Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Schleswig, Beschl. v. 02.12.2024 – 2 Ws 145/24
Eigener Leitsatz:
1. Im Rahmen der nach § 57 Abs. 1 StGB und nach § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB vorzunehmenden Gesamtwürdigung kommt dem Unrechtsgehalt der begangenen Tat Bedeutung für die künftige Sozial- und Legalprognose bei der Fragestellung zu, welche Taten mit welchem Unrechtsgehalt der Verurteilte nach Haftentlassung begehen könnte.
2. In diesem Rahmen kommt auch dem Umstand Bedeutung zu, dass nach § 34 KCanG zu bestrafende künftige Taten einen geringeren Unrechtsgehalt aufweisen als die früheren Verurteilungen auf der Grundlage des BtMG. Für eine nachträgliche Korrektur des Strafmaßes einer auf der Grundlage des BtMG erfolgten Verurteilung ist allerdings außerhalb des Anwendungsbereichs der Art. 316 p, 313 StGB kein Raum.
3. Die Wahrscheinlichkeit einer bei Geltung des KCanG milderen Verurteilung ist kein besonderer Umstand im Sinne des § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB (Anschluss an OLG Celle, Beschluss vom 12. Juni 2024 – 2 Ws 137/24).
In pp.
Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird der angefochtene Beschluss der 6. kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Kiel vom 22. Oktober 2024 aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen fallen dem Verurteilten zur Last.
Gründe
I.
Der Verurteilte wurde mit Urteil der Großen Strafkammer III des Landgerichts X vom 1. September 2022 - 3 KLs 713 Js 14715/21 - wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 13 Fällen, wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt; der Wert des Taterlangten in Höhe von 18.032,00 € wurde eingezogen.
Die fragliche Freiheitsstrafe verbüßt der Verurteilte seit dem 1. August 2023 in der Justizvollzugsanstalt Z. Der Halbstrafenzeitpunkt wird am 17. Dezember 2024 erreicht sein, zwei Drittel der Gesamtfreiheitsstrafe werden am 17. Juni 2025 verbüßt sein. Das Strafende ist für den 18. Juni 2026 vorgemerkt.
Der Verurteilte hat nach dem 2013 abgelegten Abitur eine Ausbildung zum Versicherungsfachmann absolviert und kurzfristig auch als Versicherungsmakler gearbeitet. Ein in W. begonnenes BWL-Studium brach er nach dem zweiten Semester ab. Nach einem Australien-Aufenthalt und mehreren Arbeitsstationen arbeitete der Verurteilte zunächst in einem australischen Unternehmen als „Operation-Manager“ mit Personalverantwortung. Nach seiner Rückkehr im April 2020 nach Deutschland wurde er von einem Unternehmen im Glasfaserausbau angestellt. Parallel neben seiner Tätigkeit als Werkstudent ist der Verurteilte an der Technischen Hochschule in X für das Studienfach „International Management“ eingeschrieben.
Ausweislich der weiteren Urteilsfeststellungen konsumierte der Verurteilte bis zu seiner Verhaftung unregelmäßig Marihuana und Kokain, und zwar am Wochenende auf Partys. Eine Abhängigkeitserkrankung soll sich nicht entwickelt haben, auch aus dem Vollzug ist insoweit nichts bekannt geworden. Zum sodann von ihm im größeren Stil durchgeführten Betäubungsmittelhandel gelangte der Verurteilte durch Kontakte in Bekanntenkreise, wo er durch die dort erzielten Gewinne und dem dadurch ermöglichten luxuriösen Nebenstil beeindruckt gewesen sein will. Gehandelt wurden von ihm Marihuana bzw. Haschisch, aber auch Amphetamine und Kokain.
