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Entscheidungen

OWi

Prozessverschleppungsabsicht, Sachverständigengutachten., Aussetzung, Ablehnungsantrag

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Hamm, Beschl. v. 28.05.2024 - 4 ORbs 94/24

Eigener Leitsatz:

1. Es ist Sache des verteidigungswilligen Betroffenen, die bereitstehenden Daten vor der Hauptverhandlung sachverständig überprüfen zu lassen. Das Kostenrisiko in Bezug auf das Privatgutachten trägt der Betroffene dabei selbst. Nur im Fall des Freispruchs kann ggf. etwas anderes gelten.
2. Stellt der Betroffene erst in der Hauptverhandlung den Antrag auf Vernehmung eines technischen Sachverständigen und nach dessen Ablehnung einen Aussetzungsantrag zum Zwecke der Beibringung eines Privatsachverständigengutachtens, so deutet dies jedenfalls dann auf eine Prozessverschleppungstaktik, wenn bereits zuvor im Verfahren die Beibringung eines Privatgutachtens angedacht oder angekündigt war.
3. Die Absicht der Prozessverschleppung wird nicht dadurch ausgeräumt, dass der Betroffene als Grund für sein Prozessverhalten das Kostenrisiko nennt, das ihm die Rechtsprechung zum Kostenerstattungsrecht aufbürdet.


Oberlandesgericht Hamm

Beschluss

Bußgeldsache

gegen pp.

Verteidiger:

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Paderborn vom 11. Januar 2024 hat der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 28. Mai 2024 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter gemäß § 80a Abs. 1 OWiG auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft und nach Anhörung des Betroffenen bzw. seines Verteidigers beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Beschwerderechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat (§§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO).
Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Betroffene (§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO).

Gründe:

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift vom 25. April 2024 zu der Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Paderborn vom 11. Januar 2024 Folgendes ausgeführt:

„Das Amtsgericht Paderborn hat den Betroffenen am 11.01.2024 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gemäß § 41 Abs. 1 i. V. m Anlage 2, 49 StVO, 24 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 5, 25 StVG, 4 Abs. 1 BKatV, 11.3.7 BKat zu einer Geldbuße von 320,- EUR verurteilt und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt (BI. 163 ff. d. A.).

Gegen dieses in Anwesenheit des Betroffenen sowie seines Verteidigers verkündete (BI. 140 ff. d. A.) und den Betroffenen am 29.02.2024 zugestellte (BI. 181R d. A.) Urteil richtet sich die am 18.01.2024 bei dem Amtsgericht Paderborn eingegangene Rechtsbeschwerde vom selben Tage (BI. 173 f. d. A.), die mit am 02 04 2024 bei dem Amtsgericht Paderborn eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage begründet worden ist (BI. 182 ff. d. A.).

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 und 2 OWiG statthaft und entsprechend den § 79 Abs. 3 OWiG, 341 Abs. 1, 344, 345 StPO form- und fristgerecht angebracht worden.

(1) Es liegt nicht der Revisionsgrund des § 338 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StPO durch die Mitwirkung der Richterin am Amtsgericht R 1 an der Entscheidung. über das Ablehnungsgesuch gegen Richter R 2 vor. Soweit Richterin am Amtsgericht R 1 das gegen sie gerichtete Ablehnungsgesuch gemäß § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO als unzulässig jedenfalls nicht auf einer willkürlichen oder die Anforderung des Artikel 101 Abs. 1 S. 2 / GG grundlegend verkennenden Rechtsanwendung beruht (zu vgl. BGH St 50, 216). Mit Blick auf das vorangegangene prozessuale Verhalten des Betroffenen, der erklärterweise eine Aussetzung des Verfahrens erstrebte, erscheint die durch die abgelehnte Richterin angenommene Verschleppungsabsicht jedenfalls nicht fernliegend. Darüber ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass das von dem Betroffenen angestrebte Privafsachverständigengutachten bereits mit Schriftsatz vom 23.02.2023 (BI. 48 d. A.), mithin ein Jahr zuvor, angekündigt wurde.

Auch hinsichtlich des abgelehnten Richters R 2 erfolgte die Zurückweisung des Ablehnungsgesuches des Betroffenen zu Recht. Ein Ablehnungsgrund kommt dem Betracht, wenn Umstände vorliegen, die geeignet sind, in den Augen eines vernünftigen Angeklagten Misstrauen in die Unparteilichkeit bestimmter Richter zu rechtfertigen (zu vgl BGH St 4, 264). Vor diesem Hintergrund war allein die aus Sicht des Betroffenen zu kurze Bedenkzeit des erkennenden Richters über seinem Beweisantrag nicht der Fall. Die kurze Bedenkzeit über einen regelmäßig in Hauptverhandlungen gestellten Beweisantrag ist ohne weiteres auf eine entsprechende Sitzungsvorbereitung zurückzuführen und nicht auf eine eventuelle Unparteilichkeit. Entsprechendes gilt auch für die behauptete kurze Bedenkzeit hinsichtlich des gestellten Aussetzungsantrages, zumal den Akten zu entnehmen ist, dass das angestrebte Privatgutachten bereits ein Jahr vor der Hauptverhandlung dem Betroffenen in Erwägung gezogen worden ist.

