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Entscheidungen

beA

beA, elektronisches Dokument, Ersatzeinreichung, Glaubhaftmachung, technische Unmöglichkeit, unverzüglich

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.04.2024 - 2 U 59/23

Leitsatz des Gerichts:

1. Im Falle einer Ersatzeinreichung hat die Glaubhaftmachung der vorübergehenden technischen Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung des Dokuments nach § 130d S. 3 ZPO möglichst gleichzeitig mit der Ersatzeinreichung zu erfolgen. Eine unverzügliche Nachholung kommt ausschließlich dann in Betracht, wenn der Rechtsanwalt das technische Defizit erst kurz vor Fristablauf bemerkt und ihm daher nicht mehr genügend Zeit für die gebotene Darlegung und Glaubhaftmachung in dem ersatzweise einzureichenden Schriftsatz verbleibt.
2. Die Mitteilung der Gründe für die Ersatzeinreichung nach mehr als einer Woche ist im Regelfall nicht mehr unverzüglich i.S.d. § 130d Satz 3 ZPO.
3. Die Bekanntheit einer technischen Störung auf Seiten des Gerichts entbindet den Einreicher jedenfalls nicht gänzlich davon, die Ursächlichkeit der Störung für die Übermittlung in Papierform oder per Telefax glaubhaft zu machen (Anschluss an OLG Hamm, Beschl. v. 03.07.2023 – 31 U 71/23, NJOZ 2023, 1582).


In pp.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 20.03.2023 verkündete Urteil der4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird als unzulässig verworfen.
II. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind für die Beklagten wegen ihrer Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.000.000,- EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in englischer Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patents …..997 (Klagepatent), das die Bezeichnung „X.“ („X.“) trägt. Aus diesem Schutzrecht nimmt die Klägerin die Beklagten wegen des Angebots und Vertriebs von drahtlosen Ladegeräten mit den Artikelbezeichnungen „X.1“, „X.2“ (auch „X.3“) und „X.4“ (angegriffene Ausführungsformen) auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung, Vernichtung und Rückruf der als patentverletzend angegriffenen Gegenstände sowie Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz in Anspruch.

Durch Urteil vom 30.03.2023 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Patentanspruchs 20 des Klagepatents keinen Gebrauch machen.

Gegen dieses ihren früheren Prozessbevollmächtigten am 20.03.2024 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 20.04.2023 um 11.03 Uhr bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 20.04.2023 per Telefax Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 08.05.2023 hat die Klägerin das in der Berufungsschrift aufgrund eines Büroversehens zunächst falsch angegebene erstinstanzliche Aktenzeichen korrigiert und in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass „infolge des seinerzeitigen beA-Ausfalls“ die auf den „18.04.2023“ datierte Berufungsschrift am 20.04.2023 per Telefax eingereicht worden ist.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr vor dem Landgericht erfolglos gebliebenes Klagebegehren unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags weiter. Sie ist der Auffassung, dass die Berufung wirksam eingelegt worden ist, und trägt hierzu auf einen Hinweisbeschluss des Senats vom 21.03.2024 (Bl. 653-654 eA-OLG) u.a. vor:

Wie durch die nunmehr vorgelegten Auszüge aus dem Service-Portal portal.beasupport.de und dem EGVP-Portal NRW unter egvp.de belegt werde, habe zum Zeitpunkt der Einreichung der Berufung am 20.04.2023 eine umfassende Störung des EGVP im gesamten Land Nordrhein-Westfalen vorgelegen. Die Störung habe bereits am 19.04.2023 begonnen, so dass eine Übermittlung der am Vortag entworfenen Berufungsschrift per beA gescheitert sei. Da diese technische Störung am 20.04.2023 noch angedauert habe, sei die Berufung, wie sich aus der als Anlage BP B1 vorgelegten Stellungnahme ihrer damaligen Prozessbevollmächtigten ergebe, am 20.04.2023 schließlich per Fax eingereicht worden. Wie in dieser Stellungnahme weiter ausgeführt werde, sei nach der Ersatzeinreichung per Fax die entsprechende Berufungsfrist ohne weitere Glaubhaftmachung weisungswidrig gestrichen worden. Stattdessen hätten sich die Bürokräfte ihrer früheren Prozessbevollmächtigten die Einreichung telefonisch von der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts bestätigen lassen. Beim Ausfall des EGVP am 20.04.2023 durch einen technischen Defekt auf Seiten des EGVP-Anbieters handele es sich um eine gerichtsbekannte Tatsache. Dies ergebe sich u.a. daraus, dass die Störungsmeldung seinerzeit auf dem vom Land Nordrhein-Westfalen betriebenen Portal egvp.de veröffentlicht worden sei. Danach sei der gesamte elektronische Rechtsverkehr mit Justiz und Behörden in Nordrhein-Westfalen vom 19.04.2023 14:12 Uhr bis zum 21.04.2023 21:20 Uhr gestört gewesen. Der Assistenzkraft ihrer früheren Prozessbevollmächtigten sei am 21.04.2023 zudem telefonisch bestätigt worden, dass der Ausfall des EGVP beim Oberlandesgericht Düsseldorf bekannt gewesen sei. Weiterhin hätten ihre früheren Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 08.05.2023, wenn auch eher beiläufig, auf die technische Störung hingewiesen. Auch in der Ersatzeinreichung als solcher könnte nach der Stellungnahme ihrer früheren Prozessbevollmächtigten implizit die Mitteilung einer technischen Störung zu sehen sein. Selbst wenn man (unzutreffend) davon ausgehen wollte, dass die Tatsache der technischen Störung seinerzeit nicht von ihr ins Verfahren eingeführt worden sei, so sei dieser gerichtsbekannte Umstand dennoch zu berücksichtigen. § 291 ZPO sei nämlich auch auf Fälle des § 130d ZPO anwendbar. Eine Glaubhaftmachung im Sinne des gerichtsbekannten technischen Defekts sei daher entbehrlich gewesen, so dass die Berufung wirksam eingelegt worden sei.

Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts
1. die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen Ordnungshaft von bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem Geschäftsführer der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen, Leistungssender für ein System zur induktiven Leistungsübertragung in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder sonst zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen, wobei das System zur induktiven Leistungsübertragung, auf Modulation eines Leistungssignals basierend, eine Zweiwegkommunikation zwischen dem Leistungssender und einem Leistungsempfänger unterstützt, wobei der Leistungssender folgendes umfasst: Mittel zur Erzeugung des Leistungssignals; Mittel zum Empfang eines Signalstärkenpakets von dem Leistungsempfänger zum Einleiten einer zwingenden Konfigurationsphase; Mittel zum Durchführen der zwingenden Konfigurationsphase, wobei ein erster Satz von Leistungsübertragungs-Betriebsparametern für den Leistungssender und den Leistungsempfänger ausgewählt wird; Mittel zum Empfangen einer Anforderung zum Eintreten in die angeforderte Negotiation-Phase von dem Leistungsempfänger; dadurch gekennzeichnet, dass er weiterhin umfasst: Mittel zur Bestätigung der Anforderung zum Eintreten in eine angeforderte Negotiation-Phase durch Übertragung einer Bestätigung zu dem Leistungsempfänger; wobei die Bestätigung für eine Annahme oder Zurückweisung der Anforderung zum Eintreten in die angeforderte Negotiation-Phase indikativ ist; Mittel zum Eintreten in die angeforderte Negotiation-Phase in Reaktion auf den Empfang der Anforderung zum Eintreten in die angeforderte Negotiation-Phase; sowie Mittel zur Durchführung der angeforderten Negotiation-Phase, wobei ein zweiter Satz von Leistungsübertragungs-Betriebsparametern für den Leistungssender und den Leistungsempfänger ausgewählt wird; wobei, wenn in der Negotiation-Phase befindlich, der Leistungssender so eingerichtet ist, dass er den zweiten Satz von Leistungsübertragungs-Betriebsparametern in einer Anzahl von Negotiation-Zyklen ermittelt, wobei in jedem Negotiation-Zyklus der Leistungssender von dem Leistungsempfänger eine Nachricht empfängt, in der mindestens einer der Leistungsübertragungs-Betriebsparameter spezifiziert ist, und der Leistungssender mit einer Nachricht antwortet, in der der mindestens eine Leistungsübertragungs-Betriebsparameter akzeptiert oder zurückgewiesen wird, soweit die Primäreinheit nicht über einen Chipsatz verfügt, der von derA. oder ihren verbundenen Unternehmen hergestellt und vertrieben wurde oder wird;
2. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin in einer gesonderten Aufstellung in elektronischer Form darüber Angaben zu machen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer 1 bezeichneten Handlungen seit dem 28. Januar 2017 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen, den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, der jeweiligen Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, derenAuflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, den Zugriffszahlen und den Schaltungszeiträumen, und
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei es der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von ihnen zu bezeichnenden, der Klägerin gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist; wobei zum Nachweis der Angaben zu Ziffer 2 a) und 2 b) – jedoch nur in Bezug auf gewerbliche Abnehmer und mit Ausnahme der Lieferzeiten – Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürfte Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
3. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer 1. bezeichneten, seit dem 28. Januar 2017 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;
4. die Beklagten zu verurteilen, die unter Ziffer 1. bezeichneten, im Besitz Dritter befindlichen und nach dem 28. Januar 2017 auf den Markt gebrachten Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagten oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatent DE …..917.3 (deutscher Teil des EP …..997 B 1) erkannt hat, aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagten zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird;
5. die Beklagte zu 1. zu verurteilen, in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindliche, in Ziffer 1. bezeichnete Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihr zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten zu 1) herauszugeben.

Die Beklagten beantragen,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen;
ferner hilfsweise, das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Nichtigkeitsklage gegen den deutschen Teil des Klagepatents auszusetzen.

Sie sind der Auffassung, dass die Berufung bereits unzulässig ist. Außerdem verteidigen sie das angefochtene Urteil als zutreffend und treten dem Berufungsvortrag der Klägerin unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Einzelnen entgegen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen vorgelegten Anlagen, auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung sowie auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 21.03.2024 (Bl. 653-654 eA-OLG) Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist gemäß § 522 Abs. 1 S. 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.

Die Berufungsschrift vom 20.04.2023 hat die in § 519 Abs. 4 i.V.m. § 130d ZPO vorgeschriebene Form nicht eingehalten. Folge hiervon ist, dass die Einreichung unwirksam war und das Rechtsmittel damit nicht fristgerecht (§ 517 ZPO) eingereicht worden ist.

1.
Gemäß § 519 Abs. 1 ZPO ist die Berufung durch Einreichung einer Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht einzulegen, auf welche gemäß § 519 Abs. 4 ZPO die allgemeinen Vorschriften über vorbereitende Schriftsätze anzuwenden ist. Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die – wie hier – durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln (§ 130d S. 1 ZPO). Die durch das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013 (BGBl. 2013 I 3786) neu geschaffene Bestimmung des § 130d ZPO ist am 01.01.2022 in Kraft getreten (Art. 26 Abs. 7 des Gesetzes). Sie ist damit auf ab diesem Zeitpunkt gegenüber den Gerichten abgegebene Erklärungen von Rechtsanwälten anwendbar. Der gemäß § 519 Abs. 4 ZPO auch für die Berufungsschrift anwendbare § 130d S. 1 ZPO schreibt damit mit Wirkung seit dem 01.01.2022 die Übermittlung der Berufungsschrift als elektronisches Dokument i.S.d. § 130a Abs. 2 ZPO innerhalb der Berufungsfrist des § 517 ZPO vor. Die zwingende Einreichung von Erklärungen in der elektronischen Form gemäß § 130d S. 1 ZPO betrifft die Frage ihrer Zulässigkeit. Die Einhaltung der vorgeschriebenen Form ist deshalb von Amts wegen zu prüfen. Ein Formverstoß führt zur Unwirksamkeit der Prozesserklärung (BGH, NJW 2023, 456 Rn. 6; NJW 2023, 2484 Rn. 6). Auf die Einhaltung der elektronischen Form kann der Gegner weder verzichten noch sich rügelos einlassen (vgl. BT-Drs. 17/12634, 27; BGH, NJW-RR 2023, 350 Rn. 8).

Bis zum Ablauf des 20.04.2023 (Ablauf der Berufungsfrist) ist eine Berufungsschrift als elektronisches Dokument nicht übermittelt worden. Durch die am 20.04.2023 per Telefax eingereichte Berufungsschrift ist die in § 519 Abs. 4 i.V.m. § 130d ZPO vorgeschriebene Form nicht gewahrt worden.

2.Die Einreichung der Berufungsschrift per Telefax ist im vorliegenden Fall auch nicht ausnahmsweise nach § 130d S. 2 ZPO wirksam gewesen. Dabei kann zugunsten der Klägerin davon ausgegangen werden, dass ihr bzw. ihren früheren Prozessbevollmächtigten – wie § 130d S. 2 ZPO voraussetzt – die Übermittlung der Berufungsschrift als elektronisches Dokument aus technischen Gründen am letzten Tage der bis zum 20.04.2023 laufenden Berufungsfrist nicht möglich gewesen ist, weil es an diesem Tag eine Störung des Elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfaches (EGVP) im Justizbereich von Nordrhein-Westfalen gegeben hat. Die früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben aber die Anforderungen des § 130d S. 3 ZPO nicht erfüllt. Denn sie haben die vorübergehende Unmöglichkeit der Einreichung des Schriftsatzes als elektronisches Dokument nicht unter Einhaltung der Anforderungen des § 130d S. 3 ZPO glaubhaft gemacht. Unterbleibt dies, ist auch die Ersatzeinreichung unwirksam (vgl. BGH, NJW 2022, 3647 Rn. 18; NJW 2023, 456 Rn. 9; NJW 2024, 901 Rn. 17; OLG Hamm, Beschl. v. 03.07.2023 – 31 U 71/23, NJOZ 2023, 1582 Rn. 14).

