Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 09.07.2024 – I-3 Wx 77/24
Eigener Leitsatz:
Die Firmenbezeichnung „Deutsches Zentrum für …..“ erweckt bei verständiger Betrachtung den Eindruck, dass es sich bei der betreffenden Gesellschaft um ein Unternehmen auf dem entsprechenden Gebiet handelt, das zum einen bundesweit tätig ist („Deutsches …..“) und das zum anderen aufgrund der betrieblichen und personellen Ausstattung sowie seiner fachlichen Kompetenz auf nationaler Ebene zu einem der führenden Anbieter gehört („Zentrum …..“).
In pp.
I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 10. April 2024 wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
III. Der Beschwerdewert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligte hat am 11. Januar 2024 eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter der Firma „Deutsches Zentrum für ………. GmbH“ zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet. Die Gesellschaft soll nach dem Inhalt der Satzung ……………. Leistungen an Unternehmen, Betriebe und Körperschaften des öffentlichen Rechts erbringen.
Das Registergericht hat dem Eintragungsbegehren nicht entsprochen, sondern die Beteiligte mit der angefochtenen Entscheidung darauf hingewiesen, dass Bedenken gegen die beabsichtigte Firmenbezeichnung bestehen und dem Vollzug der Anmeldung ein Eintragungshindernis entgegenstehe. Der Firmenbestandteil „Deutsch“ setze – so das Amtsgericht – voraus, dass die Gesellschaft in seinem Geschäftszweig auf nationaler Ebene eine Stellung von gewisser Bedeutung einnehme, was für die zur Eintragung angemeldete Gesellschaft nicht festzustellen sei. Die Firmenbezeichnung erwecke überdies insgesamt den unrichtigen Eindruck, dass sich im Unternehmen der Beteiligten eine nationale medizinische Fachkompetenz konzentriere. Darüber hinaus werde eine überdurchschnittliche personelle und institutionelle Ausstattung suggeriert.
Dagegen wendet sich die Beteiligte mit ihrer Beschwerde, mit der sie darauf hinweist, dass sie ihre Dienstleistungen in erster Linie online anbiete und im ganzen Land Kundenbeziehungen unterhalte, ferner spezialisiertes Personal beschäftige und eine zentrale Rolle in der arbeitsmedizinischen Versorgung einnehme.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Registerakte verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
A.
Das Rechtsmittel der Beteiligten ist als befristete Beschwerde statthaft und auch im Übrigen zulässig, §§ 382 Abs. 4 Satz 2, 59 Abs. 2, 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG. Die Beteiligte ist beschwerdeberechtigt (vgl. OLG Frankfurt a.M:, Beschluss vom 21.3.2017, 20 W 350/15; OLG Hamm, Beschluss vom 26.7.1999, 15 W 51/99). Zwar erlangt sie gemäß § 11 Abs. 1 GmbHG erst mit ihrer Eintragung in das Handelsregister Rechtsfähigkeit. Schon aus Gründen der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ist es indes geboten, der Vorgesellschaft im Eintragungsverfahren die uneingeschränkte Rechts- und Beteiligtenfähigkeit zuzubilligen. Die erforderliche Beschwer der Beteiligten folgt aus der Zurückweisung ihrer Anmeldung durch das Registergericht.
B.
Die Beschwerde bleibt erfolglos.
1. Das Amtsgericht hat den Eintragungsantrag der Beteiligten zurückgewiesen und keine bloße Zwischenverfügung erlassen.
a) Durch den Erlass einer Zwischenverfügung nach § 382 Abs. 4 FamFG soll dem Antragsteller ermöglicht werden, etwaige Fehler oder Mängel der Anmeldung vor einer endgültigen Antragszurückweisung zu beheben. Die Vorschrift ist Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und bezieht sich auf die Beseitigung von der Eintragung entgegenstehenden behebbaren Hindernissen; sie ist nicht anwendbar, wenn der Mangel des Antrags endgültig feststeht und nicht mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann. Für den Erlass einer Zwischenverfügung ist überdies kein Raum, wenn der Antragsteller bereits vor Erlass der Zwischenverfügung erkennen lässt, dass er nicht gewillt ist, das ihm aufgezeigte Eintragungshindernis zu beheben.
