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Entscheidungen

Gebühren/Kosten/Auslagen

Staatsschutzverfahren, besonderer Umfang, besondere Schwierigkeit, Höhe der Pauschgebühr, wirtschaftliche Existenzgefährdung, Vortrag des Pflichtverteidigers

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG München, Beschl. v. 21.03.2024 - 9 St (K) 2/24

Eigener Leitsatz:

1. Zur Beurteilung von besonderem Umfang und besonderen Schwierigkeit in einem Staatsschutzverfahren.
2. Macht der Pflichtverteidiger im Hinblick auf die Gewährung einer Pauschgebühr eine wirtschaftliche Existenzgefährdung geltend, muss er zu den konkreten Auswirkungen des Verfahrens auf seinen Kanzleibetrieb nachvollziehbar vortragen.


9 St (K) 3/24

BESCHLUSS

des 9. Strafsenats des Oberlandesgerichts München

in dem Strafverfahren gegen pp. u.a.

wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland

vom 21. März 2024:

1. Dem gerichtlich bestellten Verteidiger Rechtsanwalt pp. werden
• anstelle der Grundgebühr mit Zuschlag nach VV 4101 RVG eine Pauschgebühr in Höhe von 2.000,00 EUR,
• anstelle der Verfahrensgebühr mit Zuschlag nach VV 4105 RVG eine Pauschgebühr in Höhe von 362,50 EUR,
• anstelle der Terminsgebühr mit Zuschlag nach VV 4103 RVG für die Teilnahme an dem Termin zur Eröffnung des Haftbefehls am 22.11.2016 und dem Haftprüfungstermin am 20.04.2017 insgesamt eine Pauschgebühr in Höhe von 300,00 EUR,
• anstelle der Verfahrensgebühr für den ersten Rechtszug mit Zuschlag nach VV 4119 RVG eine Pauschgebühr in Höhe von 3.500,00 EUR,
• anstelle der Terminsgebühren nach VV 4120 RVG für die Teilnahme an den 51 Hauptverhandlungsterminen vom 15.03.2018, 27.03.2018, 28.03.2018, 29.03.2018,17.04.2018, 18.04.2018, 02.05,2018, 08.052018, 09.05.2018, 15.05.2018, 16.05.2018, 19.06.2018, 20.06.2018, 04.07.2018, 05.07.2018, 10.07.2018, 11.07.2018, 10.09.2018, 01.10.2018, 07.11.2018, 14.11.2018, 12.12.2018, 09.01.2019, 07.02.2019, 12.03.2019, 27,03.2019, 11.04.2019, 30.04.2019, 16.05.2019, 29.05.2019, 26.06.2019, 25.07.2019, 03.09.2019, 25.09.2019, 16.10.2019, 17.10.2019, 06.11.2019, 20.11.2019, 04.12.2019, 18.12.2019, 16.01.2020, 23.01.2020, 03.03.2020, 11.05.2020, 19.05.2020, 25.05.2020, 27.05.2020, 28.05.2020, 16.06.2020, 23.06.2020, 29.06.2020 sowie für den kurzfristig abgesetzten Hauptverhandlungstermin vom 24.09.2019 jeweils, eine Pauschgebühr in Höhe von 540,00 EUR je Verhandlungstag,
• anstelle der Verfahrensgebühr nach VV 4130 RVG eine Pauschgebühr in Höhe von 1.500,00 EUR,

insgesamt 35.742,50 EUR,

bewilligt.

II. Die für die genannten Gebührenpositionen bereits festgesetzten und ausbezahlten gesetzlichen Gebühren sind auf die Pauschvergütung anzurechnen.
III. Der weitergehende Antrag des Verteidigers Rechtsanwalt pp. auf Bewilligung einer Pauschgebühr wird abgelehnt.

Gründe:

In dem Verfahren 9 St 10/17 verurteilte das Oberlandesgericht München den Angeklagten pp. am 29.06.2020 wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten und setzte deren Vollstreckung zur Bewährung aus. Die Entscheidung ist — unter Wegfall der Strafaussetzung zur Bewährung — seit 05.10.2021 rechtskräftig. Die Hauptverhandlung hatte am 15.03.2018 begonnen und sich über 70 Verhandlungstage erstreckt. Der Sitzungstag am 24.09.2019 musste kurzfristig abgesetzt werden. Insgesamt hatte sich das Verfahren gegen fünf Angeklagte gerichtet und auf neun Tatvorwürfe bezogen, davon einen den Angeklagten pp. betreffend.

Der Angeklagte pp. befand sich vom 22.11.2016 bis zum 14.12.2017 in Untersuchungshaft, zunächst in der Justizvollzugsanstalt Nürnberg, ab 09.01,2017 in der Justizvollzugsanstalt Amberg. Er wurde vom Antragsteller, Rechtsanwalt pp., vertreten, der ihm mit Beschluss der Ermittlungsrichterin beim Bundesgerichtshof vom 22.11,2016 als Pflichtverteidiger beigeordnet wurde. Daneben hatte sich am 05.01.2017 Rechtsanwalt pp. als Wahlverteidiger des Angeklagten pp. benannt (Vollmacht vom 30.12.2016) und war am 05,03.2018 als Pflichtverteidiger bestellt worden. Im Ermittlungsverfahren nahm der Antragsteller am Termin zur Eröffnung des Haftbefehls vom 22.11.2016 sowie am Haftprüfungstermin vom 20.04.2017 teil. Einen weiteren Haftprüfungstermin nach Anklageerhebung vor dem Oberlandesgericht München am 08.12.2017 nahm Rechtsanwalt pp. neben Rechtsanwalt pp. wahr.

Der Antragsteller nahm an den im Tenor genannten 51 Hauptverhandlungsterminen teil. An 15 Tagen, an denen der Antragsteller an einer Teilnahme verhindert war, ordnete das Gericht dem Rechtsanwalt pp. (13.06.2018, 31.07.2018, 01.08.2018, 02.08.2018, 16.08.2018, 17.10.2018, 28.11.2018, 29.11.2018, 20.12.2018, 10.01.2019, 23.01.2019, 21.02.2019) bzw. Rechtsanwältin pp. (14.08.2019, 06.02.2020, 11.03.2020) dem Angeklagten pp. als weitere Verteidiger bei. Der Antragsteller hat im Kostenfestsetzungsverfahren eine schriftliche Erklärungen von Rechtsanwalt pp. 08.07.2019 vorgelegt, in der dieser erklärte, er sei bis zum Ablauf des 28.02.2019 angestellter Rechtsanwalt in der Kanzlei des Antragstellers gewesen. Alle bis zu seinem Ausscheiden angefallenen Rechtsanwaltsgebühren stünden dem Antragsteller zu und würden vorsorglich nochmals an diesen abgetreten. Darüber hinaus legte er eine schriftliche Erklärung der Rechtsanwältin pp. vom 30.12.2020 vor, nach der diese die für die Vertretung des pp. in Gerichtsterminen vor dem OLG München angefallenen Kostenerstattungsansprüche an den Antragsteller abtrete.

Mit Schriftsatz vom 29.12.2023 beantragte Rechtsanwalt pp. die Bewilligung einer Pauschgebühr wie folgt:
• Verfahrensgebühr für das Ermittlungsverfahren 3.000,00 EUR
• Verfahrensgebühr für den Zeitraum ab Eröffnung des Hauptverfahrens 50.000,00 EUR
jeweils ohne Anrechnung von beantragten Pflichtverteidigergebühren.

