Gericht / Entscheidungsdatum: LG Hamburg, Beschl. v. 06.06.2024 – 621 Qs 32/24
Eigener Leitsatz:
1. Ein sog. „Enkel-Trick-Betrug“ oder eine ähnliche Straftat ist eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung i.S. von § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 1 StPO i.V.m. § 100g Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO.
2. Der Katalog des § 100g Abs. 2 StPO ist für Funkzellenabfragen nach § 100g Abs. 3 S. 1 StPO nicht einschlägig (entgegen BGH, Beschl. v. 10.1.2024 – 2 StR 171/23).
In pp.
1. Auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Hamburg gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 05.06.2024, Az.: 168 Gs 1013/24, wird die angefochtene Entscheidung aufgehoben.
2. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Hamburg wird gemäß § 100g Abs. 3 S. 1 StPO angeordnet, dass die Netzbetreiber
D. T. AG, V. GmbH, T1 G. GmbH & Co. OHG
unverzüglich Auskunft zu erteilen haben über alle nach §§ 9 und 12 TTDSG und § 2a BDBOSG gespeicherten Verkehrsdaten, inklusive gespeicherter Standortdaten, die in den von ihnen betriebenen Funkzellen an dem Standort pp. am 01.06.2024 im Zeitraum von 13:00 Uhr bis 15:00 Uhr angefallen sind (Bl. 19 f.).
Gründe
I.
Mindestens drei unbekannte Täter sind aufgrund der bisherigen polizeilichen Ermittlungen, insbesondere der Angaben des Geschädigten B., verdächtig,
in H. am 01.06.2024 gemeinschaftlich und gewerbsmäßig als Mitglieder einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrugsstraftaten verbunden hat, in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt zu haben, dass sie durch Vorspiegelung falscher Tatsachen einen Irrtum erregten.
Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die bisher unbekannten Täter schlossen sich zu einem unbekannten Zeitpunkt in größerer Personenanzahl mit dem Ziel zusammen, sich durch die professionelle und arbeitsteilige Begehung von Betrugstaten nach dem Vorbild des sog. „Enkeltricks“ zum Nachteil vorwiegend älterer Tatopfer eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von erheblichem Umfang zu verschaffen.
Wobei die Taten dergestalt geplant waren, dass systematisch (vermeintlich) ältere Mitbürger angerufen werden sollten, die die Täter durch die bewusst wahrheitswidrige Vorspiegelung von anstehenden Straftaten zum Nachteil der Opfer, polizeilicher Ermittlungen zum Nachteil nahestehender Verwandter etc. letztlich dazu zu veranlassen beabsichtigten, den Tätern irrtumsbedingt größere Bargeldbeträge oder sonstige Vermögenswerte auszuhändigen.
Bisher kann die Begehung folgender im Rahmen der Bandenabrede begangener Einzeltat konkretisiert werden:
Am 01.06.2024 zur Mittagszeit nahm ein unbekannter Täter telefonisch Kontakt mit dem zu diesem Zeitpunkt 86-jährigen, im H. Weg... wohnhaften Geschädigten W. H. B. über dessen Telefonanschluss auf, gab sich als Polizeibeamter aus und behauptete - wider besseres Wissen - wahrheitswidrig, dass im Bereich der Wohnanschrift des Geschädigten eine Frau überfallen worden sei und in diesem Zusammenhang Unterlagen aufgefunden worden seien, die eine Auflistung der Vermögenswerte des Geschädigten enthielten. Kurze Zeit später erschien ein weiterer unbekannter Täter am Haus des Geschädigten und forderte ihn zur Herausgabe seiner Bankkarten und der dazugehörigen PIN-Codes heraus, vermeintlich um diese am Polizeikommissariat zu überprüfen, tatsächlich aber um unter Einsatz der Karte und PIN (abrede- und zweckwidrige) Abhebungen an Geldautomaten vorzunehmen; der Geschädigte folgte im Vertrauen auf die Angaben der Täter den Anweisungen.
Verbrechen, strafbar gemäß §§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 und Abs. 5, 25 Abs. 2 StGB.
II.
Die Voraussetzungen der beantragten Funkzellenabfrage nach § 100g Abs. 3 S. 1 StPO sind gegeben.