a) Nach § 130d S. 2 ZPO bleibt die Übermittlung eines Schriftsatzes nach den allgemeinen Vorschriften zulässig, wenn die Übermittlung als elektronisches Dokument aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist. In diesem Fall darf der Nutzungspflichtige das Dokument ausnahmsweise nach den allgemeinen Vorschriften (vgl. § 130 Nr. 6 ZPO), d.h. in Papierform oder als Telefax, übermitteln (BGH, NJW-RR 2023, 350 Rn. 8). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Ursache für die vorübergehende technische Unmöglichkeit in der Sphäre des Gerichts oder in der des Einreichenden zu suchen ist (BT-Drucks. 17/12634, 27; BGH, NJW-RR 2023, 350 Rn. 8). Die vorübergehende Unmöglichkeit ist gemäß § 130d S. 3 Hs. 1 ZPO bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen. Die Voraussetzungen, unter denen ein Anwaltsschriftsatz ausnahmsweise nach den allgemeinen Vorschriften eingereicht werden kann, müssen somit bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft gemacht werden.

Die in § 130d S. 3 Hs. 1 ZPO aufgeführten Alternativen stehen dabei nicht gleichrangig zur Auswahl nebeneinander. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der erkennende Senat folgt, hat die Glaubhaftmachung nach § 130d S. 3 ZPO vielmehr möglichst gleichzeitig mit der Ersatzeinreichung zu erfolgen (BGH, GRUR 2023, 1481 Rn. 11 – EGVP-Störung). Eine unverzügliche Nachholung kommt ausschließlich dann in Betracht, wenn der Rechtsanwalt das technische Defizit erst kurz vor Fristablauf bemerkt und ihm daher nicht mehr genügend Zeit für die gebotene Darlegung und Glaubhaftmachung in dem ersatzweise einzureichenden Schriftsatz verbleibt (BGH, NJW 2023, 456 Rn. 11; Beschl. v. 26.01.2023 – V ZB 11/22, BeckRS 2023, 10045 Rn. 11; GRUR 2023, 1481 Rn. 11 – EGVP-Störung). Eine noch am gleichen Tag wie die Ersatzeinreichung bei Gericht eingegangene Darlegung und Glaubhaftmachung ist allerdings als gleichzeitig im Sinne dieser Grundsätze anzusehen; die nach § 130d S. 3 ZPO erforderliche Darlegung und Glaubhaftmachung ist daher rechtzeitig, wenn sie am gleichen Tag wie die Ersatzeinreichung bei Gericht eingeht (BGH GRUR 2023, 1481 Rn. 11 f. – EGVP-Störung). Es ist hingegen ausgeschlossen, die erforderlichen Angaben nachzuholen, wenn weder bei Einreichung des Anwaltsschriftsatzes in Papierform oder per Telefax noch in einem am gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz zu den Voraussetzungen des § 130d S. 2 ZPO vorgetragen ist, obwohl bereits zu diesem Zeitpunkt die Hinderungsgründe für eine Einreichung auf dem gesetzlich vorgeschriebenen Weg bekannt waren und zugleich eine sofortige Glaubhaftmachung dieser Gründe möglich war (vgl. BGH, NJW 2023, 456 Rn. 11; NJW-RR 2023, 350 Rn. 8; OLG Hamm, Beschl. v. 03.07.2023 – 31 U 71/23, NJOZ 2023, 1582 Rn. 15).

Was die nach § 130d S. 3 ZPO erforderliche Glaubhaftmachung einer vorübergehenden Unmöglichkeit der Einreichung eines Schriftsatzes als elektronisches Dokument anbelangt, setzt diese nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine aus sich heraus verständliche, geschlossene Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände voraus, deren Richtigkeit der Rechtsanwalt unter Bezugnahme auf seine Standespflichten anwaltlich versichern muss (vgl. BGH, NJW 2022, 3647 Rn. 15; Beschl. v. 26.01.2023 – V ZB 11/22, BeckRS 2023, 10045 Rn. 11; NJW 2023, 2883 Rn. 19; GRUR 2023, 1481 Rn. 11 – EGVP-Störung; NJW 2024, 901 Rn. 8). Glaubhaft zu machen ist die technische Unmöglichkeit einschließlich ihrer vorübergehenden Natur, wobei eine (laienverständliche) Schilderung und Glaubhaftmachung der tatsächlichen Umstände genügt (vgl. BGH, NJW 2023, 2883 Rn. 21 m.w.N.; NJW 2024, 901 Rn. 8). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Ursache für die vorübergehende technische Unmöglichkeit in der Sphäre des Gerichts oder in der Sphäre des Einreichenden zu suchen ist (vgl. BT-Drs. 17/12634, 27; vgl. auch BGH, NJW 2023, 1062 Rn. 14; NJW 2024, 901 Rn. 8).

b) Hiervon ausgehend ist vorliegend eine Glaubhaftmachung nach § 130d S. 3 Hs. 1 ZPO durch die Klägerin nicht rechtzeitig erfolgt.

aa) Die Berufungsschrift ist am 20.04.2023 ohne jeden Hinweis auf eine technische Störung per Telefax eingereicht worden. In der per Telefax übermittelten Berufungsschrift wird insbesondere ein Ausfall bzw. eine Störung des Systems des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) oder des Elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfaches (EGVP) nicht erwähnt. Soweit es in der Berufungsschrift am Ende heißt, dass eine „Urteilsabschrift nebst beA-Versand-/Empfangsbestätigung vom 20.03.2023“ beigefügt ist, bezieht sich diese Angabe auf die Zustellung des mit der Berufung angefochtenen Urteils an die Klägerin bzw. ihre früheren Prozessbevollmächtigten.

Eine technische Störung ist von den damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin auch nicht etwa in einem noch am 20.04.2023 bei Gericht eingegangenem weiteren Schriftsatz mitgeteilt und glaubhaft worden. Die früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin hätten aber bereits zu diesem Zeitpunkt vortragen und glaubhaft machen können, dass die Übermittlung der Berufungsschrift in der nach § 130d S. 1 ZPO vorgeschriebenen Form aus technischen Gründen nicht möglich gewesen ist. Denn die Berufungsschrift ist am 20.04.2023 bereits um 11:03 per Telefax eingereicht worden (vgl. Bl. 1 eA-OLG). Bis zum Ablauf der Berufungsfrist an diesem Tage blieb genügend Zeit, darzutun und glaubhaft zu machen, dass eine Übermittlung der Berufungsschrift in der nach § 130d S. 1 ZPO vorgeschriebenen Form wegen einer vorübergehenden technischen Störung nicht möglich ist. Dies hätte problemlos mit der per Telefax eingereichten Berufungsschrift selbst oder mit einem noch am selben Tag per Telefax eingereichten weiteren Anwaltsschriftsatz geschehen können. Denn die Glaubhaftmachung kann nicht nur in Form eines elektronischen Dokuments erfolgen, sondern es stehen dazu auch die herkömmlichen Mittel offen. Dazu zählen hand- oder maschinenschriftlich erstellte, ggf. eigenhändig unterschriebene Papier-Dokumente. Andernfalls liefe die erste Alternative in § 130d S. 3 Hs. 1 ZPO, wonach eine Glaubhaftmachung der technischen Störung grundsätzlich bei der Ersatzeinreichung erfolgen soll, leer (OLG Hamm, Beschl. v. 03.07.2023 – 31 U 71/23, NJOZ 2023, 1582 Rn. 19).