(2) In der Zurückweisung der Befangenheitsanträge liegt keine Verletzung des verfassungsrechtlich verwirkten Anspruchs auf rechtliches Gehör. Einer Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nur dann gegeben, wenn die erlassene Entscheidung des Tatrichters auf einem Verfahrensmangel beruht, der seinen Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigen des Sachvortrages der Partei hat (zu vgl. BVerfG NJW 1992, 2811; OLG Hamm, NZV 2008, 417). Der Betroffene hat in einem gerichtlichen Bußgeldverfahren ein Anspruch darauf, Befangenheitsanträge gegen die amtierenden Richter anbringen zu können, sowie darauf, dass diese zur Kenntnis genommen, in Erwägung gezogen und nach Recht und Gesetz beschieden werden. Das rechtliche Gehör ist verletzt, wenn die erlassene Entscheidung auf einem Verfahrensfehler beruht, der seinen Grund in der unterlassenen Kenntnisnahme und der Nichtberücksichtigen solcher- Ausführungen des Betroffenen hat. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Zwar ist das Amtsgericht Paderborn der grundsätzlich bestehenden Verpflichtung, die gemäß § 26 Abs. 3 StPO abgegebene dienstliche Äußerung der abgelehnten Richterin R 1 vor Zurückweisung des Ablehnungsgesuches dem Betroffenen zur Kenntnis zu geben und ihm nach § 33 Abs. 2 und 3 StPO Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (zu vgl. BVerfG 24, 56, 62; BGH St 21, 85, 87), nicht nachgekommen. Das Urteil beruht jedoch auf diesem Fehler nicht. Die dienstliche Äußerung der abgelehnten Richterin war hier entbehrlich, da die dem Ablehnungsgesuch zugrundeliegenden Tatsachen eindeutig feststanden (zu vgl. BGH, NStZ 2008, 117 m. w. N.). Da die dienstliche Äußerung gemäß § 26 Abs. 3 StPO allein der weiteren Sachaufklärung dient, ist sie verzichtbar, wenn der Sachverhalt bereits geklärt ist.

(3) Soweit der Betroffene in seiner Beschwerdeschrift die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Ablehnung eines Antrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Ordnungsgemäßheit der Geschwindigkeitsmessung erhoben hat, liegt eine solche ebenfalls nicht vor.

In der Ablehnung des Beweisantrages liegt keine Verletzung des verfassungsrechtlich verwirkten Anspruchs auf rechtliches Gehör. Zwar kann in der vorliegend als rechtfehlerhaft gerügten Ablehnung eines Beweisantrages durch das Amtsgericht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegen. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn ein Beweisantrag durch das Tatgericht ohne nachvollziehbare, auf das Gesetz zurückführbare Begründung zurückgewiesen wird und die Entscheidung unter Berücksichtigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und als willkürlich angesehen werden muss (zu vgl. BVerfG, NJB, 1992, 2811). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Das Amtsgericht Paderborn hat den in Rede stehenden Beweisantrag der Verteidigung zur Kenntnis genommen und mit nachvollziehbaren Erwägungen im Rahmen seiner bestehenden, gemäß § 77 OWiG modifizierten Aufklärungspflicht beschieden. Das Amtsgehöht Paderborn hat nach der durchgeführten Beweisaufnahme den Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Ordnungsgemäßheit der Anwendung des verwendeten standardisierten Messverfahrens rechtsfehlerfrei gemäß § 77 Abs. 2 OWiG i. V. m. § 244 Abs. 3 S. 2 StPO abgelehnt. Das Amtsgericht hat zu den Umständen und zur Ordnungsgemäßheit der Geschwindigkeitsmessung bereits die Zeugen PHK L. und PHK K. vernommen und die wesentlichen Inhalte des Eichscheins, des Auswertefeldes und der Schulungsnachweise bekannt gegeben und das Messvideo in Augenschein genommen, ohne das sich - auch unter Berücksichtigung der in den Urteilgründen dargestellten „ruckeln" des Messvideos - durchgreifende Anhaltpunkte für eine fehlerhafte Eichung, fehlerhafte Bedienung oder sonstige Fehlerhaftigkeit des eingesetzten standardisierten Messverfahrens ergeben hätten. Für die Frage, ob eine weitere Beweiserhebung erforderlich war, ist es nicht zu entscheiden, welche Vorstellung der Betroffene vom bisherigen Beweisergebnis hat, sondern wie sich dieses den Tatrichter darstellen musste (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 13.09.2012, III- 1 Ss OWi 112/12, BeckRS 2012, 20462).

