Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Stuttgart, Beschl. v. 02.10.2024 – 13 W 20/24
Leitsatz des Gerichts:
Besorgnis der Befangenheit liegt vor, wenn der abgelehnte Richter in einer dienstlichen Stellungnahme auf ein nicht ganz abwegiges Ablehnungsgesuch hin mit unsachlicher Kritik reagiert.
In pp.
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts Tübingen vom 29.04.2024, Az. 8 O 105/22, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Das Ablehnungsgesuch des Beklagten gegen den Richter pp.wird für begründet erachtet.
Gründe
I.
Der Beklagte wird von den Klägern auf Räumung und Herausgabe einer gewerblich genutzten Immobilie in Anspruch genommen. Nach zwischenzeitlichem Ruhen des Verfahrens war für den 12.01.2024 ein Verhandlungstermin anberaumt. Am 08.01.2024 beantragten die Klägervertreter eine Terminsaufhebung mit der Begründung und der anwaltlichen Versicherung, dass der alleinige Sachbearbeiter, Rechtsanwalt S., erkrankt sei. Daraufhin wurde der Termin um drei Monate verlegt. Der Beklagte selbst teilte in einem Schreiben vom 12.01.2024 dem Gericht mit, dass er bei der Kanzlei ... am Vormittag angerufen habe und ihm mitgeteilt worden sei, dass Rechtsanwalt S. gerade auf der zweiten Leitung telefoniere und danach gerne zurückrufen werde. Er frage sich, wie sich denn das mit dem Verlegungsgrund vereinbaren lasse. Das Schreiben endete mit dem folgenden Satz:
„Da Herr RA S. bei den laufenden Verfahren, nun schon mehr als 30-mal, irgendwelche Verhinderungsgründe dafür nannte, sehe ich mein Misstrauen gegenüber Herrn RA S. bestätigt und bitte um Aufklärung.“
Rechtsanwalt S. teilte daraufhin - auf entsprechende Aufforderung des Gerichts - mit, er sei am 12.01.2024 arbeitsunfähig krank gewesen. Er habe am 12.01.2024 lediglich zur Abholung einzelner Akten und zur Organisation seiner Vertretung die Kanzleiräume kurzzeitig betreten. Eine Terminswahrnehmung sei aber nicht möglich gewesen. Der Beklagte habe nicht mit seinem Sekretariat sondern mit der Auszubildenden Frau O. telefoniert, die ihm lediglich mitgeteilt habe, dass er - Rechtsanwalt S. - derzeit nicht zu sprechen sei. Hieran anschließend erstellte der zuständige Einzelrichter Richter pp.am 18.01.2024 folgende Verfügung:
„Aus hiesiger Sicht ist die Sache geklärt. Der Beklagte möge mit derartigen Unterstellungen künftig ein wenig zurückhaltender sein.“
Mit Anwaltsschriftsatz vom 10.04.2024 lehnte der Beklagte Richter pp.wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Der zuständige Einzelrichter sei in der Verfügung zu Unrecht davon ausgegangen, dass er - der Beklagte - falsche Tatsachen behauptet habe. So habe er nicht behauptet, dass der Klägervertreter den verschobenen Verhandlungstermin hätte wahrnehmen können. Er habe lediglich die Frage gestellt, wie sich die vorgetragenen Tatsachen mit dem Verlegungsgrund vereinbaren ließen und das Gericht hierzu um Aufklärung gebeten. Nach dem Inhalt der Verfügung habe der abgelehnte Richter die widersprüchlichen Aussagen von Rechtsanwalt S. ohne nachvollziehbaren Grund als wahr angenommen und damit seine Voreingenommenheit und Nicht-Neutralität zu Lasten des Beklagten unter Beweis gestellt. Zudem habe er durch die Verhaltensanweisung an den Beklagten, künftig ein wenig zurückhaltender zu sein, sein Missfallen ausgedrückt. Hiermit schwinge mit, dass das Verhalten des Beklagten im Nichtbeachtensfalle rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könne. Darüberhinausgehend wird der Ablehnungsantrag auf angeblich fortbestehende und unverwirkte Befangenheitsgründe aus anderen Verfahren gestützt.
