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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Strafzumessung, kurzfristige Freiheitsstrafe, Urteilgründe, Vorverurteilungen, Gesamtwürdigung, Bewährung

Gericht / Entscheidungsdatum: BayObLG, Beschl. v. 30.10.2024 – 206 StRR 373/24

Eigener Leitsatz:

1. Den Urteilsgründe muss eine ausreichende Auseinandersetzung mit den konkreten Umständen der Tat und des Täters und eine entsprechende Gesamtwürdigung zu entnehmen sein.
2. „"Einschlägige Vorverurteilungen“ des Angeklagten müssen in den Urteilsgründen dargestellt werden.
3. Die Unerlässlichkeit der Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe ist besonders kritisch zu prüfen und entsprechend zu begründent, wenn die Freiheitsstrafe zugleich zur Bewährung ausgesetzt werden soll.


In pp.

I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 13. Juni 2024 samt den diesem zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens an eine andere Strafkammer des Landgerichts Kempten (Allgäu) zurückverwiesen.

Gründe

1. Die zulässige Revision erweist sich in dem noch zur Entscheidung des Senates stehenden Umfang auch als begründet.

a) Aufgrund der wirksamen Beschränkung der Berufungen war allein der Rechtsfolgenausspruch Gegenstand des Revisionsverfahrens. Die fehlenden Ausführungen des Amtsgerichts zu den näheren Umständen der Fahrt führen nicht zur Unwirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung, weil für den Schuldspruch im Fall des § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG die Feststellung ausreicht, der Angeklagte sei an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit mit einem bestimmten Fahrzeug wissentlich ohne Fahrerlaubnis gefahren (vgl. im Einzelnen BGH, Beschluss vom 27.04.2017, 4 StR 547/16, BGHSt 62, 155ff., zitiert nach juris).

b) Die Nachprüfung des Strafausspruches hat jedoch Erörterungsmängel des Landgerichts ergeben, die sich als sachlich-rechtliche Fehler des Urteils erweisen und verhindern, dass das Urteil sich insoweit auf tragfähige Grundlagen stützt.

aa) Die Rechtsfolgenbemessung ist zwar ureigene Aufgabe des Tatrichters und unterliegt einer nur eingeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Die tatrichterlichen Erwägungen hat das Revisionsgericht bis zur Grenze des Vertretbaren hinzunehmen, solange und soweit der Rechtsfolgenausspruch einen angemessenen Schuldausgleich darstellt. Indessen prüft das Revisionsgericht nach, ob die tatrichterliche Rechtsfolgenentscheidung auf tragfähige Grundlagen gestützt ist und sich von rechtlich anerkannten Strafzumessungserwägungen hat leiten lassen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 337 Rdn. 34f.).

bb) Vorliegend rügt die Revision zutreffend die defizitäre Begründung der Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe (§ 47 StGB).

(1) Die überaus knappen und formelhaften Urteilsgründe (UA S. 4/5) lassen bereits insgesamt eine ausreichende Auseinandersetzung mit den konkreten Umständen der Tat und des Täters und eine entsprechende Gesamtwürdigung (vgl. BGH, Beschluss vom 12.12.2023, 1 StR 16/23, NStZ 2024, 476) vermissen.

(2) Das Landgericht verweist im Übrigen auf „einschlägige Vorverurteilungen“ des Angeklagten. Dieser Umstand wäre zwar grundsätzlich geeignet, die Unerlässlichkeit einer kurzen Freiheitsstrafe zu begründen.

Das Gericht hat es jedoch unterlassen, die von ihm berücksichtigten Vorstrafen in den Urteilsgründen darzustellen. Dem Revisionsgericht steht für seine Rechtsprüfung nur die Urteilsurkunde zur Verfügung; der Blick in die Akten ist ihm versagt. Vorstrafen sind daher in dem Umfang und in den Einzelheiten mitzuteilen, in denen sie für die getroffene Entscheidung von Bedeutung sind (vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Februar 1996, 5 StR 533/95, BeckRS 1996, 12375 Rn. 4). Allein der Tatbezeichnung (UA S. 3) lässt sich nicht entnehmen, ob dem Angeklagten dort von den Tatumständen und der Gewichtigkeit vergleichbare Sachverhalte zur Last lagen, zumal es sich offenbar in beiden Fällen um Strafbefehle handelte.

(3) Zuletzt ist der Kammer offensichtlich nicht bewusst gewesen, dass die Unerlässlichkeit der Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe besonders kritisch zu prüfen und entsprechend zu begründen ist, wenn die Freiheitsstrafe (wie hier) zugleich zur Bewährung ausgesetzt werden soll (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 13.01.2022, 1 OLG 2 Ss 66/21, BeckRS 2022, 399, dort Rdn. 12; von Heintschel-Heinegg in: BeckOK StGB, 62. Edition, § 47 Rdn. 11).

c) In den aufgezeigten Erörterungsmängeln liegt ein sachlich-rechtlicher Fehler des angegriffenen Urteils, auf dem dieses auch beruht, da der Senat nicht ausschließen kann, dass das Landgericht bei Berücksichtigung der vorgenannten Umstände eine niedrigere Strafe bzw. eine Geldstrafe verhängt hätte.

2. Das Urteil war daher gemäß § 349 Abs. 4 StPO samt den zugrunde liegenden Feststellungen (§ 353 StPO) aufzuheben und gemäß § 354 Abs. 2 StPO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens an eine andere Strafkammer des Landgerichts Kempten (Allgäu) zurückzuverweisen.


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