Der Verurteilte erhält im Vollzug schon jetzt weitreichende Lockerungen, auch über Nacht; seit dem 26. Juni 2024 befindet er sich im offenen Vollzug. Bis zur Verlegung in den offenen Vollzug war er in der Bäckerei tätig und galt als sehr zuverlässig. Auch jetzt schildert die JVA Z in ihrer Stellungnahme vom 11. September 2024 das Vollzugsverhalten als einwandfrei; eine Einbindung in subkulturelle Zusammenhänge sei nicht erkennbar. Hinsichtlich aufgelaufener Schulden von insgesamt 24.000,00 € habe er mit der StA eine Ratenzahlungsvereinbarung zur Tilgung der Verfahrenskosten vereinbart und zahle diese durch seinen Bruder mit 1.000,00 € pro Monat ab. Zwischenzeitlich führe er gemeinsam mit seinem Bruder ein Unternehmen in X, welches eine wichtige Anbindung für den Verurteilten darstelle. Daher könne grundsätzlich eine vorzeitige Entlassung verantwortet werden. Allerdings seien - so die Sicht der JVA Z - „besondere Umstände“ im Sinne des § 57 Abs. 2 StGB nicht ersichtlich. Nach einer Haftentlassung wolle der Verurteilte das Unternehmen weiterführen, aber auch sein BWL-Studium fortsetzen.
Die Strafvollstreckungskammer hat - wie es im Tenor ihres Beschlusses heißt - „die Vollstreckung der zweiten Hälfte“ der ausgeurteilten Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt und dies auf § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB gestützt. Bemerkenswert und von Seltenheitswert sei, dass der Verurteilte bereits erhebliche Zahlungen geleistet habe. Auch lägen die Anlasstaten bereits mehr als vier Jahre zurück, ohne dass Anhaltspunkte für weitere Straftaten bestehen würden. Schließlich zähle noch zu den besonderen Umständen, dass zwischenzeitlich das Konsumcannabisgesetz in Kraft getreten sei und etwa sich die Tat Nr. 13 im Urteil des Landgerichts Lübeck allein auf Cannabis bezogen habe. Anders als es das OLG Celle (Beschluss vom 12. Juni 2024 - 2 Ws 137/24 - bei juris) angenommen habe, sei dies als „besonderer Umstand“ im Sinne des § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB zu würdigen. Dies folge bereits daraus, dass die erwähnte Vorschrift explizit die Wertung der Tat erfordere, dort müsse es einfließen, wenn der Gesetzgeber eine geänderte Risikobewertung von Cannabis vorgenommen habe und dies durch Reduzierung der Strafrahmen entsprechend umsetze. Der Tat komme mittlerweile nicht mehr das Gewicht zu, das noch zum Zeitpunkt der Verurteilung anzunehmen gewesen sei.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft. Mit dieser rügt sie zunächst, dass das Aussetzungsdatum kalendermäßig nicht bestimmt sei. Der Sache nach sei zudem über Art. 316p EGStGB hinaus kein Straferlass nach Art. 313 EGStGB möglich. Auch dürfe § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB nicht einer nachträglichen Korrektur des Strafmaßes dienen. Die weiter angeführten positiven Momente seien ebenfalls nicht schon als besondere Umstände im Sinne des § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB zu würdigen, da sich hierdurch der Verurteilte nicht in auffälliger Weise von vergleichbaren Fällen unterscheide.
Die Verteidigung des Verurteilten verteidigt den angefochtenen Beschluss.
II.
Die gemäß §§ 454 Abs. 3, 311 StPO statthafte und zulässig angebrachte sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft X hat in der Sache Erfolg.
Auch der Senat sieht keinen Grund zur Strafrestaussetzung zu Gunsten des Verurteilten zum Halbstrafenzeitpunkt am 17. Dezember 2024 - insoweit ist der angefochtene Beschluss zwar auslegungsbedürftig, aber auch auslegungsfähig -, weil die Voraussetzungen des § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB nicht vorliegen.