Es besteht ein Anfangsverdacht einer Straftat nach § 263 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 und S. 2 Nr. 1 und Abs. 5, § 25 Abs. 2 StGB. Bereits das Einräumen einer unmittelbaren Zugriffsmöglichkeit auf die Konten des Geschädigten durch dessen – durch die Täter absichtlich veranlasste – Herausgabe seiner Bankkarten samt zugehöriger PINs stellt eine schadensgleiche Vermögensgefährdung dar (vgl. Fischer-StGB, 71. Auflage 2024, § 263 Rn. 156 und 173 m.w.N.).
Es liegt der Verdacht einer Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung vor, § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 1 StPO i.V.m. § 100g Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO. Sie ist zum einen, unter Nr. 1 lit. n), im Katalog des § 100a Abs. 2 StPO enthalten und weist zum anderen auch unter Berücksichtigung der konkreten Tatumstände erhebliche Bedeutung auf. Es handelt sich vorliegend um eine Straftat von erhöhter Kriminalität. Nach kriminalistischer Erfahrung sind bei Taten nach dem vorliegenden Modus Operandi mindestens drei Personen involviert: Ein Anrufer, ein Logistiker und ein Abholer. Der Umstand, dass die Täter den Geschädigten geschickt manipulierten und steuerten, lässt auf einige Übung in dem Deliktsfeld und einen hohen Organisationsgrad schließen. An der Aufklärung dieser Tat besteht ein hohes öffentliches Interesse schon wegen des erheblichen Wertes der potentiellen Tatbeute – der Ersparnisse eines betagten Mitbürgers auf zwei Bankkonten – und des skrupellosen sowie gezielten Vorgehens der professionalisierten Täter, welche die altersbedingte Gutgläubigkeit und Gutmütigkeit des betagten Geschädigten mit erheblicher krimineller Energie arbeitsteilig und trickreich ausnutzten.
Vor diesem Hintergrund stehen die Erhebung der Daten und der hier beantragte Anordnungszeitraum von nur zwei Stunden in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache, § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 2 StPO. Die Funkzellenabfrage ist in zeitlicher Hinsicht auf den hinreichend angenäherten Zeitraum der Tatzeit und in örtlicher Hinsicht allein auf den Tatort beschränkt. Das Erfordernis der Verhältnismäßigkeit ist vorliegend auch deshalb gewahrt, weil die konkrete Funkzellenabfrage sich als besonders erfolgsversprechend darstellt. Insbesondere sind Erkenntnisgewinne durch sog. „Kreuztreffer“ mit anderen Funkzellenabfragen in vergleichbaren Fällen zu erwarten. Es handelt sich nach bisherigen polizeilichen Erkenntnissen um einen für derartige Straftaten typischen Modus Operandi mit einem hohen Professionalisierungsgrad, was auf vorangehende, vergleichbar gelagerte Straftaten derselben Tätergruppierung schließen lässt. Durch die telefonische Kontaktaufnahme eines der Täter mit dem Geschädigten ist zudem zu erwarten, dass auch der Täter, der den Geschädigten an dessen in der abzufragenden Funkzelle liegender Anschrift aufsuchte, ein eingeschaltetes Smartphone oder Handy mit sich führte, um mit den anderen Tätern in Kontakt bleiben zu können.
Ohne die Funkzellenabfrage wären die Ermittlungen schließlich wesentlich erschwert, wenn nicht gar aussichtslos, § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 3 StPO. Gerade bei Ermittlungen gegen unbekannte Täter sind die Ermittlungsansätze und Ermittlungsmöglichkeiten häufig sehr beschränkt. Nach Aktenlage sind vorliegend keine weiteren erfolgversprechenden Ermittlungsinstrumente erkennbar. Nicht nur sind die Täter unbekannt, sie halten sich nach polizeilicher Erfahrung aus vergleichbar gelagerten Fällen möglicherweise sogar teilweise im Ausland auf. Zuletzt ist auch die bisher einzig vorliegende Beschreibung des am Tatort erschienenen Täters durch den Geschädigten zu unspezifisch, um konkrete Ermittlungsansätze auf sie stützen zu können.
III.
Der Anordnung steht auch nicht entgegen, dass kein Verdacht einer besonders schweren Straftat aus dem Katalog des § 100g Abs. 2 StPO vorliegt. Der Katalog des § 100g Abs. 2 StPO ist für Funkzellenabfragen nach § 100g Abs. 3 S. 1 StPO nicht einschlägig.
Die Kammer schließt sich damit der jüngsten Entscheidung des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs zu den Voraussetzungen einer Funkzellenabfrage nicht weiter an (vgl. BGH, Beschluss vom 10.01.2024 – 2 StR 171/23 = BeckRS 2024, 10088) und hält an ihrer in den Beschlüssen vom 23.05.2024 (Az.: 621 Qs 28/24) und vom 24.05.2024 (Az.: 621 Qs 29/24) noch vertretenen Rechtsansicht nicht weiter fest.