bb) Ungeachtet dessen, dass eine Nachholung der Glaubhaftmachung gemäß § 130d S. 3 Hs. 1 Alt. 2 ZPO nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hier schon nicht in Betracht kam (vgl. BGH NJW 2023, 456 Rn. 11; so auch: OLG Hamm, Beschl. v. 03.07.2023 – 31 U 71/23, NJOZ 2023, 1582 Rn. 20; AGH Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 20.10.2023 – 1 AGH 18/23, BeckRS 2023, 34182 Rn. 24), haben die früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Störung auch nicht unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB; vgl. BGH, NJW-RR 2023, 350 Rn. 7; NJW 2023, 2883 Rn. 19 und 21) mitgeteilt.

Unverzüglich – und somit ohne schuldhaftes Zögern – ist die Glaubhaftmachung der vorübergehenden Unmöglichkeit der Übermittlung eines elektronischen Dokuments nur, wenn sie zeitlich unmittelbar erfolgt (BGH, NJW 2023, 2883 Rn. 21). Der Zeitraum des unverschuldeten Zögerns i.S.v. § 130d S. 3 ZPO ist eng zu fassen (vgl. BGH, NJW 2023, 2883 Rn. 22 m.w.N.). Hierbei hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, innerhalb welcher Zeitspanne die Glaubhaftmachung zu erfolgen hat (BGH, NJW 2023, 2883 Rn. 22 m.w.N.). Unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls kann selbst die Nachholung der Glaubhaftmachung vor Ablauf einer Woche nicht mehr unverzüglich sein (BGH, NJW 2023, 2883 Rn. 24 m.w.N.). Jedenfalls ist die Mitteilung der Gründe für die Ersatzeinreichung nach mehr als einer Woche im Regelfall nicht mehr unverzüglich i.S.d. § 130d Satz 3 ZPO, sofern nicht besondere Umstände vorliegen (BGH, NJW 2022, 3647 Rn. 17; OLG Hamm, Beschl. v. 03.07.2023 – 31 U 71/23, NJOZ 2023, 1582 Rn. 21 f.; Biallaß, NJW 2023, 25 Rn. 14).

Vorliegend ist der Schriftsatz vom 08.05.2023, in welchem von den früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin erstmals und auch nur eher beiläufig mitgeteilt worden ist, dass die Berufungsschrift wegen des seinerzeitigen „beA-Ausfalls“ per Telefax eingereicht wurde, erst mehr als zwei Wochen nach der Ersatzeinreichung bei Gericht eingegangen. Dieser Zeitraum ist im vorliegenden Fall, in dem keine besonderen Umstände vorgelegen haben, in jedem Fall als zu lang zu werten.

Die früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin durften hier insbesondere nicht zuwarten, bis sie zur Glaubhaftmachung einer technischen Störung aufgefordert werden. Das gilt schon deshalb, weil sie bei Einreichung der Berufungsschrift per Telefax auf eine solche Störung nicht hingewiesen hatten. Im Übrigen verlangt § 130d S. 3 Hs. 1 ZPO, dass der Einreicher von sich aus tätig wird; dies ergibt sich unmissverständlich aus einem Vergleich mit S. 3 Hs. 2 (OLG Hamm, Beschl. v. 03.07.2023 – 31 U 71/23, NJOZ 2023, 1582 Rn. 22). Eine andere Auslegung würde die Sorgfaltsobliegenheiten in unzulässiger Weise auf die gerichtlichen Abläufe verlagern und es könnte nicht ausgeschlossen werden, dass erst geraume Zeit nach der Einreichung des Schriftsatzes eine Prüfung der Formerfordernisse gemäß § 522 Abs. 1 S. 1 ZPO erfolgt. Das wäre mit dem Zweck des § 130d S. 3 Hs. 1 ZPO, so schnell wie möglich die Ursächlichkeit der technischen Störung zu klären und Rechtssicherheit bzgl. der Zulässigkeit der eingelegten Berufung herbeizuführen, unvereinbar. Je nach Art der technischen Störung lassen sich mit zunehmendem Zeitablauf die Umstände nicht mehr zuverlässig ermitteln, so dass in Zweifelsfällen nur noch auf die Angaben des Einreichers zurückgegriffen werden könnte (OLG Hamm, Beschl. v. 03.07.2023 – 31 U 71/23, NJOZ 2023, 1582 Rn. 22).

cc) Unerheblich ist schließlich, ob die technische Störung „gerichtsbekannt“ oder „offenkundig“ (§ 291 ZPO) war.

(1)Das Bundesarbeitsgericht (NJW 2023, 623 Rn. 39) hat zu der mit § 130d S. 3 ZPO wörtlich übereinstimmenden Regelung in § 46g S. 4 ArbGG entschieden, dass sich der Ersatzeinreicher im Falle einer fehlenden Glaubhaftmachung nicht mit Erfolg darauf berufen kann, die Glaubhaftmachung sei entbehrlich gewesen, weil die technische Störung des beA gerichtsbekannt bzw. offenkundig i.S.v. § 291 ZPO gewesen sei. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Gesetzgeber in Kenntnis dieser Bestimmung, die die Beweisbedürftigkeit einer offenkundigen Tatsache entfallen lässt, gleichwohl im Gesetz den Nachweis einer technischen Störung durch die Wendung „ist … glaubhaft zu machen“ zwingend vorgesehen hat, obwohl er erkennen konnte, dass entsprechende Vorkommnisse auch offenkundig sein können. Auch in einem solchen Fall sei nicht ausgeschlossen, dass eine Ersatzeinreichung ausscheide, weil die technische Störung nicht kausal für die gescheiterte Übermittlung als elektronisches Dokument sei. Das liege nach Vorstellung des Gesetzgebers zum Beispiel dann vor, wenn der Einreicher die für eine solche Einreichung erforderlichen technischen Mittel nicht habe (BT-Drs. 17/12634, 28). Der Gesetzgeber habe darum das Erfordernis der Glaubhaftmachung ausnahmslos zur Voraussetzung für eine Ersatzeinreichung gemacht. Er habe diese Möglichkeit jedoch an keine besonderen Voraussetzungen wie Verschulden oder Entstehungsort der technischen Störung geknüpft, sondern lediglich bestimmt, dass diese Störung glaubhaft zu machen sei, was mit der Ersatzeinreichung und nur ausnahmsweise unverzüglich danach zu erfolgen habe. Damit habe er ein gegenüber § 291 ZPO eigenständiges, beschleunigtes Verfahren eingeführt. Es bedürfe insoweit weder einer vorherigen Stellungnahme der übrigen Streitbeteiligten, wie dies bei der Zugrundelegung offenkundiger Tatsachen i.S.v. § 291 ZPO erforderlich sei, noch müsse das Gericht eigene Nachforschungen über die behauptete Störung anstellen, sofern es selbst keine Zweifel an ihr habe bzw. eine solche zwischen den Parteien streitig sei.