(4) Die Überprüfung des Urteils auf die erhobene Sachrüge lässt kein Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen erkennen.

Die Feststellung des angefochtenen Urteils zur äußeren und inneren Tatseite tragend den Schuldspruch wegen einer Ordnungswidrigkeit der fahrlässigen Überschreitung rechtbedenkenfrei.

Die Erwägungen zur Bußgeldmessungen sowie zur Verhängung eines Fahrverbotes von einem Monat weisen keine dem Betroffenen beschwerenden Rechtsfehler auf. Die Höhe der Geldbuße, die der durch den Bußgeldkatalog vorgesehene Regelgeldbuße entspricht, begegnet kein Bedenken. Auch die Verhängung eines Fahrverbotes wegen einer Ordnungswidrigkeit unter grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers ist nicht zu beanstanden. Die Entscheidung, ob trotz vorliegenden Regelfalls des § 4 Abs. 1 BKatV der konkrete Sachverhalt Ausnahmecharakter hat und deshalb die Verhängung eines Fahrverbotes nicht erfordert, unterliegt in erster Linie der Würdigung des Tatrichters (zu vgl. OLG Hamm, NZV 2004, 99). Eine fehlerhafte Ermessensausübung ist hier nicht feststellbar.

Mit zutreffenden Erwägungen hat das Amtsgericht auch das Vorliegen einer besonderen Härte durch das verhängte Fahrverbot abgelehnt. Nur soweit besondere Ausnahmeumstände in der Tat oder in der Persönlichkeit des Betroffenen wie z:13. drohen des Verlustes des Arbeitsplatzes gegeben sind, kommt ein Abweichen von der sonst regelmäßigen Verhängung eines Fahrverbotes in Betracht (zu vgl. BGHSt 38,125 ff.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier, wie das Amtsgericht, dass sich der Möglichkeit des Absehens von der Verhängung bewusst war, zutreffend ausgeführt hat, nicht vor. Das Fahrverbot ist auch nicht unverhältnismäßig.

Grundsätzlich. hat jeder Betroffene berufliche und wirtschaftliche Schwierigkeiten als Folge des Fahrverbotes durch Maßnahmen wie z. 13. die teilweise Inanspruchnahme von Urlaub, die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder von Taxen, die Heranziehung von Verwandten oder Freunden als Fahrer, die Beschäftigung eines Aushilfsfahrers, insbesondere durch eine Kombination dieser Maßnahmen, auszugleichen (zu vgl. OLG Hamm, NZV 2007, 261). Speziell eine Kombination von Maßnahmen der vorgenannten Art ist in der Regel als zumutbar anzusehen.

Vorliegend ist das Fahrverbot für den Betroffenen lediglich mit den gewöhnlich mit einem Fahrverbot verbundenen Unannehmlichkeit verbünden.

Der Rechtsbeschwerde ist daher der Erfolg zu versagen."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Sachprüfung an und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung. Die Gegenerklärung des Betroffenen vom 13. Mai 2024 gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.

Lediglich ergänzend ist Folgendes anzumerken:

(1) Es verbleibt auch unter Berücksichtigung der neuerlichen Ausführungen des Betroffenen dabei, dass der Revisionsgrund des § 338 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StPO durch die Mitwirkung der Richterin am Amtsgericht R 1 an der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch gegen Richter R 2 nicht vorliegt. Auch bei strenger Beachtung der tatbestandlichen Voraussetzungen hat die abgelehnte Richterin am Amtsgericht R 1 die Grenzen des § 26a StPO (i.V.m. § 46 OWiG) nicht überschritten. Diese hat ihre Überzeugung von der dem weiteren Befangenheitsantrag zugrundeliegenden Verschleppungsabsicht rechtsfehlerfrei aus dem Befangenheitsantrag selbst sowie der Verfahrenssituation gewonnen. Zur Richterin „in eigener Sache" ist sie dadurch nicht geworden. Dabei kam sie zur Begründung der Prozessverschleppungsabsicht nicht umhin, das dem Befangenheitsantrag vorausgegangene Geschehen und damit auch eigenes Verhalten seit ihrer Befassung mit dem ersten Ablehnungsgesuch gegen Richter R 2 zu schildern. Selbst wenn man dies anders bewerten wollte, wäre jedenfalls der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO nicht gegeben, weil jedenfalls —wie bereits die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend angeführt hat — eine willkürliche oder offensichtlich unhaltbare Anwendung des § 26a StPO nicht gegeben ist (vgl. dazu BGH, Beschluss v. 08.07.2009 - 1 StR 289/09 -, juris). Auch nach den dann anzuwendenden Beschwerdegrundsätzen ist die Entscheidung sodann rechtlich nicht zu beanstanden, weil angesichts des Prozessgeschehens und der Verfahrenssituation offensichtlich ist, dass durch das weitere Ablehnungsgesuch gegen die zur Entscheidung über das erste Ablehnungsgesuch gegen Richter R 2 berufene Richterin am Amtsgericht R 1 das Verfahren nur verschleppt werden sollte. Dabei war für den Verteidiger klar erkennbar, dass sich die Richterin den gesetzlichen Vorgaben entsprechend mit dem Ablehnungsgesuch gegen Richter R 2, dessen dienstlicher Stellungnahme sowie der Gegenerklärung auseinandergesetzt hat und ihm lediglich einen möglichen Entscheidungszeitpunkt in Aussicht gestellt hat. Angesichts dessen ist auch vor dem Hintergrund des gesamten Prozessverhaltens offensichtlich, dass durch das maßgeblich auf den kurzfristig angekündigten möglichen Entscheidungszeitpunkt gestützte Ablehnungsgesuch nur das Verfahren verschleppt werden sollte.

(2) In der Ablehnung des Beweisantrags des Betroffenen auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Ordnungsmäßigkeit der Geschwindigkeitsmessung liegt keine Verletzung des verfassungsrechtlich verwirkten Anspruchs auf rechtliches Gehör und keine Aufklärungspflichtverletzung des Amtsgerichts. Insoweit wird vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat in der Folge auch den Aussetzungsantrag des Betroffenen zum Zwecke der Einholung eines Privatgutachtens rechtsfehlerfrei zurückgewiesen. Dabei ist in den Urteilsgründen ausführlich dargelegt, dass sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch unter Berücksichtigung des kurzzeitigen „ruckelns" des in Augenschein genommenen Messvideos keinerlei konkrete Anhaltspunkte für Messfehler im Rahmen des standardisierten Messverfahrens ergeben haben. Soweit der Betroffene hinsichtlich des Aussetzungsantrags darauf verweist, ihm bliebe bei Einhaltung entsprechender Vorgaben des Kostenrechts, wonach er zuerst einen Beweisantrag bei Gericht zu stellen habe, der Weg ins Privatgutachten prozessual verwehrt, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Es ist Sache des verteidigungswilligen Betroffenen, die bereitstehenden Daten vor der Hauptverhandlung sachverständig überprüfen zu lassen. Das Kostenrisiko in Bezug auf das Privatgutachten trägt der Betroffene dabei selbst. Nur im Fall des Freispruchs kann etwas Anderes gelten, soweit etwa die Beauftragung eines Privatsachverständigen bereits mit Zustellung des Bußgeldbescheides zur Begründung konkreter Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit einer Messanlage notwendig erscheinen durfte (vgl. KG Berlin, Beschluss v. 12.11.2020 - 3VVs 275/20 - juris; LG Wuppertal, Beschluss v 06 11 2018 - 26 Qs 210/18 juris).

(3) Schließlich verbleibt es aus den in der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft, genannten Gründen auch dabei, dass die Überprüfung des Urteils auf die erhobene Sachrüge keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen-erkennen lässt.

Allein soweit der Betroffene zutreffend moniert hat, dass ein Verweis auf elektronische Speichermedien hier der CD-Rom mit der Kopie des Messvideos —von § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO nicht abgedeckt ist, weil die Vorschrift nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur Verweise auf die Außenwelt unmittelbar wiedergebende „Abbildungen" gestattet, wozu Dateien auf elektronischen Speichermedien nicht gehören (vgl. BGH, Beschluss v. 02.11.2011 - 2 StR 332/11 -, juris; OLG Hamm; Beschluss v. 04.02.201'9 - 4 RBs 17/19 -, juris; OLG Bamberg, Beschluss v. 19.07.2017 - 3 Ss OWi 836/17 juris), ist die Videoaufnahme damit nicht Bestandteil der Urteilsgründe geworden. Indes beruht das Urteil nicht auf diesem Rechtsfehler. Die Urteilsgründe enthalten auch ohne die ergänzenden Verweise eine aus sich heraus verständliche Beschreibung und Würdigung des sich aus den Videoaufnahmen ergebenden Geschehens, die eine umfassende Beurteilung ihres Aussagegehalts durch den Senat ermöglichen.


Einsender: RA H. Urbanzyk, Coesfeld

Anmerkung:


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