Der Beschluss des 2. Strafsenats lässt bereits im Ausgangspunkt unerwähnt (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 14), dass die darin postulierte Auffassung, eine Funkzellenabfrage nach § 100g Abs. 3 S. 1 StPO setze den Verdacht einer besonders schweren Straftat aus dem Katalog des § 100g Abs. 2 StPO voraus, der – soweit ersichtlich – bislang herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur widerspricht (vgl. etwa LG Stade, Beschluss vom 26.10.2018 – 70 Qs 133/18 = BeckRS 2018, 27043; Köhler, in: Meyer-Goßner/Schmitt-StPO, 66. Auflage 2023, § 100g, Rn. 36-38; Bär, in: BeckOK-StPO, 51. Edition, Stand: 01.04.2024, § 100g, Rn. 50; Henrichs/Weingast, in: KK-StPO, 9. Auflage 2023, § 100g Rn. 12, jeweils m.w.N.).
Die Auffassung des 2. Strafsenats, wonach es für die Anordnung einer Funkzellenabfrage gemäß § 100g Abs. 3 S. 1 StPO des Verdachts einer Katalogstraftat nach § 100g Abs. 2 StPO bedarf, findet im Wortlaut (1.) und der Systematik (2.) des Gesetzes sowie nach historischer (3.) und teleologischer (4.) Auslegung keine Stütze. Auch eine analoge Anwendung des § 100g Abs. 2 StPO scheidet aus (5.).
1. Der Wortlaut des § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 1 StPO ist eindeutig. Der Verweis aus § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 1 StPO zielt explizit allein auf § 100g Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO und damit (mittelbar) allein auf den indiziell anzuwendenden Katalog des § 100a Abs. 2 StPO. Es erfolgt in § 100g Abs. 3 S. 1 StPO gerade kein expliziter Verweis auf den gesamten § 100g Abs. 1 S. 1 StPO und schon gar keiner auf § 100g Abs. 1 S. 3 StPO (so auch LG Stade, BeckRS 2018, 27043, Rn. 7).
Die Kammer verkennt nicht, dass innerhalb des § 100g Abs. 1 StPO für retrograde Standortdaten die Vorschrift des § 100 Abs. 1 S. 3 StPO zur Anwendung kommt (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 16). Der § 100g Abs. 3 S. 1 StPO verweist aber gerade nicht auf den § 100g Abs. 1 StPO insgesamt, sondern explizit nur auf § 100g Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO (vgl. § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 1 StPO).
Daran ändert auch nichts, dass § 100g Abs. 3 S. 1 StPO die Funkzellenabfrage als „die Erhebung aller in einer Funkzelle angefallenen Verkehrsdaten“ legaldefiniert, wie der 2. Strafsenat betont (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 16). Dieser Lesart ist zwar zuzugeben, dass sich unter den „angefallenen Verkehrsdaten“ in aller Regel auch gespeicherte Standortdaten befinden dürften (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 16, ebenso LG Stade, a.a.O., Rn. 6). Auch daraus folgt aber nicht die Anwendbarkeit des § 100g Abs. 2 StPO auf § 100g Abs. 3 S. 1 StPO. Denn die Geltung des Katalogs in § 100g Abs. 2 StPO wird von § 100g Abs. 1 S. 3 StPO seinem Wortlaut nach nur für Erhebungen retrograder Standortdaten „nach diesem“ – also dem ersten – „Absatz“ des § 100g StPO angeordnet. Bei der Funkzellenabfrage nach § 100g Abs. 3 StPO handelt es sich um einen anderen, eigenständigen Absatz, der eigene Voraussetzungen aufstellt und zudem in § 100g Abs. 3 S. 2 StPO abschließend regelt, wann der Katalog des § 100g Abs. 2 StPO für Funkzellenabfragen gelten soll.