Hilfsweise beantragt er die Festsetzung folgender Pauschgebühren:
• Verfahrensgebühr nach VV RVG 4100 3.000,00 EUR
• Verfahrensgebühr nach VV RVG 4118 4.500,00 EUR
• Terminsgebühren nach VV RVG 4120 600,00 EUR je Verhandlungstag
• Terminsgebühren nach VV RVG 4122 900,00 EUR je Verhandlungstag

Zusätzlich beantragt er, die Verfahrensgebühr für das Revisionsverfahren nach VV RVG 4130 auf 3.000,00 EUR festzusetzen.

Zur Begründung führte er unter anderem aus, er habe im Ermittlungsverfahren für einzeln aufgeführte Tätigkeiten wie die Teilnahme am Termin zur Haftbefehlseröffnung, die Fertigung von Schriftsätzen, das Führen von Telefonaten mit dem Beschuldigten und Besuche des Beschuldigten in der JVA Nürnberg bzw. Amberg (einschließlich Fahrzeiten) 37 Stunden aufgewendet, darüber hinaus den damaligen Aktenbestand durchgearbeitet. Die in Vielzahl enthaltenen Chatverläufe hätten aufgrund der sprachlichen Besonderheiten, der Verwendung von Alias/Chat-Namen und der Typik von Chat-Nachrichten mehr Lesezeit beansprucht als' Fließtexte. Im Hauptverfahren habe er für die Durcharbeitung des mit mehr als 21.500 Seiten außergewöhnlichen Aktenumfangs 80 Stunden aufgewendet. Darüber hinaus habe er neben der Teilnahme an 67 Hauptverhandlungsterminen im Hauptverfahren rund 41 Stunden aufgewendet insbesondere auf die Fertigung von Anträgen und Stellungnahmen. Der Zeitaufwand für die Teilnahme an der Hauptverhandlung einschließlich der Fahrtzeiten habe rund 638 Stunden betragen. Der Revisionsbegründungsschriftsatz des Antragstellers vom 17.12.2020 habe 166 Seiten umfasst. Für dessen Fertigung habe er 80 Stunden aufgewendet. Für einen weiteren Schriftsatz vom 05.02.2021 mit 29 Seiten habe er 40 Stunden benötigt. Darüber hinaus seien mit Schriftsätzen vom 10,06,2021, 03.08,2021 und 04.08.2021 Stellungnahmen gegenüber dem Bundesgerichtshof abgegeben worden mit einem Zeitaufwand von weiteren 40 Stunden. Das oberlandesgerichtliche Urteil habe 376 Seiten umfasst, die mit einem erheblichen Zeitaufwand zu überprüfen gewesen seien.

Damit sei die Sache besonders umfangreich im Sinne des § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG gewesen. Die Einordnung der Ahrar al-Sham als Terrororganisation habe einen wichtigen und strittigen Punkt dargestellt, der es notwendig gemacht habe, den Kontext und die komplexen personellen und sachlichen Verflechtungen der Organisation einschließlich der jeweiligen Namen explizit zu kennen. Eine äußerst zeitintensive Einarbeitung in die Organisationsstrukturen sei für eine sachgerechte Verteidigung unerlässlich gewesen, Für die Einarbeitung in den Fall sei der Antragsteller mit dem überwiegenden Teil seiner Arbeitskraft mehr als zwei Jahre gebunden gewesen. Ein zeitintensives Engagement in andere Mandate sei in dieser Zeit nicht möglich gewesen. Auch die Hauptverhandlung habe sich über mehr als zwei Jahre hingezogen und insgesamt 70 Sitzungstage gedauert. Mit seinem Mitverteidiger habe er wesentliche Gesichtspunkte sowohl vor als auch nach der Hauptverhandlung besprochen, des Weiteren jede Hauptverhandlung ca. eine halbe Stunde mit dem Angeklagten pp. besprochen. Zahlreiche Hauptverhandlungstermine seien abgesetzt worden. Die entstandenen kurzfristigen zeitlichen Lücken hätten zu keinem Zeitpunkt mit an-deren Verfahren kompensiert werden können. Die durch das Gericht im Selbstleseverfahren eingeführten Dokumente mit einem Umfang von 230 Seiten hätten nochmalig und intensiv studiert werden müssen.

Darüber hinaus sei die Sache auch besonders schwierig im Sinne der Vorschrift gewesen. Eine besondere rechtliche Schwierigkeit habe die Frage der Verwertbarkeit der G10-Protokolle dargestellt. Eine Besonderheit habe dargestellt, dass während des laufenden Verfahrens mehrfach Ermittlungsergebnisse nachgeliefert worden seien. Eine in Staatsschutzverfahren oftmals anzutreffende Schwierigkeit habe der lange andauernde und lange zurückliegende Tatzeitraum, die Vielzahl der angeklagten Taten und die Notwendigkeit der Beiziehung von Dolmetschern dargestellt.

Zur Höhe der Pauschgebühr führte der Antragsteller unter anderem aus, die beantragte Pauschgebühr für das Ermittlungsverfahren setze sich zusammen aus einer Pauschgebühr in Höhe von jeweils 500,00 für die Teilnahme an drei „Haftterminen beim BGH" sowie weiteren 1.500,00 für das gesamte Ermittlungsverfahren.

Die Bezirksrevisorin nahm zu dem Antrag am 05.02.2024 Stellung. Die gesetzlichen Gebühren berechnete sie mit 30.394,00 EUR wie folgt:
• Grundgebühr nach VV RVG 4101 192,00 EUR
• Terminsgebühr nach VV RVG 4103 166,00 EUR
• Terminsgebühr nach VV RVG 4103 166,00 EUR
• Verfahrensgebühr nach VV RVG 4105 161,00 EUR
• Verfahrensgebühr nach VV RVG 4119 385,00 EUR
• Terminsgebühren nach VV RVG 4120 28.408,00 EUR
• Erhöhungsgebühren nach VV RVG 4122 424,00
• Verfahrensgebühr nach VV RVG 4130 492,00

Dieser- Summe stellte sie die Wahlverteidigerhöchstgebühren in Höhe von 65.854,00 gegenüber:
• Grundgebühr nach VV RVG 4101 450,00 EUR
• Terminsgebühr nach VV RVG 4103 375,00 EUR
• Terminsgebühr nach VV RVG 4103 375,00
• Verfahrensgebühr nach VV RVG 4105 362,50 EUR
• Verfahrensgebühr nach VV RVG 4119 862,50 EUR
• Terminsgebühren nach VV RVG 4120 62.310,00 EUR
• Verfahrensgebühr nach VV RVG 4130 1.110,00 EUR

Hinsichtlich des Umfangs und der Schwierigkeit der Sache verwies die Bezirksrevisorin auf bereits ergangene Beschlüsse, insbesondere auf den Beschluss 9 St (K) 5/22 vom 16.09.2022. Sie vermöge jedoch nicht zu erkennen, dass bei dem Antragsteller erhebliche und unzumutbare finanzielle Einbuße entstanden seien. Diese seien darzulegen. Die Termine haben sich auf über 2 Jahre verteilt, an 13 von 67 Terminen habe der Antragsteller nicht persönlich teilgenommen sondern sei vertreten worden. Soweit der besondere Umfang des Verfahrens auch aus dem Kanzleisitz in Karlsruhe begründet werde, könne dem nicht gefolgt werden. Nur Zeitaufwand, der allein aus verfahrensbezogenen Tätigkeiten des Pflichtverteidigers herrühre, könne für die Begründung einer Pauschgebühr herangezogen werden, nicht hingegen solcher, der seinen Grund allein in verteidigerbezogenen und somit persönlichen Umständen, wie zum Beispiel der Ferne des Anwaltssitzes zum Gerichtsort, hat. Die aufgewendete Arbeitszeit sei für die Bemessung der Pauschgebühr nicht ausschlaggebend. Diese stelle nur ein Indiz für Umfang und Schwierigkeit des Verfahrens dar.