1. Zunächst geht auch der Senat davon aus, dass aller Voraussicht nach im Sinne des § 57 Abs. 1 StGB - welcher auch im Rahmen des § 57 Abs. 2 StGB anwendbar bleibt - manches dafür spricht, dass grundsätzlich das Risiko einer vorzeitigen Strafrestaussetzung und Erprobung des Verurteilten in völliger Freiheit verantwortet werden könnte. Dies gilt auch im Hinblick auf das durch das Konsumcannabisgesetz abgesenkte Strafniveau bzw. die teilweise aufgehobene Strafbarkeit. Denn schon im Rahmen einer nach § 57 Abs. 1 StGB vorzunehmenden Berücksichtigung aller bedeutsamen Umstände geht es auch um eine prognostische Einschätzung des bei vom Verurteilten zu erwartenden Sozial- und Legalverhaltens. Hierbei kann zum einen durchaus auch auf Momente zurückgegriffen werden, die bereits im Rahmen der ursprünglichen Strafzumessung eine Rolle gespielt haben (vgl. Rubrach in LK, 13. Auflage (2022), Rn. 36 zu § 57 StGB unter Verweis auf OLG München, Beschluss vom 8. März 2016 - 3 Ws 140/16 - bei juris). Zum anderen muss selbstverständlich eine Rolle spielen, welche Straftaten mit welchem Unrechtsgehalt ungünstigenfalls vom Verurteilten begangen werden könnten. Insoweit kommt es auch darauf an, dass zu befürchtende Straftaten der den Ausgangstaten vergleichbaren Kategorie nach dem Konsumcannabisgesetz künftig zum Tell anders bestraft werden könnten, als dies unter Anwendung des BtMG erfolgte.
2. Eine andere Frage ist - da der Fall einer Zwei-Drittel-Verbüßung im Sinne des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr.StGB noch nicht vorliegt -, ob zu Gunsten des Verurteilten mittels „Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzuges“ festgestellt werden kann, dass „besondere Umstände“ vorliegen und deshalb bereits eine Halbstrafenaussetzung (§ 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB) erfolgen kann. Hier ist zu unterscheiden:
a) Nach ständiger Rechtsprechung auch des erkennenden Senats (vgl. etwa Beschluss vom 13. Juli 2007 - 2 Ws 267/07 (147/07) - StV 2008, 33 ff.; Beschluss vom 20. Januar 2009 - 2 Ws 497/08 (319/08) - SchlHA 2010, 218 f; Senat, Beschluss vom 10. September 2013 - 2 Ws 320/13 (135/13)) muss die maßgebende zusammenfassende Wertung für die Annahme besonderer Umstände insgesamt positive Gesichtspunkte von solchem Gewicht ergeben, dass sie von vergleichbar durchschnittlichen Fällen deutlich zu Gunsten des Verurteilten abheben und die Vergünstigung einer vorzeitigen Entlassung zu rechtfertigen vermögen. In diesen Wertungszusammenhang sind auch Gesichtspunkte der Schuldschwere, der Generalprävention und der Verteidigung der Rechtsordnung (hierzu Senat, Beschluss vom 15. Januar 2008 - 2 Ws 22/08 -, SchlHA 2009, 213) einzubeziehen.
Sachverhalte, die hiernach die Rechtfertigung einer vorzeitigen Entlassung zum Halbstrafenzeitpunkt indizieren könnten, können etwa vorliegen bei mehrjährigem straffreien Leben nach bereits nach länger zurückliegenden Taten einschließlich zukünftig nicht mehr bestehender Tatgelegenheit, bei besonderer Haftempfindlichkeit einschließlich berechtigter Sorge um Angehörige oder bei sonders positiven Vollzugsverhalten und nachweisbarer Auseinandersetzung mit dem begangenen Unrecht (Senat, a. a. O. mit weiteren Nachweisen).