2. Auch die weitere Systematik des Gesetzes spricht dagegen, dass eine Funkzellenabfrage nach § 100g Abs. 3 S. 1 StPO nur beim Verdacht einer Katalogtat nach § 100g Abs. 2 StPO in Betracht kommt.
a) Anders ließe sich der bereits erwähnte § 100g Abs. 3 S. 2 StPO nicht erklären. Denn § 100g Abs. 3 S. 2 StPO ordnet nur dann die Anwendung des § 100g Abs. 2 StPO für Funkzellenabfragen an, wenn sich diese auf Verkehrsdaten nach § 176 TKG beziehen. Im Umkehrschluss gelten die Voraussetzungen des § 100g Abs. 2 StPO für alle anderen Funkzellenabfragen gerade nicht. Ansonsten wäre § 100g Abs. 3 S. 2 StPO jeglicher Anwendungsbereich entzogen und die Norm liefe leer. Dies lässt der 2. Strafsenat, der die Norm des § 100g Abs. 3 S. 2 StPO zwar erwähnt, letztlich argumentativ aber außer Acht lässt (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 23).
Aktuell werden zwar keine Verkehrsdaten nach § 176 TKG erfasst, weil die darin geregelte Vorratsdatenspeicherung mit Unionsrecht unvereinbar und die Norm daher unanwendbar ist (vgl. Köhler, a.a.O., Rn. 36 m.w.N.). Gleichwohl verdeutlicht der Hintergrund der allgemeinen und unterschiedslosen Speicherung von Vorratsdaten in § 176 TKG, dass (nur) für deren Abruf die erhöhten Anforderungen des § 100g Abs. 2 StPO gelten sollen, für andere Verkehrsdaten, darunter auch gespeicherte Standortdaten, jedoch nicht.
b) In systematischer Hinsicht ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass § 100g Abs. 3 S. 1 StPO insgesamt drei eigene Voraussetzungen aufzählt (vgl. § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 1-3 StPO). Dass die Voraussetzungen des § 100g Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO erfüllt sein müssen (so § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 1 StPO), ist nur eine dieser drei Voraussetzungen. Daneben muss die Erhebung der Daten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache stehen (§ 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 2 StPO) und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise muss aussichtslos oder wesentlich erschwert sein (§ 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 3 StPO).
Wäre aber der Verweis des § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 1 StPO als Verweis auf den gesamten § 100g Abs. 1 S. 1 StPO zu lesen, wie es der 2. Strafsenat seiner Entscheidung offenbar zugrunde legt (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 23), wäre § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 2 StPO überflüssig, der verlangt, dass die Datenerhebung in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache stehen muss. Denn dies steht ebenfalls wortgleich am Ende von § 100g Abs. 1 S. 1 StPO.
c) Zusätzlich enthält § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 3 StPO eine im Vergleich zu § 100g Abs. 1 S. 1 StPO partiell engere Voraussetzung, was im Sinne des Spezialitätsgrundsatzes besonders stark gegen einen Pauschalverweis aus § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 1 StPO auf den gesamten § 100g Abs. 1 S. 1 StPO spricht.
Anstatt dass die Datenerhebung lediglich „für die Erforschung des Sachverhalts“ (§ 100g Abs. 1 S. 1 StPO) oder „für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten“ (§ 100g Abs. 1 S. 4 StPO) erforderlich sein muss, setzt § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 3 StPO für die Funkzellenabfrage voraus, dass „die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre“.
Die bloße Erforderlichkeitsprüfung in § 100 Abs. 1 S. 1 StPO für die Standortdatenerhebung wird hingegen auch von § 100g Abs. 1 S. 3 StPO für die Erhebung retrograder Standortdaten nicht im Sinne des § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 3 StPO („aussichtslos oder wesentlich erschwert“) verschärft. Dies zeugt davon, dass für gespeicherte Standortdaten zwischen § 100g Abs. 1 StPO und § 100g Abs. 3 StPO der vom 2. Strafsenat bemühte Gleichklang gerade nicht besteht. Der durch § 100g Abs. 1 S. 3 StPO im Rahmen der Standortdatenerhebung nach § 100g Abs. 1 StPO für anwendbar erklärte, verengte Katalog des § 100g Abs. 2 StPO gleicht vielmehr das Fehlen einer mit § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 2 StPO vergleichbaren besonderen Erforderlichkeitsschwelle für die Standortdatenerhebung aus. Umgekehrt ist angesichts der strengen Voraussetzung in § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 2 StPO für die Funkzellenabfrage nach § 100g Abs. 3 S. 1 StPO der weitere Katalog aus § 100a Abs. 2 StPO vorgesehen (vgl. § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO) – und das auch nur als Orientierung („insbesondere“).
