigung sei nicht erfolgt, weil der Kläger in dem maßgebenden Zeitraum nicht vor Ort gewesen sei und den Betrieb zu dieser Zeit nicht mehr geführt habe. Darüber hinaus würden auch die Voraussetzungen nach § 627 Abs. 2 BGB nicht vorliegen. Die Kündigung sei zur Unzeit erfolgt, weil der Beklagte keine Verlängerung der Einspruchs- und Begründungsfrist beantragt habe. Es habe auch kein wichtiger Kündigungsgrund vorgelegen, weil der Kläger nicht seine Mitwirkungspflichten verletzt habe. Als Folge seien dem Kläger der Steuerbelastungsschaden und die Kontopfändungsschäden zu ersetzen, weil auch diese nicht entstanden wären, wenn es nicht zur behördlichen Pfändung des Kontos im Jahr 2022 gekommen wäre.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Hannover vom 25.04.2024 abzuändern und den Berufungsbeklagten nach Maßgabe der Schlussanträge des Berufungsklägers in erster Instanz zu verurteilen.

dem Berufungskläger unter Beiordnung des Unterzeichners als Prozessbevollmächtigten für die Berufung gegen das angefochtene Urteil Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das ihm günstige erstinstanzliche Urteil. Es sei bereits unzutreffend, das die Umsatzsteuervoranmeldung für das vierte Quartal 2019 Gegenstand des Steuerrechtsmandats zwischen den Parteien gewesen sei. Vielmehr sei der Beklagte (unstreitig) lediglich mit der laufenden Finanzbuchhaltung sowie der Vorbereitung der Umsatzsteuervoranmeldungen ab November 2019 beauftragt gewesen. Die Schätzung des Finanzamtes für das vierte Quartal werde mit Nichtwissen bestritten. Eine Rücksprache mit den Streithelfern habe schon deshalb nicht erfolgen können, weil dem Beklagten bis zu dem Schreiben des Finanzamtes vom 6. Mai 2021 weder bekannt gewesen sei, dass der Kläger einen weiteren Kiosk in L. betreibe noch, dass insoweit weitere Voranmeldungen beim Finanzamt erfolgt seien oder dass ein weiterer Steuerberater (die Streithelfer) tätig sei. Das sei erstmals in dem Gespräch am 25. Juni 2021 zur Sprache gekommen. Der Kläger sei insoweit mehrfach erfolglos um Aufklärung ersucht worden, sodass wegen der fehlenden Mitarbeit schließlich das Mandat gekündigt worden sei.

Erstmals mit der Berufungsbegründung mache der Kläger insgesamt vier Pflichtverletzungen des Beklagten geltend. Der Beklagte sei aber nicht mit der Meldung von Umsätzen für Oktober 2019 mandatiert gewesen und dies sei auch nicht möglich gewesen, weil der Kiosk in H. erst seit November 2019 betrieben worden sei. Außerdem habe der Beklagte versucht, entsprechende Aufklärung bei dem Kläger zu betreiben, habe also versucht, den umsatzsteuerrechtlichen Sachverhalt zu ermitteln. Das sei durch die Zeugin T. unmittelbar nach Erhalt des Schreibens vom 6. Mai 2021 sowie am 25. Juni und 21. Juli 2021 geschehen. Soweit der Kläger eine fehlende Aufklärung aufgrund der Schreiben des Finanzamtes geltend mache, sei eine solche Aufklärung aufgrund der verweigerten Mitwirkung des Klägers trotz entsprechender Hinweise nicht möglich gewesen. Es sei auch nicht Aufgabe oder Pflicht des Beklagten, eigenständige Sachverhaltsermittlung beim Finanzamt vorzunehmen. Darüber hinaus sei das Landgericht zutreffend von dem Zugang der Kündigung spätestens am 17. September 2021 ausgegangen. An die entsprechende Beweiswürdigung sei das Berufungsgericht gebunden. Die Kündigung sei auch nicht zur Unzeit erfolgt und es habe ein wichtiger Grund für eine solche Kündigung vorgelegen.

Schließlich sei dem Kläger auch kein kausaler Schaden entstanden, weil der Vortrag des Klägers dazu unsubstantiiert und unschlüssig sei. Denn mit der Berufungsbegründung habe der Kläger eingestanden, dass die Streithelfer für den Kiosk in L. insgesamt Umsätze von 164.031,00 EUR angemeldet hätten. Selbst wenn (nur) Umsätze in Höhe von 50.400,00 EUR vom Finanzamt zu viel festgesetzt worden wären, würde sich bei einer Nicht-Berücksichtigung dieser Umsätze keinesfalls ergeben, dass der Kläger gar keine Einkommensteuer zu zahlen gehabt hätte. Soweit es die von dem Kläger infolge der Kontopfändung geltend gemachten Schadenspositionen betreffe, fehle es ebenfalls an der Kausalität. Die Kontopfändung sei für den Kläger nicht unerwartet gekommen, weil ihm der Einkommensteuerbescheid zugestellt worden sei und er Kenntnis von dem Bescheid vom 9. September 2021 gehabt habe. Insoweit fehle es auch am Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen dem haftungsbegründenden Ereignis und dem Schaden, weil der Steuerberater nur für Schäden einzustehen habe, die nicht eine bloß zufällige, ursächliche Verbindung zu seinem Verhalten aufwiesen, sondern in dem Gefahrenbereich liegen würden, zu dessen Abwendung die verletzte Beratungspflicht übernommen wurde. Schließlich habe der Kläger hinsichtlich des Schadens bereits nicht den erforderlichen Gesamtvermögensvergleich vorgenommen, obwohl von dem Beklagten darauf hingewiesen worden sei. Der Kläger trage nicht vor, welche Umsätze richtigerweise beim Finanzamt hätten angemeldet werden müssen und in welcher Höhe der Kläger dann Steuern zu zahlen gehabt hätte.

Nachdem die Streithelfer dem Rechtsstreit auf Seiten des Klägers beigetreten sind, haben sie vorgetragen, dass die Würdigung der Zeugenvernehmung durch das Landgericht unzutreffend sei; die Äußerungen der Zeugin seien zu vage und ungenau gewesen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 28. Oktober 2024 (Bl. 518 ff. d. eA.) darauf hingewiesen, die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO einstimmig zurückweisen zu wollen, und zugleich den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren zurückgewiesen. Dem sind die Streithelfer mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2024 (Bl. 577 ff. d. eA.) entgegengetreten.

Der Senatsbeschluss ist am 5. November 2024 um 13:08 Uhr elektronisch (u.a.) an den Klägervertreter versendet worden. Es ging eine elektronische Eingangsbestätigung von dem System des Klägervertreters ein, die als Datum des Eingangs auf seinem Server (Ende des Empfangsvorgangs) den 5. November 2024 um 13:08:24 Uhr ausweist. Am 16. Dezember 2024 (13:31:08 Uhr) hat der Klägervertreter das elektronische Empfangsbekenntnis an das Oberlandesgericht übersandt und als Zustelldatum den 16. Dezember 2024 angegeben (Bl. 566.A d. eA.). Mit Beschluss vom selben Tag - dem Klägervertreter am 19. Dezember 2024 zugestellt - hat der Senat gebeten mitzuteilen, ob es sich bei der Datumsangabe um ein Versehen handele und - verneinendenfalls - die Vorlage des beA-Nachrichtenjournals des Klägervertreters zu der elektronischen Übersendung des Senatsbeschlusses vom 28. Oktober 2024 bis zum 23. Dezember 2024 angeordnet (Bl. 580 f. d. eA.). Daraufhin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2024 beantragt, ihm eine Frist zur Erwiderung im Rechtsstreit bis zum 23. Januar 2025 einzuräumen (Bl. 587 d. eA.). Diesen Antrag hat der Senat mit Beschluss vom 27. Dezember 2024 zurückgewiesen, aber darauf hingewiesen, nicht vor dem 14. Januar 2025 über die Berufung des Klägers zu entscheiden (Bl. 590 ff. d. eA.). Mit Schriftsatz vom 13. Januar 2025 hat der Kläger Stellung genommen (Bl. 608 ff. d. eA.).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung und die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist offensichtlich unbegründet und unterliegt daher der Zurückweisung durch den vorliegenden, einstimmig gefassten Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich. Unter Berücksichtigung dessen erscheint auch eine mündliche Verhandlung nicht als geboten.

Zur Begründung nimmt der Senat in vollem Umfang auf die Ausführungen in seinem Hinweisbeschluss vom 28. Oktober 2024 (Bl. 518 ff. d. eA. = NJOZ 2024, 1592 = BeckRS 2024, 32487) Bezug, an denen er festhält. Die Beschlussgründe werden durch die dazu von den Streithelfern mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2024 (Bl. 577 ff. d. eA.) abgegebene Stellungnahme und die vom Kläger mit Schriftsatz vom 13. Januar 2025 (Bl. 608 ff. d. eA.) abgegebene Stellungnahme nicht entkräftet. Vielmehr bleibt es dabei, dass das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat, weil - auch unter Berücksichtigung des jedenfalls teilweise widersprüchlichen Vortrags des Klägers - weder die behaupteten Pflichtverletzungen noch ein kausaler Schaden schlüssig dargelegt oder bewiesen sind.

1. Darüber hinaus ist zu den Ausführungen der Streithelfer in ihrer Stellungnahme - teilweise vertiefend, teilweise wiederholend - Folgendes festzuhalten:

a) Die Streithelfer machen geltend, dass es sich bei dem klägerischen Vorbringen in der Berufungsbegründung nicht um neues Angriffsvorbringen handele, sondern dass der weitere Vortrag die Reaktion auf einen neuen, geänderten Vortrag des Beklagten gewesen sei. Durch weitere Beweisführung und Beweisaufnahme habe man diesem Vortrag nachgehen müssen, was das Landgericht zu Unrecht nicht getan habe (Bl. 577 d. eA.). Hiermit vermögen die Streithelfer im Berufungsverfahren nicht mit Erfolg durchzudringen.