Die Bezirksrevisorin regte an, auch aus Gründen der Gleichbehandlung und aufgrund der hilfsweise beantragten Erhöhungen wie beim Mitverteidiger folgende Pauschgebühren zu bewilligen:
• Anstelle der Grundgebühr nach VV RVG 4101 1800,00 EUR
• Anstelle der Verfahrensgebühr nach VV RVG 4105 362,50 EUR
• Anstelle der Verfahrensgebühr nach VV RVG 4119 3500,00 EUR
• Anstelle der Verfahrensgebühr nach VV RVG 4120 540,00 EUR je Tag
• Anstelle der Verfahrensgebühr nach VV RVG 4130 1000,00 EUR

unter Anrechnung der jeweils bereits ausbezahlten gesetzlichen Gebühren.

Der Antragsteller replizierte mit Schriftsatz vom 29.02.2024. Er verwies erneut auf den von ihren errechneten Stundensatz von ca. EUR 28,00 im Ermittlungsverfahren, von ca. EUR 446,02 im Hauptverfahren und von EUR 3,08 im Revisionsverfahren. Diese stellten eine erhebliche und unzumutbare finanzielle Einbuße für den Antragsteller dar.

Eine Entlastung durch die Bestellung von Rechtsanwalt pp. als zweiten Pflichtverteidiger sei nicht eingetreten. Dieser habe nicht einen einzigen Schriftsatz mit ihm abgestimmt.

II.

Dem Antragsteller waren die im Tenor genannten Pauschgebühren zuzusprechen.

Gemäß § 51 Abs. 1 S. 1 RVG ist in Strafsachen dem gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte auf Antrag eine Pauschgebühr zu bewilligen, die über die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis hinausgeht, wenn die in den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmten Gebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit nicht zumutbar sind.

1. Die Beurteilung der Frage, ob es sich um ein besonders umfangreiches oder ein besonders schwieriges Verfahren handelt und die Regelgebühren nicht zumutbar sind, erfordert eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls. Die Bewilligung einer Pauschgebühr ist nach dem gesetzlichen Vergütungssystem auf Ausnahmefälle beschränkt und kommt nur in Betracht, wenn sich die anwaltliche Mühewaltung von sonstigen — auch überdurchschnittlichen — Verfahren so deutlich abhebt, dass dem Anwalt die gesetzlichen Gebühren als Vergütung seiner Tätigkeit auch in Anbetracht des geltenden Prinzips der Mischkalkulation nicht zumutbar sind (vgl. BGH, Beschluss vom 14.07.2020, 1 StR 277/17, juris Rdnr. 9; BGH, Beschluss vom 11.02.2014, StRR 2014, 198, juris Rdnr. 5; BGH, Beschluss vom 07,06.2015, NJW 2015, 2437, juris Rdnr. 5; OLG Nürnberg, Beschluss vom 30.12.2014, RPfleger 2015, 355, juris Rdnr. 16, 26).

2. Maßgeblich für die Prüfung, ob eine Pauschgebühr zu gewähren ist, ist grundsätzlich der Zeitraum seit Beginn der Bestellung des Pflichtverteidigers bis zum Ende der Beiordnung (Gerold/Schmidt, RVG-Kommentar, 26. Auflage 2023, § 51 Rdnr. 16), hier von der Bestellung des Antragstellers am 22.11.2016 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens am 05.10.2021.

3. Das Verfahren gegen die Angeklagten pp. u.a. hatte jedenfalls in Teilaspekten einen besonderen Umfang im Sinne des § 51 Abos. 1 S. 1 RVG, wenn dieser auch zum Teil kompensiert wurde.

a) Besonders umfangreich ist ein Strafverfahren, wenn der von dem Verteidiger erbrachte zeitliche Aufwand erheblich über dem Zeitaufwand liegt, den er in einer "normalen" vergleichbaren Sache zu erbringen hat. Als Vergleichsmaßstab dienen dabei gleichartige Verfahren, die den Durchschnittsfall der vor dem jeweiligen Spruchkörper verhandelten Sachen darstellen, also z. B. solche, die vor dem Strafsenat des Oberlandesgerichts verhandelt werden (vgl. Gerold/Schmidt, RVG-Kommentar, 26. Auflage 2023, § 51 Rdnr. 15; OLG Nürnberg, Beschluss vom 30.12.2014, RPfleger 2015, 355, juris Rdnr. 27; OLG München, Beschluss vom 22.01.2021, 1 AR 251/20, juris Rdnr. 11).

Dabei sind die Dauer und die Anzahl der einzelnen Verhandlungstage, die Terminsfolge, die Gesamtdauer der Hauptverhandlung, der Umfang der Akten, die Komplexität des Verfahrensstoffs sowie das Ausmaß der von dem Rechtsanwalt wahrgenommenen weiteren Tätigkeiten, wie etwa die Durchführung von Mandantenbesprechungen, die Teilnahme an Haftprüfungen, polizeilichen Vernehmungen und Anhörungen von Sachverständigen, das Führen einer umfangreichen Korrespondenz sowie die Wahrnehmung von sonstigen Gesprächsterminen von Bedeutung. Auch hier ist das "durchschnittliche" Verfahren als Vergleichsmaßstab heranzuziehen (vgl. OLG München, Beschluss vom 22.01.2021, 1 AR 251/20, juris Rdnr. 11; KG Berlin, Beschluss vom 11.07.2014, 1 Ars 22/11, juris Rdnr. 3).

Zudem ist lediglich der Zeitaufwand berücksichtigungsfähig, der allein aus verfahrensbezogenen Tätigkeiten des Pflichtverteidigers herrührt, nicht hingegen solcher, der seinen Grund in nur verteidigerbezogenen persönlichen Umständen hat (BGH, Beschluss vom 15,01.2020, NStZ-RR 2020, 160, juris Rdnr. 5; Gerold/Schmidt, RVG-Kommentar, 26. Auflage 2023, § 51 Rdnr, 16).

b) Vorliegend ergibt sich der besondere Umfang des Verfahrens aus dem im Verlauf stetig anwachsenden Aktenumfang, der auch im Vergleich mit anderen Staatsschutzverfahren als hoch anzusehen ist. Der Aktenumfang belief sich bis zur Anklageerhebung auf 51 Aktenordner/-gehefte mit überschlägig 16.000 nummerierten Blatt, darunter zwölf Hauptakten (z. 8. Laufende Akte, Leitakte, Grundsätze, Vorläufige Sachakten des GBA, Vernehmungen), acht Haftsach-akten, 20 Akten zur Beweismittelauswertung (z. 8. Durchsuchung, Asservaten-auswertung, G 10-Maßnahmen, TKÜ, Internetermittlungen, Operative Maß-nahmen), ein Gutachtensband, fünf Akten Finanzermittlung und diverse Sonderhefte (z. B. Rechtshilfe, Asservatenbereinigung, Mitteilung von verdeckten Maßnahmen).