b) Nach diesen Rechtsgrundsätzen kam der Erlass einer Zwischenverfügung im Entscheidungsfall nicht in Betracht. Denn die Beteiligte hatte sich mit Sachargumenten gegen die Beanstandungen des Registergerichts gewandt und unverändert die zur Eintragung angemeldete Firmenbezeichnung weiterverfolgt.
c) Eine Zwischenverfügung hat das Amtsgericht bei dieser Ausgangslage richtigerweise nicht erlassen. Zwar hat es – was auf erste Sicht für den Erlass einer bloßen Zwischenverfügung sprechen könnte – den Eintragungsantrag der Beteiligten nicht zurückgewiesen, sondern die Unzulässigkeit der angemeldeten Firmenbezeichnung begründet und ein daraus resultierendes Eintragungshindernis festgestellt. Es hat auf dieser Grundlage der Beteiligten aber weder im Entscheidungsausspruch noch in den Beschlussgründen eine Frist zur Behebung des konstatierten Eintragshindernisses gewährt. Das wäre indes beim Erlass einer Zwischenverfügung zwingend erforderlich gewesen und lässt hinreichend deutlich den Willen des Amtsgerichts erkennen, über den Eintragungsantrag abschließend im Sinne einer Zurückweisung entscheiden zu wollen.
2. In der Sache hat das Registergericht zutreffend entschieden. Die Firmenbezeichnung "Deutsches Zentrum für …………… GmbH“ ist aus Rechtsgründen nicht zulässig und infolge dessen auch nicht eintragungsfähig.
1. Nach dem einheitlich (§ 6 Abs. 1 HGB) für alle Einzelkaufleute und sämtliche Handelsgesellschaften geltenden § 18 Abs. 2 Satz 1 HGB darf die Firma keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen. Die Vorschrift normiert den Grundsatz der Firmenwahrheit und enthält ein allgemeines und umfassendes Verbot, durch die Firma oder Teile der Firmenbezeichnung das Publikum oder andere Interessierte über Art, Umfang oder sonstige Verhältnisse des Handelsgeschäfts irrezuführen. Zweck ist der Schutz der Geschäftspartner, der Mitbewerber und des lauteren Wettbewerbs. Eine Firma ist zur Irreführung geeignet, wenn sie bei den maßgeblichen Verkehrskreisen unrichtige Vorstellungen hervorrufen kann. Ob eine Eignung zur Irreführung gegeben und ob diese als wesentlich im Sinne von § 18 Abs. 2 Satz 1 HGB einzustufen ist, ist vom Standpunkt der beteiligten Verkehrskreise aus zu beurteilen. Dazu gehören etwa die Kundschaft, branchenkundige Kaufleute, Lieferanten und Kreditgeber. Als Maßstab dient - objektiviert - die verständige Sicht des durchschnittlichen Angehörigen des betroffenen Personenkreises. Eine Irreführungsabsicht ist ebenso wenig erforderlich wie der tatsächliche Eintritt von Fehlvorstellungen. Eine Irreführung über geschäftliche Verhältnisse im Sinne von § 18 Abs. 2 Satz 1 HGB kann in den Angaben zum Unternehmensgegenstand liegen. Über die Art des Unternehmens wird irregeführt, wenn der tatsächliche Geschäftsbetrieb keinerlei Bezug zu der in der Firma behaupteten Tätigkeit hat. Die Irreführung kann ferner in den Angaben über die Waren und Dienstleistungen, aber auch zum Geschäftsbetrieb selbst liegen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht gilt, dass die Irreführung die Eintragung hindert, wenn sie ersichtlich, d.h. offensichtlich ist (§ 18 Abs. 2 Satz 2 HGB). Das Registergericht – und bei Ablehnung eines Eintragungsantrages auch das Beschwerdegericht – ist gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 HGB auf die Berücksichtigung evidenter und ohne Beweisaufnahme feststellbarer Tatbestände beschränkt; es ist allerdings gehalten, etwaigen Zweifeln hinsichtlich der Irreführungseignung der Firma nachzugehen (Zu Allem: Senat, Beschluss vom 12.8.2019, I-3 Wx 26/19 m.w.N.; Beschluss vom 3.5.2024, I-3 Wx 49/24 m.w.N.).