Es ist zwar im Ansatzpunkt noch zutreffend, dass der Beklagte zunächst behauptet hat, das Mandat sei am 14. September 2021 durch eine persönlich durch die Zeugin T. übergebene Kündigungserklärung beendet worden (Bl. 12R Bd. I d.A.). Im Rahmen ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung am 12. März 2024 hat die Zeugin sodann ausgesagt, dass sie sich zwar nicht genau daran erinnern könne, ob die Übergabe noch an dem Tag erfolgt sei, als der Beklagte ihr das Kündigungsschreiben gegeben habe, dass dies aber "maximal zwei bis drei Tage später" erfolgt sei (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12. März 2024, S. 4 = Bl. 157 d. eA.). Die Beklagtenvertreterin hat sich diese Aussage der Zeugin ausdrücklich zu eigen gemacht (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12. März 2024, S. 5 = Bl. 158 d. eA.).

Gleichwohl ist der Vortrag des Klägers, dass er am 15. September 2021 zwischen 08:01 und 17:44 Uhr, am 16. September 2021 zwischen 08:18 und 17:55 Uhr sowie am 17. September 2021 zwischen 08:10 und 18:00 Uhr arbeitsbedingt nicht in dem Kiosk in H. gewesen sei, unzweifelhaft erstmals im Berufungsverfahren und nicht bereits vor dem Landgericht erfolgt. Erstinstanzlich hat der Kläger den sich zu eigen gemachten Vortrag des Beklagten nicht einmal (konkludent) bestritten. Damit handelt es sich aber um ein neues Angriffsmittel i.S.d. § 531 Abs. 2 ZPO, d.h. tatsächliches und rechtliches Vorbringen, das der Durchsetzung des geltend gemachten Begehrens dient und bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug nicht vorgebracht wurde (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Juli 2024 - V ZR 164/23, BeckRS 2024, 17741 Rn. 6 und vom 5. Oktober 2016 - XII ZR 130/15, juris Rn. 13; Urteil vom 16. Mai 1991 - III ZR 82/90, juris Rn. 10; BeckOK ZPO/Wulf, ZPO § 531 Rn. 10 [Stand: 1. September 2024]; MüKoZPO/Rimmelspacher, 6. Aufl., § 520 Rn. 66; jew. m.w.N.). Insbesondere wurde mit dem Vortrag nicht ein schlüssiges erstinstanzliches Vorbringen nur in genauerer Fassung wiederholt, konkretisiert, verdeutlicht oder erläutert (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 14. November 2017 - VI ZR 92/17, NJW 2018, 866 Rn. 17; MüKoZPO/Rimmelspacher, aaO § 520 Rn. 67; jew. m.w.N.).

Neues Vorbringen im Berufungsverfahren ist aber nur unter den Voraussetzungen gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Es muss also einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist (Nr. 1), infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurde (Nr. 2) oder im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden ist, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht (Nr. 3).

Diese Voraussetzungen werden aber weder von dem Kläger noch von den Streithelfern schlüssig dargelegt. Sie liegen auch nicht vor. Insbesondere ist nicht von einem Verfahrensmangel im ersten Rechtszug auszugehen.

Nach Abschluss der Beweisaufnahme ist grundsätzlich sogleich die mündliche Verhandlung fortzusetzen. Das Gericht hat das Ergebnis der Beweisaufnahme mit den Parteien zu erörtern, das heißt die Parteien haben über das Ergebnis der Beweisaufnahme unter Darlegung des Streitverhältnisses zu verhandeln (§ 285 Abs. 1 ZPO). Die Vorschrift des § 285 Abs. 1 ZPO konkretisiert insoweit das rechtliche Gehör und soll darauf hinwirken, dass unter dem lebendigen Eindruck der Beweisaufnahme verhandelt und entschieden wird (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2016 - III ZB 127/15, NJW 2016, 2890 Rn. 17; Urteil vom 14. Juni 2018 - III ZR 54/17, NJW 2018, 2723 Rn. 25; jew. m.w.N.). Ausreichend ist es aber, dass die Parteien die Gelegenheit zur Stellungnahme (auch in Form eines Schriftsatzes) hatten, eine tatsächlich erfolgte Verhandlung ist nicht erforderlich (MüKoZPO/Prütting, aaO § 285 Rn. 3). Es gibt auch keinen generellen Anspruch auf Nachlass eines Schriftsatzes zum Beweisergebnis und zur Beweiswürdigung (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1991 - XII ZR 101/89, NJW 1991, 1547, 1548 [BGH 24.10.1990 - XII ZR 101/89]; Stein/Jonas/Thole, ZPO, 23. Aufl., § 285 Rn. 6; Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl., § 285 Rn. 2). Den Parteien muss daher regelmäßig nicht das Recht eingeräumt werden, sich durch Schriftsatz zum Ergebnis der Beweisaufnahme zu äußern. Lediglich im Einzelfall kann der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs im Anschluss an eine Beweisaufnahme die Vertagung oder die Gewährung einer Schriftsatzfrist zum Beweisergebnis gebieten, wenn von einer Partei eine umfassende sofortige Stellungnahme nicht erwartet werden kann, weil sie verständigerweise Zeit braucht, um - in Kenntnis der Sitzungsniederschrift - angemessen vorzutragen. Das kann etwa nach einer komplexen Beweisaufnahme oder nach einer umfassenden Erörterung des Gutachtens der Fall sein (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2018 - III ZR 54/17, aaO Rn. 24 ff.; Zöller/Greger, aaO § 285 Rn. 2; Musielak/Voit/Foerste, ZPO, 21. Aufl., § 285 Rn. 2) oder auch dann, wenn der Sachverständige in seinen mündlichen Ausführungen neue und ausführlichere Beurteilungen gegenüber dem bisherigen Gutachten abgegeben hat (BGH, Beschluss vom 30. November 2010 - VI ZR 25/09, NJW-RR 2011, 428 Rn. 5; Urteil vom 13. Februar 2001 - VI ZR 272/99, NJW 2001, 2796, 2797; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 2008 - VII ZR 200/06, NZBau 2009, 244 Rn. 7, und vom 15. Oktober 2009 - VII ZR 2/09, BauR 2010, 246 Rn. 4 = ZfBR 2010, 130).

Diesen Maßstab zugrunde gelegt war das Landgericht nicht von sich aus verpflichtet, dem Kläger einen Schriftsatznachlass zu gewähren. Im konkreten Fall hätten der Kläger bzw. die Streithelfer im Rahmen der Verhandlung über das Beweisergebnis (§ 285 Abs. 1 ZPO) entweder bereits zu diesem Zeitpunkt eine entsprechende Erklärung abgeben oder einen Schriftsatznachlass beantragen können und müssen, um ergänzend - in dem nunmehr im Berufungsverfahren erfolgten Umfang zu den weiteren Tagen - vorzutragen und erforderlichenfalls Beweis anzutreten. Beides ist nicht erfolgt. Selbst wenn im Übrigen - wie vom Kläger geltend gemacht - ein Gehörsverstoß vorliegen würde, hätten der Kläger und die Streithelfer insoweit nicht alle nach Lage der Sache gegebenen prozessualen Möglichkeiten ausgeschöpft, um eine Korrektur der behaupteten Gehörsverletzung zu erwirken und einen Verstoß gegen das Verfahrensgrundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG zu verhindern (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2018 - III ZR 54/17, aaO Rn. 37 m.w.N.).

Ein solcher Anspruch bestand auch nicht aufgrund der besonderen Umstände des konkreten Einzelfalles. Das wird von dem Kläger und den Streithelfern bereits nicht behauptet und dafür bestehen auch sonst keine Anhaltspunkte. Vorliegend ging es um eine überschaubare Beweisaufnahme durch die Vernehmung von zwar sechs Zeuginnen und Zeugen, aber nur zu einem einzigen sehr konkreten und spezifischen Beweisthema (der Anwesenheit des Klägers in seinem Kiosk in H. zu bestimmten Zeiten). Hier konnte von dem Kläger eine sofortige Stellungnahme erwartet werden. Insoweit war das Landgericht nicht verpflichtet, von sich aus einen Schriftsatznachlass einzuräumen.

Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung geltend gemacht hat, dass er im Rahmen der mündlichen Verhandlung um Hinweiserteilung gebeten habe (BB S. 8 = Bl. 80 d. eA.), ist der Beklagte dem im Rahmen der Berufungserwiderung entgegengetreten (BE S. 6 = Bl. 121 d. eA.) und im Protokoll der mündlichen Verhandlung ist dies ebenfalls nicht dokumentiert. Angesichts der Anberaumung eines Verkündungstermins und der Nichteinräumung einer Schriftsatzfrist musste der Kläger jedenfalls auch mit einer instanzabschließenden Entscheidung rechnen. Ungeachtet dessen hat der Kläger - wie vom Senat im Hinweisbeschluss ausgeführt (HB S. 22 = aaO Rn. 75) - nicht dargelegt, was er konkret bei einem entsprechenden Hinweis vorgetragen bzw. inwieweit er Beweis angetreten hätte.
b) Ohne Erfolg machen die Streithelfer ferner geltend, dass sie die zwingende und saubere Trennung der Begrifflichkeiten wie Umsatz und Einkünfte vermissen würden. Es seien von ihnen - den Streithelfern - Umsätze gemeldet worden, aber der streitige Bescheid beziehe sich auf Einkünfte (Bl. 577 ff. d. eA.). Dieser Einwand - mit dem die Streithelfer im Wesentlichen nur eine eigene Pflichtverletzung negieren, aber keine Pflichtverletzung des Beklagten darlegen - ist nicht entscheidungserheblich.

aa) Es mag zutreffend sein, dass die Streithelfer in den quartalsweisen Umsatzsteuervoranmeldungen für das Jahr 2019 die Umsätze an das Finanzamt gemeldet haben (was sie im Übrigen erstinstanzlich als Prozessbevollmächtigte des Klägers noch bestritten hatten, vgl. etwa Bl. 26R d.A.) und dass sich der Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen auf die Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezieht. Die Relevanz für den Streitfall erschließt sich dem Senat jedoch nicht und verkennt die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 AO, die das Finanzamt - wegen der Differenz zwischen den Voranmeldungen der Streithelfer und der Umsatzsteuererklärung des Beklagten - nicht ermitteln bzw. berechnen konnte, weshalb es auf Grundlage der allein bekannten Umsätze die Einkünfte geschätzt hat.