Mit der Staatsanwaltschaft ist der Senat der Auffassung, dass bei Anlegung allein dieses Maßstabs trotz zweifelsfrei positiver Aspekte nach Lebenssituation und Vollzugsverhalten noch nicht „besondere Umstände“ in einem Umfang vorliegen, als dass sich hierdurch die vollzugliche Situation des Verurteilten deutlich zu seinen Gunsten von vergleichbarem Fällen abheben würde. Ein - abgesehen von einem Formalverstoß bei Rückkehr von einem Schwimmbadausflug - grundsätzlich regelgerechtes Vollzugsverhalten allein mag zwar eine positive Sozial- und Legalprognose erleichtern, stellt aber insoweit noch keinen besonderen Umstand im Sinne des § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB dar (zutreffend OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30. Oktober 2020 - 2 Ws 181/20 -, bei juris). Dass der Verurteilte im Vollzug außergewöhnliche Anstrengungen zur Tataufarbeitung oder zur Abkehr von der Drogenszene unternommen hätte, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Es entsteht eher der Eindruck, dass der Verurteilte im wohlverstandenen Eigensinn sich um eine Zukunft bei legalem Einkommenserwerb kümmern möchte. Dies ist nicht zu beanstanden, aber eben auch noch kein besonderer Umstand.
Ebenfalls keinen besonderen Umstand stellt es dar, dass zwischenzeitlich die abgeurteilten Taten im Schnitt mehr als vier Jahre zurückliegen. Denn diese Zeitdifferenz ist allein dadurch zustande gekommen, dass es dem Verurteilten - über die Aussetzung der Vollstreckung eines Haftbefehls und gewährtem Strafaufschub - ermöglicht worden ist, vor Strafantritt seine eigenen Verhältnisse noch besser zu ordnen. Dass der Verurteilte während dieser Zeit offenbar noch nicht wieder durch Begehung neuer Straftaten aufgefallen ist, stellt keinen besonderen Umstand dar, sondern eher das Ergebnis von nachvollziehbarer Eigenfürsorge.
b) Damit verbleibt allein der - vom Landgericht auch ins Zentrum seiner Überlegungen gestellte - Umstand, dass die Strafandrohung nach § 34 KCanG im Verhältnis zur Strafbarkeit nach BtMG herabgesetzt ist.
aa) Insoweit ist allerdings zunächst festzustellen, dass vorliegend ein Fall, der nach Art 316p EGStGB mit Art. 313 EGStGB zur partiellen Straflosigkeit und/oder zur notwendigem Neubildung der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe führen könnte, ersichtlich nicht vorliegt. Denn es versteht sich von selbst, dass selbst die - von der Strafvollstreckungskammer für den Fall Nr. 13 der Ausgangsverurteilung angesprochene - Fälle eines Handels allein mit Cannabis-Produkten in den vom Landgericht Lübeck gestellten Umfängen nicht straflos gewesen wären.
Soweit die insoweit verwirkten Einzelstrafen bei Anwendung des Konsumcannabisgesetzes möglicherweise geringer ausgefallen wären, hat der Gesetzgeber für diese Situation keine ausdrückliche Regelung getroffen. Eine Regelungslücke besteht dennoch nicht, weil auf eine generelle Neuvornahme einer Strafzumessung ersichtlich kein Anspruch besteht. Es wäre auch letztlich vom zeitlichen Zufall abhängig, ob ein Verurteilter nach Verurteilung wegen eines zur Tatzeit geltenden Strafgesetzes noch in den Genuss einer herabgesetzten Freiheitsstrafe kommen könnte oder nicht. Von daher ist es auch aus Sicht des Senats erklärlich, dass der Gesetzgeber die günstige Folge eines Straferlasses allein an den Tatbestand einer vollständigen Straffreiheit geknüpft hat. Diese Situation darf über das Vollstreckungsverfahren nicht umgangen werden. Abgesehen davon wäre auch die Korrektur des rechtskräftigen Strafausspruchs allein vom erstinstanzlich erkennenden Gericht vorzunehmen und nicht von einer funktional und besetzungsmäßig ganz anders agierenden Strafvollstreckungskammer (zutreffend Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, I. Strafsenat, Beschluss vom 1. August 2024 - 1 Ws 123/24 -, bei juris).
