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Entscheidungen

Gebühren/Kosten/Auslagen

Grundgebühr, Verfahrensgebühr, Abgeltungsbereiche

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Koblenz, Beschl. v. 18.11.2024 - 3 Qs 45/24

Eigener Leitsatz:

Die Verfahrensgebühr entsteht zwar nach Anmerkung 1 zu Nr. 4100 VV RVG neben der Grundgebühr. Abgegolten werden mit ihr (im vorbereitenden Verfahren) allerdings nur Tätigkeiten nach der Erstinformation des Rechtsanwalts, d.h. alle Tätigkeiten nach erstem Mandantengespräch und erster Akteneinsicht.


3 Qs 45/24

Landgericht Koblenz

Beschluss

In dem Ermittlungsverfahren
gegen pp.

Verteidiger:
als Beschwerdeführer -

wegen Urkundenfälschung

hier: Beschwerde des Pflichtverteidigers gegen die Festsetzung der ihm aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren

hat die 3. große Strafkammer des Landgerichts Koblenz durch den Richter am Landgericht D . Lenders - als Einzelrichter - am 18. November 2024 beschlossen:

I. Auf die Beschwerde des Verteidigers wird der Beschluss des Amtsgerichts Koblenz vom 16. August 2024 aufgehoben.

Die dem Pflichtverteidiger aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen werden in Abänderung des Festsetzungsbeschlusses des Amtsgerichts Koblenz vom 15. Juli 2024 festgesetzt auf 1.190,30 EUR (in Worten: eintausendeinhundertneunzig 30/100 Euro)
II. Das Beschwerdeverfahrens ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Das vorliegende Strafverfahren gegen den Beschuldigten pp. hatte zunächst den Verdacht der Urkundenfälschung und des Betruges wegen der Erstellung und Verwendung eines auf seine Mutter ausgestellten Überweisungsträgers über einen Betrag von 1.425,00 EUR am 27.10.2023 - angezeigt am 06.11.2023 - zum Gegenstand. Die Fallakten 1 und 2 haben zwei weitere Versuche, sich selbst vom Konto der Eltern am 16.11.2023 und am 17.11.2023 Geld zu überweisen - beide angezeigt am 17.11.2023 zum Gegenstand. Eine weitere Anzeige (Fallakte 3) wurde wegen des Aufladens einer Telefonkarte zwischen dem 26.09. und dem 17.10.2023 ebenfalls am 06.11.2023 aufgenommen. Am 28.12.2023 wurden eine Bedrohung und ein Hausfriedensbruch angezeigt (Fallakte 5), am 11.01.2024 ein Diebstahl und Betrug (Fallakte 4) und am 25.02.2024 ein weiterer Diebstahl (Fallakte 6).

Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 12.01.2024 wurden zu-nächst die Verfahren 2040 Js 82970/23 (Fallakte 1), 2040 Js 82971/23 (Fallakte 2) und 20240 Js 75664/23 (Fallakte 3) zum führenden Verfahren hinzuverbunden. Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 22.04.2024.wurden die Verfahren 2040 Js 14516/24 (Fallakte 4) und 2040 Js 14518/24 (Fallakte 5, mit Verfügung vom 15.05.2024 das Verfahren 2040 Js 18487/24 (Fallakte 6) zum führenden Verfahren hinzuverbunden.

Das Verfahren wurde durch Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO am 23.05.2024 (B1. 71 d.A.) beendet.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Koblenz vom 11. Juni 2024 (30 Gs 4500/24, Bl. 83 d.A.) wurde festgestellt, dass sich die Pflichtverteidigerbestellung vom 18. Januar 2024 (B1. 39 d.A.)

in Form des Ergänzungsbeschlusses vom 18. Januar 2024 (31. 43 d.A.) auch auf die Verbundverfahren 2040 Js 14516/24 (Fallakte 4) und 2040 Js 14518/24 (Fallakte 5) erstreckt.

Mit Schriftsätzen vom 11. Juni 2024 beantragte der Verteidiger - getrennt nach Aktenzeichen der verbundenen Verfahren - die Festsetzung folgender Kosten und Auslagen gegen die Staatskasse:

30 Gs 452/24 (2040 Js 82969/23)
VV-Nr.
Grundgebühr 4100 176,00 E
Verfahrensgebühr 4104 145,00 EUR
65 Fotokopien 7000 Nr. la 27,25 EUR
Postpauschale 7002 20,00 EUR
Aktenversendungspauschale 12,00 EUR
Zwischensumme 380,25 E
Umsatzsteuer 7008 72,24 EUR
Summe 452,49 EUR

