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Entscheidungen

OWi

Fahrverbot, Absehen, Härtefall, neue Arbeitsstelle, Arbeitslosigkeit

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Naumburg, Beschl. v. 06.11.2024 - 1 ORbs 219/24

Eigener Leitsatz:

Eine Härtesituation, die ein Absehen der Verhängung eines Fahrverbotes hätte rechtfertigen können, kann nicht mit dem Argument verneint werden, da der Betroffene vor dem Antritt einer neuen Stelle für ca. ein Jahr arbeitslos gewesen sei und in dieser Zeit das verhängte Fahrverbot gegen sich hätte vollstrecken lassen können.


OLG Naumburg

BESCHLUSS

1 ORbs 219/24 OLG Naumburg

In der Bußgeldsache
gegen pp.

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit

hat der Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Naumburg am 6. November 2024 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Weißenfels vom 22. April 2024 mitsamt den dazugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Weißenfels hat gegen den Betroffenen mit Urteil vom 22. April 2024, wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerorts, eine Geldbuße von 800,00 Euro verhängt. Gleichzeitig hat es ein Fahrverbot von 2 Monaten ausgesprochen und angeordnet, dass dieses erst wirksam wird, wenn der Führerschein in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von 4 Monaten nach Eintritt der Rechtskraft.
Hiergegen richtet sich die rechtzeitig eingelegte Rechtsbeschwerde des Be-troffenen.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde als offensichtlich unbegründet zu verwerten.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Der Schuldspruch ist aufgrund der wirksamen Beschränkung des Einspruches auf die Rechtfolgen rechtskräftig und deshalb der Überprüfung durch den Senat entzogen.

Der Rechtsfolgenausspruch hält der Überprüfung auf die Sachrüge nicht stand.

Das Amtsgericht hat in seinen Entscheidungsgründen unter anderem ausgeführt, dass eine Härtesituation, die ein Absehen der Verhängung eines Fahrverbotes hätte rechtfertigen können, bei dem Betroffenen nicht vorliege, da dieser vor dem Antritt seiner neuen Stelle am 19. März 2024 für ca. ein Jahr arbeitslos gewesen sei und in dieser Zeit das verhängte Fahrverbot gegen sich hätte vollstrecken lassen können.

Diese Rechtfolgenzumessungsüberlegung ist unzulässig, da sie eine unzulässige Verkürzung zulässigen Verteidigungsverhaltens darstellt.

Das Amtsgericht dufte die Möglichkeit eines Absehens vom Fahrverbot nicht von vornherein mit dem Argument ablehnen, der Betroffene habe dieses bereits vor Antritt seiner neuen Stelle als Bauleiter antreten können.

Diese Argumentation läuft auf eine unzulässige Verwertung zulässigen Verteidigungsverhaltens zum Nachteil des Betroffenen hinaus, mit der das Amtsgericht die Grenzen des ihm gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG übertragenen tatrichterlichen Bewertungsspielraums in ermessensfehlerhafter Weise überschritten hat. Zwar hat sich ein Betroffener bei Erhalt eines Bußgeldbescheides auf ein mögliches Verbot einzustellen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Absehen vom Fahrverbot wegen besonderer beruflicher Härten ausgeschlossen ist, wenn ein Betroffener erst nach Erhalt eines Bußgeldbescheides und anschließender Arbeitslosigkeit eine neue Arbeit aufnimmt (OLG Bamberg, Beschl. v. 9. November 2017, 3 Ss OWi 1556/17, juris; OLG Jena Beschl. v. 24. Mai 2004 — 1 Ss 328/03, BeckRS 2004, 6690).

Die Ausführungen des Amtsgerichts lassen sich auf die unzulässige, nämlich mit der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG unvereinbare Erwägung zuspitzen, dass dem Betroffenen angelastet wird, gegen den ihn beschwerenden Bußgeldbescheid überhaupt den Rechtsbehelf des Einspruchs zur gerichtlichen Kontrolle des Bußgeldbescheids eingelegt bzw. den Einspruch aufrechterhalten zu haben, statt hiervon im wohlverstandenen Eigeninteresse abzusehen, um das Fahrverbot alsbald und noch vor Arbeitsantritt zu verbüßen.

Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Amtsgericht, wenn es diese Zumessungserwägung nicht angestellt hätte, hinsichtlich des Absehens oder einer möglichen Verringerung des Fahrverbots zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.

Der Rechtsfolgenausspruch war daher mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache wird an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Weißenfels zurückverwiesen (§ 79 Abs. 6 OWiG).


Einsender: RA C. Schneider, Leipzig

Anmerkung:


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