Nach Anklageerhebung kamen im Laufe des Verfahrens noch 31 Ordner/Gehefte mit rund 10.000 nummerierten Blatt hinzu, darunter allein 17 Hauptakten mit knapp 6.400 nummerierten Blatt (z. B. Laufende Akten, Vermögensabschöpfung), acht Akten zur Beweismittelauswertung (z. B. Skype-Verläufe, Durchsuchungsergebnisse, G 10-Unterlagen, EUR-Mail-Verkehr), vier Ausländer-/Einbürgerungsakten und zwei Rechtshilfehefte.

Die Akten betrafen zwar teilweise nur einzelne Angeklagte (z, B. Haftsachakten, Ausländer-/Einbürgerungsakten) und enthielten Doppelungen (z. B. G 10-Maßnahmen, TK.)). Wegen des verklammernden Elements der Organisation der Ahrar al-Sham und des Vorwurfs der mittäterschaftlichen Begehungsweise waren jedoch alle Verfahrensbeteiligten gehalten, den gesamten Aktenbestand zu sichten.

Auch die Hauptverhandlung war umfangreich, auch wenn die Verhandlungsdauer an einzelnen Tagen eher als unterdurchschnittlich anzusehen ist. Diese erstreckte sich über zwei Jahre und drei Monate. in dieser Zeit fanden 70 Verhandlungstage statt, Sie waren wie folgt verteilt:
März 2018 4 Mai 2019 2
April 2018 2 Juni 2019 1
Mai 2018 5 Juli 2019 2
Juni 2018 3 August 2019 1
Juli 2018 5 September 2019 2
August 2018 3 Oktober 2019 2
September 2018 1 November 2019 2
Oktober 2018 2 Dezember 2019 2
November 2018 4 Januar 2020 3
Dezember 2018 2 Februar 2020 1
Januar 2019 3 März 2020 3
Februar 2019 3 April 2020
März 2019 2 Mai 2020 5
April 2019 2 Juni 2020 3

Daneben musste ein auf den 24.09.2019 angesetzter Termin am Tag der Verhandlung aufgrund der Erkrankung eines Gerichtsmitglieds kurz vor Sitzungsbeginn abgesagt werden.

Die Verhandlungstage dauerten unter Einschluss sämtlicher Unterbrechungen zwischen 33 Minuten und 6 Stunden 7 Minuten, im Durchschnitt 2 Stunden 41 Minuten. Daraus folgt eine Gesamtdauer der Verhandlung mit 188 Stunden 50 Minuten. Keine wesentliche Änderung ergibt sich, wenn man statt der tatsächlichen Dauer des Hauptverhandlungstages die Zeit des geplanten Beginns eines Sitzungstages — in der Regel 10.00 Uhr, ausnahmsweise 13.30 Uhr — berücksichtigt, weil der Antragsteller hier bereits vor Ort sein musste. Dann läge der Zeitraum zwischen 42 Minuten und 6 Stunden 21 Minuten, im Durchschnitt bei 2 Stunden 58 Minuten, die Gesamtdauer der Verhandlung bei 208 Stunden 46 Minuten.

An 26 Tagen wurde eine Mittagspause abgehalten, die in der Regel rund eine Stunde, gelegentlich sogar länger dauerte. Bei Abzug der Mittagspausen betrug die durchschnittliche Verhandlungsdauer 2 Stunden 11 Minuten (Gesamt-dauer 153 Stunden 37 Minuten), bei Ansatz des geplanten Sitzungsbeginns 2 Stunden 28 Minuten (Gesamtdauer 173 Stunden 33 Minuten).

Es wurden 58 Zeugen, fünf sachverständige Zeugen und acht Sachverständige vernommen. An 22 Verhandlungstagen wurden ausschließlich Urkunden verlesen, Inaugenscheinnahmen durchgeführt, Anträge entgegengenommen, Beschlüsse verkündet etc. Das Selbstleseverfahren, von dem der Senat vier angeordnet hat, und zwar mit 237, 343, 422 und 270 Blatt, betraf zu etwa einem Drittel Unterlagen, mit denen sich die Verfahrensbeteiligten ohnehin schon bis zum Prozessbeginn zu befassen hatte, Die Plädoyers nahmen fünf Tage in Anspruch, die Urteilsverkündung einen weiteren Sitzungstag.

Das Urteil umfasste samt Rubrum und Tenor insgesamt 376 Seiten, das Protokoll der Hauptverhandlung 459 Seiten ohne Anlagen.

c) Die von dem Antragsteller ins Feld geführte Einordnung der Ahrar al-Sham als Terrororganisation mit Auswertung von Sachverständigengutachten etc. begründet hingegen keinen besonderen Umfang, da ein nicht unerheblicher Teil der durchschnittlichen Staatsschutzverfahren die Mitgliedschaft in oder die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung (im Ausland) zum Gegenstand haben, so dass deren Strukturen und Vorgehensweisen üblicherweise zu beleuchten sind.

d) Abschließend rechtfertigt eine Zusammenschau der vorgenannten Kriterien die Qualifikation des Verfahrens als jedenfalls ausschnittsweise besonders umfangreich. Auch der Vorsitzende gab in anderem Zusammenhang eine kurze, pauschale Einschätzung ab und erachtete das Verfahren unter anderem als in sachlicher Hinsicht überdurchschnittlich, bezogen auf den Aktenumfang. Erschwernisse wurden wie oben dargetan jedoch teilweise relativiert.

4. Das Verfahren war partiell besonders schwierig im Sinne des § 51 Abs. 1 S. 1 RVG.

a) Eine besondere Schwierigkeit der Sache ist dann gegeben, wenn das Verfahren aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen über das Maß vergleichbarer Verfahren hinaus in besonderem Ausmaß verwickelt ist (vgl. OLG München, Beschluss vom 22,01.2021, 1 AR 251/20, juris Rdnr. 16; OLG Nürnberg, Beschluss vorn 30.12.2014, RPfleger 2015, 355, juris Rdnr. 29; KG Berlin, Beschluss vom 11.07.2014, 1 ARs 22/11, juris. Rdnr. 4).
Staatsschutzsachen sind nicht generell besonders schwierig im Sinne des § 51 Abs. 1 S. 1 RVG. Wie bei der Frage des besonderen Umfangs ist auch in diesem Punkt von "Norm-Staatsschutzverfahren" auszugehen und das konkrete Verfahren gemessen daran einzuordnen.

b) Der Verfahrensstoff beschränkte sich in materiell-rechtlicher Hinsicht auf die in einem Staatsschutzverfahren üblichen Gesichtspunkte der Subsumierung der erhobenen Beweise unter die Vorschriften der §§ 129a, 129b StGB. Dabei kam vor allem der sichergestellten und verschrifteten Kommunikation relevante Bedeutung zu, Der Vorsitzende erachtete das Verfahren in seiner bereits genannten Einschätzung auch als in rechtlicher Hinsicht überdurchschnittlich, bezogen auf die Frage der Verwertbarkeit der Kommunikation aus den G 10-Maßnahmen, Diese Rechtsfrage hob das Verfahren auch nach Ansicht der Einzelrichterin aus der Masse heraus, auch wenn spezielle Beweissituationen, z. B. durch Behandlung von Verschlusssachen, die Vernehmung von V-Leuten oder die Einbeziehung nachrichtendienstlicher Erkenntnisse, in einem Staats-schutzverfahren, wenn auch keineswegs der Regelfall, so doch nicht außergewöhnlich sind. Es darf auch nicht außer Betracht bleiben, dass eben dieses rechtliche Problem nicht allein vom Antragsteller bearbeitet wurde, sondern von fast allen der zehn Verteidiger, die die fünf Angeklagten vertraten. Nichtsdestotrotz sieht die Einzelrichterin in diesem Punkt eine besondere Schwierigkeit im Sinne des § 51 Abs. 1 S. 1 RVG.