Richter pp. hat sich zu dem Befangenheitsantrag in einer dienstlichen Stellungnahme vom 11.04.2024 geäußert, die mit folgendem Absatz endet:
„Meinem Eindruck nach geht es dem Beklagten, der den Antrag zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung eingereicht hat, um Verfahrensverzögerung. Ich bin erstaunt, dass Herr Dr. R., den ich als fairen und vernünftigen Anwalt kennengelernt habe, sich in dieser Weise für den Beklagten einsetzt, anstatt in der Sache zu streiten. Der Befangenheitsantrag ist im Übrigen nicht der erste, den der Beklagte eingereicht hat. Der letzte hat sich gegen Frau B. gerichtet und war offensichtlich unbegründet.“
Hierzu nahm der Beklagte Stellung und führte aus, dass die dienstliche Stellungnahme weitere Ablehnungsgründe offenbare. Die Kläger sind dem Ablehnungsgesuch entgegengetreten.
Das Landgericht hat das Ablehnungsgesuch als unzulässig verworfen, soweit es sich auf bis zum 10.04.2024 entstandene Befangenheitsgründe stützt. Im Übrigen wurde das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Das Ablehnungsgesuch sei unzulässig, soweit es sich auf bis zum 10.04.2024 entstandene Befangenheitsgründe stütze, weil es entgegen § 44 Abs. 4 S. 2 ZPO nicht unverzüglich gestellt worden sei. Die Bestimmung des § 44 Abs. 4 S. 2 ZPO sei anwendbar, nachdem der Beklagte bereits Anträge gestellt habe, indem er am 10.08.2022 die Aussetzung des Verfahrens beantragt und mit Schriftsatz vom 19.10.2022 sein Einverständnis mit einem Ruhen des Verfahrens erklärt habe.
Soweit zulässig sei das Ablehnungsgesuch unbegründet, da sich aus der dienstlichen Stellungnahme vom 11.04.2024 eine Besorgnis der Befangenheit nicht ergebe. Dass der Einzelrichter in der dienstlichen Stellungnahme nochmals höflich gebeten habe, künftig mit der Unterstellung prozessordnungswidrigen Verhaltens gegenüber dem Klägervertreter vorsichtiger zu sein, führe nicht zur Begründetheit, nachdem der Beklagte dem Klägervertreter zweifelsfrei ein solches zu missbilligendes Verhalten unterstellt habe. Auch der Umstand, dass der abgelehnte Richter nicht nur zu den Tatsachen Stellung genommen habe, lasse keinen Rückschluss auf eine Voreingenommenheit zu. Nachdem der Beklagte mehr als zwei Monate nach Erhalt der Verfügung vom 18.01.2024 abgewartet habe, um dann wenige Tage vor dem langfristig angesetzten Verhandlungstermin kurzfristig ein unzulässiges Befangenheitsgesuch einzureichen, habe sich der Gedanke an eine Verzögerungsabsicht aufgedrängt. Daher sei es kein Zeichen von Voreingenommenheit, wenn der Einzelrichter dies benenne. Auch die Rechtsmeinung des Einzelrichters hinsichtlich des Befangenheitsgesuchs gegen Frau Rechtspflegerin B. sei nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Gleiches gelte, soweit der Einzelrichter sich erstaunt gezeigt habe, dass der Beklagtenvertreter sich in dieser Weise für den Beklagten einsetze.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten, mit der dieser das Ablehnungsgesuch gegen Richter pp. weiterverfolgt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass das Landgericht zu Unrecht von einer Verfristung nach § 44 Abs. 4 S. 2 ZPO ausgegangen sei. Zudem hätte in der dienstlichen Stellungnahme gar nicht auf die geltend gemachten Gründe eingegangen werden müssen, wenn man von einer Verwirkung des Ablehnungsgesuchs ausgegangen wäre. Unabhängig davon ergebe sich die Besorgnis der Befangenheit aus der dienstlichen Stellungnahme. So lasse die Kammer unberücksichtigt, dass der abgelehnte Richter nicht nur seine Vorwürfe gegenüber dem Beklagten in verschärfter Form wiederholt, sondern zur Zulässigkeit und Begründetheit des Befangenheitsantrags Stellung genommen habe. Dies seien gerade im Lichte der in der dienstlichen Stellungnahme gezeigten Echauffierung objektive Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken könnten, der abgelehnte Richter stehe dem Beklagten nicht unvoreingenommen gegenüber.
Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Der Senat hat mit Beschluss vom 06.06.2024 zunächst die Nichtabhilfeentscheidung vom 04.06.2024 wegen nicht ausreichender Begründung aufgehoben. Daraufhin hat das Landgericht am 12.06.2024 erneut eine Nichtabhilfeentscheidung erlassen und die sofortige Beschwerde dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Die Kläger haben sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien und des weiteren Inhalts der Entscheidungen des Landgerichts im Ablehnungsverfahren wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist nach § 46 Abs. 2 ZPO statthaft und wurde innerhalb der Frist des § 569 Abs. 1 ZPO eingelegt. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Dabei kann offen bleiben, ob das Landgericht zu Recht angenommen hat, dass das Ablehnungsgesuch unzulässig ist, soweit es sich auf bis zum 10.04.2024 entstandene Ablehnungsgründe stützt. Anders als das Landgericht meint, begründet jedenfalls der Inhalt der dienstlichen Stellungnahme des abgelehnten Richters vom 11.04.2024 einen Ablehnungsgrund i.S.v. § 42 Abs. 1 ZPO.
1. Nach § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich, da die Vorschriften über die Befangenheit von Richtern bezwecken, bereits den bösen Schein einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit und Objektivität zu vermeiden. Maßgeblich ist, ob aus der Sicht einer Partei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln. Dabei kommen nur objektive Gründe in Betracht, die aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder der Unabhängigkeit des Richters aufkommen lassen. Maßgeblich sind die besonderen Umstände des Einzelfalls, die in ihrer Gesamtheit zu würdigen sind (BGH v. 15.03.2022 - II ZR 97/21 - juris Rn. 8).
2. Ausgehend hiervon liegt eine Besorgnis der Befangenheit hinsichtlich des Richters ... in Folge des Inhalts dessen dienstlicher Stellungnahme vom 11.04.2024 vor.
a) Das Recht zur Richterablehnung ist ein nicht im Ermessen des Gerichts stehendes Verfahrensrecht, das seinen Grund in der verfassungsrechtlich verankerten richterlichen Neutralitätspflicht hat. Daher kann ein Richter, der die Ausübung dieses Rechts kritisiert, den Eindruck erwecken, nicht unparteiisch zu sein (OLG Köln v. 29.04.2013 - 20 W 30/13). Dabei kann offen bleiben, ob jegliche Kritik an einem Ablehnungsgesuch die Besorgnis der Befangenheit begründen kann (vgl. auch BGH v. 12.10.2011 - V ZR 8/10 - juris Rn. 11). Eine Partei wird bei vernünftiger Würdigung jedenfalls dann an der Unvoreingenommenheit zweifeln, wenn der abgelehnte Richter auf ein nicht ganz abwegiges Ablehnungsgesuch hin mit unsachlicher Kritik reagiert. In einem solchen Fall kommt eine negative Einstellung des Richters gegenüber der die Ablehnung beantragenden Partei zum Ausdruck, sodass diese zumindest Zweifel haben kann, ob andere Anträge mit der gebotenen Unvoreingenommenheit beschieden werden.
b) Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Denn der unter I. auszugsweise wiedergegebene Inhalt der dienstlichen Stellungnahme von Richter .pp. vom 11.04.2024 war aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei in der Situation des Beklagten geeignet, berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit des Richters ihm gegenüber aufkommen lassen.