(2)

Ob dem uneingeschränkt zu folgen ist (zustimmend Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl., § 130d Rn. 8; Anders/Gehle/Anders, 82. Aufl., ZPO § 130d Rn. 9; vgl. auch Biallaß, NJW 2023, 25 Rn. 15, die davon ausgeht, dass die Kenntnis des Gerichts von der Störung des beAs zu einem bestimmten Zeitpunkt die Glaubhaftmachung der Störung nicht entbehrlich macht; ebenso Siegmund, NJW 2021, 3617 Rn. 13; tendenziell dafür, dass die Störung als offenkundig behandelt werden kann, hingegen Elzer, FD-ZVR 2024, 806285), muss hier nicht entschieden werden. Die Bekanntheit einer technischen Störung auf Seiten des Empfängers (Gerichts) entbindet den Einreicher jedenfalls nicht (gänzlich) davon, die Ursächlichkeit der Störung für die Übermittlung in Papierform oder per Telefax glaubhaft zu machen (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 03.07.2023 – 31 U 71/23, NJOZ 2023, 1582 Rn. 23; AGH Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 20.10.2023 – 1 AGH 18/23, BeckRS 2023, 34182 Rn. 23).

Eine von der Justizverwaltung herausgegebene Störungsmeldung oder eine z.B. auf der Internetseite der Bundesrechtsanwaltskammer verfügbare Information über eine Störung mag dazu führen, dass sich die Anforderungen an die nach § 130d S. 3 ZPO erforderliche Glaubhaftmachung einer vorübergehenden Unmöglichkeit der Einreichung eines Schriftsatzes als elektronisches Dokument reduzieren (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 03.07.2023 – 31 U 71/23, NJOZ 2023, 1582 Rn. 23; AGH Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 20.10.2023 – 1 AGH 18/23, BeckRS 2023, 34182 Rn. 23). Eine solche Mitteilung mag hierbei ggf. auch dazu führen, dass die vom Einreicher geschilderte Störung als gerichtsbekannt oder offenkundig (§ 291 ZPO) angesehen werden kann, so dass die technische Störung als solche nicht weiter glaubhaft gemacht werden muss. Dies entbindet den Einreicher aber nicht von der Pflicht, gleichzeitig mit der Übermittlung des Schriftsatzes in Papierform oder per Telefax, jedenfalls aber noch am gleichen Tag, bzw. ggf. unverzüglich danach darzulegen und glaubhaft zu machen, dass die Störung ursächlich für die Ersatzeinreichung war, also nicht etwa nur zufällig mit der aus anderen Gründen erfolgten Übermittlung per Telefax zeitlich zusammenfiel (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 03.07.2023 – 31 U 71/23, NJOZ 2023, 1582 Rn. 23; AGH Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 20.10.2023 – 1 AGH 18/23, BeckRS 2023, 34182 Rn. 23). Wie bereits ausgeführt, setzt die nach § 130d S. 3 ZPO erforderliche Glaubhaftmachung eine Darlegung und Glaubhaftmachung der Gründe für die Ersatzeinreichung voraus (vgl. insb. BGH, GRUR 2023, 1481 Rn. 12, 13, 14 und 18 – EGVP-Störung). Ist eine technische Störung aufgrund von Störungsmeldungen etc. als gerichtsbekanntoder offenkundig (291 ZPO) anzusehen, mag die Störung keiner weiteren Glaubhaftmachung bedürfen, so dass zur Glaubhaftmachung der technischen Störung z.B. ein Screenshot (vgl. hierzu BGH, NJW 2023, 3799 Rn. 18) oder ein Ausdruck einer geeigneten Internetseite (vgl. hierzu BGH, NJW 2024, 903 Rn. 22) nicht notwendig vorgelegt muss. In diesem Fall muss aber gleichwohl gleichzeitig mit der Übermittlung des Schriftsatzes in Papierform oder per Telefax (bzw. mit einem noch am gleichen Tag eingereichten weiteren Schriftsatz) oder ggf. unverzüglich danach dargelegt und glaubhaft werden, dass die vorliegende Störung ursächlich für die Ersatzeinreichung ist bzw. war. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass unter solchen Umständen ggf. auch eine entsprechende anwaltliche Versicherung entbehrlich sein kann, was hier keiner Vertiefung und Entscheidung bedarf, muss zumindest dargetan werden, dass die bestehende technische Störung ursächlich für die Ersatzeinreichung ist. Eine solche Darlegung, an der es hier bereits fehlt, ist jedenfalls Mindestvoraussetzung nach § 130d S. 3 ZPO. Erforderlich ist insoweit zumindest die (ausreichende) Schilderung der einen Ausnahmefall nach § 130d S. 2 ZPO begründenden Tatsachen, die in keinem Fall entbehrlich ist (vgl. auch Witt, RDi 2024, 93, 95, Anlage ES8).

Bei der Einreichung der Berufungsschrift per Telefax am 20.04.2023 ist – wie ausgeführt – von den früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht auf eine technische Störung oder auf bestehende technische Schwierigkeiten hingewiesen worden. Soweit die früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der von dieser vorgelegten und in Bezug genommenen Stellungnahme die Auffassung vertreten, sie hätten durch die der Berufungsschrift beigefügte Abschrift des angefochtenen Urteils, die einen beA-Empfangsvermerk ihrer Kanzlei enthält, die Kausalität des Ausfalls des beA-Systems für die Einreichung per Fax zum Ausdruck gebracht, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Ein dahingehender Hinweis kann dem nicht entnommen werden.

(3) Dass § 130d S. 3 Hs. 1 ZPO im Falle einer gerichtsbekannten oder offenkundigen technischen Störung keine Bedeutung hat, worauf die Argumentation der Klägerin letztlich hinausläuft, lässt sich weder dem Gesetz noch der Gesetzesbegründung entnehmen.