Zu der Schätzung heißt es in der E-Mail des Finanzamtes H.-Nord an den Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 24. Juli 2024 (Anlage BK1 = Bl. 95a ff. d. eA.):

(...)

Das Finanzamt hat demzufolge die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 230.826,15 EUR gemäß dem Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 9. September 2021 auf der Grundlage "der hohen Umsätze in den Voranmeldungen und der Differenz zu den erklärten Werten in der Jahressteuererklärung" geschätzt. Maßgeblich war demnach die Differenz zwischen den Voranmeldungen der Streithelfer einerseits und der Umsatzsteuererklärung des Beklagten andererseits. Das ergibt sich auch aus dem Schreiben des Finanzamtes vom 6. Mai 2021 (Anlage, Anlagenband Beklagter), in dem es ausdrücklich auf die Umsatzsteuervoranmeldungen in Höhe von 214.431,00 EUR abstellt.

Im Ergebnis beruhte die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen damit auf dem Umstand, dass zwar eine Umsatzsteuererklärung des Beklagten für den Kiosk in H. betreffend den Zeitraum November und Dezember 2019 vorlag, aber keine Umsatzsteuererklärung betreffend den Kiosk in L. bzw. die von den Streithelfern angemeldeten Umsätze für die ersten drei Quartale 2019 und die Schätzung des Finanzamtes für das vierte Quartal. Der Beklagte hatte aber unstreitig nur die steuerrechtliche Beratung für den Kiosk in H. in dem Zeitraum November und Dezember 2019 übernommen, konnte also denklogisch keine Umsatzsteuererklärung für den Kiosk in L. bzw. für Umsätze in vorangehenden Zeiträumen abgeben. Für die entsprechende Umsatzsteuererklärung waren - ohne dass dies für den konkreten Fall zu entscheiden war - der Kläger bzw. die Streithelfer verantwortlich.

bb) Es mag daher zutreffend sein, dass das Finanzamt - möglicherweise in Unkenntnis der Existenz von zwei Gewerbebetrieben und deren Betreuung durch verschiedene Steuerberater - wegen der Differenz zwischen den Umsatzsteuervoranmeldungen der Streithelfer einerseits und der Umsatzsteuererklärung des Beklagten andererseits bzw. aufgrund einer fehlenden Umsatzsteuererklärung betreffend einen Großteil der Umsätze eine Schätzung für den Gewerbebetrieb in H. vorgenommen hat. Dafür würde sprechen, dass in dem Bescheid vom 9. September 2021 nur der Gewerbebetrieb in H. genannt wird (dort S. 1 oben) und die den Gewerbebetrieb in L. betreffenden Umsatzsteuervoranmeldungen der Streithelfer offenbar gegenüber dem Finanzamt H.-Nord erklärt wurden (vgl. Einkommensteuerbescheid vom 3. November 2021, S. 4). Das dürfte nicht zuletzt im Wesentlichen darauf zurückzuführen sein, dass der Kläger für die beiden Gewerbebetriebe jeweils eigene Umsatzsteuervoranmeldungen (zu unterschiedlichen Steuernummern) durch verschiedene Steuerberater hat einreichen lassen.

Allerdings geht es hier nicht um die Frage, ob ein Einspruch gegen die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen des Finanzamtes mit Bescheid vom 9. September 2021 grundsätzlich erfolgreich oder aussichtslos gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 2014 - IX ZR 23/10, DStR 2014, 895; BeckOGK BGB/Teichmann, BGB § 675 Rn. 1369 ff. [Stand: 1. August 2024]). Vielmehr geht es darum, ob der Beklagte verpflichtet war, den Kläger bezüglich der Möglichkeit eines - auch aussichtslosen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 1999 - IX ZR 298/97, NJW 1999, 2435; BeckOGK BGB/Teichmann, aaO § 675 Rn. 1139) - Einspruchs aufzuklären, um ihm eine eigenverantwortliche Entscheidung zu ermöglichen, bzw. den Rechtsbehelf für diesen einzulegen. Da aber der Beklagte das mit dem Kläger bestehende Mandat durch die Kündigung rechtzeitig wirksam beendet hat und der Kündigung auch nicht § 627 Abs. 2 BGB entgegensteht, liegt bereits dem Grunde nach keine Pflichtverletzung vor, so dass es auf die Frage des Erfolgs eines möglichen Einspruchsverfahrens nicht mehr entscheidungserheblich ankommt. Insoweit wird auf die Ausführungen des Senats in dem Hinweisbeschluss vom 28. Oktober 2024 Bezug genommen, denen die Streithelfer - mit Ausnahme des Vortrags zu angeblich zulässigem neuem Angriffsvorbringen - nicht erheblich entgegengetreten sind. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass der Beklagte - noch vor der Kündigung - gegenüber dem Finanzamt ausgeführt hat, dass er nur die Buchhaltung für den Betrieb in H. geführt habe (Anlage, Anlagenband Beklagter).

2. Nicht zuletzt scheinen auch die Streithelfer rechtsirrig davon auszugehen, dass der Kläger - unterstellt man eine Pflichtverletzung des Beklagten und eine unzutreffende Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb - gar keine Einkommenssteuer zu zahlen gehabt hätte. Denn es wird die gesamte Steuerlast in Höhe von 64.636,00 EUR (Einkommenssteuer), 484,00 EUR (Verspätungszuschlag) und 3.554,98 EUR (Solidaritätszuschlag) aus dem Einkommensteuerbescheid vom 3. November 2021 als Schaden gegenüber dem Beklagten geltend gemacht. Dass dies mit Blick auf die zwei Gewerbebetriebe des Klägers und die von den Streithelfern vorgenommenen Umsatzsteuervoranmeldungen nicht zutreffend sein kann, liegt auf der Hand. Es bestünde aber nur ein Anspruch auf Ersatz des Schadens in Höhe der festgesetzten Einkommensteuer, soweit die festgesetzte Steuer auf der Pflichtverletzung des Beklagten beruht.

Der Kläger hätte mithin darlegen müssen, welche Einkünfte er ohne die (unterstellte) Pflichtverletzung gehabt hätte und wie hoch die Steuerlast in diesem Fall gewesen wäre. Insoweit fehlte es sowohl erstinstanzlich als auch im Berufungsverfahren an der schlüssigen Darlegung eines Schadens auf der Grundlage der Differenzhypothese, also einem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen Vermögenslage, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre. Darauf hat der Senat bereits mit Beschluss vom 28. Oktober 2024 hingewiesen (aaO Rn. 86 f.).

Die Steuerlast beruht im Übrigen schon deshalb jedenfalls teilweise nicht auf einer Pflichtverletzung des Beklagten, weil beispielsweise der Verspätungszuschlag allein Folge der Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung durch den Kläger ist (vgl. den Einkommensteuerbescheid, S. 3 = Anlage, Anlagenband Kläger). Damit war der Beklagte aber unstreitig nicht beauftragt worden.

Nicht zuletzt wäre auch in den Blick zu nehmen, dass die Besteuerungsgrundlagen für den Einkommensteuerbescheid vom 3. November 2021 vom Finanzamt geschätzt wurden, weil der Kläger keine Steuererklärung abgegeben hat (vgl. den Einkommensteuerbescheid, S. 3 = Anlage, Anlagenband Kläger). Es bleibt damit vollkommen unklar, in welcher Höhe der Kläger - eine Pflichtverletzung des Beklagten unterstellt - tatsächlich Steuern zu zahlen gehabt hätte.

3. Im Hinblick auf den angeblichen "Kontopfändungsschaden" lassen der Kläger und die Streithelfer unberücksichtigt, dass die Forderungen Dritter im Wesentlichen nicht kausal auf einer (unterstellten) Pflichtverletzung des Beklagten beruhen und in keinem Rechtswidrigkeitszusammenhang damit stehen, sondern auf vertraglichen Verpflichtungen beruhen, die der Kläger unabhängig davon eingegangen ist.

a) Es gilt grundsätzlich, dass zwischen dem haftungsbegründenden Ereignis und dem Schaden ein Rechtswidrigkeitszusammenhang bestehen muss. Ersatz kann nur für solche Schadensfolgen verlangt werden, die innerhalb des Schutzbereichs der verletzten Norm liegen. Dieser Grundsatz gilt in gleicher Weise für die Verletzung vertraglicher Pflichten. Es sind nur solche Nachteile zu ersetzen, zu deren Abwendung die verletzte Vertragspflicht übernommen worden ist (BGH, Urteil vom 06. Juni 2002 - III ZR 206/01, NJW 2002, 2459). Der Steuerberater hat nur für Schäden einzustehen, die nicht bloß eine zufällige, ursächliche Verbindung zu seinem Verhalten aufweisen, sondern in dem Gefahrenbereich liegen, zu dessen Abwendung die verletzte Vertragspflicht übernommen wurde (BGH, Urteil vom 26. Juni 1997 - IX ZR 233/96, NJW 1997, 2946). Deren Eintritt sollte durch den Steuerberater verhindert werden. Der Schaden muss bei wertender Betrachtung in einem inneren Zusammenhang zu der vom Steuerberater geschaffenen Gefahrenlage stehen (BGH, Urteil vom 06. Juni 2002 - III ZR 206/01, NJW 2002, 2459). Der Schutzzweck des Steuerberatungsauftrags ergibt sich dabei aus dem erkennbaren Ziel, das der Mandant bei der Auftragserteilung verfolgt, und ist objektiv aus dem Inhalt und Zweck des geschuldeten Steuerberaterhandelns abzuleiten. Der Inhalt des Steuerberatungsvertrags, d.h. der Sinn und Zweck der Hinzuziehung des Steuerberaters, muss den Schaden als ersatzfähig erkennen lassen (BGH, Urteil vom 18. Januar 2007 - IX ZR 122/04, NJW-RR 2007, 742).

b) Das betrifft im konkreten Fall die von dem Kläger als "Kontopfändungsschaden" geltend gemachten Schadenspositionen, die in einem bloßen zufälligen Zusammenhang mit der (unterstellten) Pflichtverletzung des Beklagten stehen, deren Eintritt aber - anders als beispielsweise eine Steuerlast - von ihm nicht verhindert werden sollten. Zudem hatte der Kläger beispielsweise das Wohn- und Hausgeld ebenso wie die Forderungen des Fitnessstudios oder der Bußgeldstelle bzw. der e. AG ungeachtet einer Pflichtverletzung des Beklagten zu zahlen. Es handelt sich insoweit nicht um durch den Beklagten verursachte "Schäden". Erstattungsfähig wären insoweit allenfalls Kosten, die dem Kläger deshalb entstanden sind, weil er die Forderungen aufgrund der (unterstellt) unberechtigten Steuerlast nicht begleichen konnte, so dass ihm deshalb zusätzliche Kosten (z.B. Finanzierungskosten, Mahn- bzw. Verzugskosten etc.) entstanden sind.