Die Beweissituation im Übrigen einschließlich der Feststellung der Rolle und des Tatbeitrages des Angeklagten pp. ragte in puncto Schwierigkeit ebenfalls über das normale Maß eines Staatsschutzverfahrens hinaus. Die Beweisaufnahme war fraglos massereich. Die Beweiswürdigung bestand wie bei jedem Strafverfahren grundsätzlich in einer Gesamtschau der gewonnenen Beweismittel, hier vor allem der vielfältigen Kommunikation, die mit Aussagen von Zeugen und Sachverständigen sowie den weiteren Unterlagen und Augenschein etc., zusammengeführt wurde. Das Gebot der besonders vorsichtigen Beweiswürdigung, das im Zusammenhang mit den G 10-Maßnahmen stand, ließ die Beweiswürdigung allerdings diffiziler erscheinen.

Der Antragsteller musste sich andererseits zur Bearbeitung des Mandats keine besonderen Kenntnisse aneignen. Dazu ist anzumerken, dass der Schwierigkeitsgrad einer Staatsschutzsache zumindest im Grundsatz ohnehin bereits durch die erhöhten Verfahrens- und Terminsgebühren für Verfahren im ersten Rechtszug vor den Oberlandesgerichten berücksichtigt ist (OLG München, Beschluss vom 02.06.2017, JurBüro 2017, 410, juris Rdnr. 16; OLG München, Beschluss vom 16.03.2018, JurBüro 2018, 409, juris Rdnr. 9 zu Staatsschutz-verfahren; vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 20.03.2018, Az. 5 S AR 7/18, juris Rdnr. 16 zu Schwurgerichtsverfahren).

Weitere Aspekte für eine besondere Schwierigkeit der Sache sind nicht ersichtlich. Der Tatzeitraum lag nicht allzu lange zurück und war insgesamt überschaubar. Den Angeklagten pp. betraf letztlich nur ein Anklagevorwurf, wenn auch seine Verflechtung mit den anderen Angeklagten und sein Bezug zu den Ahrar al-Sham in den Blick genommen werden musste. Der Angeklagte pp. benötigte keinen Dolmetscher für den verbalen Austausch. Er hatte keine Probleme mit der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit, die ein forensisch-psychiatrisches Gutachten erfordert hätten.

5. Die gesetzlichen Gebühren sind für den Antragsteller unzumutbar, können ihm aber nicht in der beantragten Höhe zuerkannt werden,

a) Die Bestellung zum Pflichtverteidiger ist eine besondere Form der Indienstnahme Privater zu öffentlichen Zwecken. Sinn der Pflichtverteidigung ist es nicht, dem Anwalt zu seinem eigenen Nutzen und Vorteil eine zusätzliche Gelegenheit beruflicher Betätigung zu verschaffen. Ihr Zweck besteht ausschließlich darin, im öffentlichen Interesse dafür zu sorgen, dass der Beschuldigte in schwerwiegenden Fällen rechtskundigen Beistand erhält und der ordnungsgemäße Verfahrensablauf gewährleistet wird. Angesichts der umfassenden Inanspruchnahme des Pflichtverteidigers für die Wahrnehmung dieser im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe hat der Gesetzgeber die Pflichtverteidigung nicht als eine vergütungsfrei zu erbringende Ehrenpflicht angesehen, sondern den Pflichtverteidiger honoriert. Dass sein Vergütungsanspruch unter den als angemessen geltenden Rahmengebühren des Wahlverteidigers liegt, ist durch einen vom Gesetzgeber im Sinne des Gemeinwohls vorgenommenen Interessenausgleich, der auch das Interesse an einer Einschränkung des Kostenrisikos berücksichtigt, gerechtfertigt, sofern die Grenze der Zumutbarkeit für den Pflichtverteidiger gewahrt ist. In Strafsachen, die die Arbeitskraft des Pflichtverteidigers für längere Zeit ausschließlich oder fast ausschließlich in Anspruch nehmen, gewinnt die Höhe des Entgelts für den Pflichtverteidiger existenzielle Bedeutung. Für solche besonderen Fallkonstellationen gebietet das Grundrecht des Pflichtverteidigers auf freie Berufsausübung eine Regelung, die sicherstellt, dass ihm die Verteidigung kein unzumutbares Opfer abverlangt. Dieses Ziel stellt § 51 Abs, 1 RVG sicher (BVerfG, Beschluss vom 20.03.2007, NStZ-RR 2007, 359, juris Rdnr. 3; BVerfG, Beschluss vom 01.02.2005, NJW 2005, 1264, juris Rdnr. 3 f.).

Im Wege einer Gesamtschau ist zu prüfen, ob die dem Pflichtverteidiger für seine Tätigkeit im gesamten Verfahren gewährte Regelvergütung insgesamt noch zumutbar ist oder ob ihm wegen besonderer Schwierigkeiten in einem Verfahrensabschnitt mit der dafür vorgesehenen Gebühr ein ungerechtfertigtes Sonderopfer abverlangt wird. Hierbei kann der erhöhte Arbeits- und Zeitaufwand in einem Verfahrensabschnitt durch eine unterdurchschnittliche Inanspruchnahme in anderen Teilen (zumindest teilweise) kompensiert werden. Unter diesem Gesichtspunkt entfällt eine isolierte Betrachtung der Gebühren für einen Verfahrensabschnitt und die Pauschgebühr für eine anwaltliche Tätigkeit in einem Verfahrensabschnitt mit besonderer Schwierigkeit muss in Relation zu der gesamten Tätigkeit im Verfahren und den gesamten Gebühren des Pflichtverteidigers gesehen werden (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 28.12.2016, Az. 111-5 RVGs 79/16, juris Rdnr, 8; vgl. auch OLG Stuttgart, Be-schluss vom 18.03.2016, Az, 4 Ars 91/15, juris Rdnr. 2; OLG Bamberg, Beschluss vom 07.06.2017, NStZ-RR 2017, 392, juris Rdnr. 9 f.; OLG Celle, Beschluss vom 16.06.2016, Az. 1 Ars 34/16 P, juris Rdnr, 4).