bb) Dessen ungeachtet ist die Absenkung der Strafbarkeit nach dem Konsumcannabisgesetz auch weder ein „besonderer“ Umstand, noch ein Umstand, der bei der Würdigung zentral berücksichtigt werden darf:
Ein den Verurteilten im Vergleich zu anderen Verurteilten treffender „besonderer“ Umstand ist die Absenkung der Strafbarkeitschwelle schon deshalb nicht, weil hiervon keineswegs nur er allein, sondern auch diverse andere Verurteilte eines bestimmten Alters betroffen sein können. Als Norm des Strafvollstreckungsrechts zielt § 57 Abs. 2 StGB jedoch auf eine einzelfallbezogene Entscheidung ab, nicht aber auf eine teilweise oder gänzlich erfolgende Gruppenfreistellung.
Ungeachtet dessen setzt auch unter dem Blickwinkel des § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB die hierbei vorzunehmende Gesamtwürdigung die Anerkennung der Rechtskraft des zu vollstreckenden strafrechtlichen Erkenntnisses voraus. Wie die Formulierung „Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzuges“ verdeutlicht, spielt auch im Rahmen der Anwendung des § 57 Abs. 2 StGB die begangene Tat und ihr Unrechtsgehalt nur insoweit eine Rolle, als der Grad der Erreichung des Vollzugszieles im Hinblick auf eine denkbare Sozial- und Legalprognose zu bewerten ist. Auch hier ist zu fragen, welche denkbaren Taten ein Verurteilter bei Strafrestaussetzung noch begehen könnte. Hierbei ist ein fortgesetzter Handel mit „harten“ Drogen, wie etwa Kokain oder Heroin, anders zu bewerten als ein Handel mit Cannabis. Gerade deshalb darf im konkreten Fall aber bereits nicht übersehen werden, dass der Verurteilte aus finanziellen Interessen mit beträchtlicher krimineller Energie gehandelt hatte und auch wegen Handels mit Kokain und Amphetaminen verurteilt worden ist. Schon Aspekte der Generalprävention sprechen daher gegen den Verurteilten.
Zudem ist der Umstand, dass in der Rückschau ein Strafmaß aus heutiger Sicht anders hätte ausfallen können oder müssen, nach Auffassung des Senats schon generell kein zulässiger Umstand im Rahmen einer Abwägung nach § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB. Vergleichbar könnte es nämlich auch bei anderen Verurteilungen liegen, etwa wegen Körperverletzungs- oder Tötungsdelikten, ohne dass im Vollstreckungswege das erstinstanzlich ausgeurteilte Strafmaß korrigiert werden könnte. Anders als es das Landgericht angenommen hat, ist der Senat daher im Ergebnis mit der schon von der Kammer erwähnten Entscheidung des OLG Celle (Beschluss vom 12. Juni 2024 - 2 Ws 137/24 - bei juris) der Auffassung, dass nach Inkrafttreten des Konsumcannabisgesetzes einer sich hieraus ergebenden verminderten Strafbarkeit allein nicht der Gehalt eines „besonderen Umstands“ im Sinne des § 57 Abs. 2 StGB zukommt.
Schließlich sieht der Senat auch in der Gesamtschau und unter den konkreten Bedingungen einer günstigen Ausgestaltung des dem Verurteilten betreffenden Vollzuges nicht, dass und warum eine Fortdauer des Vollzuges bis zum Erreichen einer denkbaren Strafrestaussetzung gemäß § 57 Abs. 1 StGB für den Verurteilten unzumutbar sein sollte.
Die Kostenentscheidung beruht auf analoger Anwendung von § 465 StPO.
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