Die behaupteten Rechtsanwaltskosten für die Erstberatung sind schon deshalb nicht erstattungsfähig, weil deren Erforderlichkeit nicht dargelegt wurde. Das betrifft jedenfalls die Überprüfung solcher Forderungen gegenüber dem Kläger, die unzweifelhaft berechtigt waren, weil sie auf einer vertraglichen Verpflichtung beruhten, die der Kläger nicht in Abrede nimmt. Dass und warum es insoweit notwendig gewesen sein soll, den Klägervertreter mit einer Erstberatung zu beauftragen, wird nicht vorgetragen und dafür bestehen auch sonst keine Anhaltspunkte.

4. Der Kläger hat zu dem Hinweisbeschluss des Senats vom 28. Oktober 2024 mit Schriftsatz vom 13. Januar 2025 Stellung genommen. Dieser Schriftsatz ist erst nach Ablauf der insoweit nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO gesetzten Frist eingegangen (s. dazu unter a) bis c)). Allerdings hat der Senat auch das verspätete Vorbringen zu berücksichtigen (s. dazu unter d)).

a) Das Berufungsgericht muss den Berufungsführer grundsätzlich zur Wahrung seines Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung hinweisen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. September 2021 - VI ZR 946/20, NJW-RR 2022, 286, und vom 17. März 2016 - IX ZR 211/14, NJW-RR 2016, 699 Rn. 5; Anders/Gehle/Göertz, ZPO, 83. Aufl., § 522 Rn. 32; BeckOK ZPO/Wulf, aaO § 522 Rn. 2; MüKoZPO/Rimmelspacher, aaO § 522 Rn. 27; Stein/Jonas/Althammer, aaO § 522 Rn. 60).
Dem ist der Senat mit dem Hinweisbeschluss vom 28. Oktober 2024 nachgekommen. Zu diesem Beschluss wurde dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab Zustellung gegeben. Von dieser Möglichkeit hat der Kläger - unter Berücksichtigung der nachfolgenden Ausführungen - nicht fristgerecht, sondern erst mit Schriftsatz vom 13. Januar 2025 Gebrauch gemacht. Eine weitere Frist war dem Kläger insoweit folglich grundsätzlich nicht einzuräumen

b) Der Hinweisbeschluss vom 28. Oktober 2024 ist dem Klägervertreter schon deutlich vor dem 16. Dezember 2024 gemäß § 173 Abs. 3 ZPO zugestellt worden. Davon ist der Senat überzeugt, nachdem der Kläger seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen ist und sich - trotz entsprechender Hinweise des Senats - nicht substantiiert zu den Umständen erklärt hat, die die Richtigkeit des vorliegenden Empfangsbekenntnisses zweifelhaft erscheinen lassen. Zudem hat er - trotz gerichtlicher Anordnung - auch nicht das beA-Nachrichtenjournal des Klägervertreters vorgelegt.

aa) Die Zustellung eines elektronischen Dokuments an einen Rechtsanwalt nach § 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird gem. § 173 Abs. 3 Satz 1 ZPO durch ein elektronisches Empfangsbekenntnis nachgewiesen, das an das Gericht zu übermitteln ist. Für die Übermittlung ist grundsätzlich der vom Gericht mit der Zustellung zur Verfügung gestellte strukturierte Datensatz zu verwenden (§ 173 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Für die Rücksendung des elektronischen Empfangsbekenntnisses in Form eines strukturierten Datensatzes per beA ist es erforderlich, dass aufseiten des die Zustellung empfangenden Rechtsanwalts die Nachricht geöffnet sowie mit einer entsprechenden Eingabe ein Empfangsbekenntnis erstellt, das Datum des Erhalts des Dokuments eingegeben und das so generierte Empfangsbekenntnis versendet wird. Die Abgabe des elektronischen Empfangsbekenntnisses setzt mithin die Willensentscheidung des Empfängers voraus, das elektronische Dokument an dem einzutragenden Zustellungsdatum als zugestellt entgegenzunehmen. Darin liegt die erforderliche Mitwirkung des Rechtsanwalts, ohne dessen aktives Zutun ein elektronisches Empfangsbekenntnis nicht ausgelöst wird. Auf der Grundlage des Willensakts wird das elektronische Empfangsbekenntnis automatisiert aus der verwendeten Software heraus erzeugt und dem Gericht übermittelt; mit dieser Übersendung wird die empfangsbereite Entgegennahme der Nachricht dokumentiert (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 2024 - VII ZB 22/23, NJW 2024, 1120 Rn. 10; BVerfG, NJW 2023, 703 [BVerwG 19.09.2022 - BVerwG 9 B 2.22] Rn. 23; Zöller/Schultzky, aaO § 173 Rn. 15; jew. m.w.N.).

Das von einem Rechtsanwalt elektronisch abgegebene Empfangsbekenntnis erbringt insoweit gemäß § 175 Abs. 3 ZPO (= § 174 Abs. 4 Satz 1 ZPO a.F.) - wie das herkömmliche papiergebundene (analoge) Empfangsbekenntnis - gegenüber dem Gericht den vollen Beweis nicht nur für die Entgegennahme des Dokuments als zugestellt, sondern auch für den angegebenen Zeitpunkt der Entgegennahme und damit der Zustellung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Januar 2024 - VII ZB 22/23, NJW 2024, 1120 Rn. 10; vom 7. Oktober 2021 - IX ZB 41/20, NJW-RR 2021, 1584 Rn. 10, und vom 18. April 2023 - VI ZB 36/22, NJW 2023, 2433 Rn. 11; Anders/Gehle/Vogt-Beheim, aaO § 173 Rn. 7; Stein/Thöne, aaO § 175 Rn. 23; Zöller/Schultzky, aaO § 175 Rn. 18).

Der Gegenbeweis, dass das zuzustellende Schriftstück den Adressaten tatsächlich zu einem anderen Zeitpunkt erreicht hat, ist damit zwar nicht ausgeschlossen; nicht ausreichend ist aber eine bloße Erschütterung der Richtigkeit der Angaben im Empfangsbekenntnis. Vielmehr muss die Beweiswirkung vollständig entkräftet, also jede Möglichkeit der Richtigkeit der Empfangsbestätigung ausgeschlossen werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. April 2023 - VI ZB 36/22, NJW 2023, 2433 Rn. 11, und vom 7. Oktober 2021 - IX ZB 41/20, NJW-RR 2021, 1584 Rn. 10; Urteil vom 7. Juni 1990 - III ZR 216/89, NJW 1990, 1026). An die Führung des die Beweiswirkungen eines anwaltlichen Empfangsbekenntnisses beseitigenden Gegenbeweises sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 1994 - XII ZR 250/93, FamRZ 1995, 799). Eine erhebliche zeitliche Diskrepanz bzw. ein ungewöhnlich langer Zeitraum zwischen dem Zeitpunkt der Übersendung des Dokuments und dem im Empfangsbekenntnis angegebenen Zustelldatum erbringt den Gegenbeweis der Unrichtigkeit des Datums für sich genommen noch nicht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Oktober 2021 - IX ZB 41/20, NJW-RR 2021, 1584 Rn. 11, und vom 19. April 2012 - IX ZB 303/11, NJW 2012, 2117 Rn. 8; Anders/Gehle/Vogt-Beheim, aaO § 175 Rn. 30; MüKoZPO/Häublein/Müller, aaO § 174 Rn. 15; BeckOK ZPO/Dörndorfer, aaO § 175 Rn. 4; Stein/Thöne, aaO § 175 Rn. 24). Auch das Datum des Eingangs der elektronischen Nachricht ist insoweit nicht hinreichend aussagekräftig, da dies nicht mit dem Zustelldatum gleichgesetzt werden kann. Für Letzteres bedarf es darüberhinausgehend der Kenntniserlangung und empfangsbereiten Entgegennahme seitens des Rechtsanwalts (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 2024 - VII ZB 22/23, NJW 2024, 1120 Rn. 10; Zöller/Schultzky, aaO § 173 Rn. 15; Anders/Gehle/Vogt-Beheim, aaO § 173 Rn. 8; jew. m.w.N.). Es kommt also wie bisher nicht auf den Eingang im Postfach des Rechtsanwalts an.

