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Entscheidungen

OWi

Terminsverlegungsantrag, Ablehnung, konkrete, verfahrensbezogene Begründung

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Braunschweig, Beschl. v. 27.11.2024 - 2b Qs 342/24

Eigener Leitsatz:

Über Anträge auf Terminsverlegung hat der Vorsitzende nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der eigenen Terminplanung, der Gesamtbelastung der Kammer, des Gebots der Verfahrensbeschleunigung und der berechtigten Interessen aller Prozessbeteiligten zu ent-scheiden. An diesen Grundsätzen hat sich der Vorsitzende bei der Ablehnung eines Verlegungsantrages auszurichten. Er muss für eine Ablehnung eines Antrages eine auf das konkrete Verfahren bezogene Begründung geben.


Landgericht Braunschweig

Beschluss

2b Qs 342/24

In der Bußgeldsache
gegen pp.

Verteidiger:

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit

hat die 2. große Strafkammer des Landgerichts in Braunschweig am 27.11.2024 durch die unterzeichnenden Richter beschlossen:

Auf die Beschwerde des Betroffenen wird die Entscheidung des Amtsgerichts Helmstedt vom 07.11.2024, die für den 02.12.2024 anberaumte Hauptverhandlung nicht zu verlegen, aufgehoben.
Der Termin am 02.12.2024 wird aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Staatskasse.

Gründe:

I.

Das Amtsgerichts Helmstedt führt gegen den Betroffenen ein Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen eines Abstandsverstoßes vom 07.03.2024. Nachdem dem Betroffenen erfolgreich Wie-dereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung des Hauptverhandlungstermins am 14.10.2024 gewährt worden war, bestimmte das Amtsgericht Termin auf den 02.12.2024. Mit Schriftsatz vom 07.11.2024 beantragte der Verteidiger, diesen Termin zu verlegen. Er nehme an diesem Tag einen bereits längerfristig abgestimmten Termin vor dem Arbeitsgericht Stadtro-da wahr. Er bot eine telefonische Terminsabstimmung an.

Mit Schriftsatz vom 07.11.2024 teilt das Amtsgericht mit, dass es bei dem Termin bleibe. Es handele sich um eine einfach gelagerte Bußgeldsache, da die Geschwindigkeitsmessung mittels standardisierten Messverfahren erfolgt ist. Außerdem wird das Beschleunigungsverbot als Grund angeführt.

Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner Beschwerde vom 20.11.2024. Dieser Be-schwerde half das Amtsgericht unter dem 22.11.2024 nicht ab.

II.

Die Beschwerde ist ausnahmsweise zulässig und auch begründet.

Auf eine Verlegung des Termins haben die Prozessbeteiligten grundsätzlich keinen Anspruch. Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Terminsverlegung ist daher grundsätzlich nach § 305 S. 1 StPO ausgeschlossen (vgl. auch Meyer- Goßner/Schmidt, StPO, 67. Aufl., § 213, Rn. 9). Sie kann nur ausnahmsweise als zulässig angesehen werden, wenn sie darauf gestützt ist, dass die Entscheidung rechtswidrig ist, wozu auch die fehlerhafte Ausübung des Ermessens gehört (Meyer-Goßner/Schmidt, a.a.O. m.w.N.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor. Die angefochtene Entscheidung ist rechtswidrig und lässt insbesondere die Ermessenser-wägungen des Amtsgerichts nicht deutlich erkennen.

Über Anträge auf Terminsverlegung hat der Vorsitzende nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der eigenen Terminplanung, der Gesamtbelastung der Kammer, des Gebots der Verfahrensbeschleunigung und der berechtigten Interessen aller Prozessbeteiligten zu ent-scheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 20.06.2006, NStZ-RR 2006, 271). An diesen Grundsätzen hat sich die Vorsitzende bei der Ablehnung des Verlegungsantrages nicht ausgerichtet. Dies zeigt das Schreiben vom 07.11.2024, welches erkennbar nicht auf das konkrete Verfahren zutrifft. Denn dem Betroffenen wird vorliegend ein Abstandsverstoß zur Last gelegt, wohingegen das Amtsgericht auf eine standardisierte Geschwindigkeitsmessung abstellt, woraus ersichtlich wird, dass das Amtsgericht für den konkreten Einzelfall gar kein Ermessen ausgeübt hat, sondern offenbar ein Formularschreiben verwandte. Soweit in der angefochtenen Entscheidung auf das allgemeine Gebot der Verfahrensbeschleunigung und den Terminsdruck des Gerichts abgestellt wird, vermag dies ebenfalls nicht zu überzeugen. Denn zeitnah wird eine Verfolgungs-verjährung nicht eintreten. Hieraus wird deutlich, dass die Vorsitzende von vornherein und unabhängig von dem geltend gemachten Grund nicht bereit war, einem etwaigen Verlegungsantrag zu entsprechen.

Demgemäß lässt auch die angefochtene Entscheidung die gebotene Abwägung zwischen den oben genannten Kriterien vermissen. Es wurde auch nicht versucht, einen Verhandlungstermin mit dem Verteidiger abzusprechen. Zu Recht wird in der Beschwerdebegründung darauf hinge-wiesen, dass der Beschwerdeführer ein besonderes Interesse daran hat, sich in der Hauptverhandlung durch seinen Verteidiger vertreten zu lassen.

Da die Vorsitzende somit von dem ihr zustehenden pflichtgemäßen Ermessen keinen fehlerfreien Gebrauch gemacht hat, waren die angefochtene Entscheidung und der Hauptverhandlungstermin vom 02.12.2024 aufzuheben (vgl. Meyer-Goßner/Schmidt, a. a. O.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 StPO i.V.m. § 46 OWiG.


Einsender: RA F. Schneider, Bad Harzburg

Anmerkung:


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