30 Gs 452/24 (2040 Js 82969/23)
2040 Js 82970/23 (Fallakte 1)
VV-Nr.
Grundgebühr 4100 176,00 EUR
Verfahrensgebühr 4104 145,00 EUR
18 Fotokopien 7000 Nr. la 9,00 EUR
Postpauschale 7002 20,00 EUR
Zwischensumme 350,00 EUR
Umsatzsteuer 7008 66,50 EUR
Summe 416,50 EUR

30 Gs 452/24 (2040 Js 82969/23)
2040 Js 14516/23 (Fallakte 4)
VV-Nr.
Grundgebühr 4100 176,00 EUR
Verfahrensgebühr 4104 145,00 EUR
32 Fotokopien 7000 Nr. ja 16,00 EUR
Postpauschale 7002 20,00 EUR
Zwischensumme 357,00 EUR
Umsatzsteuer 7008 67,83 EUR
Summe 424,83 EUR

30 Gs 452/24 (2040 Js 82969/23)
2040 Js 14518/23 (Fallakte 5)
VV-Nr.
Grundgebühr 4100 176,00 E
Verfahrensgebühr 4104 145,00 EUR
17 Fotokopien 7000 Nr. la 8,50
Postpauschale 7002 20,00 EUR
Zwischensumme 349,50 EUR
Umsatzsteuer 7008 66,40 EUR
Summe 415,90 EUR

30 Gs 452/24 (2040 Js 82969/23)
2040 Js 75664/23 (Fallakte 3)
VV-Nr
Grundgebühr 4100 176,00 EUR
Verfahrensgebühr 4104 145,00 EUR
13 Fotokopien 7000 Nr. la 6,50 EUR
Postpauschale 7002 20,00 EUR
Zwischensumme 347,50 EUR
Umsatzsteuer 7008 66,02 EUR
Summe 413,52 EUR

30 Gs 452/24 (2040 Js 82969/23)
2040 Js 82971/23 (Fallakte 2)
VV-Nr.
Grundgebühr • 4100 176,00 EUR
Verfahrensgebühr 4104 145,00 EUR
15 Fotokopien 7000 Nr. la 7,50 EUR
Postpauschale 7002 20,00 EUR
Zwischensumme 348,50 EUR
Umsatzsteuer 7008 66,21 EUR
Summe 414,71 EUR

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Koblenz setzte mit Beschluss vom 15. Juli 2024 (B1. 87b d.A.) die dem Verteidiger aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen wie folgt fest:

Hauptakte sowie Fallakten 1-3:

Grundgebühr VV-Nr. 4100 176,00
Verfahrensgebühr VV-Nr. 4104 145,00 EUR
Auslagenpauschale VV-Nr. 7002 20,00 EUR

Fallakten 4 und 5:
Grundgebühr VV-Nr. 4100 176,00 EUR
Verfahrensgebühr VV-Nr. 4104 145,00 EUR
Auslagenpauschale VV-Nr. 7002 20,00 E
Zwischensumme 682,00
Kopierkosten VV-Nr. 7000 49,00 EUR
Umsatzsteuer VV-Nr. 7008 138,89 C
Gesamtkosten 869,89 EUR

Die Absetzungen gegenüber dem Antrag begründete der Urkundsbeamte mit dem Umstand, dass es sich bei den in der Hauptakte und den Fallakten 1 bis 3 einerseits und den in den Fallakten 4 und. 5 andererseits behandelten Sachverhalten um jeweils eine Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne handele. Darüber hinaus habe der Verteidiger in den Fallakten 1 bis 3 auch keine Tätigkeit entfaltet. Die allgemein gehaltene Formulierung, er bestelle sich für alle weiteren Verfahren, stelle keine für die Fallakten 1 bis 3 gebührenauslösende Tätigkeit des Verteidigers dar.

Gegen diesen Beschluss legte der Verteidiger den Rechtsbehelf der Erinnerung (B1. 97 d.A.) ein, der durch die Richterin des Amtsgerichts Koblenz mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen wurde.

Hiergegen legte, der Verteidiger mit Schriftsatz vom 30. August 2024 Beschwerde ein (B1. 146 d.A.).

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere ist die Beschwerdefrist des § 56 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 3 RVG von zwei Wochen ab Zustellung der Entscheidung gewahrt. Das Rechtsmittel ging am 30. August 2024 und damit - ungeachtet der Frage, ob eine ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung erteilt wurde - innerhalb der Frist beim Amtsgericht ein. Auch die Wertgrenze für die Zulässigkeit der Beschwerde von 200,00 EUR nach § 56 Abs. 2 i.V.m. 33 Abs. 3 S. 1 RVG ist überschritten. Da die Wertgrenze überschritten ist, wirkt sich die Entscheidung des Amtsgerichts, die Beschwerde nicht zuzulassen, auf die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht aus.

Das zulässige Rechtsmittel hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.