aa) Das an die Verfügung des Einzelrichters vom 18.01.2024 anknüpfende Ablehnungsgesuch des Beklagten vom 10.04.2024 war bei verobjektivierter Betrachtung nicht ganz abwegig, was allerdings der oben unter I. auszugsweise wiedergegebene Inhalt der dienstlichen Stellungnahme des abgelehnten Richters suggeriert, indem dort mitgeteilt wird, dass es bei dem Befangenheitsgesuch des Beklagten dem Eindruck des Richters nach (nur) „um Verfahrensverzögerung“ gehe, dass er „erstaunt“ sei, dass sich dessen Rechtsanwalt „in dieser Weise für den Beklagten einsetzt, anstatt in der Sache zu streiten“, und indem noch hinzugefügt wird, dass der Beklagte schon mehrere Befangenheitsanträge eingereicht habe, wobei der letzte „offensichtlich unbegründet“ gewesen sei.
(1) Der Befangenheitsantrag des Beklagten vom 10.04.2024 war, anders als es das Landgericht gemeint hat, insbesondere nicht von vorneherein wegen Verfristung offensichtlich unzulässig, nachdem bis zum 10.04.2024 weder eine mündliche Verhandlung stattgefunden hatte noch eine Zustimmung zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren vorlag, und nachdem die Frage, ob auch Anträge auf Aussetzung oder Ruhen des Verfahrens Anträge i.S.d. § 44 Abs. 4 S. 2 ZPO darstellen, jedenfalls nicht als abschließend geklärt angesehen werden kann (vgl. Vossler in BeckOK ZPO, Stand 01.07.2024, § 43 Rn. 5; Stockmann in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl., § 43 Rn. 5).
(2) Nachvollziehbar ist auch, dass die Verfügung vom 18.01.2024 (insbesondere die darin enthaltene Formulierung „mit derartigen Unterstellungen“) von Beklagtenseite als eine Art Maßregelung und Vorwurf aufgefasst wurde.
(a) Soweit Richter pp. in der Verfügung zum Ausdruck gebracht hat, dass ihm die Ausführungen von Rechtsanwalt S. ausreichen, um die Sache als geklärt anzusehen und eine Verzögerungsabsicht zu verneinen, handelt es sich allerdings um eine vertretbare Würdigung. Zwar war Rechtsanwalt S. unstreitig trotz bescheinigter Arbeitsunfähigkeit am Terminstag beruflich tätig, und zwar nicht nur von zu Hause aus. Es ist aber offenkundig, dass die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung, deren Dauer man im Vorfeld nicht abschätzen kann, sehr viel mehr Kraft kosten kann als ein kurzer Besuch in der Kanzlei und die Bearbeitung von Akten im Homeoffice. Zudem waren am 12.01.2024 seit Stellen des Terminsverlegungsantrags drei Tage vergangen, sodass eine am 09.01.2024 noch nicht vorhersehbare Besserung eingetreten sein konnte. Auch soweit der Einzelrichter dann in der Verfügung noch eine gewisse Zurückhaltung anmahnt, vermag dies eine Besorgnis der Befangenheit nicht zu begründen. Es entspricht der allgemeinen Erfahrung, dass ein Zivilprozess für alle Beteiligten belastend sein kann, wenn seitens der Parteien eskaliert wird. Daher muss es einem Richter möglich sein, auf eine Partei auch einmal mahnend einzuwirken, um eine weitere Eskalation zu vermeiden.