3. Auch die historische Auslegung der Norm gebietet es nicht, für Funkzellenabfragen nach § 100g Abs. 3 S. 1 StPO den engen Katalog des § 100g Abs. 2 StPO anzuwenden (entgegen BGH, a.a.O., Rn. 17 ff.). Im Gegenteil beabsichtigte der Gesetzgeber eine normenklare Abgrenzung zwischen der Standortdatenerhebung nach § 100g Abs. 1 StPO und der Funkzellenabfrage nach § 100g Abs. 3 StPO.
a) Die geltende Fassung des § 100g Abs. 3 S. 1 StPO geht zurück auf das Gesetz zur Einführung einer Speicherfrist und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten vom 10. Dezember 2015 (BGBl. I, S. 2218; vgl. auch BGH, a.a.O., Rn. 18). In der Begründung des Gesetzesentwurfs betonte der Gesetzgeber den Unterschied zwischen der Standortdatenerhebung nach § 100g Abs. 1 StPO und der Funkzellenabfrage nach § 100g Abs. 3 StPO, jeweils in der damaligen Fassung, vgl. BT-Drs. 18/5088, S. 32 (so auch LG Stade, a.a.O., Rn. 9):
„Zu Absatz 3
Absatz 3 enthält eine Sonderregelung zu Funkzellenabfragen. Bei diesen handelt es sich nicht um Standortdatenerhebungen; vielmehr werden bei einer solchen Abfrage alle Verkehrsdaten erhoben, die in einer bestimmten Funkzelle angefallen sind, um festzustellen, welche Mobilgeräte zu einer bestimmten Zeit der betreffenden Funkzelle zuzuordnen waren. Der Gesetzentwurf führt eine Legaldefinition der Funkzellenabfrage ein und nennt ihre Voraussetzungen. Auf diese Weise wird eine normenklare Ermächtigungsgrundlage für Funkzellenabfragen geschaffen.“
Auf den ebenfalls mit der Reform eingeführten Katalog des § 100g Abs. 2 StPO in der damaligen Fassung wollte der Gesetzgeber bei Funkzellenabfragen bereits damals grundsätzlich nicht zurückgreifen, sondern nur ausnahmsweise bei der Abfrage von Vorratsdaten, vgl. BT-Drs. 18/5088, S. 33:
„Funkzellenabfragen, bei denen auf die nach § 113b TKG-E gespeicherten Daten zugegriffen werden soll, erfolgen auf der Grundlage von Absatz 3 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 2.“
Denn beim damaligen „§ 113b TKG-E“ handelt es sich um die Vorgängernorm des § 176 TKG (vgl. nur Köhler, a.a.O., Rn. 3).
b) An diesem Ergebnis ändert auch die spätere Einführung des § 100g Abs. 1 S. 3 StPO nichts, welcher bei der Erhebung retrograder Standortdaten im Rahmen des § 100g Abs. 1 StPO die Anwendung des § 100g Abs. 2 StPO vorsieht (entgegen BGH, a.a.O., Rn. 19-22).
Die Einführung des § 100g Abs. 1 S. 3 StPO erfolgte durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 im Strafverfahren sowie zur Anpassung datenschutzrechtlicher Bestimmungen an die Verordnung (EU) 2016/679 vom 20. November 2019 (BGBl. I, S. 1724). In seiner Begründung stellte der Gesetzgeber klar (vgl. BT-Drs. 19/4671, S. 61):
„Durch die Anpassung des Wortlautes von § 100g Absatz 1 Satz 3 soll gewährleistet werden, dass die Strafverfolgungsbehörden bei Vorliegen [der] in § 100g Absatz 2 genannten Voraussetzungen auch auf geschäftlich gespeicherte Standortdaten zugreifen können. Dabei wird die ursprüngliche Intention des Gesetzgebers gewahrt, der im Jahr 2015 Standortdaten insgesamt nur noch nach den strengeren Anforderungen des § 100g Absatz 2 StPO erheben lassen wollte (Bundestags-Drucksache 18/5088, S. 24).“
Damit änderte der Gesetzgeber nichts an seiner bereits oben zitierten Unterscheidung zwischen der Standortdatenerhebung nach § 100g Abs. 1 StPO auf der einen und der Funkzellenabfrage nach § 100g Abs. 3 StPO auf der anderen Seite. Die am Ende des obigen Zitats in Bezug genommene Begründung auf S. 24 der BT-Drs. 18/5088 bezieht sich einzig auf § 100g Abs. 1 StPO in der damaligen Fassung, nicht hingegen auf die Funkzellenabfrage, die der Gesetzgeber in der BT-Drs. 18/5088 erst auf S. 32 und – wie bereits zitiert – gerade in Abgrenzung zu § 100g Abs. 1 StPO begründete. Es war 2015 gerade nicht gesetzgeberische Intention, auch die Funkzellenabfrage „insgesamt nur noch nach den strengeren Anforderungen des § 100g Abs. 2 StPO“ zuzulassen, was der 2. Strafsenat aber impliziert (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 22). Insofern ist erneut die Gesetzesbegründung von 2015 in BT-Drs. 18/5088, S. 33 heranzuziehen, aus der sich eine eingeschränkte Anwendbarkeit ergibt:
„Funkzellenabfragen, bei denen auf die nach § 113b TKG-E gespeicherten Daten zugegriffen werden soll, erfolgen auf der Grundlage von Absatz 3 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 2.“
c) Hätte der Gesetzgeber 2019 hingegen auch die Anforderungen an die Funkzellenabfrage entsprechend erhöhen wollen, hätte er eine § 100g Abs. 1 S. 3 StPO entsprechende Regelung auch in § 100g Abs. 3 StPO eingefügt. Eine solche Änderung ist aber unterblieben.
