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Entscheidungen

StPO

Verfahrensrüge, Berufungsverwerfung, ordnungsgemäße Ladung, fremdsprachiger Angeklagter

Gericht / Entscheidungsdatum: BayObLG, Beschl. v. 19.09.2024 - 203 StRR 422/24

Leitsatz des Gerichts:

Lässt der Vortrag der Revision offen, in welcher Sprache die Ladung eines fremdsprachigen Angeklagten zum Berufungstermin erfolgt ist und ob der Angeklagte diese Sprache verstand, ist die Verfahrensrüge einer mangels Übersetzung nicht ordnungsgemäßen Ladung nicht zulässig erhoben.


In dem Strafverfahren gegen

pp.

wegen schweren Bandendiebstahls

erlässt das Bayerische Oberste Landesgericht - 3. Strafsenat - durch die unterzeichnenden Richter am 19. September 2024 folgenden

Beschluss

I. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 23. Mai 2024 wird als unbegründet verworfen.
II. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I.

Der Angeklagte wendet sich mit seinem Rechtsmittel gegen die Verwerfung seiner Berufung nach § 329 Abs. 1 S. 1 StPO. Seine form- und fristgerecht eingelegte Berufung hat das Landgericht Nürnberg-Fürth mit dem angegriffenen Urteil vom 23. Mai 2024 ohne Verhandlung zur Sache in Anwesenheit des Verteidigers verworfen, weil der Angeklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung zur Hauptverhandlung nicht erschienen und sein Ausbleiben auch nicht ausreichend entschuldigt gewesen sei. Neben der nicht näher ausgeführten Sachrüge beanstandet der Angeklagte die Verwerfung seiner Berufung, weil ein Vorgehen nach § 329 Abs. 1 StPO nur rechtfehlerfrei hätte erfolgen können, wenn die Ladung in eine ihm verständliche Sprache übersetzt worden wäre.

II.

Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revision hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Die Verfahrensrüge der Verletzung von § 329 Abs. 1 S. 1 StPO - auch in Verbindung mit § 187 GVG - ist nicht zulässig erhoben. Beanstandungen der prozessualen Voraussetzungen für ein Verwerfungsurteil nach § 329 Abs. 1 StPO müssen mit der Verfahrensrüge vorgebracht werden (st. Rspr., vgl. BayObLG, Beschluss vom 28. Dezember 2023 – 204 StRR 548/23 –, juris Rn. 7 m.w.N.). Nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ist eine so genaue Angabe der die Rüge begründenden Tatsachen erforderlich, dass das Revisionsgericht auf ihrer Grundlage prüfen kann, ob der geltend gemachte Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden. Dazu gehört auch, dass ein Verfahrensverstoß bestimmt behauptet und nicht nur als bloße Möglichkeit in den Raum gestellt wird (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Beschluss vom 17. Mai 2022 – 3 StR 107/22 –, juris und BGH, Beschluss vom 13. April 2021 – 5 StR 29/21 –, juris). Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sowie die darin in Bezug genommenen Unterlagen müssen vorgelegt oder jedenfalls inhaltlich vorgetragen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 2021 - 4 StR 103/21- juris Rn. 4 m.w.N.). Will die Revision das Fehlen einer ordnungsgemäßen Ladung oder das Fehlen des nach § 323 Abs. 1 Satz 2 StPO erforderlichen Hinweises auf die im konkreten Fall in Betracht kommenden Folgen des Ausbleibens geltend machen, hat sie alle hierfür maßgeblichen Umstände vorzutragen (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 16. September 2019 – Ss 44/2019 (26/19) –, juris Rn. 26).

Die Revisionsschrift genügt diesen Anforderungen nicht. Dem Vortrag der Revision, dass die Vorsitzende in der Hauptverhandlung auf eine Nachfrage der Verteidigung hin erklärt habe, die Ladung sei „vermutlich“ in der deutschen Sprache erfolgt, sie müsse diesbezüglich mit der Geschäftsstelle Rücksprache nehmen, lässt sich weder entnehmen, wie und in welcher Sprache der Angeklagte zur Berufungshauptverhandlung geladen wurde, noch ob er diese Sprache verstand oder ihm ein Bemühen um Übersetzung oder Erläuterung möglich war (OLG Nürnberg, Beschluss vom 20. Oktober 2009 – 1 St Ss 160/09, BeckRS 2010, 2715) oder ob er in der ersten Instanz nach § 35a S. 2 StPO ordnungsgemäß in einer ihm verständlichen Sprache belehrt wurde (vgl. BayObLG, Beschluss vom 9. Oktober 2020 – 202 StRR 94/20, BeckRS 2020, 28882). Darauf, dass eine nicht übersetzte Ladung nach überwiegender Meinung in Rechtsprechung und Literatur nicht unwirksam ist, sondern lediglich eine Wiedereinsetzung begründen kann (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16. Dezember 2021 – 2 Rv 35 Ss 670/21 –, juris Rn. 23; BayObLG, Beschluss vom 9. Oktober 2020 – 202 StRR 94/20, BeckRS 2020, 28882; KG Berlin, Beschluss vom 17. Juli 2019 – 2 Ws 116/19 –, juris Rn. 3; OLG Hamm, Beschluss vom 25. Oktober 2016 – III-3 RVs 72/16 –, juris Rn. 10; OLG Köln, Beschluss vom 9. Dezember 2014 – III-1 RVs 167/14 –, juris Rn. 18 m.w.N.; Arnoldi in MüKoStPO, 2. Aufl. 2024, StPO § 216 Rn. 6; Jäger in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Auflage, § 216 StPO Rn. 4; Eschelbach in BeckOK StPO, 52. Ed. 1.7.2024, StPO § 329 Rn. 55; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 329 Rn. 9a und § 216 Rn. 8; a.A. Simon in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Auflage, § 187 GVG Rn. 19), kommt es hier nicht mehr maßgeblich an. Die einschränkenden Grundsätze der obergerichtlichen Rechtsprechung für den Erlass eines Haftbefehls (vgl. OLG Nürnberg Beschluss vom 10. August 2021 – Ws 684/21, BeckRS 2021, 23147; KG, Beschluss vom 9. Oktober 2020 – 4 Ws 80/20121 AR 187/20, BeckRS 2020, 36411; Gmel in KK-StPO, 9. Aufl., § 216 Rn. 5 m.w.N.; Simon a.a.O. Rn. 19) wären auf eine Ladung zur Hauptverhandlung auf die Berufung des Angeklagten hin nicht ohne weiteres übertragbar.

2. Die neben der Verfahrensrüge von der Revision allgemein erhobene Sachrüge führt, weil das angefochtene Verwerfungsurteil nach § 329 Abs. 1 StPO keinen sachlich-rechtlichen Inhalt aufweist, nur zur Prüfung der Frage, ob Verfahrenshindernisse vorliegen (vgl. Senat, Beschluss vom 4. Juni 2024 – 203 StRR 212/24 –, juris Rn. 18 m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.


Einsender: 3. Strafsenat des BayObLG

Anmerkung:


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