(b) Indes ist zu berücksichtigen, dass der in der Verfügung enthaltene Vorwurf an den Beklagten, mit Unterstellungen zu arbeiten, in der konkreten Situation schon ein wenig hart war. So hat der Beklagte Herrn Rechtsanwalt S. zumindest nicht ausdrücklich vorgeworfen, die Krankheit vorgetäuscht zu haben. Vielmehr hat der Beklagte nur die Frage aufgeworfen, wie sich die von ihm geschilderten Tatsachen mit dem Verlegungsgrund vereinbaren ließen, und hat um eine weitere Aufklärung gebeten, was dann ja auch verfügt wurde. Zudem waren die Zweifel des Beklagten an der Arbeitsunfähigkeit auch nicht völlig unberechtigt, nachdem Rechtsanwalt S. ja am 12.01.2024 unstreitig Tätigkeiten entfaltet hat. Es konnte und kann auch nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass - wie klägerseits vorgetragen - die Sekretärin bzw. Auszubildende A.O. am 12.01.2024 zum Beklagten nur gesagt haben soll, dass der Klägervertreter nicht zu sprechen sei. Vielmehr schreibt die Sekretärin ausweislich der klägerseits vorgelegten Anlage 2 an den Klägervertreter, dass es der Beklagte später noch einmal versuchen werde. Danach hat Frau O. dem Beklagten jedenfalls nicht gesagt, dass es keinen Sinn ergebe, es am selben Tag noch einmal zu versuchen. Ausgehend hiervon konnten beim Beklagten schon Zweifel aufkommen, ob der Klägervertreter tatsächlich, wie mitgeteilt, krankheitsbedingt verhindert war, sodass es jedenfalls nicht abwegig war, dass der Beklagte zu der Auffassung gelangte, vom zuständigen Einzelrichter mit dessen Verfügung vom 18.01.2024 ungerecht behandelt worden zu sein und dies zum Anlass nahm, den Richter abzulehnen.
bb) Zudem stellt sich die Kritik von Richter pp. am Ablehnungsgesuch in der dienstlichen Stellungnahme vom 11.04.2024 auch als unsachlich dar. Zwar weist das Landgericht im Ansatz zu Recht darauf hin, dass es im vorliegenden Fall nicht nachvollziehbar ist, warum der Antrag erst mehr als zwei Monate nach Erhalt der Verfügung und zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung gestellt wurde, sodass die Annahme der Absicht einer Verfahrensverzögerung nicht so fern liegt. Unsachlich ist es aber, soweit Richter pp.darauf hinweist, dass der Beklagte schon mehrere Befangenheitsanträge eingereicht habe und ein zuletzt gegen Frau B. gerichteter Befangenheitsantrag offensichtlich unbegründet gewesen sei. Diese Umstände stehen mit dem vorliegenden Sachverhalt in keinem Zusammenhang und erwecken daher auch bei vernünftiger Würdigung nachvollziehbar den Eindruck, dass hier eine negative Stimmung gegen den Beklagten erzeugt werden soll. Diese „Stimmungsmache“ wird noch dadurch verstärkt, dass der Einzelrichter sein Erstaunen darüber ausdrückt, dass der Beklagtenvertreter sich in dieser Weise für den Beklagten einsetzt. Indem Richter pp.dabei noch darauf hinweist, dass er den Beklagtenvertreter als fairen und vernünftigen Anwalt kennengelernt hat, bringt er sinngemäß zum Ausdruck, dass er das Ablehnungsgesuch weder als fair noch als vernünftig ansieht. Eine solche Bewertung steht einem abgelehnten Richter aber nicht zu. Hinzukommt noch, dass eine solche Aussage auch geeignet sein kann, den Beklagtenvertreter unter Druck zu setzen, nachdem dieser ein Interesse daran haben kann, seinen Ruf bei dem Vorsitzenden einer Kammer eines sich in der Nähe seines Kanzleisitzes befindenden Landgerichts nicht zu verspielen.
III.
Eine Kostenentscheidung ist im vorliegenden Fall eines erfolgreichen Beschwerdeverfahrens betreffend eine Richterablehnung nicht zu treffen, da diese Kosten einen Teil der Kosten des Rechtsstreits darstellen, die die in der Sache unterliegende Partei nach §§ 91 ff. ZPO zu tragen hat (BGH v. 21.09.2021 - KZB 6/21 - NJW-RR 2022, 209 Rn. 10).
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