Gericht / Entscheidungsdatum: LG Köln, Beschl. v. 24.01.2024 - 110 Qs 8/24
Eigener Leitsatz:
1. Die Erstattung der sog. Aktenversendungspauschale kann nicht mit der Begründung versagt werden, dass ein ortsansässiger Anwalt sich die Akte hätte abholen können. und damit keine Pauschale angefallen wäre.
2. Zur Bemessung der Grundgebühr und der Verfahrensgebühr für das vorbereitende Verfahren.
Landgericht Köln
Beschluss
In dem Beschwerdeverfahren (Kostenfestsetzung)
betreffend die frühere Strafsache
gegen pp.
Verteidigerin:
hat die 10. große Strafkammer des Landgerichts Köln durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht, den Richter am Landgericht und den Richter am Landgericht am 24.01.2024 beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde vom 23.11.2023 werden zugunsten des früheren Angeklagten weitere 12,00 EUR festgesetzt, die ihm aus der Landeskasse als notwendige Auslagen zu erstatten sind.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der frühere Angeklagte; von einer
Ermäßigung der Beschwerdegebühr sowie der Auferlegung der notwendigen Auslagen des früheren Angeklagten im Beschwerdeverfahren wird im Hinblick auf den geringfügigen Erfolg der sofortigen Beschwerde abgesehen.
Gründe
l.
Die gemäß § 464b S. 3 StPO i.V.m. §§ 104 Abs. 3, 567 ff. ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache selbst nur geringfügigen Erfolg.
Dem früheren Angeklagten steht insgesamt nur ein Anspruch auf Erstattung eines Betrages von weiteren 12,00 EUR zu.
Gemäß § 14 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Vermögensund Einkommensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Die Abwägung aller für die Festsetzung der Gebühr gemäß § 14 RVG maßgeblichen Umstände führt vorliegend zu dem Ergebnis, dass die Verteidigerin mit den im Kostenfestsetzungsantrag aufgeführten Beträgen unbillige und damit für die Staatskasse nicht verbindliche Bestimmungen getroffen hat.
1. Zu Unrecht hat das Amtsgericht indes die Festsetzung der angefallenen Aktenversendung i.H.v. 12,00 € abgelehnt.
Es steht außer Zweifel, dass eine Akteneinsicht für eine sachgerechte Verteidigung unumgänglich ist. Die Einsichtnahme in die Ermittlungs- und Gerichtsakten ist in einem Strafverfahren für eine ordentliche Verteidigung notwendig. Es ist Sache der Verteidigerin, wie sie ihr Akteneinsichtsrecht wahrnimmt, also ob sie die Akten auf der Geschäftsstelle einsieht oder - in Ruhe - in ihrer Kanzlei. Vorliegend wurde von der durch die Justiz selbst angebotenen kostenpflichtigen Versendung Gebrauch gemacht. Die hierdurch angefallenen Aufwendungen sind dann auch erforderlich. Die Erstattung kann auch nicht etwa mit der Begründung versagt werden, dass ein ortsansässiger Anwalt sich die Akte hätte abholen können. und damit keine Pauschale angefallen wäre. Es ist bereits zu beachten, dass der pekuniäre Gegenwert des damit einhergehenden Zeitaufwandes (ggf. zzgl. damit verbundener Fahrtkosten) die verhältnismäßig geringe Versendungspauschale bereits mit Sicherheit übersteigen würde. Ein Beschuldigter bzw. Betroffener ist auch nicht etwa verpflichtet, sich einen Verteidiger auszusuchen, der ein Gerichtsfach unterhält, um damit den Zeitaufwand einer Abholung (bzw. der Aktenversendungskosten) zu ersparen. Eine nähere Begründung, warum es sich bei der geltend gemachten Aktenversendungspauschale i.H.v. 12,00 € hier nicht um notwendige Kosten handele, enthält die Stellungnahme der Bezirksrevisorin, auf die der angefochtene Beschluss offensichtlich allein Bezug nimmt, nicht.
Im Übrigen hat die sofortige Beschwerde keinen Erfolg.
2. Die Herabsetzung der Grundgebühr auf 180 EUR (anstatt der begehrten 269,50 EUR) ist nicht zu beanstanden.
In diesem Zusammenhang waren Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit von eindeutig unterdurchschnittlichem Grad. Demnach erscheint eine Grundgebühr von 180 EUR angemessen. Bei der erfolgten anwaltlichen Bestellung der Verteidigerin und der in diesem Zug erfolgten Akteneinsicht belief sich der Umfang der Akte auf 59 Blatt, von denen eine Vielzahl den unbekannten Aufenthalt des früheren Angeklagten zum Gegenstand hatten. Der Gegenstand des Verfahrens wurde in einem halbseitigen Strafbefehl (BI. 26 GA) übersichtlich und informativ dargestellt. Grund der Verfahrenseinleitung sowie dessen Inhalt mussten sich der rechtlich geschulten Verteidigerin binnen weniger Minuten erschließen.
Eine Grundgebühr von 180,00 EUR verhält sich daher zu der erstmaligen Einarbeitung in den Rechtsfall.
3. Eine über 140,00 EUR hinausgehende Verfahrensgebühr ist ebenfalls unangemessen. Diese Gebühr entsteht für eine Tätigkeit im Verfahren bis zum Eingang der Anklageschrift, des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls bei Gericht oder im beschleunigten Verfahren bis zum Vortrag der Anklage, wenn diese nur mündlich erhoben wird. Hat der Verteidiger nach Einarbeitung in das Verfahren keine über den Abgeltungsbereich der Grundgebühr hinausgehenden Tätigkeiten erbracht, kann die Verfahrensgebühr (sogar) nur in Höhe der Mindestgebühr zu bemessen sein (s. Gerold/Schmidt/Burhoff, 25. Aufl. 2021, RVG VV 4104 Rn. 1 1 mwN). Welche besonderen Tätigkeiten die Verteidigerin des früheren Angeklagten hier erbracht hat, die eine über 140,00 € hinausgehende Gebühr, insbesondere die begehrte Gebühr von 221 ,50 €, rechtfertigen würden, sind aus dem Akteninhalt nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 S. 1 StPO.
Einsender: RAin A. K. Bachmann, Köln
Anmerkung:
Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.
Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".