Zugleich ist aber zu berücksichtigen, dass an den Beweis der Unrichtigkeit des Empfangsbekenntnisses nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung auch keine überspannten Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 14. Oktober 2008 - VI ZB 23/08, NJW 2009, 855, 856, und vom 8. Mai 2007 - VI ZB 80/06, NJW 2007, 3069; s. auch OLG München, Beschluss vom 19. Juni 2024 - 23 U 8369/21, NJW 2024, 2333 Rn. 21; OLG Düsseldorf, Urteil vom 26. Mai 2023 - 22 U 161/22, BeckRS 2023, 51746 Rn. 16; OLG Brandenburg, Urteil vom 10. Januar 2023 - 5 U 90/11, BeckRS 2013, 1599 = juris Rn. 26).

Nach überzeugender Ansicht gelten deshalb insbesondere die Grundsätze der sekundären Darlegungslast, wenn konkrete Umstände - wie beispielsweise ein ungewöhnlich langer Zeitraum zwischen dem Zeitpunkt der elektronischen Übersendung des Dokuments und dem im Empfangsbekenntnis angegebenen Zustelldatum - die Richtigkeit des Empfangsbekenntnisses zweifelhaft erscheinen lassen (vgl. OLG München, Beschluss vom 19. Juni 2024 - 23 U 8369/21, NJW 2024, 2333; Wagner/Ernst, NJW 2021, 1564, 1569).

Soweit das Gericht und die Partei außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs stehen und daher die wesentlichen vorzutragenden Tatsachen nicht kennen und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung haben, während dem Prozessgegner nähere Angaben dazu ohne Weiteres möglich und zumutbar sind, ist es dem Prozessgegner im Rahmen seiner Erklärungslast ausnahmsweise zuzumuten, nähere Angaben über die zu seinem Wahrnehmungsbereich gehörenden Verhältnisse zu machen (vgl. allg. zur sekundären Darlegungslast: BGH, Urteile vom 19. Juli 2019 - V ZR 255/17, NJW 2019, 3147 Rn. 49, und vom 8. Januar 2015 - I ZR 169/12, NJW 2014, 2360 [BGH 08.01.2014 - I ZR 169/12] Rn. 17 f.; MüKoZPO/Fritsche, aaO § 138 Rn. 24 ff.; Stein/Jonas/Kern, aaO § 138 Rn. 28 ff.; Zöller/Greger, aaO § 138 Rn. 8b; jew. m.w.N.).

Das ist bei der Annahme- bzw. Empfangsbereitschaft als Voraussetzung für die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis nach §§ 173, 175 ZPO der Fall. Zu der subjektiven Willensentscheidung, das elektronische Dokument an dem einzutragenden Zustellungsdatum als zugestellt entgegenzunehmen, können nur die betreffende Partei und ihr Prozessbevollmächtigter vortragen, nicht aber das Gericht oder der Prozessgegner.

Für das Empfangsbekenntnis hat das zur Folge, dass sich der Prozessgegner zu Umständen, die die Richtigkeit des Empfangsbekenntnisses zweifelhaft erscheinen lassen, substantiiert erklären muss. Er kann sich daher nicht damit begnügen, pauschal die Richtigkeit des Empfangsbekenntnisses zu behaupten, sondern muss seinerseits erklären, wann sein Rechtsanwalt die Nachricht zum ersten Mal gelesen hat und wie es zu der Verzögerung kam (vgl. Wagner/Ernst, NJW 2021, 1564, 1569; s. auch OLG München, Beschluss vom 19. Juni 2024 - 23 U 8369/21, NJW 2024, 2333; Anders/Gehle/Anders, aaO § 130a Rn. 8 und § 138 Rn. 33 [unter "Elektronisches Empfangsbekenntnis (eEB)"]; Lüdicke, NJW 2024, 2333, 2335 f.; a.A. wohl Müller, RDi 2024, 389 ff.).

Außerdem kann nach §§ 142, 144 ZPO die gerichtliche Anordnung getroffen werden, das beA-Nachrichtenjournal des Rechtsanwalts vorzulegen, wenn - wie hier unter Berücksichtigung der zeitlichen Diskrepanz zwischen dem Datum des Eingangs auf dem Server des Klägervertreters und des Empfangsbekenntnisses - begründete Zweifel an der Richtigkeit des Empfangsbekenntnisses bestehen (vgl. Wagner/Ernst, NJW 2021, 1564, 1567 f.; dem folgend: OLG München, Beschluss vom 19. Juni 2024 - 23 U 8369/21, NJW 2024, 2333; BeckOK BORA/Günther, BORA § 14 Rn. 7 [Stand: 1. September 2024]; Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, 2. Aufl., Kapitel 26 Rn. 38a), wenn auch die Beweislast damit nicht übergeht. Denn in der beA-Infrastruktur wird für jede Nachricht, die gesendet oder empfangen wird, ein Eintrag als sog. Nachrichtenjournal erzeugt. Dieses beA-Nachrichtenjournal kann im Postfach des Empfängers für jede Nachricht gesondert abgerufen und ebenfalls exportiert werden. In diesem ist genau protokolliert, wann welche Nachricht eingegangen ist und wer sie wann zum ersten Mal geöffnet hat. Dabei unterscheidet das beA auch, welcher Benutzer auf die Nachricht zugegriffen hat. Loggt sich der Postfachinhaber mit seiner persönlichen beA-Karte und PIN ein und greift auf die Nachricht zu, wird der Erstzugriff unter seinem beA-Benutzernamen und seinem Klarnamen vermerkt. Greift dagegen ein für das Postfach freigeschalteter Stellvertreter oder ein Kanzleimitarbeiter mit seiner beA-Karte auf die Nachricht zu, wird auch das ersichtlich (vgl. zur Funktionsweise das öffentlich zugängliche Handbuch der Bundesrechtsanwaltskammer, S. 174 [abrufbar unter: https://handbuch.bea-brak.de]; Müller, RDi 2024, 389, 391; s. auch OLG München, Beschluss vom 19. Juni 2024 - 23 U 8369/21, NJW 2024, 2333 Rn. 24).

Die beA-Nachrichten inklusive des zugehörigen Journals werden nach 120 Tagen automatisch gelöscht (vgl. Newsletter der Bundesrechtsanwaltskammer zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach Ausgabe 12/2019 vom 28.3.2019 [abrufbar unter: https://www.brak.de/fileadmin/05_zur_rechtspolitik/newsletter/beanewsletter/2019/ausgabe-12-2019-v-2832019.html]). Ob Rechtsanwälte darüber hinaus gemäß § 50 BRAO die beA-Nachrichten und damit auch das Nachrichtenjournal vor der Löschung zu exportieren und zu archivieren haben (so Lüdicke, NJW 2024, 2336), kann jedenfalls vorliegend dahinstehen, weil der Zeitraum der automatischen Löschung von 120 Tagen im Zeitpunkt der Anordnung durch den Senat noch nicht verstrichen war.

Dabei ist zwar stets zu berücksichtigen, dass auch das beA-Nachrichtenjournal lediglich objektive Umstände nachzuweisen vermag, aber keinen unmittelbaren bzw. zwingenden Rückschluss im Hinblick auf die (subjektive) Willensentscheidung des Empfängers zulässt, das elektronische Dokument als zugestellt entgegenzunehmen (so auch jurisPK-ERV/H. Müller, BGB § 130a Rn. 38.3 [Stand: 17. Dezember 2024]; Müller, RDi 2024, 389, 391). Allerdings muss sich die betroffene Partei gleichwohl substantiiert zu den Umständen erklären, die die Richtigkeit des Empfangsbekenntnisses - etwa wegen der zeitlichen Diskrepanz - zweifelhaft erscheinen lassen, und es kann ggf. auf einen (konkludenten) Annahmewillen geschlossen werden (vgl. Höhne/Steinbock, NJ 2024, 347, 349; zur konkludenten Äußerung des Willens: BGH, Urteil vom 22. November 1989 - VI ZR 226/87, NJW 1989, 1154 [BGH 22.11.1988 - VI ZR 226/87]; Anders/Gehle/Vogt-Beheim, aaO § 175 Rn. 11; Stein/Thöne, aaO § 175 Rn. 10; Zöller/Schultzky, aaO § 175 Rn. 4; jew. m.w.N.).

bb) Diesen Maßstab zugrunde gelegt ist der Senat davon überzeugt, dass die Zustellung des Hinweisbeschlusses nach § 173 Abs. 3 ZPO tatsächlich schon so früh - mithin (deutlich) vor dem 29. November 2024 - erfolgt ist, dass die Stellungnahmefrist im Zeitpunkt des Schriftsatzes vom 23. Dezember 2024 und erst recht bei Eingang des Schriftsatzes vom 13. Januar 2025 bereits abgelaufen war. Der Kläger ist weder seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen noch hat er das beA-Nachrichtenjournal seines Prozessbevollmächtigten vorgelegt. Vielmehr hat er den Hinweisbeschluss des Senats vom 16. Dezember 2024 ignoriert und die benannten Ungereimtheiten in Bezug auf die zeitlichen Abläufe nicht erklärt. Der Gegenbeweis zu dem in dem elektronischen Empfangsbekenntnis von dem Klägervertreter angegebenen Datum ist damit - trotz der an ihn zu stellenden strengen Anforderungen - geführt; es ist ausgeschlossen, dass die Zustellung (erst) am 16. Dezember 2024 erfolgt ist.

(1) Es ist zunächst unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Einzelfalls hinsichtlich des objektiv nicht erklärlichen Zeitraums von nahezu sechs Wochen zwischen dem Eingang des Hinweisbeschlusses vom 28. Oktober 2024 auf dem Server des Klägervertreters und dem elektronischen Empfangsbekenntnis von einer sekundären Darlegungslast des Klägers auszugehen. Sowohl der Beklagte als auch das Gericht stehen insoweit hinsichtlich der (subjektiven) Willensentscheidung des Klägervertreters, das elektronische Dokument als zugestellt entgegenzunehmen, außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs.