Soweit die Klägerin im Verhandlungstermin die Auffassung vertreten hat, der nach ihrer Meinung anwendbare § 291 ZPO entbinde den Einreicher (auch) von seiner „Darlegungslast“ und damit hier von der Pflicht, die vorübergehende Unmöglichkeit der Übermittlung des Schriftsatzes als elektronisches Dokument bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach darzulegen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Dahinstehen kann, ob § 291 ZPO, der von der Beweisbedürftigkeit offenkundiger Tatsachen entbindet, im Prozess auch von der Behauptungslast entbindet (vgl. hierzu MüKoZPO/Prütting, 6. Aufl., ZPO § 291 Rn. 13 m.w.N.; Musielak/Voit/Huber, 20. Aufl., ZPO § 291 Rn. 4; Cepl/Voß/Rinken/Thomas, 3. Aufl., ZPO § 291 Rn. 13). Geht man davon aus, dass eine vorübergehende technische Störung i.S.d. § 130d S. 2 ZPO z.B. aufgrund einer auf der Internetseite egvp.de veröffentlichten Störungsmeldung und/oder angesichts auf der Internetseite der Bundesrechtsanwaltskammer verfügbarer Informationen als offenkundig (§ 291 ZPO) behandelt werden kann, und nimmt man ferner an, dass § 291 ZPO grundsätzlich auch die Behauptungslast entfallen lässt, betrifft dies wiederum allein die technische Störung als solche. Im Rahmen des hier in Rede stehenden § 130d S. 3 ZPO muss die Partei jedoch bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft machen, dass diese Störung ursächlich für die Ersatzeinreichung war, also nicht etwa nur zufällig mit der aus anderen Gründen erfolgten Übermittlung per Telefax zeitlich zusammenfällt, was in Fällen wie dem vorliegenden zumindest eine entsprechende Schilderung (Darlegung) erfordert.

Schon aus letzterem Grund geht auch der Hinweis der Klägerin darauf fehl, dass unstreitige Tatsachen vom Gericht stets zu berücksichtigen sind (vgl. zu §§ 529, 531 ZPO: BGHZ 161, 138, 141 ff. = NJW 2005, 291; BGHZ 166, 29 = NJW-RR 2006, 630 Rn. 6; BGHZ 177, 212 = NJW 2008, 3434 Rn. 9 ff.; BGH, NJW-RR 2006, 755 Rn. 5; NJW 2009, 2532 Rn. 15; GRUR 2022, 1550 Rn. 13 – Gehörsverletzung). Die diesbezüglichen Rechtsgrundsätze betreffen im Übrigen allein die Präklusionsvorschriften und sind auf den die Ersatzeinreichung bei technischer Störung betreffenden § 130d ZPO und die von dessen Satz 3 vorgeschriebene Glaubhaftmachung einer vorübergehenden Unmöglichkeit der Übermittlung eines elektronischen Dokuments nicht übertragbar.

(4) Hierdurch wird die Rechtsschutzgewährung nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert. Erforderlich gemäß § 130d S. 3 ZPO ist lediglich die Glaubhaftmachung der Gründe des § 130d S. 2 ZPO. Die Verpflichtung zur Glaubhaftmachung stellt keine unzumutbaren Anforderungen an den Rechtsanwalt. Das gilt auch dann, wenn eine Störung des EGVP als gerichtsbekannt oder offenkundig behandelbar sein sollte, weil die sich aus § 130d S. 3 ZPO ergebenden Anforderungen an die Glaubhaftmachung einer auf technischen Gründen beruhenden vorübergehenden Unmöglichkeit der Übermittlung als elektronisches Dokument in einem solchen Fall nicht überspannt werden dürfen. Unter solchen Umständen mag ggf. eine einfache anwaltliche Versicherung oder sogar bereits eine bloße Darlegung ausreichen, welche dem Rechtsanwalt ohne weiteres zumutbar ist.

(5) Die vorliegenden Entscheidungen des Bundesgerichtshofs stehen dieser Beurteilung nicht entgegen.

In dem Beschluss vom 19.05.2023 (Az.: V ZR 14/23, BeckRS 2023, 17842), mit dem der dortigen Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gewährt worden ist, hat der Bundesgerichtshof lediglich ausgeführt, dass es „wegen des gerichtsbekannten ganztägigen Ausfalls der EGVP-Infrastruktur des Bundes am 02.04.2023 zweifellos zulässig gewesen“, ein bestimmtes Dokument nach den allgemeinen Vorschriften einzureichen (§ 130d S. 2 ZPO). Dem lässt sich lediglich entnehmen, dass eine Ersatzeinreichung nach § 130d S. 2 ZPO zulässig gewesen wäre, nicht aber, dass eine Darlegung und Glaubhaftmachung (§ 130d S. 3 Hs. 1 ZPO), dass diese Störung ursächlich für die Ersatzeinreichung war, nicht notwendig gewesen wäre.

In seinem Beschluss vom 10.10.2023 (Az.: XI ZB 1/23, NJW 2023, 3799) hat der Bundesgerichtshof dahinstehen lassen, ob das Berufungsgericht die von der Prozessbevollmächtigten des dortigen Klägers geschilderte Störung angesichts der auf der Internetseite der Bundesrechtsanwaltskammer verfügbaren Informationen als offenkundig (§ 291 ZPO) hätte behandeln können. In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall hatte der Kläger – anders als die hiesige Klägerin – die Störung geschildert und auch einen Screenshot vorgelegt. Die Vorlage dieses Screenshots, bei dem es sich um ein Augenscheinsobjekt i.S.v. § 371 Abs. 1 ZPO handelt, war nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs in dem zu entscheidenden Fall geeignet, die behauptete Störung „glaubhaft“ zu machen (BGH, NJW 2023, 3799 Rn. 18). Unter diesen Umständen hat der Bundesgerichtshof offengelassen, ob das Berufungsgericht „die Störung“ als offenkundig hätte behandeln können. Wollte man dies bejahen, wäre in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall allein die geschilderte Störung als erwiesen anzusehen gewesen.