Schon Beträge in Höhe der einfachen Wahlverteidigerhöchstgebühren sind nach einem erheblichen Teil der Rechtsprechung nur im Ausnahmefall zuzubilligen, sofern nämlich die Arbeitskraft des Verteidigers als Sonderopfer über eine längere Zeit ausschließlich oder fast ausschließlich durch die vorliegende Strafsache blockiert worden ist (OLG Hamm, Beschluss vom 28.12.2016, Az. III-5 RVGs 79/16, juris Rdnr. 9). Der Pflichtverteidiger soll durch die Gewährung einer Pauschgebühr nicht etwa einem Wahlverteidiger gleichgestellt werden, sondern es sollen lediglich außergewöhnliche und unzumutbare Belastungen des Pflichtverteidigers vermieden werden. Demgemäß wird die Anhebung der Pflichtverteidigergebühren der Höhe nach grundsätzlich durch die einem Wahl-verteidiger gesetzlich zustehenden Höchstgebühren begrenzt. Diese Grenze kann nur in extremen Ausnahmefällen überschritten werden, z. B. unter den vorgenannten Voraussetzungen oder wenn eine Beschränkung selbst auf die Rahmenhöchstgebühr des Wahlverteidigers in einem grob unbilligen Missverhältnis zu der Inanspruchnahme des Rechtsanwalts stehen und diesem ein unzumutbares Sonderopfer abverlangen würde (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 30.12.2014, RPfleger 2015, 355, juris Rdnr. 53 f.),

Nach anderer Ansicht darf die Pauschvergütung die gesetzlichen Höchstbeträge der Wahlverteidigervergütung ohne Weiteres übersteigen (Gerold/Schmidt, RVG-Kommentar, 26. Auflage 2023, § 51 Rdnr. 41).

Auf Stundensätze, die Erzielung eines bestimmten Mindesthonorars oder entgangene Möglichkeiten zur Pflichtverteidigertätigkeit in anderen (Groß-) Verfahren kommt es nicht an, da die Pflichtverteidigung gerade nicht dazu dient, dem Verteidiger eine zusätzliche Gelegenheit beruflicher Betätigung zu verschaffen (BVerfG, Beschluss vom 20.03.2007, NStZ-RR 2007, 359, juris Rdnr. 3).

b) Ein Sonderopfer des Antragsteilers ist im vorliegenden Fall jedenfalls ausschnitthaft erkennbar. Im Übrigen erfordert die Unzumutbarkeit der gesetzlichen Gebühren eine konkrete Darlegung der Beeinträchtigungen des Kanzleibetriebes und der Einnahmesituation (vgl. OLG München, Beschluss vom 02.06.2017, JurBüro 2017, 410, juris Rdnr. 24). Darauf hat die Bezirksrevisorin in ihrer Stellungnahme vom 05.02.2024 zutreffend hingewiesen. Der Antragsteller ist hierauf nicht eingegangen. Da es sich um Tatsachen handelt, die ausschließlich aus seiner Sphäre stammen, hätten sie einer weitergehenden Abhandlung bedurft. Die pauschalen Hinweise des Antragstellers, dass er für die Einarbeitung in diesen Fall mit dem überwiegenden Teil seiner Arbeitskraft mehr als zwei Jahre gebunden gewesen sei, es ihm oft nicht möglich gewesen sei, Neumandate anzunehmen, er sei in dem Zeitraum fast ausschließlich mit der Pflichtverteidigung von pp. beschäftigt gewesen, sind abgesehen davon, dass diese angesichts des langen Zeitraums des Verfahrens und insbesondere der geschilderten geringen Verhandlungsdichte nicht nachvollziehbar sind, insoweit nicht ausreichend.

Der Antragsteller nahm lediglich an 52 Hauptverhandlungsterminen persönlich teil, einschließlich des kurzfristig abgesetzten Verhandlungstages vom 24.09,2019. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass dem Angeklagten mit Rechtsanwalt pp. ein weiterer Pflichtverteidiger beigeordnet war, was eine arbeitsteilige Vorgehensweise eröffnete, die sich in der Hauptverhandlung z. B. anhand von Befragungen und Anträgen auch gezeigt hat. Soweit der Antragsteller im Schriftsatz vom 29.02.2024 ausführt, Rechtsanwalt pp. habe ihm lediglich mitgeteilt, wenn es ihm beliebt habe, bei einem Gerichtstermin nicht zu erscheinen, eine Entlastung sei durch die Bestellung des zweiten Pflichtverteidigers für ihn nicht eingetreten, kann ihm nicht gefolgt werden. Insoweit argumentiert er bereits widersprüchlich, nachdem er noch mit Schriftsatz vom 29,12,2023 mitteilte, er habe mit seinem Mitverteidiger wesentliche Gesichtspunkte, die ihren Mandanten betrafen, sowohl vor bzw. nach der Hauptverhandlung besprochen.

Die Einzelrichterin nimmt auf der dargestellten Basis nach einer Gesamtbetrachtung die folgende Gebührenbemessung vor. Dabei wurde auch die Be-handlung vergleichbarer Pauschvergütungsanträge in diesem Verfahren berücksichtigt:

c) Anstelle der Grundgebühr nach VV RVG 4101 setzt die Einzelrichterin eine Pauschvergütung in Höhe von 2.000,00 EUR fest.

Die Grundgebühr entsteht für die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall, unabhängig davon, in welchem Verfahrensabschnitt sie erfolgt. Die gesetzliche Grundgebühr inklusive Zuschlag nach Teil 4 Vorbemerkung 4 Abs. 4 der Anlage 1 zu § 2 Abs, 2 RVG (Beschuldigter befindet sich nicht auf freiem Fuß) beträgt in der für das Verfahren maßgeblichen Fassung des RVG (ab 15.10.2016) 192,00 EUR, die Wahlverteidigerhöchstgebühr 450,00 EUR.

Die gesetzliche Gebühr für diesen Verfahrensabschnitt ist für den Antragsteller mit Blick auf den beschriebenen Aktenumfang und die rechtlichen Implikationen unzumutbar. Angemessen erscheint ein Betrag in Höhe von 2.000,00 EUR.

d) Anstelle der (Vor-) Verfahrensgebühr nach VV RVG 4105 setzt die Einzelrichterin eine Pauschvergütung in Höhe von 362,50 EUR fest.

Die (Vor-) Verfahrensgebühr entsteht unter anderem für eine Tätigkeit in dem Verfahren bis zum Eingang der Anklageschrift. Die gesetzliche Verfahrensgebühr inklusive Zuschlag wegen Haft beträgt in der für das Verfahren maßgeblichen Fassung des RVG (ab 15.10.2016) 161,00 EUR, die Wahlverteidigerhöchst-gebühr 362,50 EUR.

im Ermittlungsverfahren waren für den Antragsteller keine besonders umfangreichen Tätigkeiten erforderlich. Akteneinsicht, Mandantenbesuche in der Haft und die Fertigung von Schriftsätzen, wie sie der Antragsteller nach Aktenlage durchgeführt hat, überschritten den üblichen Rahmen nicht. Allein der Umstand, dass sich der Beschuldigte pp. in Untersuchungshaft in den Justizvollzugsanstalten Nürnberg bzw. Amberg befand, was die Erörterung der zunehmenden Verfahrensmasse verkomplizierte und wegen der örtlichen Entfernung den Aufwand für die durchgeführten Haftbesuch erhöhte, rechtfertigt eine Erhöhung auf die Wahlverteidigerhöchstgebühr. Soweit der Antragsteller die beantragte Gebührenerhöhung auch mit der Teilnahme an dem Termin zur Haftbefehlseröffnung bzw. einem Haftprüfungstermin während des Ermittlungsverfahrens begründet, ist darauf zu verweisen, dass diese mit einer Termins-gebühr separat vergütet wird (VV RVG 4103).

e) Anstelle der Terminsgebühr nach VV RVG 4103 setzt die Einzelrichterin eine Pauschvergütung in Höhe von EUR 300,00 fest.

