Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Entscheidungen

Haftfragen

Aufbewahrung, Datenkontrolle. in JVA sichergestellte Mobiltelefone, Kosten

Gericht / Entscheidungsdatum: KG, Beschl. v. 27.06.2023 - 2 Ws 17/23

Leitsatz des Gerichts:

Der Gefangene muss für die Kosten der Kontrolle bei ihm sichergestellter Mobiltelefone auf sicherheitsrelevante Daten und ggf. deren Löschung aufkommen, da er die Gefahrenlage selbst geschaffen hat. Er kann dabei selbst dann zur Begleichung der durch die Kontrolle entstehenden Kosten herangezogen werden, wenn bei der Kontrolle tatsächlich keine gespeicherten Daten auf seinen Mobiltelefonen und SIM-Karten festgestellt werden.


2 Ws 17/23

In der Strafvollzugssache
pp.

wegen Datenkontrolle von Mobiltelefonen

hat der 2. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 27. Juni 2023 beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde des Gefangenen gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin – Strafvollstreckungskammer – vom 5. Januar 2022 [richtig: 2023] wird als unbegründet verworfen.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. 

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer verbüßt seit dem 27. August 2019 mehrere (Rest-)Gesamtfreiheitsstrafen wegen räuberischer Erpressung und Raubes sowie wegen Computerbetruges. Das Strafende ist auf den 23. Oktober 2023 notiert. Seit dem 9. Juni 2020 befindet sich der Beschwerdeführer im geschlossenen Vollzug der Justizvollzugsanstalt (JVA) Heidering.

Bei Haftraumkontrollen in der JVA Heidering wurden insgesamt acht Mobiltelefone, sechs USB-Ladegeräte und fünf USB-Ladekabel sichergestellt, die von dem Beschwerdeführer ohne Erlaubnis der Anstalt in seinen Haftraum eingebracht worden waren. Der Beschwerdeführer beantragte bei der Vollzugsanstalt zunächst die Herausgabe der Geräte an einen Bekannten und später, die Geräte mit einem Sperrvermerk zu seiner Habe zu nehmen. Nachdem die JVA Heidering dies unter Hinweis darauf, dass die Datenspeicher der Mobiltelefone zuvor von einer Fachfirma gelöscht werden müssten und dafür jeweils Kosten in Höhe von 75,00 Euro anfielen, abgelehnt hatte, wandte sich der Beschwerdeführer am 10. Oktober 2022 mit dem Antrag an die Strafvollstreckungskammer, die Anstaltsleitung der JVA Heidering zu verpflichten, die während seiner Inhaftierung sichergestellten Mobiltelefone zu seiner Habe zu nehmen, und ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Mit Beschluss vom 5. Januar 2022 [richtig: 2023] hat das Landgericht Berlin – Strafvollstreckungskammer – den Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 10. Oktober 2022 als unbegründet zurückgewiesen, den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt und den Streitwert auf 600,00 Euro festgesetzt. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner zu Protokoll des Urkundsbeamten des Amtsgerichts Zossen erhobenen Rechtsbeschwerde vom 25. Januar 2023 und beantragt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Er rügt die Verletzung sachlichen Rechts.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Mit der allein erhobenen Sachrüge dringt der Beschwerdeführer nicht durch.

1. Allerdings erfüllt die Rechtsbeschwerde die besondere Zulässigkeitsvoraussetzung des § 116 Abs. 1 erste Alt. StVollzG; denn es ist geboten, die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung zur Fortbildung des Rechts zu ermöglichen.

Zur Fortbildung des Rechts ist eine Rechtsbeschwerde zulässig, wenn der Einzelfall Anlass gibt, Leitsätze für die Auslegung gesetzlicher Vorschriften des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (std. Rspr., vgl. BGHSt 24, 15, 21; Senat, Beschlüsse vom 28. April 2022 – 2 Ws 56/22 Vollz –, 22. Januar 2020 – 2 Ws 1-2/20 Vollz – und vom 8. Januar 2018 – 2 Ws 215/17 Vollz – jeweils mwN).

Dies ist hier gegeben.

Zwar ist obergerichtlich bereits entschieden, dass die Vollzugsbehörde eingebrachte Mobiltelefone vor ihrer Ausbringung auf Kosten des Gefangenen nach gespeicherten Daten durchsuchen oder die Telefone vernichten darf (vgl. Senat NStZ 2012, 435; Beschlüsse vom 11. August 2011 – 2 Ws 364/11 Vollz – und vom 18. April 2011 – 2 Ws 253/10 Vollz –). Jedoch bezieht sich die gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung bislang auf die Regelung des § 83 StVollzG (Bund). Dem Senat ist die Möglichkeit eröffnet, über den Einzelfall hinaus erstmals zur Übertragbarkeit dieser Rechtsprechungsmaßstäbe auf die Regelungen des § 51 StVollzG Bln und des § 53 StVollzG Bln Stellung zu nehmen.

2. Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat es die Strafvollstreckungskammer auf der Grundlage ausreichender tatsächlicher Feststellungen zum Sachverhalt abgelehnt, die Anstaltsleitung der JVA Heidering zu verpflichten, die sichergestellten Mobiltelefone ohne vorherige Datenüberprüfung durch eine Fachfirma zur Habe des Beschwerdeführers zu nehmen.