(a) Der Senatsbeschluss vom 28. Oktober 2024 ist am 5. November 2024 an den Klägervertreter übersandt worden und ist noch am selben Tag um 13:08:04 Uhr auf dem Server des Klägervertreters eingegangen (vgl. die nachfolgende automatisierte Eingangsbestätigung; s. auch § 130a Abs. 5 ZPO für den Eingang bei Gericht; dazu BeckOK ZPO/von Selle, aaO § 130a Rn. 24 f.; MüKoZPO/Fritsche, aaO § 130a Rn. 19; Zöller/Greger, aaO § 130a Rn. 22):

(...)

Das elektronische Dokument war damit ab diesem Zeitpunkt für den Klägervertreter abrufbar; Verzögerungen aus der gerichtlichen Sphäre lagen nicht vor und werden von dem Kläger auch nicht geltend gemacht. Das elektronische Empfangsbekenntnis wurde jedoch tatsächlich erst am 16. Dezember 2024 und damit fast sechs Wochen später abgegeben (Bl. 566.A d. eA.).
(b) Es kommt hinzu, dass der Klägervertreter noch am 7. November 2024 (Bl. 564 d. eA.) - und damit zwei Tage nach Eingang des Senatsbeschlusses vom 28. Oktober 2024 auf dem Server des Klägervertreters - ein Empfangsbekenntnis über die Zustellung des Streitbeitritts der Streithelfer abgegeben hat, der ihm am 29. Oktober 2024 übersandt worden war (Bl. 501 d. eA.). Nicht zuletzt wurde der Senatsbeschluss den Prozessbevollmächtigten des Beklagten und der Streithelfer ebenfalls am 5. November 2024 übersandt, und die entsprechenden Empfangsbekenntnisse wurden am 5. November 2024 (Streithelfer; Bl. 553 d. eA.) bzw. 7. November 2024 (Beklagter; Bl. 561 d. eA.) abgegeben.

(2) Es ist nicht erkennbar und wurde nicht konkret erläutert, wieso gleichwohl zwischen dem Eingang auf dem Server des Klägervertreters und dementsprechend der Sichtbarkeit der Nachricht in seinem Postfach ab dem 5. November 2024 und dem im elektronischen Empfangsbekenntnis angegebenen Zustelltag (16. Dezember 2024) fast sechs Wochen liegen.

(a) Nach § 31a Abs. 6 BRAO ist der Inhaber des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs verpflichtet, die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das besondere elektronische Anwaltspostfach zur Kenntnis zu nehmen. Daraus folgt die Pflicht des Rechtsanwalts, sein beA täglich auf eingehende Dokumente zu überprüfen oder jedenfalls eine Überprüfung durch berechtigte Dritte sicherzustellen (vgl. Henssler/Prütting/Prütting, BRAO, 6. Aufl., BRAO § 31a Rn. 14; BeckOK BRAO/Jähne, BRAO § 31a Rn. 4 [Stand: 1. November 2024]). Dann aber hätte dem Klägervertreter der Eingang des Hinweisbeschlusses des Senats am 5. November 2024 spätestens am Folgetag im Posteingang auffallen müssen.

In der Folge hätte er nach § 14 Satz 1 BORA unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern i.S.v. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. BeckOK BORA/Günther, aaO § 14 Rn. 14; Kleine-Cosack, BRAO, 9. Aufl., BORA § 14 Rn. 3; Henssler/Prütting, aaO BORA § 14 Rn. 5), das Empfangsbekenntnis erteilen müssen. Das wiederum macht den verstrichenen Zeitraum bis zum 16. Dezember 2024 noch unerklärlicher. Denn von einem schuldhaften Zögern ist auszugehen, wenn das Zuwarten nicht durch die Umstände des Einzelfalls geboten ist (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2012 - VII ZR 130/11, NJW 2012, 3305 Rn. 20; MüKoBGB/Armbrüster, 10. Aufl., § 121 Rn. 7; BeckOGK BGB/Rehberg, BGB § 121 Rn. 11 f. [Stand: 1. September 2024]). Das war hier nicht der Fall. Etwaige technische Schwierigkeiten hat der Kläger nicht geltend gemacht und dafür bestehen auch keine Anhaltspunkte, nachdem der Klägervertreter noch am 7. November 2024 (also zwei Tage nach Eingang des Hinweisbeschlusses) das Empfangsbekenntnis für den Streitbeitritt abgegeben hat.

(b) Es ist auch zu berücksichtigen, dass ein Rechtsanwalt gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 1 BRAO schon im Falle einer Verhinderung von mehr als einer Woche für seine Vertretung sorgen muss, die gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 BRAO auch zur Abgabe elektronischer Empfangsbekenntnisse befugt sein muss und also - gleich einem Zustellungsbevollmächtigten - für eine zeitnahe Entgegennahme und Bestätigung von Zustellungen Sorge zu tragen hat (vgl. OLG München, Beschluss vom 19. Juni 2024 - 23 U 8369/21, NJW 2024, 2333 Rn. 28; BeckOK BRAO/Günther, aaO BRAO § 54 Rn. 8 f.).

(c)Der Kläger hat gleichwohl - trotz des ausdrücklichen Hinweises des Senats mit Beschluss vom 16. Dezember 2024 - nicht zu dem Datum des Empfangsbekenntnisses vorgetragen. Zudem ist der Klägervertreter auch nicht der Auflage nach § 142 ZPO nachgekommen und hat das beA-Nachrichtenjournal vorgelegt. Er hat sich damit nicht ansatzweise substantiiert zu den Umständen erklärt, die die Richtigkeit des Empfangsbekenntnisses im konkreten Fall zweifelhaft erscheinen lassen.

Soweit der Klägervertreter entgegen der Anordnung im Beschluss des Senats vom 16. Dezember 2024 das beA-Nachrichtenjournal zu der Übersendung des Hinweisbeschlusses vom 28. Oktober 2024 nicht vorgelegt hat, ohne dies plausibel zu erläutern, ist § 427 ZPO entsprechend zu beachten (vgl. OLG München, Beschluss vom 19. Juni 2024 - 23 U 8369/21, NJW 2024, 2333 Rn. 23 ff.; Anders/Gehle/Gehle, aaO § 427 Rn. 3; BeckOK ZPO/Krafka, aaO § 427 Rn. 2; Musielak/Voit/Huber/Röß, aaO § 427 Rn. 1). Das hat zur Folge, dass der Senat entsprechend § 427 ZPO davon ausgeht, dass die Zustellung des Hinweisbeschlusses tatsächlich schon so früh - mithin vor dem 29. November 2024 - erfolgt sein muss, dass die Stellungnahmefrist im Zeitpunkt des Schriftsatzes vom 23. Dezember 2024 bereits abgelaufen war.

Dabei verkennt der Senat nicht, dass durch das beA-Nachrichtenjournal grundsätzlich nicht der Nachweis des Annahmewillens des Klägervertreters erbracht werden kann, weil das beA-Nachrichtenjournal nur über objektive Umstände Zeugnis ablegen kann (so zutreffend Müller, RDi 2024, 389, 391; jurisPK-ERV/H. Müller, BGB § 130a Rn. 38.3 [Stand: 17. Dezember 2024]). Aus dem Inhalt des beA-Nachrichtenjournals können sich indes Anhaltspunkte für den Zeitpunkt der Empfangsbereitschaft des Rechtsanwalts und damit ein von dem Empfangsbekenntnis abweichendes Zustelldatum ergeben. Zudem vermag dies nichts an der sekundären Darlegungslast des Klägers hinsichtlich des subjektiven Elements der Zustellung zu ändern, wenn - wie hier - ein ungewöhnlich langer Zeitraum von fast sechs Wochen zwischen dem Zugang auf dem Server des Prozessbevollmächtigten und dem in dem Empfangsbekenntnis angegebenen Datum liegt. Würde der (unterlassenen) Erklärungen des Klägervertreters und dem beA-Nachrichtenjournal insoweit keine Indizwirkung zukommen, hätte das zur Folge, dass der Beweis der Unrichtigkeit des Empfangsbekenntnisses faktisch nicht geführt werden kann. Der Bundesgerichtshof betont allerdings in ständiger Rechtsprechung, dass an den Beweis der Unrichtigkeit des Empfangsbekenntnisses keine überspannten Anforderungen gestellt werden dürfen.

(3) Nicht zuletzt scheint der Kläger mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2024 selbst eingeräumt zu haben, dass der Hinweisbeschluss des Senats am 5. November 2024 zugestellt wurde.

c) Soweit der Kläger darüber hinaus beantragt hat, ihm im Hinblick auf die Stellungnahme der Streithelfer vom 16. Dezember 2024 eine Frist zur Erwiderung im Rechtsstreit bis zum 23. Januar 2025 einzuräumen, bestand dafür auch keine Veranlassung. Bei - wie hier - nicht erheblichem Vorbringen ist kein Schriftsatznachlass zu gewähren.

aa) Die Gewährung eines Schriftsatznachlasses bzw. einer Schriftsatzfrist kann sich unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Dies gilt, wenn in der mündlichen Verhandlung entweder neues Vorbringen des Prozessgegners (§ 283 Satz 1 ZPO) oder ein richterlicher Hinweis (§ 139 Abs. 5 ZPO) dazu führt, dass sich eine hiervon überraschte Partei dazu nicht erklären kann.

