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Entscheidungen

StPO

Pflichtverteidigerbestellung, Umfang, Verfassungsbeschwerde

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Rostock, Beschl. v. 02.06.2010 – 1 Ws 127/10 und LG Neubrandenburg, Beschl. v. 01.02.2010 - 6 Ks 11/07,

Fundstellen:

Leitsatz: Die Bestellung als Pflichtverteidiger erfasst nicht auch Tätigkeiten im Rahmen der Verfassungsbeschwerde.


LG Neubrandenburg
6 Ks 11/07
Landgericht Neubrandenburg
Beschluss
In dem Strafvollstreckungsverfahren gegen pp.
hat die I. Große Strafkammer des Landgerichts Neubrandenburg durch den Richter als Einzelrichter am 01. Februar 2010 beschlossen:
Die Erinnerung des Verteidigers des Angeklagten gegen die Ablehnung der beantragten Kostenfestsetzung vom 14.11.2009 mit Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg vom 30.11.2009 wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
In dem Verfahren gegen den Angeklagten pp. wegen Raubes mit Todesfolge ist Herr Rechtsanwalt W. dem Angeklagten als Pflichtverteidiger beigeordnet worden.

Mit Urteil vom 18.06.2007 ist der Angeklagte wegen Raubes mit Todesfolge schuldig gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe von 11 Jahren verurteilt worden. Das Urteil ist seit dem 19. März 2008 rechtskräftig. Die mit Datum vom 23.06.2007 eingelegt Revision gegen das Urteil ist durch Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 18. März 2008 (Az.: 4 StR 652/07) als unbegründet verworfen worden. Der Verteidiger des Angeklagten hat unter dem 21.06.2007 unter Verweis auf die erfolgte Pflichtverteidigerbestellung die Festsetzung der für das Verfahren vor dem Landgericht Neubrandenburg entstandenen Gebühren beantragt. Eine entsprechende Festsetzung ist erfolgt. Zugleich hat er unter dem 15.04.2008 die Festsetzung der weiteren im Rahmen des Revisionsverfahrens entstandenen Gebühren beantragt, auch hier ist eine entsprechende Festsetzung erfolgt.

Unter dem 14.11.2009 beantragte der Verteidiger die Festsetzung weiterer Gebühren für die Erhebung der Verfassungsbeschwerde in Höhe von 774,99 Euro brutto. Mit Beschluss vom 14.11.2009 hat die zur Entscheidung berufene Rechtspflegerin den Antrag auf Kostenfestsetzung mit dem Hinweis darauf, dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 18.03.2008 instanzbeendet gewesen sei und der Kostenerstattungsantrag nicht von der Pflichtverteidigerbestellung umfasst wäre, Festsetzung der weiteren Gebühren abgelehnt.

Dagegen richtet sich die durch den Verteidiger mit Schreiben vom 21.12.2009 – eingegangen bei Gericht am 22.12.2009 - gerichtete Erinnerung.

Diese wird im Wesentlichen damit begründet, dass er als Bevollmächtigter für den Angeklagten unter dem 21.04.2008 Verfassungsbeschwerde eingelegt und diese ausführlich begründet habe. Durch Entscheidung vom 08.07.2008 sei die Verfassungsbeschwerde jedoch nicht zur Entscheidung angenommen worden. Er vertritt die Auffassung, dass auch die Tätigkeit vor dem Bundesverfassungsgericht durch die Bestellung zum Pflichtverteidiger erfasst sei. Wäre dem nicht so, wäre dem Angeklagten der Weg zum Bundesverfassungsgericht abgeschnitten. Der Angeklagte sei nicht in der Lage, das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sei im Übrigen von den Erfolgsaussichten des Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht abhängig, die jedoch typischer Weise nicht eingeschätzt werden könnten. Es sei kein Grund ersichtlich, warum die Tätigkeit eines Pflichtverteidigers sich nicht auch auf die Tätigkeit vor dem Bundesverfassungsgericht erstrecken solle.

II.
Das Rechtsmittel ist unbegründet. Zu Recht ist mit dem angegriffenen Beschluss die weitere Festsetzung von Gebühren für das Betreiben der Verfassungsbeschwerde als im Rahmen der erfolgten Pflichtverteidigerbestellung erstattungsfähig abgelehnt worden.