2. Nach Maßgabe des Vorstehenden ist die Firma "Deutsches Zentrum für pppp. GmbH“ mit dem Grundsatz der Firmenwahrheit offensichtlich nicht vereinbar.
a) Die Firmenbezeichnung erweckt bei verständiger Betrachtung den Eindruck, dass es sich bei der Beteiligten um ein Unternehmen auf dem Gebiet der pp. handelt, das zum einen bundesweit tätig ist („Deutsches …..“) und das zum anderen aufgrund der betrieblichen und personellen Ausstattung sowie seiner fachlichen Kompetenz auf nationaler Ebene zu einem der führenden Anbieter gehört („Zentrum …..“).
b) Mit zutreffenden Erwägungen hat das Amtsgericht angenommen, dass die Beteiligte diese Voraussetzungen nicht nachvollziehbar dargelegt hat.
Dabei kann es auf sich beruhen, ob der nicht näher konkretisierte Sachvortrag der Beteiligten, sie unterhalte Kundenbeziehungen „überall im Land“, den Firmenbestandteil „Deutsches …“ rechtfertigt. Es ist schon unklar, ob die Beteiligte mit dem Begriff „Land“ die Bundesrepublik Deutschland oder das Bundesland Nordrhein-Westfalen meint.
Diese Frage bedarf allerdings keiner Klärung. Denn unzulässig ist auf jeden Fall die Kennzeichnung der Beteiligten als „Zentrum …..“. Das Vorbringen der Beschwerde lässt nicht ansatzweise erkennen, dass die Beteiligte auf dem Gebiet der pp. und pp. zu einem der führenden Anbieter in Deutschland zählt. Die Behauptung, man besitze eine „zentrale Rolle in der ……. Versorgung“, ist substanzlos und nichtssagend; sie lässt nicht im Ansatz nachvollziehbar erkennen, aufgrund welcher konkreten Umstände die Beteiligte eine gegenüber anderen Dienstleistungsanbietern hervorgehobene Marktbedeutung besitzen soll. Das Vorbringen steht überdies in einem unaufgelösten Widerspruch zu dem Sachvortrag im Schriftsatz vom 25. März 2024 (dort Seite 2, GA 10), man sei auf dem Gebiet der …… nur „eines unter vielen Unternehmen“. Es bestehen – ohne dass es für die Entscheidung über den Eintragungsantrag noch von Bedeutung wäre – zudem durchgreifende Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der behaupteten führenden Marktposition. Eine einfache Internetrecherche führt nämlich zu dem Ergebnis, dass beispielsweise die ….. ihren Kunden mit 14 Gesundheitszentren und 3.500 Mitarbeitern an 140 Standorten ein bundesweites Netzwerk ihrer Leistungen auf den Gebieten der ………… anbietet und aktuell mehr als 200.000 Betriebe betreut. Die Marktbedeutung der Beteiligten, die eine einzige Arbeitsmedizinerin mit eigener Praxis beschäftigt und Geschäftsbeziehungen zu dem Inhaber der …… GmbH in Duisburg unterhält, tritt dahinter schon auf erste Sicht weit zurück.
c) Für den Eintragungsantrag der Beteiligten ist unerheblich, ob das Amtsgericht Duisburg die Firmenbezeichnung „Deutsche Weiterbildungszentrum GmbH“ eingetragen hat. Denn es handelt sich um eine signifikant abweichende Firmenbezeichnung, die das Wort „Zentrum“ nicht in Alleinstellung verwendet, sondern als Bestandteil des Begriffs „Weiterbildungszentrum“.
III.
Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich, weil sich die Kostentragungspflicht der Beteiligten bereits aus dem Gesetz ergibt (§§ 25 Abs. 1, 22 Abs. 1 GNotKG). Einer Anordnung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten bedarf es ebenfalls nicht, weil am Beschwerdeverfahren nur die Beteiligte teilgenommen hat.
Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 61, 36 Abs. 3 GNotKG.
Anlass, die Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 FamFG zuzulassen, besteht nicht. Der Streitfall wirft keine rechtsgrundsätzlichen Fragen auf, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht geklärt sind.
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