Eine Terminsgebühr entsteht, wenn der Verteidiger an Terminen außerhalb der Hauptverhandlung teilnimmt, in denen über die Anordnung der Fortdauer der Untersuchungshaft (§§ 115, 118 StPO) verhandelt wird. Im Vorbereitenden Verfahren erhält der Verteidiger die Gebühr für die Teilnahme an bis zu drei Terminen einmal (Vgl. Hartung/ Schon/Enders, RVG, 3. Aufl., Nr. 4102, Rd. 36).

Wie bereits ausgeführt, wurde der Antragsteller mit Beschluss der Ermittlungsrichterin am Bundesgerichtshof vom 22.11.2016 zum Pflichtverteidiger beigeordnet und nahm an der Haftbefehlseröffnung am 22.11.2016 sowie am Termin zur Haftprüfung vom 20.04.2017 teil. Er erhielt die hierfür (nach der in der für das Verfahren maßgeblichen Fassung des RVG inklusive Zuschlages wegen Haft) vorgesehene Gebühr in Höhe von EUR 166,00. Die Wahlverteidigerhöchst-gebühr beläuft sich auf EUR 375,50.

In Hinblick auf den Umfang der hier vorliegenden Akten und dem damit einhergehenden erhöhten Vorbereitungsaufwand erscheint die Erhöhung der Gebühr wie tenoriert auf 300,00 als gerechtfertigt. Die Festsetzung eines höheren Betrages kam nicht in Betracht, da keine weitergehenden Begründungen vorliegen, insbesondere zum Umfang des Verhandelns.

Die Festsetzung einer weiteren Pauschgebühr für die Wahrnehmung des Termins zur mündlichen Haftprüfung vor dem Oberlandesgericht München am 08.12.2017 erfolgte nicht, da dieser nicht durch den Antragsteller bestritten wurde, sondern durch Rechtsanwalt pp. Ein Sonderopfer ist hier weder in der Person des Antragstellers, noch in der Person des Rechtsanwalts pp. ersichtlich. Deshalb verbleibt es hier bei den bereits festgesetzten gesetzlichen Gebühren.

f) Anstelle der Verfahrensgebühr nach VV RVG 4119 setzt die Einzelrichterin eine Pauschvergütung in Höhe von 3.500,00 fest.

Die Verfahrensgebühr entsteht für das Betreiben des Geschäfts im ersten Rechtszug ab Erhebung der Anklage durch die Staatsanwaltschaft einschließlich der Information. Die gesetzliche Verfahrensgebühr inklusive Zuschlag beträgt in der für das Verfahren maßgeblichen Fassung des RVG (ab 15.10.2016) 385,00 EUR, die Wahlverteidigerhöchstgebühr 862,50 EUR.

Auch insoweit erachtet die Einzelrichterin die gesetzliche Gebühr für unzumutbar niedrig.
Angemessen erscheint ein Betrag in Höhe von 3.500,00 EUR. Der Angeklagte pp. wurde zwar am 14.12.2017 und damit rund drei Monate vor Beginn des Hauptverfahrens aus der Untersuchungshaft entlassen und stand ab dann für Beratungen uneingeschränkt zur Verfügung. Darüber hinaus betraf den Angeklagten pp. nur ein Anklagepunkt, was eine Konzentration des Antragstellers auf diesen Aspekt ermöglichte. Diese Gesichtspunkte trafen jedoch mit der Menge des Aktenbestands, der Tatsache, dass dieser auch im gerichtlichen Verfahren erheblich anwuchs und den schwierigen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Verwertbarkeit der Kommunikation aus den G 10-Maßnahmen zusammen. Die Anklageschrift umfasste insgesamt 136 Seiten. Darüber hinaus erforderte das länger dauernde Strafverfahren eine Vielzahl von Tätigkeiten des Antragstellers, die nicht in den Abgeltungsbereich der Terminsgebühren fielen. Dazu gehörte unter anderem die Planung des prozessualen Vorgehens, die ständige Aufmerksamkeit abverlangte, aber auch Fragen zum außer Vollzug gesetzten und später aufgehobenen Haftbefehl gegen den Angeklagten pp.

g) Anstelle der Terminsgebühren nach VV RVG 4120 setzt die Einzelrichterin eine Pauschvergütung in Höhe von 540,00 EUR für jeden der 51 Sitzungstage, an denen der Antragsteller persönlich teilgenommen hat, sowie für den kurzfristig abgesetzten Sitzungstag vorn 24.09.2019 fest,

Die Terminsgebühr entsteht für die Teilnahme an gerichtlichen Terminen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Der Rechtsanwalt erhält die Terminsgebühr auch, wenn er zu einem anberaumten Termin erscheint, dieser aber aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht stattfindet, Dies gilt nicht, wenn er rechtzeitig von der Aufhebung oder Verlegung des Termins in Kenntnis gesetzt worden ist. Die gesetzliche Terminsgebühr beträgt in der für das Verfahren maßgeblichen Fassung des RVG (ab 15.10.2016) 424,00 EUR, die Wahlverteidiger-höchstgebühr 930,00 EUR.

Die gesetzlichen Gebühren erscheinen der Einzelrichterin als unzumutbar gering. Zwar ist vorliegend zu sehen, dass der Antragsteller lediglich an 52 Verhandlungstagen persönlich anwesend war, verteilt auf zwei Jahre drei Monate.

Die Terminsdichte reduzierte sich für ihn damit auf einen Durchschnittswert von knapp weniger als 2 Sitzungstagen pro Monat. Darauf hinzuweisen ist zudem, dass der Antragsteller an einer Vielzahl von Verhandlungstagen verspätet erschien, der Verhandlung zeitweise nicht beiwohnte oder die Verhandlung vorzeitig verließ. Die errechnete Gesamtdauer und die durchschnittliche Verhandlungsdauer reduzieren sich bei diesem damit weiter. Eine Erleichterung für den Antragsteller resultierte überdies daraus, dass für die fünf Angeklagten bis zu zehn Verteidiger an den Sitzungen teilnahmen, die keine widerstreitenden Interessen vertraten, sondern vergleichbare Angriffspunkte teilten, so dass die Stoßrichtung der Verteidigung weitgehend parallel verlief. Auf diese Weise war es dem Antragsteller möglich, sich sachdienlichen Anträgen anderer Verteidiger ohne weiteres Zutun anzuschließen. Außerdem wurden viele sachdienliche Fragen an Zeugen und Sachverständige bereits von Verteidigerkolleginnen und -kollegen gestellt.

Durch die kurzfristig abgesetzten Termine ist dem Antragsteller kein vergütungsfähiger Mehraufwand im Verfahrensabschnitt "Hauptverhandlung" entstanden, auch wenn er sich die Zeiten für die Durchführung der geplanten Hauptverhandlungstage freigehalten hatte und nach Aufhebung der Termine nicht anderweitig nutzen konnte. Die Pauschgebühr soll lediglich den tatsächlich entstandenen Aufwand für die Tätigkeit des Verteidigers abdecken, aber grundsätzlich keinen Ausgleich im Sinne eines Verdienstausfalls bei den Pflichtverteidigerterminsgebühren selbst schaffen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 22.02.2013, JurBüro 2013, 301, juris Rdnr. 11; OLG Nürnberg, Beschluss vom 30.12.2014, RPfleger 2015, 355, juris Rdnr. 99).