Voraussetzung dafür ist, dass es sich um neue Angriffs- oder Verteidigungsmittel i.S.v. § 282 Abs. 2 ZPO handelt; das Vorbringen darf sich also nicht in der Wiederholung früheren Vorbringens oder reinen Negativerklärungen erschöpfen (vgl. Zöller/Greger, aaO § 283 Rn. 2a m.w.N.). Ferner muss das neue Vorbringen entscheidungserheblich sein (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2023 - III ZR 184/22, NJW-RR 2024, 199; BeckOK ZPO/Bacher, aaO § 283 Rn. 18; MüKoZPO/Prütting, aaO § 283 Rn. 9; Zöller/Greger, aaO § 283 Rn. 2a). Keineswegs sieht aber das Gesetz stets eine Gegenerklärung vor (vgl. Anders/Gehle/Anders, aaO § 283 Rn. 17).

bb) Diesen Maßstab zugrunde gelegt war dem Kläger keine Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Schriftsatz der Streithelfer vom 16. Dezember 2024 einzuräumen, weil das Vorbringen im Wesentlichen früheren Vortrag wiederholt und - unter Berücksichtigung der vorangehenden Ausführungen (Ziff. II. 1.) - auch nicht entscheidungserheblich ist. Das aber wäre Voraussetzung für die Einräumung einer Stellungnahmefrist für den Kläger.

cc) Ungeachtet dessen ist die Einräumung einer Stellungnahmefrist für den Kläger auch deshalb ausgeschlossen, weil es sich um Vorbringen der Streithelfer des Klägers handelt, deren Vortrag ohnehin nicht im Widerspruch zu dem klägerischen Vorbringen stehen darf (vgl. BeckOK ZPO/Dressler/von Selle, aaO § 67 Rn. 17). Zudem sind die Streithelfer auch keine "Gegner" des Klägers im Sinne der vorgenannten Regelungen.

d) Allerdings kann die auf der Grundlage der vorangehenden Ausführungen am 13. Januar 2025 verspätet und nach Ablauf der gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO gesetzten Frist eingegangene Stellungnahme vom Senat - ungeachtet des Umstandes, dass der Senat mit Beschluss vom 27. Dezember 2024 darauf hingewiesen hat, nicht vor dem 14. Januar 2025 zu entscheiden - nicht zurückgewiesen werden. Sie ist zur Kenntnis zu nehmen und jedenfalls daraufhin zu überprüfen, ob darin enthaltene Rechtsausführungen - für die § 296a ZPO nicht gilt - der beabsichtigten Verfahrensweise entgegenstehen und zu einem Eintritt in die mündliche Verhandlung veranlassen (vgl. BGH, Urteil vom 16. September 2016 - V ZR 3/16. BeckRS 2016, 20541; BeckOK ZPO/Wulf, aaO § 522 Rn. 21; MüKoZPO/Rimmelspacher, aaO § 522 Rn. 28).

5. Allerdings verhelfen die - überwiegend wiederholenden und teilweise nur schwer bzw. kaum nachvollziehbaren - klägerischen Ausführungen mit Schriftsatz vom 13. Januar 2025 der Berufung nicht zum Erfolg. Es bleibt vielmehr dabei, dass das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat.

a) Der Beklagte war - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht verpflichtet, durch einen schriftlichen Fragenkatalog zu erfragen, ob der Kläger bereits im laufenden Steuerjahr Umsätze aus (nicht) selbstständiger Arbeit erzielt hat. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die diesbezüglichen Ausführungen in dem Hinweisbeschluss des Senats vom 28. Oktober 2024 (aaO Rn. 48 ff.) Bezug genommen.

aa) Dem beauftragten Steuerberater obliegt es, den Sachverhalt vollständig und umfassend zu ermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 1960 - III ZR 160/59, NJW 1961, 601). Da der Mandant - mangels eigener Fachkenntnisse - in der Regel auch keine weitere Kenntnis von der konkreten Bedeutung bestimmter Tatsachen hat, muss der Steuerberater die "richtigen Fragen" stellen und ggf. Angaben hinterfragen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 1. Dezember 2020 - I-25 U 19/20, juris Rn. 45). Sein Befragen hat sich auf alle Punkte tatsächlicher Art und die Einzelheiten eventueller vertraglicher Gestaltung zu beziehen, ohne deren Klärung eine Erfüllung des Auftrags nicht möglich ist (vgl. Gräfe/Wollweber/Schmeer/Gräfe, Steuerberaterhaftung, 8. Aufl., Rn. 448 ff. m.w.N.). Allerdings muss sich der Steuerberater grundsätzlich nicht um die Aufklärung von Vorgängen bemühen, die nicht in einer inneren Beziehung zu den ihm erteilten Informationen stehen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Februar 2002 - IX ZR 209/00, NJW 2002, 1413; Gräfe/Wollweber/Schmeer/Gräfe, aaO Rn. 455).

bb) Im konkreten Fall hatte der Beklagte - unstreitig - ausschließlich die Finanzbuchhaltung und die Vorbereitung der Umsatzsteuervoranmeldungen für den Kiosk in H. ab November 2019 übernommen. Die hierfür erforderlichen Tatsachen, das heißt die steuerpflichtigen Umsätze und die abziehbaren Vorsteuerbeträge, kannte der Beklagte und hat sie in den Umsatzsteuervoranmeldungen gegenüber dem Finanzamt H. mitgeteilt. Demgegenüber musste der Beklagte nicht "von Amts wegen" bzw. "ins Blaue hinein" und ohne das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte nachfragen, ob der Kläger noch einen weiteren Kiosk (in L.) betreibt. Dieser Gewerbebetrieb stand in keinem Zusammenhang mit dem steuerrechtlichen Mandatsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten; die Umsatzsteuervoranmeldungen für den Kiosk in H. waren auch ohne Kenntnis von weiteren Gewerbebetrieben des Klägers möglich. Es hätte unzweifelhaft dem Kläger oblegen, den Beklagten hierüber in Kenntnis zu setzen.

Soweit der Kläger einwendet, dass entsprechende Nachfragen erforderlich gewesen seien, weil eine Schätzung nach § 162 AO die gesamten Umsätze eines Jahres einbeziehe, überzeugt das nicht. Es erhellt bereits nicht, in welchem Zusammenhang die Schätzung in dem Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 9. September 2021 einerseits und der konkrete Auftrag des Beklagten betreffend die Finanzbuchhaltung und die Vorbereitung der Umsatzsteuervoranmeldungen für den Kiosk in H. anderseits stehen sollen. Darüber hinaus lässt der Kläger unberücksichtigt, dass die Schätzung - nach den insoweit nicht konkret angegriffenen Feststellungen erster Instanz - nur deshalb erfolgt ist, weil er die Differenz zwischen den (hohen) Umsatzsteuervoranmeldungen und der (geringen) Umsatzsteuererklärung gegenüber dem Finanzamt nicht aufgeklärt hat, obwohl durch die Zeugin T. mehrfach darauf hingewiesen wurde, dass dem Finanzamt H.-Nord hohe Umsätze gemeldet worden seien und dies aufzuklären sei (LGU S. 8). Folglich beruht die Schätzung des Finanzamtes nicht auf einer Pflichtverletzung des Beklagten im Rahmen des von ihm übernommenen steuerrechtlichen Mandats.

b) Soweit der Kläger geltend macht, dass der Beklagte nach Zugang der Mahnungen Sachermittlungsmaßnahmen hätte durchführen müssen, wird zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich auf die Ausführungen in dem Hinweisbeschluss Bezug genommen (aaO Rn. 54 ff.). Das Bestreiten der Aufklärung durch die Zeugin T. geht bereits deshalb fehl, weil das Landgericht sich insoweit seine Überzeugung aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme gebildet hat (LGU S. 8) und die Beweisaufnahme von dem Kläger nicht konkret bzw. in berufungsrechtlich relevanter Weise angegriffen wurde und wird. Unverständlich ist zudem der Einwand des Klägers, dass die Zeugin in Ermangelung einer Mandatsvereinbarung zwischen ihr und dem Kläger nicht zur Aufklärung berechtigt gewesen sei. Denn unstreitig hat der Beklagte die Zeugin mit der Bearbeitung des steuerrechtlichen Mandats beauftragt und war der Kläger damit einverstanden.

c) Ohne Erfolg rügt der Kläger eine "gröbste Verfahrensfehlerhaftigkeit", weil das Landgericht nicht ohne Klageabweisungsantrag habe entscheiden dürfen und weil die Parteien von der Fortführung des Verfahrens ausgegangen seien. Soweit es den Verstoß der Einzelrichterin gegen § 297 i.V.m. § 308 ZPO betrifft, wird auf die Ausführungen in dem Hinweisbeschluss des Senats Bezug genommen (aaO Rn. 29 ff.).

Erstmals mit Schriftsatz vom 13. Januar 2025 rügt der Kläger einen fehlenden Klageabweisungsantrag. Dass der Kläger insoweit nicht von einer Fortführung des Verfahrens ausgegangen ist, folgt bereits daraus, dass diese "Rüge" erstmals erfolgt, nachdem der Senat sich mit dieser Frage in dem Hinweisbeschluss auseinandergesetzt hat, und nicht bereits in der Berufungsbegründung oder vor dem Landgericht. Ungeachtet dessen hat sich der Senat mit der Frage des rechtlichen Gehörs durch Erteilung eines Hinweises bereits ausführlich in dem Hinweisbeschluss auseinandergesetzt (aaO Rn. 75), ohne dass der Kläger dem bzw. dem dahingehenden Vortrag des Beklagten substantiell entgegentritt. Zudem wird auf die vorangehenden Ausführungen Bezug genommen; eine Schriftsatzfrist war ohne Antrag des Klägers nicht veranlasst. Im Übrigen verkennt der Kläger, dass das Landgericht dem Beklagten auf seinen Antrag eine Schriftsatzfrist von sechs Wochen zu der Klageerweiterung vom 10. März 2024 gewährt hat (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12. März 2024, S. 9 = Bl. 162 d. eA.). Aus welchem Grund der Kläger gleichwohl und trotz der Anberaumung eines Verkündungstermins nach Ablauf der Schriftsatzfrist für den Beklagten von einem Hinweisbeschluss bzw. einer Schriftsatzfrist ausgegangen sein will, erschließt sich dem Senat nicht.

d) Es besteht - entgegen der fernliegenden Rechtsansicht des Klägers - auch kein Anscheinsbeweis dahin, dass dem Landgericht wegen des Verfahrensfehlers im Zusammenhang mit §§ 297, 308 ZPO die "mögliche Kompetenz im Rahmen der beweisdienlichen Würdigung der Zeugin" fehlt. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist - wie dargelegt (aaO Rn. 62 ff.) - berufungsrechtlich nicht zu beanstanden.

e) Im Hinblick auf das ergänzende Vorbringen zu den Anlagen BK1 und BK2 (Bl. 95.A ff. d. eA.) ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Anlage BK1 (Bl. 95.A. d. eA.) um die E-Mail-Korrespondenz zwischen dem Klägervertreter und dem Finanzamt handelt, die der Senat dem Hinweisbeschluss - als unstreitig - zugrunde gelegt hat. Eine Pflichtverletzung des Beklagten folgt daraus nicht.