Insoweit liegt auch kein Redaktionsversehen vor. Dies belegt beispielhaft der § 479 StPO, der ebenfalls eine Änderung erfuhr durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 im Strafverfahren sowie zur Anpassung datenschutzrechtlicher Bestimmungen an die Verordnung (EU) 2016/679 vom 20. November 2019 (BGBl. I, S. 1726). Die Neuregelung fasste Regelungen zusammen, wann personenbezogene Daten, die durch Maßnahmen nach der StPO erhoben wurden, welche nur bei Verdacht bestimmter Straftaten zulässig sind, verfahrensübergreifend verarbeitet werden dürfen.
In § 479 Abs. 3 StPO der damaligen Neufassung hieß es über die Anwendbarkeit von § 100g Abs. 2 StPO (BGBl. Jg. 2019, Teil I, S. 1726, Hervorhebungen diesseits):
„Die Verwendung von durch eine Maßnahme nach den §§ 100b, 100c oder 100g Absatz 2, auch in Verbindung mit § 100g Absatz 1 oder 3 Satz 2, erlangten personenbezogenen Daten […]“,
sowie
„[…] bei verwertbaren, durch eine Maßnahme nach § 100g Absatz 2, auch in Verbindung mit § 100g Absatz 1 Satz 3 oder Absatz 3 Satz 2, erlangten personenbezogenen Daten“.
Der Gesetzgeber machte jeweils deutlich, dass § 100g Abs. 2 StPO nach seiner Auffassung entweder eigenständig oder in Verbindung mit § 100g Abs. 1 (S. 3) StPO oder mit § 100g Abs. 3 S. 2 StPO anwendbar sein sollte, nicht aber mit § 100g Abs. 3 S. 1 StPO.
Vergleichbare Formulierungen finden sich auch heute noch in § 101a Abs. 1 S. 2, Abs. 4 S. 1 am Anfang, Abs. 4 S. 1 Nr. 1 und Abs. 5 StPO. Dort wird § 100g Abs. 2 StPO nicht als in Verbindung mit § 100g Abs. 3 S. 1 StPO anwendbar genannt, sondern nur in Verbindung mit § 100g Abs. 1 S. 3 StPO oder mit § 100g Abs. 3 S. 2 StPO.
4. Schließlich führt auch die teleologische Auslegung nicht zur Anwendbarkeit des Katalogs aus § 100g Abs. 2 StPO auf eine Funkzellenabfrage § 100g Abs. 3 S. 1 StPO.
Die Kammer folgt insoweit dem 2. Strafsenat, dass es Sinn und Zweck der Funkzellenabfrage ist, Ermittlungsansätze zu generieren, die an die Anwesenheit in einer oder mehreren Funkzelle(n), an den Abgleich der festgestellten Anwesenheiten und an eine Kommunikation innerhalb der Funkzelle anknüpfen (BGH, a.a.O., Rn. 25). Der 2. Strafsenat selbst zeigt im Anschluss daran jedoch die entscheidende Differenzierung zwischen der Funkzellenabfrage auf der einen und der retrograden Standortdatenerhebung auf der anderen Seite auf: Während die retrograde Standortdatenerhebung im Sinne des § 100g Abs. 1 StPO ermitteln solle, in welcher Funkzelle sich eine bestimmte Zielperson zu einer bestimmten Zeit aufgehalten habe, wende die Funkzellenabfrage den Blick vom Individuum weg auf ein konkretes räumliches Gebiet (BGH, a.a.O., Rn. 25).