Andererseits kann die Streckung der Hauptverhandlung über einen langen Zeitraum die Vorbereitung auf einzelne Termine erschweren, da der Prozess-stoff anders als bei komprimierten Verhandlungen erfahrungsgemäß im Gedächtnis weniger präsent ist. Die Terrninsfolge hatte auch damit zu tun, dass das Bayerische Landeskriminalamt während der Hauptverhandlung fortlaufend weitere Beweismittel auswertete und deren Eingang abgewartet und bei der Sitzungsvorbereitung berücksichtigt werden musste.

Für eine Erhöhung der Terminsgebühren spricht darüber hinaus der Umstand, dass dem Antragsteller durch Fahrzeiten ein überproportionaler Zeitaufwand entstanden ist. Angefallene Fahrt- und Reisezeiten sind zwar grundsätzlich ohne Bedeutung. Sie werden durch den Anspruch auf Erstattung der entstandenen Fahrt- und Übernachtungskosten sowie auf Zahlung eines Tages- und Abwesenheitsgeldes ausgeglichen (vgl. BGH, Beschluss vom 01.06.2015, NJW 2015, 2437, juris Rdnr. 5; BGH, Beschluss vom 14.07.2020, 1 StR 277/17, juris Rdnr. 10). Fallen die Fahrzeiten im Vergleich zur Dauer der Hauptverhandlung allerdings besonders ins Gewicht, kann die Sonderopfergrenze überschritten sein (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 30.12.2014, RPfleger 2015, 355, juris Rdnr, 89). Der Antragsteller hat seinen Kanzleisitz in Karlsruhe. Bereits die reine Fahrtdauer der einfachen Strecke mit dem Pkw beläuft sich auf dreieinhalb bis vier Stunden, je nach Verkehrsaufkommen auch mehr. Auf der anderen Seite konnte der Antragsteller— anders als einige seiner Verteidigerkolleginnen und -kollegen — am Tag der Hauptverhandlung anfahren und wieder nach Hause zurückkehren.

Nach Abwägung aller genannten Umstände hält die Einzelrichterin eine Pauschgebühr in Höhe von 540,00 EUR für jeden der 51 Sitzungstage, an denen der Antragsteller persönlich teilgenommen hat, sowie für den kurzfristig abgesetzten Sitzungstag am 24.09.2019 für angemessen.

Eine Erhöhung der Gebühr VV RVG 4122 für über 5 Stunden andauernde Sitzungstage kam demhingegen nicht in Betracht. Sitzungen in dieser Länge kamen ohnehin nur zwei Mal vor, davon dauerte die eine 5 Stunden 13 Minuten, die andere 5 Stunden 3 Minuten. Angesichts dieses nur sehr geringfügigen Überschreitens der zeitlichen Schwelle erscheint die gesetzlich vorgesehene Erhöhung um 212,00 EUR keinesfalls als unangemessen niedrig.

Ebenfalls nicht in Betracht kam die Gewährung einer Pauschgebühr für Sitzungstage, an denen nicht der Antragsteller, sondern die Rechtsanwälte pp. teilgenommen haben. Ein Sonderopfer ist hier weder in der Person des Antragstellers, noch in der Person des Rechtsanwalts pp. oder der Rechtsanwältin pp. erkennbar.

h) Anstelle der Verfahrensgebühr für das Revisionsverfahren nach VV RVG 4130 setzt die Einzelrichterin eine Pauschvergütung in Höhe von 1.500,00 EUR fest.

Die gesetzliche Verfahrensgebühr für das Revisionsverfahren beträgt in der für das Verfahren maßgeblichen Fassung des RVG (ab 15.10.2016) 492,00 EUR, die Wahlverteidigerhöchstgebühr 1.100,00 EUR,

Der Aufwand im Revisionsverfahren hob sich schon aufgrund des Umfangs der zu prüfenden Unterlagen ab. Einschränkend ist hier zwar anzumerken, dass das Urteil so strukturiert war, dass der Antragsteller die den Angeklagten. pp. betreffenden Ausführungen zu dem einzigen Sachverhalt, in dem er verurteilt wurde, ohne Weiteres herausgreifen konnte. Allerdings ist festzustellen, dass der Antragsteller insbesondere mit seiner Revisionsbegründungsschrift vom 17.12,2020 sowie den weiteren Schriftsätzen vom 05.02.2021 auch im Vergleich mit seinem Mitverteidiger bzw. den Verteidigern der weiteren Angeklagten einen weit überdurchschnittlichen Aufwand betrieben hat.

Die (originäre) Revisionsbegründung des Antragstellers hatte nominal 166 Seiten, darin waren zwar in großem Umfang Zitate, z.B. von in dem Verfahren gestellten Anträgen, in einem Fall einschließlich 44 Seiten Artikeln aus Internet-Medien, sowie von Gerichtsbeschlüssen und Urteilspassagen enthalten, jedoch auch umfangreiche neue, auf das Revisionsverfahren bezogene Ausführungen. Weitere Schriftsätze, insbesondere der Schriftsatz vom 05.02.2021 mit 29 Seiten nebst Anlagen vertiefen das Bild. Unter Berücksichtigung aller Umstände hält die Einzelrichterin eine Anhebung der Gebühr für das Revisionsverfahren auf 1.500,00 für angemessen.

Im Ergebnis ergibt sich folgende Berechnung mit einer Summe von 35.742,50 EUR:
• Grundgebühr nach VV RVG 4101 2.000,00 EUR
• Vorverfahrensgebühr nach VV RVG 4105 362,50 EUR
• Terminsgebühr nach VV RVG 4103 300,00
• Hauptverfahrensgebühr nach VV RVG 4119 3.500,00 EUR
• Terminsgebühren nach VV RVG 4120 28.080,00 EUR (52 x 540,00 EUR)
• Revisionsverfahren nach VV RVG 4130 1.500,00 EUR.

Dass die festgesetzten Beträge augenfällig unzureichend und unbillig wären und der Antragsteller damit eine wirtschaftliche Existenzgefährdung erleiden würde, vermag die Einzelrichterin anhand der oben erläuterten Umstände des Falles im Wege einer Gesamtwürdigung nicht festzustellen. Zu den konkreten Auswirkungen des Verfahrens auf seinen Kanzleibetrieb hat sich der Antragsteller nicht nachvollziehbar erklärt.

Da eine Pauschvergütung nicht neben, sondern an die Stelle der gesetzlichen Gebühren tritt, sind die für den jeweiligen Abrechnungszeitraum auf die genannten Gebührenpositionen bereits festgesetzten und ausbezahlten gesetzlichen Gebühren anzurechnen. Dies gilt auch, soweit die Gebühr für den ersten Rechtszug ohne Zuschlag bewilligt wurde (VV RVG 4118 statt 4119). Umsatzsteuer ist bei der Festsetzung des Vorschusses auf die Pauschvergütung nicht zu berücksichtigen. Hierüber befindet der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle.

IV.

Für die Entscheidung ist gemäß §§ 51 Abs. 2 8. 4, 42 Abs. 3 S. 1 RVG die Einzelrichterin originär zuständig. Gründe für eine Übertragung der Sache auf den Senat nach § 42 Abs. 3 S. 2 RVG liegen nicht vor.


Einsender: RA D. D. Beisl, Karlsruhe

Anmerkung:


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