Die Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG entsteht nach Übernahme des Mandats und soll den Aufwand für die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall abgelten. Die Verfahrensgebühr im vorbereitenden Verfahren nach Nr. 4104 VV RVG soll dagegen nach der Vorbemerkung 4 Abs. 2 VV RVG das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information abgelten. Die Verfahrensgebühr entsteht zwar nach Anmerkung 1 zu Nr. 4100 VV RVG neben der Grundgebühr. Abgegolten werden mit ihr im vorbereitenden Verfahren allerdings nur Tätigkeiten nach der Erstinformation des Rechtsanwalts, d.h. alle Tätigkeiten nach erstem Mandantengespräch und erster Akteneinsicht. Die erste Akteneinsicht ist dagegen bereits von der Grundgebühr umfasst. Wird das Verfahren nach erfolgter Erstinformation zu einem anderen Verfahren verbunden, besteht für die Annahme einer neben der Grundgebühr stets entstehenden Verfahrensgebühr (Nr. 4104) daher kein Raum (OLG Celle, Beschluss vom 26.01.2022, 2 Ws 19/22, juris Rn. 18 m.w.N.).

Danach steht dem Beschwerdeführer über die für das führende Verfahren zuerkannten Gebühren hinaus ein Anspruch auf die Grundgebühr in den Verfahren zu den Fallakten 2, 4 und 5 zu. In diesen Verfahren ist der Pflichtverteidiger durch Stellung eines Akteneinsichtsgesuchs tätig geworden. Eine über die Beantragung und Durchführung der Akteneinsicht hinausgehende Tätigkeit ist für keines der hinzuverbundenen Verfahren dargetan. Die Verfahrensgebühr ist daher nicht entstanden. Darüber hinaus kann der Pflichtverteidiger die insoweit entstandene Post- und Telekommunikationspauschale verlangen.

Da die Verbindung des Verfahrens 2040 Js 82971/23 (Fallakte 2) noch vor der Beiordnung des Beschwerdeführers als Pflichtverteidiger erfolgte, ergibt sich der Gebührenanspruch für die vorangehende Tätigkeit des Beschwerdeführers insoweit bereits aus § 48 Abs. 6 Satz 1 RVG. Für die Verfahren 2040 Js 14516/23 (Fallakte- 4)und 2040 Js 14518/23 (Fallakte 5)folgt er gemäß § 48 Abs. 6 Satz 3 RVG aus dem Beschluss des Amtsgerichts Koblenz vom 11.06.2024 (131. 83 d.A.).

Die Gebühren sind daher wie folgt festzusetzen:

30 Gs 452/24 (2040 Js 82969/23)
VV-Nr.
Grundgebühr 4100 176,00 EUR
Verfahrensgebühr 4104 145,00 EUR
65 Fotokopien 7000 Nr. la 27,25 EUR
Postpauschale 7002 20,00 EUR
Aktenversendungspauschale 12,00 EUR
Zwischensumme 380,25
Umsatzsteuer 7008 72,24 EUR
Summe - 452,49 EUR

2040 Js 14516/23 (Fallakte 4)
VV-Nr.
Grundgebühr 4100 176,00 EUR
32 Fotokopien 7000 Nr. la 16,00 EUR
Postpauschale 7002 20,00 EUR
Zwischensumme 212,00
Umsatzsteuer 7008 40,28 EUR
Summe 252,28 EUR

2040 Js 14518/23 (Fallakte 5)
VV-Nr.
4100 176,00 EUR
7000 Nr. la 8,50 EUR
7002 20,00 EUR
204,50 EUR
7008 38,86 EUR
243,36 EUR

2040 Js 82971/23 (Fallakte 2)
VV-Nr.
Grundgebühr 4100 176,00 EUR
15 Fotokopien 7000 Nr. la 7,50 EUR
Postpauschale 7.002 20,00 EUR
Zwischensumme 203,50 EUR
Umsatzsteuer 7008 38,67 EUR
Summe 242,17 EUR

Hinsichtlich der übrigen Verfahren, die als Fallakten 1, 3 und 6 geführt werden hat der Beschwerdeführer keinerlei Tätigkeit entfaltet. Es fehlt bereits an einem auf das diesen Vorgängen zu Grunde liegende polizeiliche Aktenzeichen bezogenem Bestellungsschreiben. Die pauschale Formulierung, die Schreiben in den anderen gegen den Beschuldigten gerichteten Verfahren enthalten, er bestelle sich für alle gegen den Mandanten vorliegenden Verfahren, ist nicht ausreichend.

Der deklaratorische Ausspruch zu den Kosten folgt aus § 56 Abs. 2 S. 2, 3 RVG.


Einsender: RA H. Terjung, Köln

Anmerkung:


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