Dem 2. Strafsenat ist in seinen weiteren Ausführungen nicht zu folgen, soweit er die eben erfolgte Differenzierung nicht aufrecht erhält und ausführt, die Funkzellenabfrage unterscheide sich in ihrer Wirkweise aus der maßgeblichen Sicht der von der Maßnahme Betroffenen nicht von einer retrograden Standortdatenerhebung nach § 100g Abs. 1 S. 3 StPO, da auch sie die Erstellung von Bewegungsprofilen ermögliche (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 26).
Denn die Möglichkeit zur Erstellung von Bewegungsprofilen von Unbeteiligten ist, insbesondere wegen der strengen Verhältnismäßigkeitsanforderungen in § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 2 StPO, ein nur sehr geringes Risiko der Maßnahme (so auch LG Stade, a.a.O., Rn. 9). Hingegen ist die Möglichkeit zur Erstellung von (streng begrenzten) Bewegungsprofilen von Beschuldigten typischerweise gerade Sinn und Zweck der Funkzellenabfrage und damit in erster Linie eine Ermittlungschance, welche den Grundrechtseingriff insbesondere gegenüber Unbeteiligten verhältnismäßig macht.
a) Bei der Funkzellenabfrage – mit ihrem schon im Ausgangspunkt rein örtlichen und aus Verhältnismäßigkeitsgesichtsgründen lokal beschränkten Blickwinkel – ist die Möglichkeit der Erstellung von Bewegungsprofilen von Unbeteiligten äußerst gering. Ein Risiko für unbeteiligte Dritte, dass ihre Daten in gleich mehreren örtlich verschiedenen Funkzellen gewissermaßen „falsch positiv“ abgefragt werden und ein Bewegungsprofil erstellt werden kann, besteht kaum. Dies folgt schon aus den weiteren, bereits beleuchteten, strengen Anforderungen für Funkzellenabfragen, insbesondere an ihre Verhältnismäßigkeit, in § 100g Abs. 3 S. 1 StPO. So werden entsprechende Funkzellenabfragen nach den Erfahrungen der Kammer aus der Anordnungspraxis stets auf kurze Zeiträume von höchstens mehreren Stunden und örtlich auf wenige Funkzellen beschränkt, sodass weit überwiegend nur der unmittelbare Tatort zur ungefähren Tatzeit abgefragt wird.
Beides führt im Übrigen auch dazu, dass das für Unbeteiligte einzig realistisch bestehende Risiko, in einer einzigen Funkzelle ein einziges Mal „falsch positiv“ mitabgefragt zu werden, auf ein angemessenes Maß reduziert ist (so auch LG Stade, a.a.O., Rn. 9). Dabei ist zu berücksichtigen, dass aus einem einmaligen „Auftauchen“ in den Verkehrsdaten einer abgefragten Funkzelle für Unbeteiligte zudem rein faktisch nichts weiter folgt und ihre Daten – nach deren unverzüglichen Auswertung (§ 101a Abs. 3 S. 1 StPO) – unverzüglich gelöscht werden, wenn und weil sie zur Strafverfolgung nicht mehr erforderlich sind (§ 101a Abs. 3 S. 4 i.V.m. § 101 Abs. 8 S. 1 StPO).
b) Zum anderen ist es in erster Linie nicht Risiko, sondern oft Ziel und eingriffsrechtfertigende Chance, mithilfe von Funkzellenabfragen nach § 100g Abs. 3 S. 1 StPO in sehr begrenztem Maße Bewegungsprofile von Beschuldigten zu erstellen. Dies ist – eng begrenzt durch die Anforderungen in § 100g Abs. 3 S. 1 StPO – letztlich vielfach Sinn und Zweck der Funkzellenabfrage nach § 100g Abs. 3 S. 1 StPO, was auch der 2. Strafsenat – im Widerspruch zu seiner weiteren Argumentation – anerkennt (BGH, a.a.O., Rn. 25: „Ermittlungsansätze zu generieren, die an die Anwesenheit in einer oder mehreren Funkzelle(n), an den Abgleich der festgestellten Anwesenheiten […] anknüpfen“). Dies gilt insbesondere in Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Beschuldigte. Schließlich besteht der Zweck der Funkzellenabfrage nach § 100g Abs. 3 S. 1 StPO in der Erforschung des Sachverhalts oder der Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten, unter der Voraussetzung, dass diese auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre (vgl. § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 3 StPO). Diese Voraussetzung liegt bei Ermittlungen gegen bislang noch unbekannte Beschuldigte in aller Regel vor, weil typischerweise keine anderen Ermittlungsansätze Erfolg versprechen. Derartige Funkzellenabfragen erfüllen die Anforderung der Verhältnismäßigkeit (vgl. § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 2 StPO) besonders dann, wenn „Kreuztreffer“ als eng begrenztes Bewegungsprofil zu erwarten sind, ein Verkehrsdatenverursacher also beispielsweise bei Serienstraftaten in mehreren Tatortfunkzellen auftaucht. Dies stellt regelmäßig ein erstes Indiz einer möglichen Tatbeteiligung dar und lässt womöglich Rückschlüsse auf die Identität eines Beschuldigten zu. Funkzellenabfragen mit Kreuztrefferpotential sind dementsprechend besonders erfolgsversprechend und damit im Sinne der Verhältnismäßigkeit eher geeignet, einen Grundrechtseingriff, insbesondere gegenüber Unbeteiligten, zu rechtfertigen.
