Gericht / Entscheidungsdatum: BayObLG, Beschl. v. 11.9.2024 - 202 ObOWi 808/24
Eigener Leitsatz:
Der gegen die Vorwerfbarkeit einer auf einer Autobahn festgestellten Unterschreitung des nach § 4 Abs. 1 Satz 1 StVO gebotenen Sicherheitsabstands vorgebrachte Einwand, die Abstandsunterschreitung sei durch das gefahrvolle Auffahren des Führers des nachfolgenden Fahrzeugs verursacht worden, ist regelmäßig unbeachtlich, wenn auf der sog. Beobachtungsstrecke ein plötzliches Abbremsen oder ein unerwarteter Spurwechsel des vorausfahrenden Fahrzeugführers auszuschließen ist.
Bayerisches Oberstes Landesgericht
202 ObOWi 808/24
In dem Bußgeldverfahren
gegen pp.
wegen fahrlässiger Nichteinhaltung des Mindestabstandes von einem vorausfahrenden Fahrzeug gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 StVO
erlässt das Bayerische Oberste Landesgericht - 2. Senat für Bußgeldsachen - durch den Richter am Bayerischen Obersten Landesgericht als Einzelrichter am 11. September 2024 folgenden
Beschluss
I. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Kulmbach vom 6. Mai 2024 wird als unbegründet verworfen.
II. Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
I.
Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG statthaften Rechtsbeschwerde deckt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen auf (§ 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG) auf.
Dies gilt insbesondere auch, soweit das Amtsgericht keine Veranlassung gesehen hat, von dem wegen des groben Pflichtenverstoßes i.S.v. § 25 Abs. 1 Satz 1 [1. Alt.] StVG verwirkten Regelfahrverbot unter dem Gesichtspunkt eines im Einzelfall eine Fahrverbotsprivilegierung im Rahmen des dem Tatgericht insoweit zustehenden Ermessens rechtfertigenden Sachverhalts, etwa eines sog. „Augenblicksversagens“ oder eines sonst anerkannten Privilegierungsfalls ausnahmsweise abzusehen (zu den insoweit anzulegenden Maßstäben vgl. aus der Rspr. u.a. BayObLG, Beschl. v. 22.03.2019 – 202 ObOWi 96/19 = ZfSch 2019, 588 = DAR 2019, 630 = OLGSt StVG § 25 Nr 74; 20.05.2019 - 201 ObOWi 569/19 = DAR 2019, 628 = Blutalkohol 56 [2019], 334 = VerkMitt 2019, Nr 63 = OLGSt StVG § 25 Nr 76; 17.07.2019 – 202 ObOWi 1065/19 = OLGSt StVG § 25 Nr 73; 01.10.2019 - 202 ObOWi 1797/19 = OLGSt StVG § 25 Nr. 80; 29.10.2019 – 202 ObOWi 1997/19 = ZfSch 2020, 172 = OLGSt StVO § 23 Nr 19; 31.07.2019 - 202 ObOWi 1244/19 bei juris; 27.04.2020 - 202 ObOWi 492/20 = NJW 2020, 3539 = Blutalkohol 57 [2020], 227 = VerkMitt 2020, Nr 55; 04.08.2020 - 201 ObOWi 927/20 = VerkMitt 2021, Nr 3 = DAR 2021, 159; 15.09.2020 – 202 ObOWi 1044/20 bei juris und 19.01.2021 - 202 ObOWi 1728/20 = DAR 2021, 273; vgl. ferner u.a. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 29.10.2020 - 1 OWi 2 SsBs 154/20 = ZfSch 2021, 113; KG, Beschl. v. 26.08.2020 - 122 Ss 69/20 = Blutalkohol 58 [2021], 43 = OLGSt StVG § 25 Nr 83; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 26.11.2019 – 2 RBs 35 Ss 795/19 bei juris; OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.03.2020 - 1 Ss OWi 72/20 bei juris, 31.01.2022 - 3 Ss-OWi 41/22 = ZfSch 2022, 353 = NStZ-RR 2022, 221 u. 26.04.2022 - 3 Ss-OWi 415/22 = DAR 2022, 397; OLG Brandenburg, Beschl. v. 11.06.2019 - 53 Ss-OWi 244/19 bei juris; KG, Beschl. v. 13.05.2019 - 162 Ss 46/19 = Blutalkohol 56 [2019], 396; KG, Beschl. v. 21.04.2022 - 162 Ss 21/22 u. OLG Hamm, Beschl. v. 03.03.2022 - 5 Rbs 48/22, beide bei juris, jeweils m.w.N.). Der gegen die Vorwerfbarkeit einer auf einer Autobahn festgestellten Unterschreitung des nach § 4 Abs. 1 Satz 1 StVO gebotenen Sicherheitsabstands vorgebrachte Einwand, die Abstandsunterschreitung sei durch das gefahrvolle Auffahren des Führers des nachfolgenden Fahrzeugs verursacht worden, ist regelmäßig unbeachtlich, wenn auf der sog. Beobachtungsstrecke ein plötzliches Abbremsen oder ein unerwarteter Spurwechsel des vorausfahrenden Fahrzeugführers auszuschließen ist (st.Rspr., vgl. u.a. schon OLG Bamberg, Beschl. v. 25.02.2015 – 3 Ss OWi 160/15 bei juris = NJW 2015, 1320 = NZV 2015, 309 = DAR 2015, 396 = BeckRS 2015, 4844 m.w.N.).
Wegen der weiteren Begründung nimmt der Senat auf die mit der Rechtsprechung der Bußgeldsenate des Rechtsbeschwerdegerichts im Einklang stehenden Ausführungen der Generalstaats-anwaltschaft München in deren Antragsschrift vom 31.07.2024 Bezug.
Die zur vorgenannten Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft abgegebene Gegenerklärung des Verteidigers des Betroffenen vom 04.09.2024 lag dem Senat vor, rechtfertigt aber keine abweichende Entscheidung.
II.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.
Gemäß § 80a Abs. 1 OWiG entscheidet der Einzelrichter.
Einsender: RA A. Gratz, Bous
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