Entsprechendes gilt für die Entscheidung des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 25.01.2024 (Az.: I ZB 51/23, NJW 2024, 903), in der dieser es hat dahinstehen lassen, ob das dortige Berufungsgericht, dem ausweislich des Inhalts des dort angefochtenen Beschlusses eine Störung des EGVP am 20.04.2023 bekannt war, diese Störung als gemäß § 291 ZPO offenkundig und damit als nicht beweisbedürftig hätte behandeln können, oder ob der Gesetzgeber mit der Regelung in § 130d S. 3 ZPO abweichend von § 291 ZPO eine Glaubhaftmachung zur ausnahmslosen Voraussetzung für eine zulässige Ersatzeinreichung gemacht hat (BGH, NJW 2024, 903 Rn. 23). In dem diesem Beschluss zugrundeliegenden, ebenfalls den 20.04.2023 betreffenden Fall ging aus dem Inhalt des per Telefax eingereichten Schriftsatzes der dortigen Klägerin unmissverständlich hervor, dass die Übersendung des Schriftsatzes per Telefax erfolge, weil eine Versendung auf elektronischem Weg über das beA nicht möglich gewesen sei. Ferner war zur Glaubhaftmachung ein als „Störmeldung der BRAK“ bezeichneter zweiseitiger Ausdruck der am 20.04.2023 auf der Internetseite bea.expert veröffentlichten Informationen vorgelegt worden, auf welcher Internetseite einerseits von Nutzern gemeldete Störungen erfasst, andererseits Inhalte der Internetseite der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) zu aktuellen beA-Störungen wiedergegeben werden. Zwar hat es nach den Feststellungen des Bundesgerichtshofs am 20.04.2023 keine Störung des beA, sondern eine solche des EGVP im Justizbereich von Nordrhein-Westfalen gegeben. Diese Ungenauigkeit im Vortrag des Prozessbevollmächtigten der dortigen Klägerin hat der Bundesgerichtshof jedoch für unschädlich erachtet, weil der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Ergebnis mit der Angabe, das beA sei gestört, lediglich die Ursache für die Unmöglichkeit der Übermittlung auf elektronischem Weg unrichtig bezeichnet hat. In technischer Hinsicht habe sein Vortrag, eine elektronische Übermittlung über das beA sei nicht möglich gewesen, zugetroffen, weil durch die Störung des EGVP eine Übermittlung von Schriftstücken über das beA an die von der EGVP-Störung betroffenen Gerichte nicht habe erfolgen können (BGH, NJW 2024, 903 Rn. 20). Weiteren Vortrag hat der Bundesgerichtshof unter diesen Umständen nicht für erforderlich gehalten (BGH, NJW 2024, 903 Rn. 21). Ferner hat der Bundesgerichtshof angenommen, dass das Berufungsgericht die sich aus § 130d S. 3 ZPO ergebenden Anforderungen an die Glaubhaftmachung einer auf technischen Gründen beruhenden vorübergehenden Unmöglichkeit der Übermittlung eines Schriftsatzes als elektronisches Dokument überspannt hat, indem es im zu entscheidenden Fall eine anwaltliche Versicherung des Scheiterns einer solchen Übermittlung für zwingend erforderlich erachtet hat, ohne den vorgelegten aktuellen Ausdruck der vorgenannten Internetseite zu berücksichtigen, aus der die Meldung der Bundesrechtsanwaltskammer betreffend die Störung des EGVP hervorging. Die Vorlage dieses Ausdrucks war nach seiner Auffassung wiederum geeignet, die behauptete Störung „glaubhaft“ zu machen (BGH, NJW 2024, 903 Rn. 22). Der Bundesgerichtshof ist vor diesem Hintergrund zu dem Ergebnis gelangt, dass sich aus dem „glaubhaft gemachten“ Vorbringen der Klägerin ergibt, dass die elektronische Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich war. Durch die Übersendung eines aktuellen Ausdrucks der Internetseite bea.expert, auf der eine entsprechende Meldung der BRAK veröffentlicht gewesen sei, sei glaubhaft gemacht, dass das EGVP seit dem 19.04.2023 nicht erreichbar gewesen sei, dieser Zustand am 20.04.2023 angedauert habe und nicht abzusehen gewesen sei, wann die Störung behoben sein würde (BGH, NJW 2024, 903 Rn. 24).

Der hier zu beurteilende Fall ist hiermit nicht vergleichbar. Vorliegend geht aus dem Inhalt der per Telefax eingereichten Berufungsschrift der hiesigen Klägerin weder hervor, dass die Übersendung der Berufung per Telefax erfolgt, weil eine Versendung des Schriftsatzes auf elektronischem Weg über das beA nicht möglich gewesen ist, noch ist mit der Berufungsschrift oder einem am selben Tag bei Gericht eingegangenem weiteren Schriftsatz ein Ausdruck einer relevanten Internetseite oder dergleichen zur Darlegung und Glaubhaftmachung einer technischen Störung vorgelegt worden.

dd) Die Klägerin kann sich zur Rechtfertigung der unterbliebenen bzw. nicht rechtzeitigen Glaubhaftmachung auch nicht darauf berufen, dass der seinerzeitigen Assistentin ihres früheren Prozessbevollmächtigten, der die Berufungsschrift unterschrieben hat, am 21.04.2023 auf eine telefonische Nachfrage bei der Geschäftsstelle des Senats bestätigt worden sein soll, dass die Faxeinreichung innerhalb der Notfrist eingegangen sei sowie darüber hinaus, dass die NRW-weite beA-Störung bei Gericht ja bekannt sei, das „passe alles so“.

Insoweit ist schon weder glaubhaft gemacht noch unter Beweis gestellt, dass der Klägerin eine ordnungsgemäße bzw. ausreichende Ersatzeinreichung tatsächlich von der Geschäftsstelle des Senats bestätigt worden ist. In der von der Klägerin hierzu vorgelegten E-Mail vom 21.04.2023 (Anlage ES3), bei der es sich nach dem Inhalt der Stellungnahme des früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin um eine solche seiner damaligen Assistenten handelt, heißt es hierzu lediglich: „... ich habe ja gestern bereits das Fax rausgeschickt und gerade beim OLG Düsseldorf angerufen. Das passt alles so! Die wissen ja dass das beA nicht funktioniert und unsere Faxbestätigung ist dann wie beim beA die Empfangsbestätigung.“ Dem lässt sich schon nicht entnehmen, dass seitens der Geschäftsstelle des Senats tatsächlich mitgeteilt worden ist, dass eine ordnungsgemäße oder ausreichende Ersatzeinreichung vorliegt. Selbst wenn es sich bei der aus der vorgelegten E-Mail hervorgehenden Angabe „Das passt alles so!“ um eine Äußerung der Geschäftsstelle des Senats gehandelt haben sollte, was der vorgelegtenE-Mail schon nicht eindeutig zu entnehmen ist, kann sich diese Angabe auch allein auf den nachgefragten „Eingang“ der Berufungsschrift per Telefax am 20.04.2023 bezogen haben.

Hinzu kommt, dass die von der Klägerin angeführte telefonische Nachfrage nach ihrem eigenen Vortrag erst am 21.04.2023 erfolgt ist. Nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hätte die Glaubhaftmachung nach § 130d S. 3 ZPO indes bereits mit der Ersatzeinreichung bzw. am Tag der Ersatzeinreichung erfolgen müssen.

Darüber hinaus ist die ordnungsgemäße Einreichung – wie bereits ausgeführt – eine Frage der Zulässigkeit und von Amts wegen zu beachten. Die Entscheidung darüber, ob die Anforderungen des § 130d ZPO erfüllt sind, obliegt dem zuständigen Spruchkörper des Gerichts und nicht der Geschäftsstelle (vgl. BAG, NJW 2023, 623 Rn. 40; LAG Niedersachsen, Beschl. v. 20.01.2023 – 10 Sa 642/22, BeckRS 2023, 18544 Rn. 17).

ee) Schließlich kann sich die Klägerin zur Rechtfertigung der unterbliebenen Glaubhaftmachung nach § 130d S. 3 ZPO auch nicht darauf berufen, dass ihre früheren Prozessbevollmächtigten in der Vergangenheit nach eigenen Angaben über 150 Patentverletzungsverfahren vor den Düsseldorfer Gerichten anhängig gemacht haben und in allen diesen Verfahren Schriftsätze stets per beA eingereicht haben. Auch dieser Umstand hat die Klägerin bzw. ihre früheren Prozessbevollmächtigten im Entscheidungsfall nicht von ihrer Pflicht nach § 130d S. 3 Hs. 1 ZPO entbunden, die Ursächlichkeit der Störung für die Übermittlung der Berufungsschrift per Telefax darzutun bzw. glaubhaft zu machen.

3. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Berufungsfrist kommt nicht in Betracht.

a) Einen ausdrücklichen Wiedereinsetzungsantrag hat die Klägerin nicht gestellt. Soweit sie in ihrem Schriftsatz vom 02.04.2024 unter Hinweis auf die vorgelegte Stellungnahme ihrer früheren Prozessbevollmächtigten ausführt, dass nach der Ersatzeinreichung per Fax die entsprechende Berufungsfrist ohne weitere Glaubhaftmachung weisungswidrig gestrichen worden sei und die Bürokräfte ihrer früheren Prozessbevollmächtigten sich stattdessen die Einreichung telefonisch von der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts hätten bestätigen lassen, lässt sich dem nicht eindeutig entnehmen, dass hiermit ein Wiedereinsetzungsgrund dargelegt werden soll, weshalb auch nicht von einem konkludenten Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin ausgegangen werden kann.

b) Selbst wenn der Schriftsatz der Klägerin vom 02.04.2024 aber als konkludenter Wiedereinsetzungsantrag zu verstehen sein sollte, kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsfrist hier nicht in Betracht.

Nach § 233 S. 1 ZPO ist einer Partei auf ihren Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn sie ohne ihr Verschulden verhindert war, eine Notfrist einzuhalten. Dabei steht das Verschulden des Prozessbevollmächtigten nach § 85 Abs. 2 ZPO dem Verschulden der Partei gleich. Die Nichteinhaltung der Berufungsfrist seitens der früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist vorliegend nicht als unverschuldet anzusehen.

aa) Den ehemaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin mussten als Rechtsanwälten die gesetzlichen Anforderungen an die Zulässigkeit einer Ersatzeinreichung nach § 130d Satz 2 und 3 bekannt sein, so dass sie auch ein etwaiger diesbezüglicher Rechtsirrtum nicht entlasten würde. Den früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin war es hier auch ohne Weiteres zumutbar, die Anforderungen an die Ersatzeinreichung zu erfüllen. Ggf. hätte es bereits ausgereicht, die vorübergehende technische Störung durch einen Zusatz auf der per Telefax übermittelten Berufungsschrift anwaltlich zu versichern (vgl. AGH Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 20.10.2023 – 1 AGH 18/23, BeckRS 2023, 34182 Rn. 27). Ggf. hätte insoweit sogar schon eine entsprechende Schilderung in der Berufungsschrift ausgereicht.

bb) Soweit sich die Klägerin auf eine weisungswidrige Streichung der Berufungsfrist ohne weitere Glaubhaftmachung beruft, vermag ihr diesbezüglicher Vortrag eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu rechtfertigen.

In der von der Klägerin vorgelegten und von ihr in Bezug genommenen Stellungnahme ihrer früheren Prozessbevollmächtigten heißt es hierzu nur, dass es mit der Ersatzeinreichung mittels Telefax, und insoweit auf Seiten der mit der Ablauforganisation und Fristenüberwachung im Wege eines Vieraugenprinzips befassten Fachabteilungen weisungswidrig, für den Fristtag selber und für die darauffolgenden Tage sein Bewenden gehabt habe, es sei keine gesonderte Glaubhaftmachung der beA-Störung erfolgt. Vielmehr sei sowohl die Notfrist für die Berufungseinlegung von der nach Ablauforganisation und allgemeiner Weisungslage dafür zuständigen QS-Abteilung („Qualitätssicherung“) am 20.04.2023 gestrichen worden, ohne dass eine solche Glaubhaftmachung herausgegangen gewesen sei und ohne dass die Frist, wie es ebenfalls nach Ablauforganisation und Weisung vorgesehen sei, vom zuständigen Rechtsanwalt als erledigt bestätigt worden sei. Die für die Fristenstreichung zuständige Mitarbeiterin der Qualitätssicherung habe zwar intern gegenüber der seinerzeitigen Assistentin des betreffenden Rechtsanwalts zunächst Bedenken geäußert, ob nicht noch eine Glaubhaftmachung für den Ausfall des beA-Systems erforderlich sei, um die Frist streichen zu können. Statt Rücksprache mit diesem zu halten, habe sie der Assistentin aber vorgeschlagen, dass diese doch am besten einfach beim Gericht anrufen solle, um sich die Ordnungsgemäßheit der Einreichung per Fax bestätigen zu lassen.

Insoweit fehlt es schon an näherem Vortrag der Klägerin zu den konkreten organisatorischen Vorgaben in der Kanzlei ihrer früheren Prozessbevollmächtigten im Falle einer Ersatzeinreichung. Außerdem ist der gesamte Vortrag zur angeblich weisungswidrigen Streichung der Berufungsfrist nicht glaubhaft gemacht (§ 236 Abs. 2 S. 2 ZPO). In der von der Klägerin vorgelegten Stellungnahme ihrer früheren Prozessbevollmächtigten versichert der Unterzeichner der Stellungnahme nur den „vorstehenden Sachverhalt“ betreffend die technische Störung und die gescheiterte elektronische Einreichung der Berufungsschrift am 19.04.2023 (vgl. Anlage BP 1, S. 3). Letztlich trägt die Klägerin auch nicht vor, ob und wenn ja, welche konkreten Weisungen ihr damaliger sachbearbeitender Prozessbevollmächtigter erteilt hat, als er die auf den 20.04.2023 datierte Berufungsschrift handschriftlich unterschrieben hat. Er selbst hätte bereits im Zusammenhang mit der Unterzeichnung dieses Anwaltsschriftsatzes Vorkehrungen dafür treffen müssen, dass noch am Tag der Ersatzeinreichung eine Glaubhaftmachung oder ggf. zumindest ein Hinweis auf die vorübergehende technische Störung als Grund für die Ersatzeinrichtung erfolgt.

4. Damit ist die Berufungsschrift nicht form- und fristgerecht eingereicht worden, weshalb die Berufung unzulässig ist.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, weil die in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, mit der der Bundesgerichtshof auch nicht im Interesse einer Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung befasst werden muss (§ 543 Abs. 2 ZPO). Zwar hat der Bundesgerichtshof – wie ausgeführt – bislang noch nicht entschieden, ob eine Störung des beA oder EGVP als gerichtsbekannt oder offenkundig (§ 291 ZPO) behandelt werden kann. Auf diese Frage kommt es hier aber aus den oben angeführten Gründen nicht entscheidend an, weil es vorliegend bereits an der nach § 130d S. 3 ZPO in jedem Fall erforderlichen rechtzeitigen Darlegung der Gründe für die Ersatzeinreichung fehlt.


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