Unangemessen umfangreiche Bewegungsprofile von Beschuldigten sind hingegen angesichts der weiteren Anforderungen in § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 2 und 3 StPO, insbesondere aufgrund des strengen Verhältnismäßigkeitsmaßstabes und der zeitlichen und örtlichen Begrenzung auf kurze Zeiträume und die notwendigen Funkzellen, nicht zu erwarten. Demgegenüber ist die Standortdatenabfrage nach § 100g Abs. 1 StPO viel gezielter und örtlich von vornherein personenbezogen und linear (vgl. auch LG Stade, a.a.O., Rn. 6 und 9). Auch wegen der besonderen Erforderlichkeitsschwelle in § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 3 StPO birgt die Funkzellenabfrage kein mit der Standortdatenerhebung gemäß § 100g Abs. 1 StPO vergleichbares Risiko einer umfassenden Bewegungsverfolgung.
5. Angesichts des klaren, lückenlosen Regelungskonzepts des insbesondere auf Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte achtenden Gesetzgebers (vgl. § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 2 und 3 StPO) scheidet schließlich auch eine analoge Anwendung des § 100g Abs. 2 StPO auf die Funkzellenabfrage nach § 100g Abs. 3 S. 1 StPO aus. Es mangelt bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Zur Vermeidung umfassender Wiederholungen (siehe zur Systematik bereits oben, 2.) sei hier einzig § 100g Abs. 3 S. 2 StPO nochmals hervorgehoben. Darin ordnet der Gesetzgeber selbst an, wann § 100g Abs. 2 StPO auf Funkzellenabfragen nach § 100g Abs. 3 StPO anwendbar sein soll.
Außerdem besteht keine vergleichbare Interessenlage zwischen der Funkzellenabfrage nach § 100g Abs. 3 S. 1 StPO und der Standortdatenerhebung nach § 100g Abs. 1 S. 3 StPO. Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei der Funkzellenabfrage nach § 100g Abs. 3 S. 1 StPO häufig um eines der wenigen in Betracht kommenden Ermittlungsinstrumente bei ansonsten völlig aussichtslosen Ermittlungsverfahren handelt (vgl. § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 3 StPO), ist es nicht geboten, die infrage kommenden Taten auf den engen Katalog des § 100g Abs. 2 StPO zu reduzieren, den der Gesetzgeber für gezielte retrograde Standortdatenerhebungen nach § 100g Abs. 1 S. 3 StPO vorsieht. Denn die Standortdatenerhebung steht allein unter dem Vorbehalt der Erforderlichkeit und Angemessenheit, während die Funkzellenabfrage angemessen und jeder andere Ermittlungsansatz „aussichtslos oder wesentlich erschwert“ sein muss (dazu bereits oben unter 2.c).
In solchen Ermittlungssituationen die Strafverfolgungsbehörden auf den stark verengten Katalog des § 100g Abs. 2 StPO zu verweisen und etwa beim Verdacht eines gewerbsmäßigen (beispielsweise Enkeltrick-) Betrugs durch eine zur fortgesetzten Begehung derartiger Betrugsstraftaten verbundene Bande die Anordnung einer Funkzellenabfrage nach § 100g Abs. 3 S. 1 StPO mit Verweis auf § 100g Abs. 2 StPO abzulehnen, untergräbt das Vertrauen der Bevölkerung in den Schutz durch die Rechtsordnung.
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