Unstreitig erstreckt sich die Bestellung zum Pflichtverteidiger im Strafverfahren im Sinne des § 140 Abs. 1 und 2 StPO auf das gesamte Verfahren, sofern eine entsprechende Beschränkung nicht vorliegt (vgl. dazu unter anderem Meyer-Goßner, StPO-Kommentar, 52. Aufl., Beck-Verlag München, 2009, Rdziff. 5 ff. zu § 140 StPO). Ebenso unstreitig gilt damit die tatrichterliche Bestellung des Verteidigers bis zur Urteilskraft, sie umfasst daher auch die Einlegung und Begründung der Revision, wenn auch nicht die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung, hier ist eine gesonderte Bestellung erforderlich (vgl. dazu Karlsruher Kommentar zur StPO, 4. Aufl., Beck-Verlag, München 1999, Rdziff. 4 ff. zu § 140 StPO).

Dies bedeutet aber zugleich, dass die Bestellung zum Pflichtverteidiger auf den Instanzenzug und die dafür vorgesehenen Rechtmittel, hier bis einschließlich der Einlegung der Revision, beschränkt ist. Eine darüber hinaus gehende Reichweite wird soweit ersichtlich weder in der Literatur, noch in der Rechtsprechung dazu vertreten.

Die nach Art. 93 Abs. 1 Ziffer 4 GG mögliche Verfassungsbeschwerde stellt aber kein Rechtsmittel im Sinne der Prozessordnungen dar, sondern einen außerordentlichen Rechtsbehelf (BVerfGE 49, 252, 258). Die Verfassungsbeschwerde gehört damit nicht mehr zum Rechtsweg (BVerfG 79, 365 [367], als auch Pieroth in Jurass/Pieroth, Kommentar zum Grundgesetz, 9. Aufl., Beck-Verlag München 2007, Rdziffer 45 zu Art. 93 GG). Da die Pflichtverteidiger sich nur auf den Instanzenzug, einschließlich der Rechtsmittel, beschränkt, die Verfassungsbeschwerde aber ein solches Rechtsmittel nicht darstellt, sind folglich die im Zuge der Verfassungsbeschwerde anfallenden Gebühren eines beauftragten Rechtsanwalts auch nicht mehr von der zuvor erfolgten Bestellung zum Pflichtverteidiger erfasst.

Das Bundesverfassungsgericht ist keine Superrevisionsinstanz bei dem gegen jede dem Betroffenen nicht beliebige Entscheidung der Fachgericht Verfassungsbeschwerde als weiteres Rechtsmittel hoben werden könnte (so unter anderem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts Az.: 2 BVR 1821/99 vom 11.08.1993). Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts die Rechtsprechung der zuständigen Fachgerichte auf ihre Richtigkeit zu überprüfen oder gar zu vereinheitlichen. Der Charakter eines zum Instanzenzug gehörenden Rechtsmittels kommt daher der Verfassungsbeschwerde nicht zu.

Sofern der Betroffene Verfassungsbeschwerde erheben möchte, stellt dies einen außerhalb des Strafverfahrens stehenden Rechtsbehelf dar, der zwar auf Antrag an das Bundesverfassungsgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, sofern deren Voraussetzungen vorliegen, ermöglicht (vgl. dazu Lechner/Zuck, Kommentar zum Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 4. Aufl., Beck-Verlag München 1996, Rdziffer 3 zu § 22 BVerfGG, als auch Rdziff. 3 ff. zu § 34 BVerfGG), die Erstattung der hierfür entstehenden anwaltlichen Gebühren können jedoch nicht mehr über die ursprünglich erfolgte Pflichtverteidigerbestellung gegenüber der Staatskasse geltend gemacht werden.

III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 56 Abs. 2 RVG).

Oberlandesgericht Rostock
- 1. Strafsenat -

Geschäftsnummer
1 Ws 127/10
6 Ks 11/07 LG Neubrandenburg
BESCHLUSS

In der Strafsache gegen pp.
Pflichtverteidiger:
Rechtsanwalt W.
wegen Raubes mit Todesfolge
hier:: Beschwerde des Verteidigers gegen die Entscheidung über die Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung nach § 55 RVG hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, auf die Beschwerde des Verteidigers gegen den Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg vom 01.02,2010 - 6 Ks 11/07 -, mit dem seine Erinnerung vom 21.12.2009 gegen den seinen Vergütungsfestsetzungsantrag vom 14.11.2009 ablehnenden Beschluss vom 30.11.2009 zurückgewiesen wurde, am 2. Juni 2010 beschlossen:
Die Beschwerde wird aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen. Das Beschwerdevorbringen im Schriftsatz vom 12.04.2010, das sich in einer Wiederholung des bisherigen Antragsvorbringens erschöpft, rechtfertigt keine andere Entscheidung.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG).


Einsender: RA Westphal, Stralsunf

Anmerkung:


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