Ungeachtet dessen handelt es sich bei dem klägerischen Vorbringen zur Abwesenheit im Kiosk am 15., 16. und 17. September 2021 und dem Beweisantritt durch Vorlage des Ausdrucks aus der Zeiterfassung der Arbeitgeberin des Klägers (Anlage BK2) um neue Angriffs- bzw. Verteidigungsmittel im Sinne von § 531 ZPO. Dass die Voraussetzungen für die Zulassung dieses neuen Vorbringens nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen, hat der Senat im Hinweisbeschluss dargelegt (aaO Rn. 66 ff.).

Das Landgericht hat nicht einen Gesichtspunkt übersehen oder für unerheblich gehalten (§ 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Anlagen BK1 und BK2 lagen erstinstanzlich nicht vor bzw. entsprechender Vortrag war noch nicht gehalten und konnte deshalb vom Landgericht nicht berücksichtigt, übersehen oder für unerheblich gehalten werden. Es liegt auch kein Verfahrensmangel vor (§ 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), weil die Anlagen bzw. der Vortrag nicht infolge des Verfahrensverstoßes nach § 297 i.V.m. § 308 ZPO nicht vorgelegt bzw. gehalten wurden. Weder wurde dem Kläger dadurch Parteivorbringen abgeschnitten noch hat sich der Kläger durch fehlerhafte Prozessleitung der Erstrichterin veranlasst gesehen, von einem bestimmten Vorbringen abzusehen, oder sind nach § 139 ZPO gebotene Hinweise unterblieben (vgl. Anders/Gehle/Göertz, ZPO, 83. Aufl., § 531 Rn. 20; Musielak/Voit/Ball, ZPO, 21. Aufl., § 531 Rn. 18 m.w.N.). Das erstinstanzlich unterlassene Vorbringen, insbesondere zur Abwesenheit am 15., 16. und 17. September 2021, beruht ausschließlich auf der Nachlässigkeit des Klägers (auf das Ergebnis der Beweisaufnahme prozessual zu reagieren) und nicht auf einem Verfahrensverstoß der Einzelrichterin. Folglich sind die neuen Angriffs- bzw. Verteidigungsmittel auch nicht ohne Nachlässigkeit im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Das hat der Senat bereits ausführlich dargelegt.

f) Die Beweiswürdigung des Landgerichts im Hinblick auf den Zeitpunkt der Übergabe der Kündigungserklärung durch die Zeugin T. an den Kläger ist auch unter Berücksichtigung der weiteren Ausführungen des Klägers nicht zu beanstanden.

aa) Soweit der Kläger der Zeugin einen "Sinneswandel" hinsichtlich des Zeitpunktes der Übergabe der Kündigungserklärung attestiert, ist das unzutreffend und entspricht nicht der protokollierten Aussage. Die Zeugin T. hat ausgesagt, dass sie sich zwar nicht genau daran erinnern könne, ob die Übergabe noch an dem Tag erfolgt sei, als der Beklagte ihr das Kündigungsschreiben gegeben habe, dass dies aber "maximal zwei bis drei Tage später" erfolgt sei (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12. März 2024, S. 4 = Bl. 157 d. eA.). Davon ist auch das Landgericht ausgegangen. Die Zeugin hat folglich nicht zunächst als Zeitpunkt der Übergabe der Kündigungserklärung den 14. September 2021 und später den Zeitraum zwischen dem 15. und 17. September 2021, sondern stets eine Zeitspanne genannt und Erinnerungslücken eingeräumt. Dass die Person der Zeugin - wie vom Kläger behauptet - nicht glaubwürdig sein soll, weil sie den vom Beklagten vorgetragenen Zeitpunkt (14. September 2021) nicht bestätigt, sondern einen Zeitraum (14. bis 17. September 2021) genannt hat, überzeugt nicht.

bb) Der Senat vermag auch nicht nachzuvollziehen, aus welchem Grund es bei einer Kündigung "auf den tagesgenauen Zugangsbeweis" ankommen soll.
Bei einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 622 BGB ist, ist die Kündigung auch ohne die in § 626 BGB bezeichnete Voraussetzung zulässig, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete, ohne in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen zu stehen, Dienste höherer Art zu leisten hat, die auf Grund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen (§ 627 Abs. 1 BGB). Das gilt - wie vom Landgericht zutreffend angenommen - auch und insbesondere für den Steuerberater (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2019 - IX ZR 221/18, juris Rn. 8; Gräfe/Wollweber/Schmeer/Gräfe, aaO Rn. 246 f. m.w.N.). Die Kündigung ist insoweit eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die mit deren Zugang wirksam wird (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB), also so in den Machtbereich des Empfängers gelangen muss, dass dieser unter gewöhnlichen Umständen von ihr Kenntnis nehmen kann (Gräfe/Wollweber/Schmeer/Gräfe, aaO Rn. 263).

Diesen Maßstab zugrunde gelegt muss der Beklagte zwar den Zugangsbeweis hinsichtlich der Kündigungserklärung führen. Auf den konkreten Tag kommt es dafür allerdings nicht zwingend an, zumal mit der Zustellung auch keine Fristen in Gang gesetzt werden. Im konkreten Fall hat der Beklagte den Zugangsbeweis geführt, weil das Landgericht in berufungsrechtlich nicht zu beanstandender Art und Weise zu der Überzeugung gelangt ist, dass die Zeugin T. die Kündigungserklärung dem Kläger übergeben hat, und zwar spätestens drei Tage nachdem ihr diese von dem Beklagten übergeben worden war. Dabei hat die Einzelrichterin ausdrücklich auch den Umstand gewürdigt, dass die Zeugin Erinnerungslücken etwa dazu hatte, wann genau die Übergabe des Kündigungsschreibens an den Kläger erfolgte (LGU S. 5). Im Ergebnis hat sich die Tatrichterin entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt, das heißt, die Beweiswürdigung ist vollständig und rechtlich möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze. Auf den konkreten Tag der Übergabe der Kündigungserklärung kommt es demgegenüber nicht an, weil das Landgericht überzeugt war, dass die Kündigung in einem konkreten Zeitraum von wenigen Tagen übergeben wurde.

cc) Der Auszug aus der Zeiterfassungssoftware des Arbeitsgebers des Klägers in Anlage BK2 sowie die - erstmals mit Schriftsatz vom 13. Januar 2025 - benannten Zeugen stehen der Beweiswürdigung nicht entgegen, weil es sich dabei unter Berücksichtigung des zugrunde liegenden Vortrags um neues und streitiges und deshalb nicht zu berücksichtigendes Verteidigungsvorbringen handelt, das bereits in der ersten Instanz hätte gehalten werden müssen (§§ 529, 531 ZPO).

Deshalb kommt es auch nicht entscheidungserheblich darauf an, dass die Anlage BK2 jeweils nur den Zeitraum zwischen 09:01 - 16:44 Uhr (15. September 2021), 09:18 - 16:55 Uhr (16. September 2021) und 09:10 - 15:58 Uhr (17. September 2021) abdeckt, die Zeugin T. aber ausgesagt hat, dass ihr Feierabend "immer gegen 17:00/18:00 Uhr" sei (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12. März 2024, S. 4 = Bl. 157 d. eA.), so dass der Zeitpunkt der Übergabe der Kündigungserklärung bereits nicht in den von der Zeiterfassung abgedeckten Zeitraum fallen dürfte.

dd) Unverständlich ist zudem der Einwand des Klägers, die Anlagen BK1 und BK2 würden bereits aus der ersten Instanz vorliegen. Das ist ersichtlich unzutreffend, weil die beiden Anlagen erstmals mit der Berufungsbegründung vom 25. Juli 2024 vorgelegt wurden (Bl. 95.A ff. d. eA.).

g) Selbst wenn man schließlich - entgegen den vorangehenden Ausführungen - das klägerische Vorbringen als zutreffend unterstellen und deshalb eine Pflichtverletzung des Beklagten annehmen würde, hätte die Klage auch deshalb keinen Erfolg, weil der Kläger einen kausalen Schaden hinsichtlich der "Steuerlast" bzw. der "Kontopfändung" weder erstinstanzlich noch im Berufungsverfahren schlüssig dargelegt hat. Das hat der Senat mit dem Hinweisbeschluss ausgeführt (aaO Rn. 84 ff.), ohne dass der Kläger sich damit auseinandersetzt. Die bloße Behauptung, dass der Kläger die vorgetragenen Umstände zu der Schadenshöhe im Rahmen der durchzuführenden, mündlichen Verhandlung bestätigen werde, ist nicht ansatzweise ausreichend.

6. Aus den vorgenannten Gründen hat auch der - bereits mit dem Senatsbeschluss vom 28. Oktober 2024 abgelehnte - Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren weiterhin keinen Erfolg. Die Rechtsverfolgung bietet unter Zugrundelegung der vorangehenden Ausführungen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Lediglich vorsorglich wird an dieser Stelle - auch für die Abrechnung der Kosten gegenüber den Parteien bzw. durch die Prozessbevollmächtigten - darauf hingewiesen, dass der Kläger in der ersten Instanz für die Klageerweiterung in Höhe von 63.530,82 EUR mit Schriftsatz vom 10. März 2024 (Bl. 8 ff. d. eA.) keine Prozesskostenhilfe beantragt hat.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 Hs. 2 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Der Wert des Streitgegenstandes war gem. §§ 47, 43 GKG, §§ 3 ff. ZPO auf bis 140.000,00 EUR festzusetzen.


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