Die Entscheidung der Vollzugsanstalt, die sichergestellten Mobiltelefone ohne vorherige vollständige Datenüberprüfung durch eine Fachfirma nicht zur Habe des Beschwerdeführers zu nehmen oder zu versenden, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 StVollzG Bln dürfen Gefangene Gegenstände nur mit Zustimmung der Anstalt in Gewahrsam haben, annehmen oder abgeben.

§ 1 des Berliner Gesetzes zur Verhinderung des Mobilfunkverkehrs in Justizvollzugsanstalten (MFunkVG) bestimmt, dass Gefangenen der Besitz und Betrieb von Mobilfunkendgeräten auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalten untersagt ist, da andernfalls ein unkontrollierbarer Datenaustausch stattfinden könnte, der die Sicherheit der Anstalt gefährden kann (vgl. Senat, Beschluss vom 18. April 2011 – 2 Ws 253/10 Vollz – mwN).

b) Durch den mehrfachen Besitz von in der Haftanstalt verbotenen Mobiltelefonen hat der Beschwerdeführer wiederholt gegen die ihm auferlegte Gewahrsamsbeschränkung verstoßen (vgl. OLG Nürnberg ZfStrVo 2002, 179). Dadurch hat er jeweils zugleich eine Gefahr für die Sicherheit in der Vollzugsanstalt geschaffen. Mithin liegt es auch in seiner Sphäre, diese Gefahr durch die Auslesung der Geräte zu beseitigen oder aber die entsprechenden Geräte oder SIM-Karten vernichten zu lassen.

c) Gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 StVollzG Bln werden Gegenstände, die die Gefangenen nicht im Haftraum aufbewahren dürfen oder wollen, von der Anstalt aufbewahrt, soweit dies nach Art und Umfang möglich ist und Gründe der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt, insbesondere auch hygienische Gründe, nicht dagegensprechen. Ferner hat ein Gefangener die Möglichkeit, nach § 53 Abs. 2 StVollzG Bln Gegenstände, die er nicht benötigt, abzusenden. Dieses Recht gilt allerdings nicht uneingeschränkt, da die Justizvollzugsanstalt die Versendung bzw. die Ausbringung aus Sicherheitsgründen verweigern darf (vgl. Senat aaO). Denn es muss sichergestellt werden, dass dadurch die Sicherheit der Anstalt nicht gefährdet wird. Dies wäre bei einer unkontrollierten Herausgabe von Mobiltelefonen aber wegen der bestehenden Speicherungsmöglichkeiten der Fall. Denn während seines Aufenthalts in der Vollzugsanstalt kann ein Gefangener Kenntnisse über deren Sicherheitssysteme, Schließeinrichtungen, Notruf- und Alarmsysteme sowie über die Ausstattung der Vollzugsbediensteten und interne Abläufe sammeln und mit seinem Mobiltelefon aufzeichnen und speichern. Derartige gespeicherte Daten sind von hoher Sicherheitsrelevanz und stellen nicht bloß eine abstrakte Gefahr für die Sicherheit und Ordnung der Anstalt dar.

d) Demgemäß steht der Haftanstalt das Recht zu, zunächst zu kontrollieren, ob sicherheitsrelevante Daten in den Telefonen gespeichert sind. Da der Gefangene diese Gefahr selbst durch einen Verstoß gegen die ihm auferlegte Pflicht verursacht hat, muss er auch für die dadurch entstehenden Kosten aufkommen (vgl. Senat aaO). Er kann dabei selbst dann zur Begleichung der durch die Kontrolle entstehenden Kosten herangezogen werden, wenn bei der Kontrolle tatsächlich keine gespeicherten Daten auf seinen Mobiltelefonen und SIM-Karten festgestellt werden.

e) Aufzeichnungen, die Kenntnisse über Sicherheitsvorkehrungen der Anstalt vermitteln oder Schlussfolgerungen auf diese zulassen, können von der Vollzugsbehörde nach § 53 Abs. 4 StVollzG Bln vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden. Bei Mobilfunkgeräten erfolgt eine Vernichtung der sicherheitsrelevanten Daten durch vollständige Löschung der Datenspeicher.

Da der Gefangene die Gefahrenlage selbst geschaffen hat, darf die Vollzugsbehörde von ihm und auf seine Kosten – durch ein externes Unternehmen – den Nachweis verlangen, dass sich auf den Telefonen und SIM-Karten keine Aufzeichnungen im Sinne des § 53 Abs. 4 StVollzG Bln befinden. Der Gefangene hat die Möglichkeit, entweder alle Daten löschen oder die Telefone vernichten zu lassen, oder aber die gespeicherten Daten auslesen zu lassen und der Haftanstalt zur Kontrolle vorzulegen (vgl. Senat aaO).

f) Die zur bundesgesetzlichen Regelung getroffenen Entscheidungen sind insoweit auf die Aufbewahrung und Datenkontrolle bei Mobiltelefonen nach § 53 StVollzG Bln übertragbar. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe erweist sich die Weigerung der Vollzugsanstalt, die sichergestellten Mobiltelefone ohne vorherige vollständige Datenüberprüfung durch eine Fachfirma zu versenden oder zur Habe des Beschwerdeführers zu nehmen, vorliegend als rechtlich nicht zu beanstanden.

3. Angesichts der Unbegründetheit der Rechtsbeschwerde war der Antrag auf Prozesskostenhilfe gemäß § 120 Abs. 2 StVollzG (Bund) in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO wegen mangelnder Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 4 StVollzG, § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.


Einsender: RiKG D. Neumann, Berlin

Anmerkung:


zurück zur Übersicht

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".